Yoga & Laufen: Besser durchstarten

Laufen und Yoga passen prima zusammen. Denn eine gute Haltung, die richtige Technik, einen langen Atem – das alles braucht man nicht nur auf der Yogamatte, sondern auch beim Joggen und bei Wettrennen. YJ-Reporterin Claudia Wiese hat die Tipps fürs Laufen und für das Dehnen danach ausprobiert.

Bei schönstem Sonnenschein trabe ich den Parkweg entlang. Frühling, die Welt ist grün und duftet: Ich fühle mich wie ein Zirkuspferd, das zum ersten Mal auf die Weide darf, ich könnte wiehern vor Glück. Was auch an meiner neuen Lauftechnik liegt: sehr aufrecht und mit leichter Spannung im Bauch, die Knie angehoben bei jedem Schritt, die Arme eng am Körper, fast als wollte ich mir selber Kinnhaken verpassen. Das ist für mich völlig ungewohnt und hat etwas Pony-ähnliches, finde ich. Bisher bin ich einfach immer so dahin gelaufen, rennen kann schließlich jeder, oder? Um Verletzungen vorzubeugen und mehr Ausdauer zu entwickeln, ist aber die richtige Ausrichtung beim Laufen von großer Bedeutung, erklärt Trainerin Daggi Meiss: „Bei der idealen Technik bildet der Rumpf das Zentrum. Anfänger laufen oft mit zu weit nach vorne geneigtem Oberkörper und machen zu große Schritte.“ Sie dagegen empfiehlt die Kreuzkoordination: Arme und Beine bewegen sich im Kreuzgang zueinander, um den Körper möglichst stabil zu halten.

Weniger Verletzungen, mehr Stabilität

Die Schritte richten sich nach dem „Vokuhila-Prinzip“: vorne kurz und hinten lang. Ich versuche also, die Schritte kurz vor meinem Körperschwerpunkt aufzusetzen und dafür hinter dem Körper mit guter Hüftstreckung den Schritt möglichst lang zu ziehen. Neu ist mir auch die „Mittelfußtechnik“: den ganzen Fuß soll ich aufsetzen, nicht etwa von der Ferse aus abrollen, wie ich das irgendwo mal gehört hatte. „Wenn die Ferse als erstes auf dem Boden landet, fehlt der natürliche Stoßdämpfer, erklärt Daggi Meiss, Diplomsportwissenschaftlerin und Fitnesstrainerin in einem Sportzentrum des TSV Bayer Leverkusen. In ihrer Freizeit trainiert sie für den „Ironman“: den Extrem-Triathlon aus knapp vier Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und anschließendem Marathonlauf, also rund 42 Kilometer. Noch dazu ist Daggi Meiss Yogalehrerin. Wie das zusammenpasst? „Yoga stabilisiert und dehnt meinen Körper und wirkt sich positiv auf meine Haltung beim Laufen aus“, erklärt sie. „So kann ich Verletzungen vorbeugen und Dysbalancen ausgleichen. Aber auch mental hilft Yoga mir beim Laufen weiter. Ich bin bei großer körperlicher Anspannung inzwischen viel gelassener und kann mich besser regenerieren.“ Aus ihren Erfahrungen als Ausdauersportlerin und ihren Erkenntnissen als Yogalehrerin hat Daggi Meiss einen Workshop konzipiert, in dem sie Hobbyläufern Tipps gibt für die Turnschuh-Technik und für das Barfußtraining auf der Yogamatte. Dessen erster Teil besteht aus einem Lauftraining, der zweite findet im Yogastudio statt.

Guter Ausgleich für Ausdauersportler

Soll man denn überhaupt im Anschluss ans Laufen Yoga üben? „ Wenn man eine leichte Joggingrunde gedreht hat, ist Yoga anschließend super. Nach einem wirklich langen, anstrengenden Training ist Yoga jedoch nicht ratsam, und auch kein anderes Kraft- und Dehnungstraining“, rät sie. „Die Gefahr, dass Mikrofasern in den Muskeln reißen und so Entzündungen entstehen, ist zu groß. Ein lockeres Austraben ist besser. Früher haben Sportwissenschaftler auch zum Dehnen vor dem Laufen geraten, das wird heute nicht mehr empfohlen.“ Grundsätzlich gilt: Yoga ist ein hervorragender Ausgleich für alle Ausdauersportler! Dazu muss man nicht gleich im Anschluss ans Laufen auf die Matte, sondern ein paar Mal pro Woche die yoga-typischen Dehn- und Kräftigungsübungen machen. Denn durch Radfahren oder Laufen zum Beispiel verkürzen sich die Muskeln am Gesäß und an den Beinrückseiten. Außerdem verhindert man einen Rundrücken, der zu Schmerzen führen kann. Yogaübungen wie der „Herabschauende Hund“ strecken diese Muskeln. Balanceübungen wie der„Baum“ kräftigen zudem die Wadenmuskulatur, die so besser Stöße abdämpfen kann. Sinnvoll sind auch die Kriegerpositionen, die die Hüfte dehnen und natürlich alle Yoga-Übungen, bei denen der Rumpf gekräftigt wird, wie „Vasishtasana“ und das „Brett / schiefe Ebene“. Die Fußmuskeln werden zum Beispiel im Fersensitz gedehnt und gekräftigt.

Pranayama beim Laufen?

Und was ist mit der Atmung? Soll die ähnlich wie beim Yoga kontrolliert an die Bewegung angepasst werden? Daggi Meiss widerspricht: “Beim Laufen kann man zwar, wenn man will, einen individuellen Atemrhythmus finden, der Atem darf aber auch einfach frei fließen. Durch den Mund zu atmen, ist absolut okay, man bekommt so mehr Sauerstoff. Wer viel Yoga übt, wird allerdings auch merken, dass er auch beim Laufen freier und tiefer atmen kann.“ Die Faustregel lautet: Man sollte nur so schnell laufen, dass man sich dabei auch noch unterhalten könnte.

Seitdem ich mich jedenfalls beim Joggen aufrechter halte und mehr mit Bauchspannung arbeite, verspüre ich so einen angenehmen Vorwärtsdrang. Sogar, wenn es bergauf geht. Und mir gefällt, dass ich eigentlich dasselbe mache wie beim Yoga: Schultern locker, Rücken in der natürlichen Aufrichtung, Rumpfmuskeln stark, Beckenboden und Bauchmuskeln leicht anspannen, ein Buddha-Lächeln im Gesicht. Gleich im Anschluss ans Joggen übe ich draußen den Baum, den Hund, und ein paar andere Asanas. Mit Blick in den blauen Himmel. Wunderbar.

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