Ayahuasca: Interview mit Nora Kersten über ihre transformierende Erfahrung

In der Yogaszene begegnen wir immer wieder Menschen, die begeistert von ihren Erfahrungen mit Ayahuasca berichten. Und natürlich gibt es zu psychedelischen Drogen aller Art unterschiedliche Meinungen. Ist Ayahuasca ein besorgniserregender Trend oder eine wertvolle Pflanzenmedizin? Handelt es sich um eine Abkürzung zur Erleuchtung? Oder um eine gefährliche Droge, die lieber mit Vorsicht zu “genießen” ist?

Interview & Text: Daniela Klemmer / Titelbild: Natalia Rodriguez

Wir wollen besser verstehen, worum es sich bei Ayahuasca handelt und haben uns mit der Schweizer Yogalehrerin Nora Kersten unterhalten. Nora hatte zwei Monate vor unserem Gespräch in Costa Rica an einem Ayahuasca-Retreat teilgenommen und dort zum ersten Mal diesen mysteriösen Pflanzensud eingenommen. Wir wollten aus erster Hand erfahren, wie eine Ayahuasca-Zeremonie abläuft, was sie bezwecken soll und vor allem, wie sicher die Einnahme dieses Trunks ist.

Disclaimer: Wir möchten neutral auf das Thema blicken und mit diesem Bericht niemanden ermutigen, den hierzulande illegalen Ayahuasca-Sud einzunehmen. Wir weisen darauf hin, dass eine Einnahme fatale Auswirkungen haben kann, insbesondere bei psychiatrischen Vorerkrankungen (z.B. Schizophrenie), in Kombination mit Medikamenten wie z.B. Antidepressiva, bei Herz- und Atemwegserkrankungen, Epilepsie oder wenn der Trunk in einem unsicheren Rahmen ohne medizinische und psychologische Betreuung eingenommen wird.

Was ist Ayahuasca?

Ayahuasca (übersetzt, “die Liane der Seele”) wird den Psychedelika zugeordnet. Es handelt es sich dabei um ein Pflanzengebräu, das i.d.R. aus zwei Bestandteilen besteht: der Ayahuasca-Liane (Banisteriopsis caapi) und dem Chakruna-Strauch (Psychotria viridis). Letzterer enthält den halluzinogenen Wirkstoff DMT (Dimethyltryptamin), weshalb Ayahuasca in Deutschland verboten ist. Die Ayahuasca-Liane enthält Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer), die die Wirkung von DMT im Körper verlängern. Traditionell wird Ayahuasca von indigenen Völkern im Amazonasgebiet für spirituelle und heilende Zeremonien genutzt.

Liebe Nora, wie kam es dazu, dass du dich entschieden hast, Ayahuasca auszuprobieren?

Gleich vorab: Der Weg dorthin war alles andere als einfach. Aber der Grund, warum ich überhaupt nach Costa Rica gegangen bin, war letzten Endes mein Bruder. Ich war die letzten Jahre eher im Kampf gegen ihn, denn wir hatten eine unglaublich schwierige Beziehung, auch schon in der Kindheit. Er hatte seit drei Jahren schon an Ayahuasca-Zeremonien teilgenommen und immer wieder versucht, mich mitzunehmen, doch ich habe mich immer gewehrt und ihn als verrückt empfunden. “Ich brauche das nicht. Ich brauche keine Heilung. Bei mir ist alles gut, ich mache ja Yoga.” Und mein Bruder daraufhin: “Ich sehe doch, dass du leidest. Bitte komm mit!” Das hat mich unglaublich getriggert. Ich hatte nur Vorurteile und dachte, er wollte mich reinziehen in so eine komische, abgespacede Drogenwelt…

Ich vermute, diese Vorurteile haben sicherlich viele gegenüber Ayahuasca oder Psychedelika im Allgemeinen. Aber was ist dann passiert?

Vor zwei Monaten stand ich an einem Punkt, wo ich dachte: “Es geht so nicht mehr weiter!” Ich drehte mich im Kreis und hatte immer wieder die gleichen Probleme. Ich hatte extreme Wutanfälle gegenüber meinem Mann, die – im Nachhinein – nie etwas mit ihm zu tun hatten, sondern die mir gespiegelt haben, dass ich etwas im Inneren habe, das ich heilen darf. Doch ich hatte immer ihn beschuldigt. Als ich an einem absoluten Tiefpunkt war, habe ich ausgerechnet meinen Bruder angerufen.

Und sein Rat war wieder: “Geh jetzt endlich und mach dieses Ayahuasca. Dein Mann hat nicht das Problem, das hast du.” Und wieder hat es mich getriggert, vor allem, dass er die Seite von meinem Mann eingenommen hat. Meine Entscheidung, Ayahuasca zu probieren, war eine Trotzreaktion: “Ich zeige es euch allen jetzt. Ich beweise euch jetzt, dass ich gar keine Arbeit brauche, sondern ihr!” Und ich bestand darauf, dass mein Mann mitkommt. Und da uns langsam die Karten ausgingen, wir hatten schon einige Therapien besucht, haben wir gemeinsam beschlossen, nach Costa Rica zu gehen.

Foto: Kamchatka via Canva

Es scheint ja schon so, dass es einen Hype um Ayahuasca gibt. Man hört zum Beispiel von Menschenmassen, die in die Ayahuasca-Hauptstadt Iquitos nach Peru pilgern, wo die ursprünglichen indigenen Rituale inzwischen ziemlich kommerzialisiert sind. Wie ist deine Einschätzung? Handelt es sich dabei um eine besorgniserregende Form von Drogentourismus, bei dem Menschen eher auf der Flucht vor der Realität sind?

Für mich persönlich ist Ayahuasca keine Droge, sondern definitiv eine Therapieform, eine pflanzliche Medizin. Und weißt du, wir Menschen können ja alles missbrauchen. Ob das Essen ist oder sogar die Yogapraxis. Jeder aus unserer Gruppe hatte eine Heidenangst und großen Respekt davor, Ayahuasca zu nehmen, aber alle hatten genauso wie ich das Gefühl, sie kommen anders nicht raus aus ihrem Lebensstrudel. Ich habe uns alle als Light Warriors und Light Workers gesehen und niemand dachte sich so, “yeah, ich hab jetzt den geilsten Trip meines Lebens.” Überhaupt nicht. Denn Ayahuasca gibt dir nicht den geilsten Trip deines Lebens. Im Gegenteil. Sie zwingt dich auf die Knie und zwingt dich dazu, genau da hinzuschauen, wo du all die Jahre zuvor nie hinschauen wolltest. Es ist also keine Realitätsflucht, sondern vielmehr so, dass sie dir deine Realität ohne Filter vor Augen hält, sodass du ihr nicht mehr entfliehen kannst. Dazu kommt, dass Ayahuasca nicht süchtig macht. Andernfalls hätte ich mich niemals darauf eingelassen.


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Wer hat die Zeremonie durchgeführt? Und vor allem, hast du dich sicher gefühlt und das Gefühl gehabt, dass der Raum gut gehalten wurde?

Ich habe mich noch nie in meinem Leben so sicher gefühlt, mit meinen größten Ängsten und dunkelsten Dämonen zu sein. Ich wurde extrem gut beobachtet, gehalten und unterstützt. Es waren 25-40 Helfer*innen dabei und mehrere Schamanen, die den Raum gehalten haben. Meine Gruppe war echt groß, so um die 70 Leute, aber man hat sich nie alleine gefühlt. Wenn ich mal nach Hilfe gerufen habe, war sofort jemand da. Meistens haben sie schon vorher gespürt, dass ich Hilfe brauchte. Es wurden teils Hilfsmittel genutzt wie Federn und Medizinmusik, um individuelle Prozesse zu unterstützen oder zu lösen, was man selbst nicht lösen konnte.

Außerdem gab es die ganze Zeremonie hindurch immer ein Medical Team mit Ärzten. Und mein Kontrollfreak-Geist brauchte das auch, immer diese Sicherheit zu haben. Ohne das wäre es ein Horrortrip geworden, das kann ich dir sagen! Denn das, was hochgekommen ist, war angsteinflößend.

Gab es hinterher auch eine psychologische Betreuung, um nochmal all das zu verarbeiten, was hochgekommen ist?

Es gab vor und nach jeder Zeremonie sogenannte “Integration Workshops”. Vorab wurden wir komplett darüber aufgeklärt, was mit uns passieren wird, wie wir reagieren werden und welche Gedanken und Herausforderungen kommen werden. Wir wurden ermutigt, jederzeit nach Hilfe zu fragen, wenn wir sie brauchen und nicht zu viel alleine auszuhalten. Und auch jeweils am Morgen nach der Zeremonie sind wir alle zusammengekommen und haben unsere Erfahrungen geteilt. Das hat sehr geholfen, alles noch besser verstehen zu können. Denn mit jeder Geschichte eines anderen hat auch meine eigene Geschichte mehr Sinn gemacht und so konnten wir auch kollektiv heilen.

Noch heute habe ich wöchentliche Live Calls mit meiner Gruppe und mit privaten Coaches. Denn die Erfahrung wirkt noch viele, viele Wochen und Monate nach. Es ist sehr wichtig, seine “Integration Work” zu machen, also das Erlebte ins tägliche Leben zu integrieren.

Foto: Monika Batich von Getty Images via Canva

Das freut mich, dass ihr so intensiv begleitet wurdet. Denn man hört immer wieder solche Horrorgeschichten und das macht einem ja total Angst…

Ja, ich habe auch Geschichten gehört von Menschen, die nicht so schöne Erfahrungen mit Ayahuasca hatten. Selbst in meinem nahen Umfeld war ich schockiert über einzelne Erfahrungen, bei denen entweder nicht genug Helfer*innen vor Ort waren oder wo es im Nachgang keinerlei Integration Work gab. Man sollte das wirklich ernst nehmen und gut aufpassen, wohin man geht. Es ist einfach das Wichtigste, gut begleitet zu werden: Die Vorarbeit, die Nacharbeit und währenddessen vor Ort. Denn die Erfahrung ist nicht die gleiche. Es ist zwar die gleiche Medizin, aber das ist nur ein Teil des Ganzen. Da spielen alle, die dich unterstützen, die dich mithalten, alle Gespräche, alle Sessions, die wir gemacht haben – Breathwork, Yoga, Meditation, die Integration Workshops – eine weitere riesengroße Rolle.

Weil du gerade Breathwork genannt hast: Auch hier können ja so tiefgreifende Prozesse angestoßen werden, was vielen Menschen vorab gar nicht bewusst ist. Und da habe ich auch schon selbst einige Erfahrungen gemacht, wo der Raum definitiv nicht gut gehalten wurde.

Ja, das stimmt auf jeden Fall. Auch im Yoga kommt manchmal so viel hoch und man kann als Yogalehrer*in den Raum alleine vielleicht gar nicht für so viele Menschen halten. Ich überlege deshalb zurzeit, die Anzahl meiner Ausbildungsteilnehmer*innen zu reduzieren oder ein größeres Team aufzubauen. Denn es ist so schön, sich sicher zu fühlen. Je mehr Helfer*innen, desto mehr Sicherheit können wir schaffen.

Wie war der Ablauf des Retreats? Wie oft habt ihr Ayahuasca eingenommen?

Es waren vier Zeremonien an vier aufeinanderfolgenden Nächten. Aber man könnte auch sagen, es war eine lange Zeremonie. Eine Reise, die dich immer tiefer gebracht hat und noch mehr Hüllen gelöst hat, um dich dorthin zu bringen, warum du schlussendlich gekommen bist. Aber bevor es überhaupt losging, gab es fast vier komplette Tage nur Vorbereitung, sodass man mit einem leichten Körper, aber auch mit dem richtigen Mindset in diese Zeremonien ging.

Wir haben immer abends nach Sonnenuntergang, also gegen 18/19 Uhr gestartet, das Ayahuasca eingenommen und dann ging das ungefähr bis 1/2 Uhr morgens. Die Wirkung hat dann langsam nachgelassen und wir sind meistens erst gegangen, nachdem die letzten von uns wieder zurück waren von ihrer “Reise”. Jede Zeremonie hatte ein bestimmtes Thema, eine Intention, mit der wir hineingegangen sind. Die grundlegende Intention war aber immer zu sagen: “Show me who I have become and merge me back with my soul. Heal my heart. (Zeige mir, wer ich geworden bin und verschmelze mich wieder mit meiner Seele. Heile mein Herz.)” Damit arbeite ich noch heute.

Einnahme und Wirkung von Ayahuasca

Ayahuasca wird typischerweise unter Anleitung eines erfahrenen Schamanen oder Zeremonienleiters in flüssiger Form eingenommen und hat einen intensiven, bitteren Geschmack. Die Dosis variiert je nach Zeremonie und Erfahrung der Teilnehmenden.

Wirkung: von Individuum zu Individuum unterschiedlich; meist starke Halluzinationen, eine veränderte Wahrnehmung der Realität, spirituelle oder transzendente Erfahrungen. Die Wirkung setzt meist nach 20-60 Minuten ein und kann 4-6 Stunden anhalten.

Physische Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen (sehr häufig; dies wird oft als reinigender Teil der Erfahrung angesehen), erhöhter Blutdruck, erhöhter Puls, Zittern, Schwindel, Durchfall.

Psychische Nebenwirkungen: Starke emotionale Erlebnisse, die zu Angst, Panik oder psychischen Krisen führen können. Prädisponierte Menschen mit einer Geschichte von psychischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie) sollten Ayahuasca daher unbedingt vermeiden.

Man spricht ja z.B. bei Kakaozeremonien von “Mama Cacao”. Hast du Ayahuasca auch als einen weiblichen Spirit wahrgenommen?

Für mich war sie auf jeden Fall weiblich. Ich habe mit ihr als “Mother Aya” gesprochen. Und sie hatte eine sehr sanfte Stimme und war einfach… (lacht) allwissend! Ich habe oft gedacht: “Warum weißt du all das? Warum zeigst du mir all das, was ich jetzt gerade eigentlich gar nicht sehen will?” Ich konnte sie spüren und ich konnte sie hören. Jeder erlebt das ja anders, aber ich hatte richtige Gespräche und Konsultationen mit ihr. Und sie hat mir auch beigebracht, den ganzen Prozess hindurch in meine weibliche Energie zu finden und wieder liebevoller mit mir selbst zu sein. Sie sagte mir wieder und wieder: “Please Nora, soften!” Denn ich war so im Kampf mit mir selbst.

Viele praktizieren ja Yoga, um dem Göttlichen näherzukommen. Würdest du Ayahuasca als einen Shortcut dorthin bezeichnen?

Sie zeigt dir definitiv, dass du Teil des Göttlichen bist und zwar instant. Ich war gar nicht darauf vorbereitet. In der ersten Nacht hat sie mir gezeigt, dass ich die Kreation von Gott bin, dass ich Teil von Gott und selbst göttlich bin. Als ich das gesehen habe, habe ich nur noch geweint. Das war ganz klar und ich kann es nicht mehr verneinen. Früher habe ich das gewusst, aber nicht gespürt. Und jetzt weiß es in meinem tiefsten Inneren, weil ich es erlebt habe. Wenn ich dich jetzt sehe, weiß ich, du bist auch eine Göttin. Denn im Inneren sind wir alle Kreationen Gottes und wir selbst sind Gott.

Foto: Iryna Khabliuk via Canva

Das wirklich zu erkennen kann einem erstmal auch Angst machen. Aber ich begegne anderen Menschen heute ganz anders. Ich habe erkannt, dass ich in jeder Sekunde meines Daseins auch Liebe kreieren kann, indem ich mich meinem Kern verbunden bin. Ich habe mich in mich selbst verliebt und weiß jetzt erst, was bedingungslose Liebe überhaupt bedeutet. Denn Liebe ist für mich nicht mehr an Bedingungen geknüpft und alle meine Anteile, gut wie schlecht, sind gleich viel wert. Ich fühle mich auch viel mehr mit der Menschheit, mit der Natur und mit Tieren verbunden. Ich bin zum ersten Mal verliebt in das Leben. Das ist so schön. Ich könnte auch gerade weinen, weil es mich so berührt, das aus meinem Herzen heraus aussprechen zu dürfen.

Du hast die Erfahrung ja auch mit deinem Mann zusammen gemacht. Was hat sich für dich auf privater Ebene verändert?

Einfach alles – zum Positiven! Wenn man so eine Arbeit macht, dann kann man gar nicht gleich bleiben. Es hat sich etwas in meinem Gehirn verändert, ich denke anders, ich fühle anders. Ich bin einfach diese aufgewachte Version von mir. Ich spüre, dass ich niemandem mehr Leid zuführen kann und werde, denn das ist mein Leid. Und wenn ich liebe, dann weil ich selbst diese Liebe in mir erkannt habe. Unsere Kinder spüren das. Sie sagen, “Mama, du schreist ja gar nicht mehr.” Und ich will gar nicht verteufeln, wie ich vorher war, denn das war die beste Version von mir damals. Ich kannte einfach nichts anderes und diese Seite von mir war auch ein Teil von meinem Weg. Wäre dieser Schmerz nicht so groß gewesen, hätte ich auch nie etwas daran geändert.

Ich verwende meine Worte heute ganz vorsichtig, denn jedes Wort hat unglaublich viel Energie. Klar gibt es noch Dinge, die mich im Alltag triggern. Aber ich gehe nicht mehr direkt in die Reaktion, in die Wut, sondern ich gehe in mich und reflektiere, was unter meiner Wut verborgen liegt. Ich freue mich darauf, diese innere Arbeit weiterzumachen und mein neues Wissen zu integrieren. Und auch schwierige Menschen, die in mein Leben kommen, als Einladung zu sehen, etwas auflösen zu können und in die Verbindung zu kommen. Es ist so spannend zu erkennen, dass das alles nichts mit dem Gegenüber zu tun hat, sondern dass wir alles, was wir fühlen und sehen, nur durch unsere eigene Brille wahrnehmen. Übrigens: Auch die Beziehung zu meinem Bruder ist heute so gut wie sie noch nie war.

Man sagt ja, der innere Weg geht immer weiter und man ist nie wirklich “fertig”. Aber spannend, was sich da alles bei dir aufgetan hat! Und du bist ja durch Yoga sicher schon lange auf dem inneren Weg…

Alles, was ich in meinem Leben jemals vorher gemacht habe, war eine Unterstützung und Vorbereitung für das, was mir in diesem Ayahuasca-Retreat gezeigt wurde. Alle Therapien mit meinem Partner, aber vor allem auch mein 16-jähriger Yogaweg ist unterstützend gewesen. Ich glaube, dass ich dadurch alles tiefer wahrnehmen konnte und Purusha, die Seele in mir, wirklich finden konnte. Vorher war das für mich nur ein Konzept, an das ich geglaubt habe, weil ich daran glauben wollte.

Ich bin auch nicht durch Zufall Yogalehrerin geworden. Ich wusste schon immer, dass der einzige Weg nach innen führt, um das zu erfahren, was ich erfahren möchte. Ich habe es schon immer geahnt, aber jetzt weiß ich es. Dieses Wissen wird mir bis zum Lebensende erhalten bleiben und das möchte ich auch an meine Schüler*innen weitergeben, damit sie auch erkennen, dass da noch mehr ist.

Und stell dir mal vor, was wäre das für eine Welt, wenn wir alle das erkennen könnten?

Das wäre eine erwachte Welt. Jeder würde erkennen, dass wir alle Teil des Ganzen sind und dass jeder seinen Teil dazu beiträgt. Auch wenn wir gar nicht wissen, was dieser Teil ist. Das müssen wir auch gar nicht verstehen, sondern einfach mit dem Herzen fühlen.

So sieht eine Ayahuasca-Liane im Querschnitt aus … Foto: eskymaks von Getty Images via Canva

Und es gibt heutzutage leider viele Menschen, die einfach nicht mehr weiter wissen. Die Zahl der Menschen, die zum Beispiel an Depressionen erkranken, steigt und steigt …

Oh ja. Ich habe auf dem Ayahuasca-Retreat viele Menschen kennen gelernt mit Depressionen oder Suizidgedanken, die gesagt haben, sie wollen so nicht mehr weiterleben. Bei ihnen war das Leid so groß, dass sie dachten, sie würden lieber sterben, als für immer im eigenen Leben, im Gefängnis der eigenen Gedanken und Gefühle gefangen zu bleiben. Und die kamen raus wie kleine Kinder! Das war extrem berührend zu sehen, wie diese Menschen wieder in die Liebe gekommen sind und realisiert haben, wie wertvoll sie selbst und ihre Leben sind. Es hat mir sehr viel Hoffnung gegeben, dass es möglich ist, aus der Dunkelheit, in der man vorher gefangen war, wieder herauszukommen.

Es gibt dazu ja schon viele spannende Entwicklungen. Immer mehr werden Psychedelika – und speziell auch Ayahuasca – von der Medizin erforscht, um gezielt Krankheitsbilder wie z. B. Depressionen oder PTBS zu behandeln.

Das ist beeindruckend, vor allem da man dann auch einen sicheren Rahmen und eine Begleitung bekommt und die richtige Dosis… Man sagt, eine Ayahuasca-Retreat-Woche ist wie zehn Jahre Psychotherapie. Ich habe das Gefühl, es waren mehr. Denn ich bin bis zum meinem zweijährigen Ich zurückgekommen und bin dort geheilt. Und heute gehe ich ganz anders durchs Leben. Ich bin so dankbar, dass diese Pflanze mir den Weg gezeigt hat.

Danke Nora, dass du deine persönlichen Erfahrungen so ehrlich mit uns geteilt hast. Und dass auch bei dir nicht immer alles perfekt ist im Leben. Man sieht auf Social Media ja meistens nur die Highlights von einer Person…

Diese Maske, die man sich aufsetzt, gilt dem reinen Überleben. Ich hatte Angst, dass wenn ich den Leuten zeige, wer ich wirklich bin und nicht dem Bild einer perfekten Yogalehrerin entspreche, dann will doch niemand eine Ausbildung bei mir machen. Aber eigentlich will man doch so sein wie man ist, denn die Seele ist nur dann frei. Wenn man nicht lügt, wenn man ehrlich sein kann. Aber man hat solche Angst, dass man verurteilt wird, dass man nicht geliebt wird, dass man nicht wertgeschätzt wird, nicht gebucht wird, was auch immer. Ich war früher so darin gefangen, was andere über mich denken. Aber jetzt konnte ich ich diese Ängste loslassen. Denn ich perfekt so wie ich bin, ohne das arrogant klingen zu lassen. Wir sind alle perfekt genau so wie wir sind.


Dieses Bild ist während Noras Costa Rica-Reise entstanden. Was für ein Strahlen! Foto: Natalia Rodriguez

Nora Kersten, auch als “Yoga Nora” bekannt, lebt und atmet Yoga mit jeder Faser ihres Wesens. Die gebürtige Albanerin ist zweifache Mama und lebt mit ihrer Familie in der Schweiz, wo sie aufgewachsen ist. Sie arbeitet als Yogalehrerin, gibt regelmäßig Retreats und Workshops und bildet seit 2018 auch selbst Yogalehrende aus. Erfahre mehr über Nora auf ihrer Webseite www.yoganora.ch und auf Insta @yoga_nora


Für unseren YogaWorld Podcast hat Nora diese wunderschöne Chakra-Meditation aufgenommen:

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