Interview mit Martyna Eder

Mein innerer Altar wird immer größer

Für Martyna Eder bedeutet Yoga nicht nur die Fürsorge für den eigenen Körper und Geist. Ihre Hingabe an eine vegane Lebensweise beschreibt sie als Ausdruck der Liebe zu allen Lebewesen. Im Interview mit YOGA JOURNAL spricht die Jivamukti- Yogalehrerin über Demut und Dogmatismus. 

Das Yogarad muss nicht pausenlos neu erfunden werden

Martyna, dein Weg führte dich vom Modeln und der Schauspielerei zum Yoga, derzeit bist du eine der Hauptlehrerinnen bei Jivamukti Berlin. Wie unterscheiden sich diese Erfahrungsbereiche?

Als Darstellerin musste ich mich kontinuierlich verkaufen und bei Castings immer beweisen, dass ich toller bin als die anderen. Als feststand, dass ich hauptsächlich als Yogalehrerin arbeiten wollte, sah ich das auch als Abschied von dieser Konkurrenzsituation – nur um festzustellen, dass ich offenbar schon wieder laufend Werbung für mich machen sollte! Nach sechs Jahren Vollzeit Unterrichten lautet meine Erkenntnis aber, dass es auch ohne Selbstmarketing geht.

Eine interessante Erkenntnis, wenn man heutzutage vor allem die sozialen Medien betrachtet…

Ich wäre so froh, wenn Äußerlichkeiten überhaupt keine Rolle mehr spielen würden. Für mich macht es keinen Sinn, mich als Person anzupreisen, weil ich nicht finde, dass man im Yogaunterricht als Person vor den Leuten steht, vielmehr als Mikrofon und Vermittlung für das, was einem die eigenen Lehrer beigebracht haben.

Fühlst du dich dennoch frei, deinen eigenen Stil weiterzuentwickeln?

Natürlich gibt es die klassische Form der Asanas und die Vorgaben der Jivamukti-Methode. Diesen Rahmen halte ich mit voller Überzeugung ein und fühle mich sogar persönlich getroffen, wenn es jemand nicht macht (lacht). Meiner Meinung nach muss das Yogarad nicht pausenlos neu erfunden werden. Innerhalb dieser Vorgaben fühle ich mich ganz frei, Energie aufzunehmen und weiterzugeben.

Auffällig oft wird im modernen Yoga betont, dass man sich an keinerlei „Dogmen“ gebunden fühle.

Ich habe auch schon oft überlegt, was im Yoga darunter verstanden wird. Ich persönlich finde es wichtig, Leitlinien zu haben, eine feste Meinung zu vertreten und mich an meinen Lehrern zu orientieren. Ich bin ihnen äußerst dankbar für das, was ich von ihnen gelernt habe – vor allem, dass mir Sharon Gannon (eine der Begründerinnen von Jivamukti Yoga) den „missing link“ von meinem lebenslangen Vegetarismus zum Veganismus bereitet hat. Für mich ist er fest im achtgliedrigen Pfad des Yoga verankert. In dieser Hinsicht – und das hört sich eventuell durchaus „dogmatisch“ an – weiß und fühle ich, dass es die richtige Lebensweise ist.

Wie steht es mit Toleranz gegenüber nicht vegan Lebenden?

Wenn man seine eigene Wahrheit leben will, werden der Bewegungsradius und das Umfeld enger. Ich lebe Veganismus aus einer mitfühlenden Haltung meiner Umwelt gegenüber und sehe im Sinne der Gewaltfreiheit keine Alternative. Natürlich versuche ich immer, liebevoll mit anders Denkenden umzugehen, aber wenn ich Yogis die vierte Ashtanga-Serie üben und danach eine Fischplatte essen sehe, empfinde ich das als absurd. Mittlerweile würde es mir auch sehr schwer fallen, mit einem nicht veganen Partner zusammen zu sein. Auch wenn ich meine Wohnung untervermiete, möchte ich nicht, dass tierische Produkte hineinkommen…

Im Zeitgeist der Unverbindlichkeit ist das auf jeden Fall ein Statement.

Ich will den Menschen um mich herum keine Vorschriften über ihre Lebensführung machen – gerade den Yogaschülern – sondern meine eigene Erfahrung weitergeben. Dabei hüte ich mich aber, mich nur auf mich selbst zu berufen, sondern berufe mich auf die Schriften. Gerade weil heute Individualismus so stark zählt, ist für mich die Hingabe an etwas Größeres – nennen wir es ruhig „Gott“ – fester Bestandteil meiner Praxis.

Auch weil die menschlichen Beziehungen Höhen und Tiefen unterworfen sind?

Wenn etwas nicht mehr passt, finde ich es wichtig, es gehen zu lassen statt das System von innen auszuhöhlen. Das bringt keine gute Energie und steht einem selber und anderen im Weg. Sowohl in der Lehrer-Schüler-Beziehung als auch bei allen anderen Dingen des Lebens ist es manchmal Zeit, sich liebevoll zu verabschieden und auf dem eigenen inneren Altar eine Kerze anzuzünden. Mein eigener Altar wird immer größer…


Martyna Eder schloss 2011 ihr Jivamukti-Teacher-Training in Rhinebeck, New York, ab. Zu ihren wichtigsten Lehrern gehören neben Sharon Gannon und David Life Petros Haffenrichter und Rolf Naujokat.

www.jivamuktiberlin.com 

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