Die folgenden Techniken können dich dabei unterstützen, deinen eigenen Weg im Umgang mit Rückenschmerzen zu finden. Alle sind in deinem persönlichen Werkzeugkasten für Schmerzmomente gleichermaßen wertvoll und relevant – und du kannst sie noch in viele Richtungen erweitern. Hier geht’s zum ersten Teil des Artikels, in dem Gül Ruijter dir erklärt, worum es sich bei sogenannten “unspezifischen” Rückenschmerzen handelt und welche ganzheitlichen yogatherapeutischen Techniken in so einem Fall sinnvoll sind.
Text & Übungen: Gül Ruijter / Fotos: Viola Halfar
A: Aktivierung der tief liegenden Muskulatur
1. Alternativer Sonnengruß


Diese abgewandelte Form schont und kräftigt den Rücken gleichermaßen: Beginne in einem mittelbreiten Stand, hebe die Arme einatmend und senke dann Becken und Arme mit nach vorn gestreckten Armen.
Von dort aus gehst du in den Vierfüßlerstand. Aktiviere deine Mitte und strecke einen Arm und ein Bein diagonal aus.

Wechsle zur gegenüberliegenden Seite. Komme anschließend in einen herabschauenden Hund mit gebeugten Beinen.


Von dort bringst du die Füße mit einem breiten Sprung oder kleinen Schritten wieder nach vorn hinter die Hände. Richte dich zunächst auf in die aktive Kniebeuge, dann strecke die Beine und komme in den Stand.
2. Tiefe Bauchmuskeln

Bringe in Rückenlage die Beine in die 90/90-Position. Schiebe das Kreuzbein sanft Richtung Boden, um das Becken zu stabilisieren, und spüre, wie deine tiefliegende Muskulatur aktiv wird. Dann tippst du abwechselnd mit den Zehenspitzen Richtung Boden.
(je 5 Wiederholungen)
3. Quere Bauchmuskeln

Lege dich auf die Seite und entspanne deine Bauchdecke. Mit der Ausatmung aktivierst du die tiefe Bauchmuskulatur nach innen und oben. Spüre, wie sich die Bauchdecke etwas nach oben anhebt. Lasse dann in 3 Schritten mit jeder Ausatmung etwas mehr los, bis du wieder am Anfang bist.
(3 Wiederholungen auf jeder Seite)
4. Tiefe Nackenmuskulatur I

Stelle in Rückenlage die Füße auf und hebe die Unterarme. Dann hebst du den Kopf etwa 5 Zentimeter vom Boden ab und ziehst das Kinn etwas Richtung Kehlkopf, um den Nacken lang zu halten. Bleibe 15–30 Sekunden in der Haltung und achte darauf, den Kopf nicht zu weit zu heben.
(3 Wiederholungen)
5. Tiefe Nackenmuskulatur II

Lege dich auf den Bauch und hebe nur den Kopf etwas an. Ziehe auch hier das Kinn sanft Richtung Kehlkopf, um den Nacken lang zu halten und bleibe wieder 15–30 Sekunden in der Haltung, wobei du wieder darauf achtest, den Kopf nicht zu weit zu heben.
(3 Wiederholungen)
6. Aktive Twists

Richte dir mithilfe von Kissen oder Hocker eine Sitzhaltung ein, in der du dich mühelos aufrichten kannst. Hebe die Arme rechtwinklig in die Kaktus-Position, aktiviere deine Mitte und drehe dich dann langsam und kontrolliert zur rechten Seite. Spüre, wie die wirbelsäulennahe Muskulatur aktiv wird. Kehre zurück zur Mitte und drehe von dort langsam nach links.
(3 Wiederholungen)
B: Mobilisation und Faszienarbeit
1. Katze und Kuh klassisch

Runde im Vierfüßler die Wirbelsäule abwechselnd nach oben und nach unten und versuche dabei, die gesamte Wirbelsäule gleichmäßig einzubeziehen. Bewege dich langsam und bewusst und gerne auch im Atemrhythmus.
2. Katze und Kuh mit Seitneigung

Versetze die Hände etwas nach rechts und fließe in dieser Haltung erneut durch die Katze-Kuh-Bewegung. Nach etwa 5 Wiederholungen versetzt du die Hände nach links und rundest auch hier die Wirbelsäule abwechselnd nach oben und unten.
3. Katze und Kuh mit nahen Knien

Um noch mehr Mobilität in die Brustwirbelsäule zu bringen, kannst du als dritte Alternative die Knie näher zu den Händen stellen.
Die hintere Faszienkette erstreckt sich von den Füßen über Beine und Rücken bis zum Hinterkopf. Mit Übung 4 und 5 kannst du sie an ihren beiden Enden stimulieren.
4. Kopfkante ausrollen

Lege deinen Block mit einer Kante auf ein kleines, zusammengerolltes Handtuch. Platziere dann in Rückenlage den unteren Rand deiner Schädelknochen auf der Kante des Blocks und lasse zunächst einfach los. Beginne dann, in kleinen Bewegungen den Ansatz der Faszie sanft auszurollen.
5. Fersengang

Gehe 30–60 Sekunden lang kraftvoll auf den Fersen, ohne den Vorderfuß abzulegen.
C: Energetische Arbeit
Die traditionelle chinesische Medizin betont, dass Schmerzen auch durch Stagnation entstehen. Lang anhaltendes Sitzen ist ein Beispiel dafür – und auch laut westlicher Medizin liegt hier ein möglicher Grund für unspezifische Rückenschmerzen. Neben der Asana-Praxis können wir auch durch andere energetische Übungen wieder ins Fließen kommen, zum Beispiel:
- Schütteln im Stand
- sanftes Klopfen mit den Fingerspitzen (besonders unter den Schlüsselbeinen, auf dem Kopf und am unteren Rücken)
- Mantren singen
- Tönen
D: Atmung
1. Tiefe Bauchatmung zur Entspannung


Richte dir eine der beiden gezeigten Haltungen so gemütlich ein, wie möglich. Schließe die Augen und beginne, den Atem bewusst in den Bauchraum fließen zu lassen. Atme dabei sanft und gleichmäßig. Mit jeder Ausatmung erlaubst du dir, noch ein bisschen gründlicher loszulassen und all dein Gewicht an den Boden abzugeben. Spüre deinen Bauch unter den Händen oder am Boden. Wenn sich dabei die Ausatmung auf natürliche Weise verlängert, geht dein Nervensystem in den Ruhe- und Heilungsmodus über.
2. Gleichmäßige Atmung bei akuten Schmerzen
Geführtes Pranayama beeinflusst direkt das Nervensystem und kann wirksam bei der Schmerz-Regulierung helfen. Wenn du damit noch nicht vertraut bist, beginnst du in der von dir gewählten Haltung damit, in der Einatmung entspannt auf 4 zu zählen und in der Ausatmung ebenfalls auf 4. Wenn dir das leicht fällt und du entspannt dabei bist, kannst du die Ausatmung auch bewusst verlängern, zum Beispiel im Verhältnis 4 zu 7 Zähler.
E: Meditation

Da die Meditation in einer der klassischen freien Sitzhaltungen bei Rückenschmerzen ungünstig ist, solltest du lieber angelehnt auf dem Stuhl, dem Sofa, an der Wand oder sogar im Liegen üben. So kannst du den Rücken entspannen und dich auf das Wesentliche konzentrieren: nämlich Geist und Gefühl vom Schmerz weg in die Ruhe zu lenken. Dafür wählst du in der Meditation einen Fokus, der dir angenehm ist. Das kann zum Beispiel deine Atmung sein, der Punkt zwischen den Augenbrauen, ein Mantra oder eine Affirmation, die du ruhig in deinem Geist wiederholst, etwa “Mein Körper ist stark, ich fühle mich gut“.
Gül Ruijter ist Physiotherapeutin, Yogalehrerin und Ausbilderin.
Ihre Mission ist ein gesundheitsorientiertes Yoga für alle – angepasst, alltagsnah und machbar. Mehr dazu erfährst du auf ihrer Website: vondermatteinsleben.de, auf Insta @vondermatteinsleben oder in ihrem Podcast “Von der Matte ins Leben”.
Schon entdeckt? In dieser Reihe zeigt dir Gül Ruijter einfache Übungen zur Mobilisation der wichtigsten Nervenbahnen: