Fährten zur Interpretation:
Schau genau hin: Was ist das Wesen dieses Gegenstandes, sein Symbolgehalt, seine Funktion? Vielleicht steht etwas darauf geschrieben? Überlege, ob es einen Bezug gibt zu einem Menschen oder einer Phase in deinem Leben, vielleicht auch zu einem gerade für dich aktuellen Thema oder zu einem verdrängten Problem, einem mehr oder minder bewussten Wunsch? Für was steht dieses Objekt, was drückt es in diesem Moment deines Lebens über dich aus? Welche Geschichte erzählt es dir, auf die du hören solltest? In welche Richtung weist es?
2. Merkwürdige Tierbegegnungen
Meistens fällt es uns auf, wenn sich eine eigentlich wilde Kreatur ganz vertrauensvoll zeigt und unsere Nähe sucht, als ob sie uns etwas zu sagen hätte. Es kann aber auch sein, dass ein Tier einfach in einem besonderen Moment auftaucht, also kurz vor, während oder kurz nach einem Schlüsselereignis in deinem Leben. Dabei kann dir das Tier real begegnen, aber auch indirekt, als Bild, im Traum, in einem Gespräch oder Text. Manche Tiere sind regelrechte Champions der Synchronizität, zum Beispiel Schmetterlinge, Käfer, Libellen, Bienen, Marienkäfer und alle Arten von Vögeln. Häufig haben Menschen auch ein bestimmtes Tier, dem sie seit der Kindheit immer wieder begegnen, vielleicht einen Fuchs oder eine Schlange. In der schamanistischen Tradition spricht man dann von einem Totemtier, das über uns wacht und für einen wesentlichen Teil unserer Persönlichkeit steht.
Fährten zur Interpretation:
Informiere dich über die traditionelle Symbolik zu dem jeweiligen Tier, vielleicht gibt es Legenden oder Sprichwörter, auch sein Name oder seine Lebensweise können wichtige Schlüssel sein. Hast du eine persönliche Geschichte in Verbindung mit diesem Tier? Welche Kraft, welche Charakteristiken vermittelt es dir in diesem besonderen Moment deines Wegs? Auf was wirft es ein Schlaglicht, was solltest du ins Bewusstsein rücken oder vielleicht manifestieren?
3. Uhrzeiten und Zahlen
Bei sogenannten “Spiegelzeiten” wiederholen sich Ziffern wie ein Echo: 12 Uhr 12, 11 Uhr 11, 9 Uhr 09. Im weiteren Sinn können solche Zahlendoppler aber auch an ganz anderer Stelle auftauchen und Hinweis auf etwas sein. Oder es sind bestimmte Zahlen, die einen Menschen ein Leben lang begleiten. Der Quantenphysiker Wolfgang Pauli zum Beispiel war seine gesamte Karriere lang von der 137 besessen (dem Wert der Feinstrukturkonstante) – und starb in einem Krankenhauszimmer mit dieser Nummer. Wenn solche Zeiten oder Zahlen unvermittelt auftauchen, wecken sie unsere Aufmerksamkeit. Wir spüren: Ich suche nicht nach ihnen, sie kommen zu mir, immer wieder. Zum Beispiel, wenn ich auf dem Handy nach der Zeit schaue, mein Auge auf eine Anzeigetafel oder auf eine Rechnungsnummer fällt, bei der Sitznummer im Zug, einer Postleitzahl, einer Hausnummer und so weiter. Solche Synchronizitäten wirken sehr kraftvoll, denn nach Jung sind Zahlen “Archetypen der Ordnung”, nach der die Welt aufgebaut ist.
Fährten zur Interpretation:
Wenn eine Spiegelzeit oder eine bedeutungsvolle Zahl immer wieder auftaucht, ist das vor allem ein Hinweis darauf, dass wir uns in einer wichtigen Phase unseres Lebens befinden. Wir sind eingeladen, uns bewusst zu machen, um was es gerade geht und was auf den Weg gebracht werden will. Wenn es Sinn ergibt, können wir uns auch mit dem Symbolgehalt der betreffenden Zahlen beschäftigen. Dabei hilft die Lehre der Numerologie, ganz besonders wenn es sich um “Meister-” oder “Engelszahlen” (11, 22, 33 und so weiter) handelt, die ja selbst eine Spiegelstruktur besitzen.
4. Kledonismus – aufgeschnappte Wortbotschaften
Die alten Griechen waren nicht nur große Philosophen, sie liebten auch Orakel. Von ihnen stammt der Begriff des Klidon: ein aufgeschnappter Begriff oder Satz, der für den oder die Betreffende eine tiefe, manchmal sogar erschütternde Bedeutung hat. Für die Menschen der Antike war daran nichts Geheimnisvolles: Sie sahen darin Botschaften ihrer Götter. Aber auch im Christentum gibt es prominente Beispiele, so wie die Bekehrung des Heiligen Augustinus: Ein auf der Straße gesungenes Kinderlied erreichte ihn in einer Stimmung tiefster Verzweiflung. Er folgte der Aufforderung des Refrains “Nimm, lies!”, schlug im Haus seines Gastgebers aufs Geratewohl ein Buch auf und fand so zum christlichen Glauben. Was allen diesen Wortbotschaften gemein ist, ganz egal, ob du sie auf der Straße aufschnappst oder “zufällig” über die Schulter eines Mitreisenden hinweg in dessen Zeitung liest, ob sie dir auf einem Reklameplakat ins Auge springen oder ganz plötzlich in einem Liedtext auffallen: Du hast das sichere Gefühl, diese Worte seien ganz persönlich an dich gerichtet.
Fährten zur Interpretation:
Dieser Typ von Synchronizität hat den Vorteil, dass die Botschaft sehr klar ist: Man versteht meist sofort, was gemeint ist. Wenn dem mal nicht so ist, kannst du die Symbolik untersuchen: Was verbirgt sich hinter den Worten? Ein bestimmtes Thema? Ein Sachgebiet? Eine Lebensphase? Ein aktuelles Problem, das mehr Aktivität braucht? Eine Ermutigung, einen bestimmten Weg einzuschlagen, ein Vorschlag für einen neuen Weg?
5. Unverhoffte Begegnungen oder schicksalhafte Ereignisse
Manchmal scheint sich die Bahn sämtlicher Planeten genau daraufhin abgestimmt zu haben, dass du die richtige Person im richtigen Moment triffst oder genau das bekommst, was du gerade dringend brauchst. Diese Synchronizität ist wie ein Geschenk: Man muss sie nicht interpretieren, das Ereignis selbst ist schon die Antwort. Zum Beispiel wenn der in einer alten Schatulle gefundene Ring der Großtante sich als wertvoller Diamant erweist, dessen Verkauf exakt die drückende Rechnung des Scheidungsanwalts abdeckt. Das Besondere dieser Art von Synchronizität liegt darin, dass du das Gefühl hast: “Ich erfahre Unterstützung, die Vorsehung steht mir bei.”
Fährten zur Interpretation:
Lass dich einfach von der Magie dieses Ereignisses tragen und sei dankbar – ganz egal ob du dabei das Universum meinst, die Kraft der Manifestation, das Leben selbst, deinen Schutzengel oder Gott.
Synchronizität kann ein Wegweiser zu dir selbst sein und dich mit deiner Intuition verbinden.
Es gibt noch unzählige andere Arten von Synchronizität, zum Beispiel verstrickte Koinzidenzen mehrerer Menschen, ungewöhnliche Fakten, die kaum Zufall sein können, oder sich wiederholende unwahrscheinliche Begegnungen mit einem bestimmten Menschen. Die Kreativität des Universums scheint auch hier keine Grenzen zu kennen und dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass in all dem immer ein und dieselbe Energie am Werk ist. In der schamanistischen Tradition (aber auch in der modernen Yogawelt) ist man überzeugt: Alles hängt mit allem zusammen, was den Schluss nahelegt, rein gar nichts ereigne sich zufällig. Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Der Psychoanalytiker und Autor Jean- François Vézina fasst es lieber enger und spricht vom Sonderfall der “notwendigen Zufälle”. Damit meint er Ereignisse, die geradezu von der Vorsehung geschaffen zu sein scheinen: Ihre Verbindung mit einem tieferen Sinn ist so offensichtlich, dass man sie kaum leugnen kann.
Praxis-Tipp: Aufschreiben – und in den Fluss kommen
Je mehr Aufmerksamkeit man einem Phänomen widmet – etwa indem man es wertungsfrei wahrnimmt, willkommen heißt und nach seiner Bedeutung forscht – desto häufiger wird es sich manifestieren. Darum führe ich seit Jahren ein Synchronizitäts-Tagebuch. So geht’s:
- Notiere das Datum.
- Gib der Synchronizität einen Titel.
- Fasse kurz zusammen, um was es sich handelt: Schlüsselelemente, Kontext, Fährten zur Interpretation, eventuell Botschaften deiner Intuition.
Gerade wenn du bemerkst, dass sich so etwas wie ein “Wirbel an Synchronizität” abzeichnet, diese Phänomene also gehäuft oder sogar massenhaft auftreten, kann dir ein Tagebuch helfen, die Übersicht zu behalten und diese vielleicht sehr bedeutsame Transformation bewusster zu erleben.
Über die Autorin
ISABELLE FONTAINE hat sich als Buch- und Blog-Autorin auf Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert, doch ihr besonderes Faible ist die Kraft der Intuition.
Ihre Bücher “Liberez la voix de votre intuition” und “Transformez votre vie avec les synchronicités” sind bisher aber leider nicht ins Deutsche übersetzt.
Mehr zu Isabelle unter histoiredintuition.com
Titelbild: Jeeshoots via Canva