Allzu achtsam? – Wenn Meditation die Angst verstärkt

Ein Leben in Achtsamkeit reduziert erwiesenermaßen Stress und fördert ruhige Gelassenheit – nur leider nicht immer. Neuere Studien zeigen: Vor allem eine intensive Meditationspraxis kann psychische Probleme verursachen oder verstärken. Hier liest du, was dahinter steckt und wie du die richtige Balance findest.

Text: Jennifer Chen & Stephanie Schauenburg / Titelbild: Cup of Couple via Pexels

“Ich denke, es ist die Meditation, die deine Ängste befeuert.” Wie bitte? Hatte ich meine Therapeutin da richtig verstanden? Seit einem Jahr meditierte ich täglich mindestens 10 Minuten, ich ging einmal im Monat zu Klangbad-Meditationen und hatte mich sogar für einen wöchentlich stattfindenden Kurs angemeldet – all das, weil ich unruhige und angstvolle Gedanken dämpfen und besser mit meiner posttraumatischen Belastungsstörung umgehen lernen wollte.

Dennoch schlief ich keine Nacht durch und Wut war meine stärkste Gefühlsregung. Kaum ein Tag verging, an dem ich nicht jemanden anbrüllte, den Autofahrer vor mir, die Hotline-Mitarbeiterin, meine fünfjährigen Zwillinge, meinen Mann. Ich war das Gegenteil der gelassenen Person, die ich glaubte, dank Meditation werden zu können. “Manchmal kann das stille Sitzen auch aufwühlende Gedanken hochkochen”, erklärte mir meine Therapeutin. Daher schlug sie vor, ich solle meine sitzende Meditationspraxis eintauschen gegen Aktivitäten wie Joggen, Schwimmen oder Tagebuchschreiben.

Die neuere Forschung zeigt: Sie hat mit ihrer Vermutung einen wichtigen Punkt getroffen. In mehreren Studien, darunter einer der Society for Psychotherapy Research, beschreiben Teilnehmende im Zusammenhang mit intensiver Meditation eine erhöhte emotionale Empfindlichkeit, Ängste und das Wiederaufleben von traumatischen Erinnerungen. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2019 gab ein Viertel der Personen an, mit nachteiligen Effekten bis hin zu Panikattacken und Angstzuständen zu tun zu haben. Zudem gibt es Berichte, dass sich die Symptome bei bestehenden psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen verschlimmern können. Das Problem ist mittlerweile so geläufig, dass die US-amerikanische Brown University ein eigenes Institut zur Unterstützung von Menschen gegründet hat, die negative Erfahrungen mit Meditation gemacht haben: Cheetah House. Könnte es also sein, dass auch mir meine Praxis eher schadete als nutzte?

Der Siegeszug der Achtsamkeit

Meditation
Foto: Asia Images Group via Canva

Ich bin mit Sicherheit nicht die einzige, die sich Achtsamkeitspraktiken gezielt zugewandt hat, um sich ruhiger und wohler zu fühlen. Die Zahl der Menschen, die sich mit Meditation beschäftigen, hat sich in den USA zwischen 2012 und 2017 verdreifacht: von 4 auf 14 Prozent der Bevölkerung. Der Essener Psychologe und Forschungsleiter Dr. Holger Cramer hat für Deutschland im Jahr 2019 sogar etwas über 15 Prozent ermittelt. Allein im Monat April 2020 brachten es die zehn beliebtesten englischsprachigen Apps zusammen auf 4 Millionen Downloads, 17 Prozent mehr als im Januar desselben Jahres. Eigentlich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, was in diesem Monat los war: der Beginn der Pandemie.

Das zeigt aber auch, wie weit verbreitet das Wissen ist, dass Meditation und Achtsamkeit Ängste und Depressionen mildern können. “Wir wissen, dass diese Techniken unmittelbar auf das Nervensystem Einfluss nehmen können”, erklärt die Psychologin Ann Bortz, die selbst traumasensibles Yoga unterrichtet. Die Forschungslage dazu ist eindeutig und die Wirkungen sind nicht nur im direkten Zusammenhang mit der Praxis nachweisbar, es gibt auch längerfristige Effekte. So können bei Meditierenden jene Hirnregionen anwachsen, die die Emotionen regulieren und zum Beispiel Mitgefühl fördern.

Die Praxis hat nachweislich positive Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit, sie verbessert den Schlaf, reduziert Schmerzen und hilft bei der Therapie von Suchtverhalten. Diese und andere wissenschaftlich untersuchte Nutzen werden seit längerer Zeit angepriesen – vielleicht allzu sehr. “Meditation wird als eine Art Allheilmittel dargestellt, sie soll uns dazu verhelfen, gute Eltern zu sein, Glück zu finden, Depressionen und Ängste abzustellen, unser Essverhalten ins Lot zu bringen und so weiter und so fort,” sagt die Ärztin und Psychotherapeutin Juli Fraga. Aber ganz so einfach ist es eben leider nicht.

Achtsamkeit und Meditation

Achtsamkeit
Foto: Delmaine Donson / Getty Images Signature via Canva

Zunächst einmal ist es wichtig zu unterscheiden: Achtsamkeitspraxis und Meditation sind nicht identisch, auch wenn die Begriffe häufig fast synonym verwendet werden. Unter Meditation versteht man eine formale Praxis: Wir sitzen zum Beispiel still und trainieren unsere Konzentration. Die Wurzeln dieser Praxis liegen in den spirituellen Traditionen von Judentum, Christentum, Hinduismus und Buddhismus, aber womöglich reichen sie noch viel tiefer – Menschen auf der ganzen Welt meditieren seit Tausenden von Jahren. Entsprechend viele Schulen, Traditionen und Techniken gibt es: von klassischem Zen bis zur Transzendentalen Meditation und von geführter Visualisierung über Atemgewahrsein bis zur Mantra- oder Chakra-Meditation.

Achtsamkeit (englisch: Mindfulness) ist ein aus dem im Buddhismus stammendes Konzept des Gewahrseins der gegenwärtigen Erfahrung, dort spricht man von Sati. Achtsamkeitspraxis hat zum Ziel, im Moment präsent zu sein und sich seiner Empfindungen, Gedanken und Handlungen möglichst vollständig bewusst zu sein, ohne sie zu bewerten. Das kann man auf alles anwenden: Man kann achtsam essen, gehen, kommunizieren und seine Kinder aufziehen. Die Achtsamkeitsmeditation schließlich ist eine besondere Form der Meditation: Während des stillen Sitzens beobachtet man seine körperlichen Empfindungen, Gedanken und Emotionen mit dem Ziel, sie ganz aus dem gegenwärtigen Moment heraus wahrzunehmen, in einer Art nicht-wertendem Bewusstsein. Manche Übenden verwenden dazu das Bild der vorüberziehenden Wolken.

Diese spezielle Art der Meditation wurde seit den 1980er-Jahren vor allem von Jon Kabat-Zinn bekannt gemacht. 1979 gründete der Medizin-Professor der University of Massachusetts sein Institut für Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion – englisch: Mindfulness Based Stress Reduction, oder kurz MBSR. Daraus entwickelte sich ein äußerst erfolgreicher 8-wöchiger MBSR-Kurs, der an unzähligen Schulen, in Krankenhäusern, Therapiezentren und sogar Gefängnissen eingesetzt wird. Entsprechend zahlreich sind vor allem in der westlichen Welt die Praktizierenden – und genauso umfangreich sind die Forschungen, weswegen ein großer Teil der aktuellen Untersuchungen zur Meditation eigentlich die Achtsamkeitsmeditation im Fokus haben.

Meditation: Mehr als nur Entspannung?

Im selben Maß, in dem Achtsamkeitspraktiken und vor allem die Meditation als ein Gegenmittel zu unserem hektischen, mehr und mehr im Virtuellen stattfindenden Lebensstil angepriesen und mit großem Erfolg kommerzialisiert wurden, gerieten ihre Schattenseiten aus dem Blick. Teilweise wurden sie sogar heruntergespielt oder verharmlost. Dabei kennt man sie nicht nur aus den spirituellen Traditionen, sondern mittlerweile auch aus der Forschung. In einer kürzlich erschienenen amerikanischen Studie gaben 87 Prozent der Teilnehmenden an, schon mindestens einmal unerwünschte Effekte während der Meditation erlebt zu haben, in den meisten Fällen angstvolle Momente. Ein Viertel von ihnen berichtet, dass diese Effekte auch noch Tage nach der Praxis anhielten.

Die Forscher des Cheetah House an der Brown University listen 59 Typen von bedrückenden Erfahrungen, darunter emotionale Dissoziation, Unruhe, Depression, Panik, Paranoia und Wahnvorstellungen. Zu den körperlichen Symptomen zählen unregelmäßiger Herzschlag, Schwindel, Kopfschmerzen und Atembeschwerden. Längerfristig kann es zu Glaubenskrisen, Veränderungen der Weltsicht und gar einem Verlust des Selbstgefühls kommen.

Der führende deutsche Forscher auf diesem Gebiet ist Dr. Ulrich Ott vom Bender Institute of Neuroimaging in Gießen. Er hat mit seinem Team erfahrene Meditierende befragt und dabei auch untersucht, ob die beschriebenen Effekte während der Meditation zum ersten Mal auftraten, und wenn nicht, ob sie sich durch sie eher verstärkt oder vielleicht sogar abgeschwächt haben. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn nicht jeder Effekt, der im Zusammenhang mit Meditation beobachtet wird, ist auch von ihr verursacht. Dennoch ist Otts Fazit deutlich: “Was Menschen in der Meditation erleben, ist entgegen dem weit verbreiteten Bild nicht nur Entspannung, es kann auch eine sehr starke Aktivierung sein. Wir sehen nicht nur Stressreduktion, sondern auch Angstzustände, Gefühle von Bedrohung und Kontrollverlust.”

Letzteres, das Gefühl von Kontrollverlust, haben laut Otts Studie 20 Prozent der befragten Meditierenden schon erlebt. 21 Prozent von ihnen kannten dieses Gefühl zuvor nicht und bei weiteren 34 Prozent war es im Vergleich stärker als zuvor – die intensive Meditationspraxis kann diesbezüglich also offenbar ein Katalysator sein. Ott folgert: “Hier ist das Bild von Meditation also ein anderes: Statt durchweg und für jede und jeden gut zu sein, muss man schon aufpassen: Vor allem wer vorbelastet ist, kann durch Meditation zumindest eine Erstverschlimmerung erleben.”

Wie man schwierige Erfahrungen richtig einordnet

Allerdings ist es wichtig, hier zu unterscheiden: Dass während der Meditation auch mal Tränen fließen, dass wir uns bisweilen gereizt oder unwohl fühlen, ist völlig normal. 60 Prozent der Teilnehmenden in Otts Studie berichteten beispielsweise vom Auftauchen belastender Erinnerungen und Gefühle. Der Forscher erklärt: “Ich würde sagen, dass das keine unerwünschte Nebenwirkung ist, sondern eigentlich das Ziel der Meditation: Wir wollen Klärungsprozesse induzieren. Sie dürfen nur nicht überlastend oder überwältigend werden.”

Es gibt also eine feine Grenze zwischen dem Wahrnehmen von Emotionen und dem Übermanntwerden von ihnen. “Sobald wir uns unseren inneren Erfahrungen mit uneingeschränkter Achtsamkeit zuwenden”, erklärt die Psychologin Ann Bortz, “besteht auch die Möglichkeit, dass wir in Kontakt kommen zu sehr viel Schmerz. Möglicherweise werden traumatische Erlebnisse wieder wachgerufen.” Manchmal stoßen wir dabei auch auf Probleme, von denen wir bisher meinten, sie gar nicht zu haben. Wenn es nicht gelingt, diese schwierigen Emotionen zu verarbeiten, kann das im schlimmsten Fall in eine handfeste Krise führen.

Wenn es zu viel wird

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, selbst in solch eine Krise hineinzurutschen? Es gibt mehrere Umstände, die das Risiko für nachteilige Reaktionen auf die Meditation erhöhen. So können Frauen, die eine gravierende Wochenbettdepression durchgemacht haben, oder Menschen, die ein unverarbeitetes Trauma im Gepäck haben, während der Praxis Flashbacks oder eine Retraumatisierung erleben. Auch chronischer Schlafmangel kann ein Risiko darstellen. Die eingangs erwähnte Studie der Society for Psychotherapy Research zeigte, dass jüngere Menschen und vor allem solche aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen – People of Color, solche mit geringerer Bildung und weniger Einkommen – überdurchschnittlich oft betroffen sind.

Das hängt sicher damit zusammen, dass für sie auch die Wahrscheinlichkeit schmerzhafter Erfahrungen in der Biografie höher ist als in anderen Gruppen. Dennoch ist es schwierig, festzumachen, wann genau die Meditationspraxis ungut endet. Die Forschung deutet darauf hin, dass unerfahrene Praktizierende häufiger betroffen sind, aber auch langjährige Meditierende sind nicht immun gegen solche Erlebnisse. Der seit vielen Jahren in der Meditation erfahrene Achtsamkeitslehrer Dan Lawton hat während eines 14-tägigen Retreats einen Zusammenbruch erlebt und darüber geschrieben. Er beschreibt Krämpfe, Kurzatmigkeit, Panikgefühle und Paranoia.

Als die akute Episode endete, fühlte er sich weniger erleichtert als vielmehr von sich selbst und dem Leben abgetrennt. Nachdem diese Symptome auch nach Wochen noch anhielten, diagnostizierte ein Psychiater eine posttraumatische Belastung, ausgelöst sehr wahrscheinlich durch die Meditation selbst. Dennoch würde keine*r der Forscher*innen, die sich mit dieser Problematik beschäftigen, so weit gehen, generell von Meditation abzuraten. In den allermeisten Fällen überwiegen die großen, nachweislichen Nutzen.

Doch Meditationslehrer*innen, Therapeut*innen und auch Menschen, die Meditations-Apps und -Kurse entwickeln, sind aufgerufen, sich dieser möglichen Gefahren bewusst zu sein – und sie auch offen zu kommunizieren. Mittlerweile gibt es traumasensitive Ansätze in der Achtsamkeits- und Meditationspraxis und spezielle Schulungen für Anbieter*innen.

Probleme erkennen

Was kann ich selbst tun, um mich zu schützen? Normalerweise bleibt der Atem während der Meditation regelmäßig, du fühlst dich ruhig und gehst mit einem Gefühl von Klarheit und Entspannung aus der Praxis heraus. Verspannte Gliedmaßen, schneller Atem und Gefühle von Erregung, Angst oder Wut können dagegen eine emotionale Reaktion anzeigen, die Psycholog*innen Dysregulation nennen.

Warnzeichen

Wenn du diese Symptome während oder nach Meditation und anderen Achtsamkeitspraktiken wahrnimmst, könnte es besser sein, eine Weile nicht zu üben:

– nervöses Flattern im Bauch
– Appetitlosigkeit
– Schwierigkeiten, einzuschlafen oder wach zu bleiben
– nächtliches Aufwachen, Schlaflosigkeit
– selbstkritische Gedanken, die nicht zur Ruhe kommen
– Flashbacks

Es kann auch die Form einer Freeze-Reaktion annehmen, also einem inneren Erstarren, bei dem die Energie sehr niedrig ist, das Denken schwer fällt und die Atmung kaum noch wahrnehmbar ist. Die bereits zitierte Psychologin und Yogalehrerin Ann Bortz findet es wichtig, all diese Empfindungen während und nach der Meditation zu erkennen und mit ihnen umzugehen: “Wir ermutigen alle dazu, die eigene Erfahrung zu überprüfen und wahrzunehmen, wo man in Bezug auf Erregung, Regulation oder Dysregulation eigentlich steht”, erklärt sie. Sie schlägt vor, dass Meditierende genau beobachten, was eine bestimmte Meditationsform bei ihnen bewirkt – währenddessen, aber auch danach und längerfristig – und die Praxis gegebenenfalls anzupassen.

Alternativen finden

So kann es hilfreich sein, kürzer zu meditieren, beispielsweise eher 10 Minuten als eine Stunde. Laut einer aktuellen Befragung von MBSR-Lehrenden liegen die negativen Erfahrungen bei solchen kurzen Meditationseinheiten kaum höher als in der Kontrollgruppe. Außerdem sollten sich gerade Anfänger*innen und solche, die zu Ängsten neigen, von einem erfahrenen Lehrer oder einer Lehrerin anleiten lassen, anstatt ganz auf sich gestellt mit dem Sitzen zu beginnen oder eine App zu nutzen.

Und natürlich muss Achtsamkeitspraxis auch nicht zwangsläufig heißen, sitzend zu meditieren. “Es gibt eine ganze Reihe von Praktiken, die ähnliche Effekte haben und unter Umständen besser toleriert werden”, erklärt Bortz: Yoga Asana, Atemarbeit, Tai Chi und beispielsweise Waldbaden sind allesamt an Achtsamkeit gebunden, sie verbessern messbar Kognition und Gedächtnis, reduzieren Stress und Sorgen und erhöhen laut einer Übersichtsstudie der American Psychological Association sogar die Zufriedenheit in Beziehungen.

Journaling
Foto: Eliza Alves / corelens via Canva

Achtsame Alternativen

Wenn du in deiner gewohnten Meditations- oder Achtsamkeitspraxis pausieren solltest, können folgende Aktivitäten hilfreich sein:

Journaling
Das Schreiben von Tagebüchern oder auch Geschichten kann dir helfen, tief sitzende Emotionen aufzuspüren und zu verarbeiten.

Gehen
Achtsame Spaziergänge holen dich raus aus den Schleifen im Kopf und verbinden dich mit deinem Körper. Je häufiger du gehst, desto besser sind die stressreduzierenden Effekte.

Musik
Singen und Musizieren helfen dir, Stress in den Griff zu bekommen, deine Gefühle auszudrücken, das Gedächtnis zu verbessern und sogar körperliche Schmerzen zu lindern.

Tai Chi und Qi Gong
Die langsamen, fließenden und sehr konzentriert ausgeführten Bewegungen dieser uralten Praktiken lindern erwiesenermaßen Stress und verbessern die kognitiven Fähigkeiten.

Joggen
Wie bei anderen körperlichen Aktivitäten werden auch hier Endorphine und Serotonin ausgeschüttet. Das hebt die Stimmung und kann auch das Gedächtnis verbessern.

Yoga Asana
Last but not least! Achtsame Bewegung, eine gewisse körperliche Anstrengung und der Fokus auf den Atem sind eine perfekte Achtsamkeitspraxis. Selbst wenn du die Meditation lieber auslässt, sind die psychischen Effekte von Yoga nachweisbar: vor allem Stressreduktion und das Mildern von Ängsten und Depressionen.

Lieber ganz aufhören?

Es mag in unserer von Achtsamkeit geradezu besessenen Kultur nach einem seltsamen Vorschlag klingen, aber wenn eine veränderte Praxis immer noch nicht dazu fühlt, dass du dich besser mit ihr fühlst, dann ist es unter Umständen tatsächlich besser, es ganz sein zu lassen. “Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen”, unterstreicht Ann Bortz: “Wenn Meditation dir nicht guttut, dann hör ganz einfach wieder auf damit!” Es hat also nichts mit Versagen zu tun, wenn die Praxis deine Bedürfnisse nicht erfüllt – du brauchst einfach etwas anderes. Wo Traumata bearbeitet werden müssen, können Medikamente und Therapie notwendig und wichtig sein.

Aber auch bei vielen anderen Menschen kann es richtig sein, eine langjährige und liebgewonnene Praxis erst mal ruhen zu lassen. So musste auch Dan Lawton einsehen, dass es nach seinem Zusammenbruch wichtig für seine Heilung war, das Meditieren aufzugeben. Dieser Schritt muss kein endgültiger sein. Meditation ist wie eine lebenslange Beziehung: Es gibt Zeiten, wo man besser auseinandergeht, aber oft genug kommt man irgendwann auch wieder zusammen. Dazu muss man sich manchmal auf eine neue Form einlassen oder zwischen verschiedenen Praktiken hin und herwechseln.

Für mich war es zunächst beängstigend, die Praxis aufzugeben, aber ich folgte dem Rat meiner Therapeutin und konzentrierte mich stattdessen eine Zeit lang auf meine Sitzungen mit ihr, um meine posttraumatische Belastungsstörung zu bearbeiten. Die Kombination aus Therapie, Antidepressiva, Sport, Journaling und freundschaftlichen Gesprächen half mir, aus dem Dunkel von Wut und Depression herauszufinden. Einige Monate später, als ich merkte, ich kann wieder still sitzen und mich mir selbst, meinen Schwächen und Schwierigkeiten aussetzen, habe ich mich der Meditation erneut zugewandt. Seither praktiziere ich Metta, liebende Güte gegenüber mir selbst.


Jennifer Chen hat als Journalistin und Autorin für die New York Times, Oprah Daily und viele andere Publikationen gearbeitet. Sie lebt mit ihrer Familie in Los Angeles.


Auch dir ist die Stille der Meditation zu viel? Diese traumasensible Sequenz von Hala Khouri kann dir ein Gefühl von Sicherheit und Zentrierung schenken:

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