Anders als sonst zeigt unsere Kolumnistin dir diesmal keine kreative Variante, sondern eine klassische Asana. Allerdings sieht man die nur selten im Yogaunterricht, denn sie hat es in sich. Jelena findet: Ausprobieren lohnt sich trotzdem! Denn man kann durch Vishvamitrasana eine Menge über die Kräfte- und Gewichtsverteilung im Körper lernen.
Text: Jelena Lieberberg / Foto: Sofia Gomez Fonzo
Vielleicht kann sich der eine oder die andere von euch daran erinnern, dass ich euch im vergangenen Jahr den kleinen Weisen vorgestellt habe, eine Abwandlung der hier gezeigten Asana, bei der die Intensität durch das gebeugte hintere Bein etwas verringert wird. Dieses Mal lade ich dazu ein, dich der klassischen, gestreckten Variante von Vishvamitrasana zu widmen. Sie ist nach König Vishvamitra benannt, einem der wichtigsten Weisen (Rishis) des alten Indien. Als ich diese Haltung vor vielen Jahren bei einer Instagram-Challenge gesehen habe, war ich sofort geflasht: Ich wollte unbedingt herausfinden, wie es möglich ist, lächelnd und mit Leichtigkeit in diesem Spagat zu schweben. Nach anfänglichem Kopfschütteln und mehrfachem Umfallen war meine Neugier geweckt und ich hüpfte immer wieder auf meine Matte, bis ich irgendwann den Dreh raus hatte.
Die Asana ist ein großartiger Energie-Booster: Fast alle wichtigen Muskelgruppen und Gelenke sind im Einsatz und müssen sich aufeinander einstellen. Regelmäßiges Üben hilft, Muskelkraft und Flexibilität zu entwickeln, die Drehung der Wirbelsäule löst Verspannungen im unteren Rücken und mobilisiert den Brustkorb, wodurch eine tiefere Atmung gefördert wird.
Macht das Spaß?
Auf jeden Fall. Allerdings ist es ein ziemlich kniffliges Körperpuzzle, da wir Balance spüren müssen und gleichzeitig aktiv unsere Range of Motion erforschen, das individuelle Ausmaß aktiver Beweglichkeit.
Muss ich das können?
Auf keinen Fall! Die Asana ist eher etwas für geübte Yogi*nis, die neue Herausforderungen suchen. Allerdings lohnt es sich für alle, die Wirbelsäule nicht nur zu beugen und zu strecken (Flexion und Extension), sondern im Yoga auch andere Bewegungsmöglichkeiten zu erkunden und zu vertiefen. In diesem Fall ist das eine intensive Seitdehnung mit Rotation.
Was muss ich dafür tun?
Um geschmeidig in diese Position zu gelangen, lohnt es sich, 30–45 Minuten in ein spezifisches Warm-up zu investieren. Besonders die Beinrückseiten und die Flanken sollten gut aufgewärmt und mobilisiert sein. Dazu kannst du dynamische Dehnungen, Sonnengrüße und Krieger-Variationen üben, aber auch länger gehaltene Asanas wie Pyramide, Grätsche, Halber Spagat, Spagat oder Kompass.
Step by step
1. Beginne im Vierfüßlerstand. Wenn du Unterstützung bei der Balance brauchen kannst, dann platzierst du dich neben einer Wand, dabei beginnst du mit der Wand rechts von dir.
2. Ziehe deinen rechten Fuß nach vorne und setze ihn außen neben der rechten Hand auf. Strecke dein linkes, hinteres Bein und stelle den Fuß parallel zum kurzen Mattenrand auf. Schiebe dabei, so gut es geht, die Außenkante Richtung Matte.
3. Drehe den Oberkörper in seiner gesamten Länge nach links, dabei hebt die linke Hand vom Boden ab. Dann wendest du den Blick nach unten und greifst die Außenkante deines rechten Fußes mit der linken Hand.
4. Aktiviere bewusst die rechte Schulter (die über deiner Stand-Hand), um dich zu stabilisieren, bevor du nun langsam das rechte Bein streckst. Dabei weitet sich zugleich dein Brustkorb nach links und oben. Deinen Blick richtest du nach vorn oder in Drehrichtung gen Himmel.
5. Nach etwa 5 Atemzügen wendest du den Körper wieder Richtung Matte und setzt den rechten Fuß zurück auf den Boden. Dann wiederholst du das Ganze auf der anderen Seite.
Tipp: Falls dir diese Variante einfach erscheint, dann probiere es mal so: Setze den rechten Fuß in Step 2 nicht außen, sondern innen an die Hand, sodass du das Bein in der Haltung vor dem Arm hast.
JELENA LIEBERBERG ist Osteopathin und Yogacoach in Berlin. Ihre eBooks, Retreats und Workshops findest du unter kickassyoga.com oder besuche Jelena auf Insta @kickassyoga.
Für Stabilität und Beweglichkeit ist es von Vorteil, den Körper regelmäßig zu dehnen. Hier zeigt dir Jelena mit dem PNF-Stretching eine gesunde Variante.