Marcel Clementi: Der Yogi auf dem Cover des Yoga Journal

Als zweiter Mann hat Marcel Clementi es auf das Cover des Yoga Journal geschafft. “Ich denke Yoga macht dich nicht weniger zum Mann, sondern eher das Gegenteil trifft ein. Männer werden zu liebevolleren Partnern, erfolgreicheren Managern, besseren Freunden und aufmerksameren Vätern.”

Eigentlich ist Marcel als Yogalehrer international unterwegs: Für seine Workshops, Events und Retreats reist er um die ganze Welt – zumindest wenn Corona das zulässt. Zurzeit bleibt er in seiner Wohnung in Tirol und er genießt die Bergtouren mit seiner Rescue-Hündin Akouna mindestens genauso wie die Praxis auf der Matte. Wir wollten von dem sympathischen Österreicher wissen, wieso er von Power Yoga auf ruhigere Stile umgestiegen ist und was seine Kumpels zu seinem Beruf sagen. Außerdem hat er uns erzählt, welche Rolle Musik in seinen Yogastunden spielt und direkt eine Playlist mit seinen liebsten Yoga-Songs erstellt.

Marcel, du bist als Yogalehrer mittlerweile sehr erfolgreich. Wann hast du damit angefangen?

Auf der Suche nach einem Ausgleich zu meinem 40h Job (waren zu dieser Zeit eher 60h) habe ich das erste Mal Yoga entdeckt. Anstatt das vierte Mal die Woche im Fitnessstudio Gewichte zu heben, wollte ich Yoga ausprobieren … und hab es furchtbar gefunden! Die Yogalehrerin hat nichts erklärt, der Raum war gesteckt voll und ich hatte keine Ahnung, was ich hier eigentlich machte. NIE hätte ich mir gedacht, dass Yoga mal meine größte Leidenschaft werden könnte. Ein paar Wochen später startete ich eine Weltreise und verletzte mich beim Muay Thai in Thailand. Dort gab ich Yoga dann verletzungsbedingt eine zweite Chance und sah die vielen Vorteile für Körper und Geist. Ich begann täglich zu praktizieren. Das war 2017.

Du hast deine Yoga-Ausbildung in Indien absolviert, richtig?

Auf meiner Weltreise habe ich nicht wirklich viel geplant. Ich wollte einfach alles auf mich zukommen lassen mit der Hoffnung, dass ich meinen Weg finden werde. Durch viele interessante Begegnungen, unter anderem mit reisenden Yogalehrern, hat mir jemand eine indische Yogaschule empfohlen. Ohne wirklich lange darüber nachzudenken oder überhaupt zu recherchieren, habe ich dann gleich meine 200h Ashtanga Ausbildung gebucht. Ich bin also als Yoga-Neuling sofort in die Ausbildung gestartet.. . was man ja eigentlich nicht tun sollte, aber das war mir egal.

Und du warst gleich davon fasziniert?

Fasziniert hat mich ehrlich gesagt einfach alles. Das Wissen des Lehrers, nicht nur über Bewegungsabläufe und den menschlichen Körper, sondern auch sein Verständnis für Dinge, die jeden Menschen beschäftigen. Noch nie habe ich mich so intensiv mit mir selbst befasst wie in diesem Monat. Nicht nur mein Körper, sondern meine ganze Art hat sich verändert. Deswegen beschäftige ich ich im Moment auch sehr intensiv mit Anatomie, der richtigen Ausführung und einem gesunden, positiven Mindset.

Apropos Mindset: Einige Menschen sind fix der Meinung, dass Yoga Frauensache ist. Dabei nimmt der Männeranteil in den Yoga-Studios weiter zu. Bemerkst du diese Entwicklung auch in deinen Klassen?

Ich denke Yoga macht dich nicht weniger zum Mann, sondern eher das Gegenteil trifft ein. Männer werden zu liebevolleren Partnern, erfolgreicheren Managern, besseren Freunden und aufmerksameren Vätern. Diese Einsicht bekommen immer mehr Männer. Ich merke den leichten Anstieg in meinen Klassen und biete auch speziell “Yoga für Männer” an. Ich denke, viele haben einfach nur Angst der einzige Mann im Raum zu sein bzw. die einzige Person, die nicht das Bein hinter das Ohr bekommt. Dass das nicht unser Ziel im Yoga ist, erleichtert die Männer dann immer sehr. Schaden würde es bestimmt keinem Mann Yoga einfach mal auszuprobieren und sich selbst ein Bild zu machen. Wer Lust hat mal zu schnuppern, kann ja gerne auf meinem Youtube-Kanal vorbeischauen.

Und was sagt dein Freundeskreis zu deinem Beruf – konntest du deine Kumpels schon von Yoga überzeugen?

Meine Freunde haben mich eigentlich von Anfang an unterstützt. Und natürlich mussten sie gleich zu meiner ersten großen Yogastunde kommen! Ob sie wegen Yoga oder eher mir zu liebe gekommen sind, das weiß ich nicht.

Verrätst du uns, was deine Tattoos bedeuten?

Ohje, das sind eine Menge. Ich erkläre sie euch trotzdem gerne. Die Anfangsbuchstaben meiner Eltern waren mein erstes Tattoo mit 18, als Dankeschön für eine wundervolle Jugend und Kindheit. Der Text auf meinem linken Schulterblatt ist ein handgeschriebener Brief von meinem Opa mit Wünschen für ein erfolgreiches und glückliches Leben. Für jede große Reise habe ich mir dann immer ein kleines Tattoo stechen lassen, wie zum Beispiel das „Hang Lose“ Handzeichen der Surfer, das mich an einen Monat in Los Angeles erinnert oder eine Ananas aus dem Bali-Urlaub, bei der ich an die Arbeit im Familienbetrieb meiner Eltern zurück denke – ein Vitamingeschäft mit Obst und Gemüse. Vorne an den Schienbeinen steht noch links “inhale”und rechts “exhale” – damit ich meinen Text in den englischen Yogastunden nicht vergesse.

Die größeren Tattoos am linken Arm haben verschiedene Bedeutungen. Das Auge mit der Welt als Pupille soll meine Leidenschaft zum Reisen widerspiegeln. “Uma Vida um Mundo” – portugiesisch für “Ein Leben eine Welt” steht darunter, um mich an meine Rucksackreise durch Brasilien zu erinnern. Die Indianerin am Arm habe ich mir auf Thailand stechen lassen. Sie soll eine achtsame Kriegerin mit Verbundenheit zur Natur symbolisieren. An meinen Unterarm befindet sich dann noch eine Sanduhr. Diese erinnert mich, dass nichts für immer und Zeit unser kostbarstes Geschenk ist. Im oberen Glas befindet sich eine Welle, die im unteren Glas zu einem stillen Gewässer wird. Das soll mir immer wieder zeigen, dass egal wie schwierig ein Moment oft scheint, am Ende sich doch alles beruhigt und jedes Problem zu lösen ist. Die Sonne und der Mond symbolisieren Zeit um zu arbeiten aber auch Zeit um zu rasten und zu genießen.

Wow, das sind nicht nur eine Menge Tattoos, sondern auch sehr viele Reisen und tolle Inspirationen. Du bezeichnest dich als Multistyle Yogalehrer. Hast du trotzdem einen Lieblingsstil wenn du für dich übst?

Früher habe ich Yoga immer als mein tägliches Workout gesehen. Daher habe ich eigentlich nur Power Yoga oder Ashtanga praktiziert. Mittlerweile sehe ich all die Vorteile, die Yoga nach innen bewirkt. Mehr Ruhe, mehr Gelassenheit, verbesserte Konzentration, mehr Körpergefühl, Wohlbefinden, Verständnis für andere, etc. Ich bevorzuge zurzeit also eher ruhigere Stile wie Yin oder einen Gentle Flow, um abzuschalten und meine Achtsamkeit zu schulen.

Wie würdest du diesen Satz vervollständigen: Ein guter Yogalehrer ist…

… jemand, der sich ständig weiterbildet und bereit ist Neues zu lernen, um andere zu einem glücklicheren und gesünderen Leben zu inspirieren. Ich finde man muss die Leidenschaft vom Lehrer im Unterricht spüren können.

Du hast uns deine liebsten Yoga-Lieder in eine Playlist gepackt. Welche Rolle spielt Musik für dich – beim Üben und auch privat?

Beim Yoga spielt Musik eine sehr große Rolle für mich. Verschiedene Musikrichtungen lösen unterschiedliche Emotionen aus, welche man natürlich je nach Aufbau der Stunde wählen kann. Auc beim Meditieren hilft Musik sehr konzentriert zu bleiben und zu entspannen. Privat höre ich lieber Podcasts um meine Zeit zum Lernen zu nutzen. Außer beim Sport, da brauche ich laute Musik!

Wenn du mehr über Marcel erfahren möchtest, kannst du ihn bei seinen Bergtouren, Yoga-Reisen und seiner täglichen Praxis auf Instagram begleiten oder aber kostenlose Yogastunden mit ihm auf seinem neu ausgebauten YouTube-Channel nehmen. Hier gibt es regelmäßig tolle neue Praxis-Videos auf englisch und auf deutsch. Vorbeischauen lohnt sich! Auch Live Classes und Online private Sessions via Zoom bekommst du bei Marcel. Mehr Infos marcelclementiyoga.com

Bilder via @marcelclementi Instagram

Jetzt bist du gefragt: Wie gefällt dir unser neues Cover? Schreibe uns einen Kommentar und lass uns wissen, ob auch du dir mehr Abwechslung auf dem Cover des Yoga Journal wünscht.

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