Der schmale Grat zwischen Kommerz und Spiritualität – Dr. Alexandra Kleiner im Interview

“Ein Raum für die Erinnerung an unser Selbst”: Die Yogalehrerin und Unternehmerin Dr. Alexandra Kleiner spricht im Interview über die Aufgaben eines modernen Yogastudios und was du bei der Gründung eines eigenen Studios beachten musst.

Alex, du hast in diesem Jahr in München zwei Yogastudios eröffnet: Welcher Weg hat dich dorthin geführt?

Spontane Antwort: Eine Reihe von Zufällen, die das aber bei näherem Hinschauen gar nicht sind. Rund um meinen 40. Geburtstag kamen viele Schritte in meinem Leben zusammen – meine Ausbildung zur Rechtsanwältin, meine Erfahrung in der Umstrukturierung großer Firmen, die Geburt meiner beiden Kinder, schließlich meine Ausbildungen zur Yogalehrerin und Holistic Counselor. Dass ich jahrelang Unternehmen in ihrem Kern kennengelernt habe, hilft mir sicher, nun zwei Yogastudios zu betreiben.

Vor welchen wirtschaftlichen Herausforderungen steht man bei einer solchen Neugründung?

Die Atmosphäre muss stimmen, denn der größte “Erfolgsfaktor”, wenn man es so nennen möchte, liegt darin, dass sich die Schüler wohl und inspiriert fühlen. Daneben muss das Studio so betrieben werden, dass es wirtschaftlich Sinn ergibt. Ich muss und möchte meine Mitarbeiter und Lehrer bezahlen, dazu die Miete in einer der teuersten deutschen Städte und alle anderen Kosten. Experimente sind da schwieriger als woanders. Aber da ich die Verantwortung gewohnt bin, Unternehmensstrukturen auf- und umzubauen, fiel es mir leicht, Regeln für funktionierende Prozesse aufzustellen.

Du berätst als yogischer “Business-Coach” auch andere Studios und Lehrende bei ihrer Existenzgründung. Was sind in aller Kürze deine Top-3-Tipps für Yogis, die sich professionalisieren wollen?

  • Im Köper: eine eigene regelmäßige Yoga-Praxis
  • Im Verstand: Informationen und Expertenwissen bezüglich der Selbstständigkeit, die z.B. wir in The STUDIO anbieten
  • Im Herz: Fühlen und Spüren, den eigenen authentischen Weg zu gehen

Wenn alle drei zusammengebracht werden können, fügen sich die kleinen Schritte auf dem Weg.

In der Wirtschaft gibt es Mentorenprogramme, und auch im Yoga ist die Lehrer-Schüler-Beziehung traditionell eng, mit dem Lehrer als Ansprechpartner in allen Aspekten. Wie ist hier deine Erfahrung?

Ich hatte Glück. Vor etwa zehn Jahren entschied ich mich zwischen zwei Jobs für eine längere Reise und landete bei Mark Whitwells Teacher Training auf Fidschi. Dort habe ich viel von seinem Leben mitbekommen, mit sehr lehrreichen Momenten. So antwortete er einmal auf meine hoch motivierte Frage “Und, was machen wir morgen?”: “Ananas schneiden und dann aufs Meer schauen.” Wir sind heute noch regelmäßig in Kontakt. Nach diesem Vorbild möchte ich auch bei uns ein Mentorenprogramm aufbauen und die neuen Lehrer langsam an die Schüler ranführen. Auch nach 200 Stunden Ausbildung muss das Handwerkszeug vertieft werden. Es gibt so viele Aspekte, die sich nur über die Zeit lernen lassen. Dafür möchten wir uns auf Weiterbildung konzentrieren, zum Beispiel Sprachtraining, Faszienarbeit und andere Details. Und die Schüler darauf vorbereiten, dass ihr Unterricht nicht nur Asanas umfassen wird, sondern durchaus auch den Umgang mit den Lebensthemen ihrer Schüler.

Wirtschaftlich gesprochen ist Yoga eine Dienstleistung, in der es irgendwie als “unspirituell” gilt, Gewinn zu machen. Wie hältst du hier als Unternehmerin die Balance?

Auch ein Unternehmen ist ein wunderbares Feld, um die yogischen Grundprinzipien anzuwenden und mit seinem Vorbild Zeichen zu setzen. Verkauft man Kleidung und Snacks? Wo ist der Grad zum Kommerz? Er ist auf jeden Fall schmal und verändert sich stetig. Da hilft es, sich selbst mit offenem Herzen zu beobachten und nicht in Dogma oder Klischees zu verfallen. Nur so kann man Türen für Menschen aufmachen, die aus anderen Umgebungen kommen.

Wie kann es gelingen, einen breiten Zugang zum Studio zu schaffen?

Auf unseren Infoabenden für Einsteiger können unter Umständen auch Fragen nach Parkmöglichkeiten auftauchen oder etwa ob Turnschuhe mitgebracht werden sollen, aber es ist spürbar, dass alle ahnen, dass hier etwas Tiefes passieren wird. Wenn der erste Schritt dazu der Kauf einer Hose ist – warum nicht! Wichtig ist es, einen Ort zu schaffen, an dem sich die Schüler aufgenommen und zu Hause fühlen können, mit einem Angebot zu Gemeinschaft und Öffnung. Dazu gehört für mich unbedingt die eigene Reflektion: Wer sind wir eigentlich?

Ein Ort für die Resonanz zwischen innen und außen?

Ja, und an dem es auch an allen Ecken und Enden menscheln darf. Es soll ein Ort sein, an dem Platz für alles ist, was die Menschen mitbringen. Dafür haben wir auch Angebote aus der Psychologie, Heilpraxis und Selbsterfahrung, was für mich auch zum Yoga gehört – sonst bleibt es bei einer Fitnessübung.

Ein besonderes Anliegen sind dir die Frauen …

Es ist ein bisschen wie beim Kochen: Die großen Stars sind Männer, aber Frauen bilden die Basis und entwickeln sie weiter. Jenseits aller Diskussionen über Feminismus interessieren mich Fragen zum Zusammenhalt, der Lebensentwürfe, Rollenbilder und unser besonderes Potenzial. Was können wir heute beitragen und welche Qualitäten können wir dazu kultivieren? Nicht nur hier ist es mir wichtig, Yoga in einem modernen Kontext zu halten.


Weitere Infos zu Dr. Alexandra Kleiner, ihrem Team und ihrem Angebot bei “The STUDIO” gibt es unter
www.the-studio.yoga.
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