Kennst du schon unsere neue Mythbuster-Kolumne? Yogalehrerin Eva wagt den Blick hinter die perfekte Yoga-Kulisse, wo neue Sichtweisen auch mal auf unbequeme Fragen und eine ordentliche Portion Humor treffen. Thema heute: Detox im Yoga.
Diesen Mythbuster-Beitrag möchte ich einem “Kunstbegriff” der Yoga- und Gesundheitsszene widmen, nämlich soll es um Detox gehen. Wie immer wird dieses Thema von mir rein von der physiologischen Seite beleuchtet.
Detox als Marketing-Tool
Denn vorab: Ich glaube an gesunde Ernährung, an das “Du bist, was Du isst”, und jeder von Euch wird bestätigen, dass man sich nach einer Schweinshaxe zum Abendbrot anders fühlt als nach der leichten Gemüsepfanne. Soll ich auch noch den morgendlichen Kater nach zu viel Alkoholgenuss erwähnen…!? “Detox”-Tipps einzeln für sich genommen sind nicht per se schlecht, ganz im Gegenteil! Uralte Lehren wie Ayurveda haben meinen vollen Respekt und auch Fastenkuren sind nichts Neues. Gegen ein vernünftiges Innehalten ist wenig einzuwenden. Gegen die Vermarktung, die solche Kuren und zahlreiche, zumeist grüne Säfte erfahren haben, aber schon.
Der Begriff Detox ist nicht geschützt und besitzt keine einheitliche Definition. Seit 2017 darf er nicht mehr für Produkte verwendet werden, die keine gesundheitsbezogene Wirkung haben (siehe entsprechendes Urteil vom Bundesgerichtshof). Und schon 2015 hat das Landgericht Düsseldorf festgelegt, dass eine Kräutertee-Mischung nicht länger mit dem Begriff “Detox” werben darf, da hiermit eine gewisse Wirkung auf den Körper suggeriert werden würde. Da diese Wirkung wissenschaftlich nicht belegt werden konnte, war die gesundheitsbezogene Angabe ab sofort nicht mehr zulässig.
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Das Problem mit Detox-Yoga
Aber zurück zum Thema, denn hier soll es um Yogastunden gehen, die in München meist nach dem Oktoberfest oder den genussreichen Weihnachtsfeiertagen wie Pilze aus dem Boden sprießen und die dem Teilnehmer schon im Kursnamen “Detox” oder “Entgiften” versprechen oder zumindest suggerieren. Diese Yogastunden sind meist durch eine Vielzahl von Rotationshaltungen geprägt und tatsächlich kommt man bei Twists mehr ins Schwitzen als sonst (dies sind aber keine Entgiftungsprozesse, sondern die Tatsache ist ganz einfach muskulär erklärbar!). Hot-Yoga-Kurse werden von Haus aus mit dem Schlagwort Detox beworben, was bei der genauen Untersuchung der Hauptbestandteile von Schweiß, der zu mehr als 99% aus Wasser besteht, allerdings gar nicht stimmen kann.
Physiologisch ist es aber genau anders herum: Der Körper entgiftet uns, nicht wir unseren Körper! Natürlich können wir unseren Körper in seiner Funktion immer unterstützen und entlasten, aber die Arbeit übernehmen bei einem gesunden Menschen die inneren Organe mit Hilfe ausgeklügelter Mechanismen: Unerwünschte Stoffe werden über Leber (im Team mit der Galle), Nieren, Darm, Haut und Atmung ausgeschieden. Die zentralste Rolle spielt definitiv die Leber, die am Stoffwechsel von Fetten, Kohlenhydraten und Eiweißen und an der Speicherung von Vitaminen und Spurenelementen maßgeblich beteiligt ist. Das Organ gilt daher als echte Chemie-Fabrik unseres Körpers. Giftige Stoffe werden hier aufgespalten und auf Ausscheidung programmiert.
Ist der Körper in der Durchführung seiner Ausscheidungsprozesse nicht mehr selbstständig in der Lage, liegt eine Krankheit vor und der Körper braucht kein Detox-Yoga, sondern medizinische Hilfe. Die Dialyse ist hier ein sehr bekanntes Beispiel, oder im Fall von echten Vergiftungen ein Gegenmittel. Auch können sich Dioxine und toxische Schwermetalle wie Blei im Körper ansammeln, aber es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass “Detox” bei derartigen Vergiftungen helfen kann. Sie müssen professionell ausgeleitet werden. Während also die Variation an Detox-Diäten und -Produkten immer weiter zunimmt, hat die Wissenschaft bisher weder Schlacken im Körper nachweisen, noch einen Nutzen von Detox-Kuren belegen können.
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Der Mythos vom Entgiften durch Körperhaltungen
Um das Thema abzurunden, möchte ich zusammenfassen. Das Stundenbild “Rotation” ist auch fester Bestandteil meines Programms und begegnet Dir im gewohnten Sieben-Wochen Zyklus. Solche Kurse können Deinen Stoffwechsel und die Durchblutung der inneren Organe anregen. Außerdem wird gezielter als sonst Stress abgebaut, die Brustwirbelsäule wird mobilisiert und Blockaden werden gelöst.
Aber solche Yogastunden und auch keine anderen äußerlich angewendeten Techniken können Einfluss auf die ausgeklügelte Autonomie der Vorgänge im Innern Deiner Organe nehmen. Dein Körper ist keine Zahnpastatube, die man willkürlich ausquetschen oder auswringen kann – und ich möchte auch anführen, dass ebenso die Ausschüttung von Hormonen nicht aufgrund einer vermehrten Durchblutung erfolgt, sondern dank neurovegetativer Prozesse, die sich zum Glück (!) durch keine Körperhaltung beeinflussen lassen. Stammgäste kennen mein beliebtes Zitat bereits: Hast Du schon mal einen Oktoberfest Besucher gesehen, der sich die unerwünschten Promille erfolgreich aus der Leber rotiert hat? Eben…! Auf der Wiesn eingenommene, verdrehte Körperhaltungen kommen vor, haben aber nichts mit Yoga zu tun.
Ein schönes Schlusswort hat Stephan Bischoff, Ernährungsmediziner an der Universität Hohenheim, formumiert: Bei der Detox-Idee handelt es sich um Halbwahrheiten, zusammengerührt und mit haarsträubenden Begründungen zu einem Konzept erhoben, das keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand halten würde.
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Unsere Mythbuster-Kolumnistin und Yogalehrerin Eva kommt ursprünglich aus dem Leistungssport. Aufgrund einer gesunden Neugier liebt sie es, sich mit anatomischen Fragen auseinanderzusetzen und so den eigenen Körper besser zu verstehen. Zusätzlich nutzt sie ihr Wissen, um die Yogawelt immer inklusiver zu machen. Mehr Infos auf Instagram: @yogacycle_by_eva. Porträtbild: Sonja Netzlaf www.sonjanetzlaf.com
Auf den Punkt gebracht, danke!
Wunderbar! Endlich mal raus aus der esoterischen Kiste! Yoga geht auch ohne alles Gedöns! Klare und deutliche Worte, bitte demnächst mehr davon!