Interview |Bernd Rößler

„Das Horoskop ist ein Spiegel des Lebens“

Der 47-jährige Wahl-Detmolder Bernd Rößler hat sich vor drei Jahren als vedischer Astrologe selbstständig gemacht – ein erfolgreicher, aber lebensverändernder Schritt. Aus astrologischer Sicht musste es so kommen, so das Fazit des gelernten Physiotherapeuten und Osteopathen. Zum Gespräch über die vedische Astrologie Jyotisha trafen wir Bernd Rößler in einem Garten zwischen Detmold und Paderborn.

YOGA JOURNAL: Vor elf Jahren hatten noch Sie zwei erfolgreiche Physiotherapie-Praxen in München und mit Astrologie wenig am Hut. Was ist passiert?

Bernd Rößler: Lange Zeit war ich mit Leib und Seele Physiotherapeut und Osteopath. Ich konnte meinen Patienten helfen. Mit der Zeit fühlte ich aber, dass es tiefer gehende Hilfe geben muss. Gleichzeitig stieß ich immer häufiger auf esoterische Themen und landete schließlich bei der vedischen Astrologie.

Eine ganz ordentliche Kehrtwende.

Für mich war es keine Kehrtwende, eher die logische Weiterentwicklung meines Wunsches, Menschen zu helfen. Und zwar auf eine wirklich ganzheitliche Weise. Ich traf Hart deFouw [bekannter vedischer Astrologe; Anm. d. Red.]. Das war für mich die entscheidende Begegnung, durch die ich mit der alten vedischen Tradition in Kontakt gekommen bin. Er repräsentiert und lehrt wie kein anderer in unserer westlichen Welt das astrologische Wissen der Seher alter Zeiten. Durch seinen Unterricht wurde mir klar: Das ist der Weg, den ich konsequent weiter gehen muss.

Konnten Sie Hart deFouw denn so einfach kontaktieren?

Ja, so erstaunlich das klingt: Damals konnte man einfach seine Seminare belegen. Das habe ich einige Jahre getan. Mehrere Monate im Jahr habe ich dafür in San Francisco gelebt, wo Hart deFouw seinen Unterricht gab. Dann hatte ich das unwahrscheinliche Glück, dass Hart mich zum Einzelunterricht eingeladen hat. Eine Zeit, die ich einfach nur als Geschenk beschreiben kann.

Wie haben Sie diese Ausbildung finanziert?

Meine Praxen in München liefen ja unverändert weiter. Erst später habe ich die Praxen dann verkauft.

Sie sagten, Sie helfen den Menschen jetzt in ganzheitlicher Weise…

Als Physiotherapeut und Osteopath habe ich Menschen mit körperlichen Beschwerden therapiert. Als vedischer Astrologe ist es mir möglich, mit Hilfe von Horoskopen die gesamte Lebenssituation eines Menschen zu erfassen. Ich kann sehen, mit welcher Vorgeschichte ein Klient in seine gegenwärtige Situation gekommen ist und welche Möglichkeiten ihm zukünftig offen stehen. Das ist natürlich ein ganz anderer Zugang, um das Leben eines Menschen bereichern zu können, bringt aber auch viel Verantwortung mit sich.

Inwiefern?

Es ist eine besondere Gunst, mit Hilfe von Horoskopen am Leben eines Menschen teilhaben zu können. Jeder Klient schenkt mir sein Vertrauen, dass ich verantwortungsvoll mit den Informationen umgehe, die ein Horoskop mir offenbart. Die Höhen und Tiefen im Lebensverlauf muss ich so vermitteln, dass der Klient gestärkt aus der Beratung herausgeht. Die Beratung soll helfen, persönliche Erfolge auszubauen und Enttäuschungen abzufedern. Der Klient soll wissen, wie er sein Leben gestalten kann.

Was genau wird beispielsweise im Horoskop repräsentiert?

Das Horoskop ist ein Spiegel des Lebens. Das ganze Leben wird im Horoskop repräsentiert: Elternhaus, Kindheit, Schule, Lehrzeit, Beruf, Partnerschaft, aber auch Gesundheit, Spiritualität und Lebensglück. Kein Thema bleibt ausgegrenzt.

Und das funktioniert?

Ja.

Wie konkret können Sie Menschen helfen, ihr Leben zu gestalten?

Sehr konkret. Es gibt Menschen, die vor einer Geschäftsentscheidung zu mir kommen und mich fragen, wie sie sich in einer konkreten Vertragsangelegenheit verhalten sollen. Andere haben Fragen zu ihrer Familie oder zur Vergangenheitsbewältigung. Wieder andere benötigen Entscheidungshilfen für Beziehungsprobleme. Je gezielter gefragt wird, desto konkreter die Antworten. Was aber nicht heißt, dass es nicht auch viele Klienten gibt, die zunächst einmal einen allgemeinen Überblick über ihr Leben haben wollen. Oft rufen mich dann genau diese Klienten später bei konkreten Anlässen wieder an.

Wofür kann man die vedische Astrologie noch nutzen?

Ein klassischer Anwendungsbereich für Jyotisha ist Muhurta. Das ist das Festlegen von Zeitpunkten für wichtige Handlungen. Zum Beispiel um zu heiraten, ein Haus zu kaufen, eine Reise zu starten oder ein Geschäft zu eröffnen. Ein weiterer Bereich ist Prashna, die Fragen-Astrologie. Mit speziellen Horoskopen finden sich damit Antworten auf jede erdenkliche Frage, völlig unabhängig vom Geburtshoroskop.

Was benötigen Sie für eine astrologische Beratung?

Meistens lasse ich mir vor der Beratung das Geburtsdatum, den Geburtsort und die Geburtszeit des Klienten geben. Mit diesen Daten wird das so genannte Geburtshoroskop erstellt. Das analysiere ich, bevor der Klient zu seinem Termin erscheint. Bevor wir beginnen, nehme ich noch Handabdrücke mit Tinte auf Papier. Das Handlesen ist traditionell Teil der vedischen Astrologie. Hände und Horoskop gemeinsam ergeben einen umfassenden Einblick.

Wie viel können Sie denn konkret in einer Sitzung erzählen?

In jedem Fall so viel, dass der Klient nach der Sitzung zunächst keine offenen Fragen mehr hat.

Was sind denn die beliebtesten Fragen?

Fragen zum Thema Partnerschaft werden am häufigsten gestellt. Jeder Mensch strebt Partnerschaft an. Das liegt in unserer Natur. Und wir erleben dort alles, von Anerkennung bis Ablehnung. In Partnerschaft liegt unser größtes Potenzial, um uns persönlich weiter zu entwickeln. Gleichzeitig aber auch unsere größte Chance, an unsere Grenzen zu stoßen. Kein Wunder also, dass sich so viele Fragen um Partnerschaft drehen. An zweiter Stelle rangieren Fragen zum Thema Beruf und Karriere. Jeder benötigt eine Aufgabe und möchte wissen, wie er diese erfolgreich bewältigen kann. Partnerschaft und Beruf sind die beiden wichtigen Anker für ein stabiles Leben. Aber gerade diese beiden Lebensbereiche stehen in unserer Gesellschaft enorm unter Stress. Noch nie hat es so viele Singles und Scheidungen gegeben. Und noch nie gab es so viele Berufe und Spezialisierungen.

Gibt es bei den Fragen Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

Frauen tun sich offensichtlich sehr viel leichter, ihr Leben mit Hilfe der Astrologie zu hinterfragen. Die deutliche Mehrzahl meiner Klienten sind Frauen. Ihr Hauptanliegen ist meistens Partnerschaft und Familie. Erst in zweiter Linie Beruf und Finanzen. Männer sind eher an Beruf und Finanzen interessiert, bevor sie das Thema Beziehung und Familie ansprechen.

Wollen die Menschen eigentlich primär nur Gutes hören?

Die Menschen, die zu einer Beratung kommen, möchten etwas über ihr Leben erfahren. Niemand geht davon aus, dass alles immer nur gut und erfolgreich verläuft. Es gehört auch zu einer Beratung, schwierige Lebensbereiche anzusprechen. Die meisten Klienten kommen ja gerade zu mir, weil sie sich vor eine Herausforderung gestellt sehen. Sie möchten vor allem eine realistische Perspektive und eine Lösung für ihre Probleme.

Was passiert, wenn Sie etwas Negatives sehen?

Ich spreche es an, damit mein Klient sich darauf einstellen kann und entsprechend handelt.

Können Sie ein paar Beispiel geben?

Jemand ist seit Jahren beruflich erfolgreich und plant einen Hausbau. Dafür möchte er einen Kredit aufnehmen. Im Horoskop ist deutlich zu sehen, dass die kommenden zwei Jahre mit beruflichen und finanziellen Schwierigkeiten einhergehen. Danach stabilisiert sich die Situation wieder. Ich rate dazu, den Hausbau und die Kreditaufnahme zwei Jahre zu verschieben, damit die entstehenden finanziellen Probleme nicht unnötig vergrößert werden. In einem anderen Fall ist zu sehen, dass sich die Gesundheit binnen eines Jahres deutlich verschlechtern wird. Meine Empfehlung wird dann sein, ab sofort regelmäßig ärztliche Check-up Untersuchungen durchführen zu lassen. So besteht die Möglichkeit Veränderungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu handeln. Jyotisha gibt jedem die Chance jederzeit das Beste in gegebenen Situationen zu erkennen und adäquat zu handeln.

Inwieweit steht Jyotisha, also vedische Astrologie, denn dem freien Willen entgegen? Ich meine, wenn ich das mit dem Finanzproblem weiß und mich entscheide, trotzdem zwei Jahre vorher den Kredit aufzunehmen…

Jyotisha steht dem freien Willen nicht entgegen. Jyotisha spiegelt wider, was passiert, und gibt den Menschen die Möglichkeit, ihren freien Willen sinnvoll einzusetzen.

Was halten sie von vedischen Horoskopen, die von Computerprogrammen ausgearbeitet wurden?

Computerprogramme arbeiten hundertprozentig exakt. Die reinen Daten stimmen also. Aber erst dann beginnt die eigentliche Astrologie, nämlich die Interpretation der Daten. Wichtiger als die Fakten ist in der Astrologie der inspirierte Umgang mit ihnen. Das kann ein Computer nicht. Die nötige Inspiration für die richtige Interpretation eines Horoskops stellt sich ein, wenn ein geeigneter Lehrer sein Wissen im Sinne der Tradition weitergibt. Dazu gehört neben der Vermittlung von Theorie auch die Einweisung in bestimmte spirituelle Praktiken, Sadhana. Selbst ein Astrologe, der nur über eine Handvoll von Regeln und Gesetzmäßigkeiten seiner Tradition verfügt, diese aber versteht, inspiriert einzusetzen, ist in der Lage, einem Horoskop erstaunliche Wahrheiten zu entlocken. Wahrheiten, die ein Computer niemals erkennen könnte, obwohl er bei seinen Berechnungen viel mehr astrologische Regeln und Gesetzmäßigkeiten zur Anwendung bringt. Was fehlt, ist die Inspiration. Ohne Inspiration keine Astrologie.

Haben Ihre Aussagen denn immer gestimmt?

Ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, zu jeder Sekunde hundertprozentig inspiriert zu sein. Wer kann das schon. Dann kann es zu ungenauen Aussagen bezüglich ganz konkreter Fragestellungen kommen. Manchmal ist auch einfach die Geburtszeit nicht korrekt dokumentiert worden. Dann kommt es aufgrund der falschen Daten eventuell zu falschen Schlussfolgerungen. Sagt mir der Klient, dass er sich in meinen Aussagen nicht wiederfindet, kann ich sehr schnell Rückschlüsse auf die korrekte Geburtszeit ziehen. Und dann ist das Horoskop wieder stimmig und lässt richtige Schlussfolgerungen zu.

Zeitungshoroskope werden von PCs ausgespuckt und trotzdem werden sie von vielen gelesen…

Sogar von sehr vielen. Zeitungshoroskope haben einen Unterhaltungswert. Die Inhalte sind unverbindlich und verheißen weder einen Millionengewinn noch ein Jammertal. Niemand wird sein Leben danach ausrichten.

Richten Sie Ihr Leben eigentlich nach Ihrem eigenen Horoskop aus?

Das Horoskop repräsentiert mein Leben. Es macht mir klar, welche Aufgaben für mich anstehen und welche Themen auf mich zukommen. Für mich ist das enorm hilfreich. Wenn ich wichtige Entscheidungen treffen muss, setze ich regelmäßig Prashna ein. Und bevor ich etwas Neues starte, nutze ich auf jeden Fall Muhurta. Horoskope sind auch für mich persönlich immer wieder erstaunliche Hilfsmittel, um zu verdeutlichen, was möglich und was unvermeidbar ist. Jyotisha zeigt, wo es lang geht.

Geben Sie Ihr Wissen auch weiter?

Ich gebe in verschiedenen Städten in Deutschland Workshops zu unterschiedlichen Themen. Außerdem biete ich regelmäßig Seminare für vedische Astrologie und das vedische Handlesen an.

Sagen Sie uns zum Abschluss noch, was uns im neuen Jahr erwartet?

Jyotisha ist eine sehr individuelle Sache. Pauschale Aussagen sind viel zu oberflächlich und werden den Möglichkeiten der vedischen Astrologie nicht gerecht. Es gilt die persönlichen Erfolgsmöglichkeiten und auch die Probleme eines Menschen wirklich ernst zu nehmen. Der richtige Rahmen dafür ist die Einzelberatung. Aber unabhängig davon wünsche ich Ihnen und allen Ihren Lesern von Herzen alles Gute für das kommende Jahr.

Von Jennifer Bligh

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Dr. Ronald Steiner: Alignment Cues für Virabhadrasana A

In der "Haltung des mächtigen Helden" reckt sich der oder die Übende kraftvoll gen Himmel. Dafür ist es wichtig,...

Vollmondkalender 2024: Der April-Vollmond im Skorpion und dein Körper

Wann ist der nächste Vollmond? Unsere Experten Johanna Paungger-Poppe & Thomas Poppe begleiten dich mit unserem Vollmondkalender durchs Jahr...

YogaWorld Podcast: #100 Yoga neu denken – mit Robert Ehrenbrand

Willkommen beim "YogaWorld Podcast"! Die Idee dahinter: Zugang zu echtem Yogawissen, ohne stundenlangem Bücherwälzen. Hier erfährst du einfach alles...

#100 Yoga neu denken: Warum das Traditionelle nur noch bedingt funktioniert – mit Robert Ehrenbrand

Zeitlose Lehren, zeitgemäß anpassen: Reflexionen über den Yoga von heute In den letzten Jahrzehnten hat sich die Praxis des Yoga...

Umgang mit Emotionen – Shivas Tanz

Der befreite Tanz des Großen Yogi Shiva hilft bei unserem geschickten Umgang mit Emotionen. Hier wendest du Yogaphilosophie auf...

Nervenmobilisation mit Gül Ruijter – Teil 3: Nerven-Flossing für den Nacken

"Flossing" kennen die meisten vermutlich nur von der Zahnpflege. Mit diesen Übungen "putzt" du stattdessen deine Nervenbahnen, du bringst...

Pflichtlektüre

Sechs schöne Vollmond Rituale

Kleine Rituale helfen uns an diesen meist aufreibenden Tagen innezuhalten und uns geerdet zu fühlen. Wir haben dir 6...

Dr. Ronald Steiner: 4 Übungen für eingeklemmte Handnerven

Diese yogatherapeutische Übungsreihe von Dr. Ronald Steiner verhilft einem eingeklemmten Handnerv in seiner Bahn zu einem leichten Schlittern. Das...

Das könnte dir auch gefallen
Unsere Tipps