Yoga und Gemeinschaft: Zwei Themen, die heute allgegenwärtig sind. Das war vor zehn Jahren noch nicht unbedingt so. Die Netzwerkerin Yasmine Orth hatte schon damals ein Gespür dafür, dass man Menschen, die so viel verbindet, auch real zusammenbringen muss. Heute laufen bei der „Salondame von Berlin“ viele Fäden zusammen. Ganz nach Yasmines Motto: „Zusammen kommen wir alle viel weiter!“
Ganz gleich, wie gestresst, genervt oder müde man sich fühlt: Sobald einem Yasmine Orth mit ihrem warmherzigen Lächeln gegenübertritt, wird einem ein wenig leichter ums Herz. Was nicht nur an ihrem offenen, mit Sommersprossen übersäten Gesicht liegt, sondern auch an der Mission der 38-Jährigen: Menschen miteinander zu verbinden und durch Reibung, Austausch und Verbindung aneinander zu wachsen. Sowohl beruflich als auch privat. „Zusammen kommen wir alle viel weiter“, beschreibt sie ihre Vision einer Community. Entstanden ist diese Idee 2004, als sie neu nach Berlin kam und überwältigt davon war, wie viele tolle und inspirierende Frauen in der Metropole leben. Gleichzeitig wunderte sie sich, wie wenig diese miteinander vernetzt waren. Weshalb sie noch im gleichen Jahr den „Goerlzclub“ gründete, eine Community für moderne Frauen. Ein erstes Netzwerk war geschaffen. Zusammengehalten wurde es damals noch vor allem durch einen kuratierten Newsletter, in dem sich die Frauen über Wohnungen, Events und ihren Beruf austauschten.
Durch die Geburt von Yasmines Tochter Luca-Sun verlagerten sich 2010 die Schwerpunkte. Die Frage nach der Weiblichkeit, was sie ausmacht und wie man in ihre Kraft kommen kann, drang immer mehr in den Fokus. Eine virtuelle Community, in der sich vieles vor allem um hedonistische Themen drehte, schien dazu nicht mehr zu passen. Und so machte sich die Sehnsucht nach einer realen Gemeinschaft breit, in der sich Frauen vermehrt mit Ganzheitlichkeit, Female Leadership und sozialer Zukunftsfähigkeit beschäftigten. Und natürlich mit Yoga! Ein Thema, das zu dieser Zeit sowohl innerhalb der Gesellschaft als auch in Yasmines Leben immer mehr Relevanz bekam – unter anderem auch durch den Tod ihrer Mutter. Während Yasmine von dieser Zeit erzählt, fährt sie sich nachdenklich über ihr Kopftuch. Ein weiteres Kennzeichen der charismatischen Powerfrau, das sie nicht aus religiösen Gründen, sondern aufgrund einer Autoimmunerkrankung trägt. Ein sehr privates Thema, mit dem sie recht offen umgeht, denn es gehört zu ihr und ihrer ganz persönlichen Reise. Auch wenn sie sich als Jugendliche natürlich wünschte, genau wie die anderen Mädchen auszusehen. Unter anderem weil Haare für viele ein äußeres Indiz für Weiblichkeit sind. Damals also, genauso wie heute, eines von Yasmines wichtigen Themen.
Urban Libertines Salon
Aus ihrer zunehmenden Hingabe an Yoga entstand im Jahr 2012 ein neues Projekt, in dem Yasmine beide Leidenschaften, Gemeinschaft und Yoga, perfekt miteinander verknüpfte: der „Urban Libertines Salon“. Ein Yoga- und Mediationsworkshop mit vier bekannten Yogalehrern, die jeweils für eines der vier Elemente stehen und bei dem durch gemeinsame Mahlzeiten und Praktizieren der Wechsel der Jahreszeit zelebriert wird. Mittlerweile sind aus diesem Format heraus zwei Retreats entstanden.
Weil Yasmine als allein erziehende Mutter fernab ihrer Familie in der Großstadt lebt, richtete sich ihr Fokus auch immer wieder auf die Frage, wie Gemeinschaft in Zukunft aussehen kann. Mit ihrer Arbeit will sie auch den veränderten Familienstrukturen Rechnung tragen und neuen Formen von Isolation und Einsamkeit entgegenwirken, zum Beispiel mit dem 2010 von ihr initiierten „Salon Mondaine“, laut Yasmine ein „Format für die Frau von Welt, bei dem zu gesetzten Themen weibliche Vorbilder und Pionierinnen vorgestellt werden“. Damit wollte sie einen Raum zu schaffen, „in dem wir die weibliche unterstützende Energie spüren, die wir viel zu wenig kennen.“ Seit 2014 findet der Salon Mondaine regelmäßig im Berliner Soho House statt.
The Lovers
2015 hat Yasmine nochmals einen neuen Schritt gewagt und all ihre bisherigen Projekte unter einem Dach zusammengefasst: „The Lovers“. Nach und nach soll daraus ein Social Business entstehen, mit einer eigenen Agentur, die sich um Markenberatung und die Konzeption von Eventformaten kümmert („The Lovers Agency“), und mit der Lovers Academy, unter deren Verantwortungsbereich alle Salons, Retreats und Workshops fallen. Themenschwerpunkt ist dabei natürlich das ganzheitliche Empowerment von Frauen und Familien. Aber auch Gesundheit, Business und Gesellschaft sollen eine Rolle spielen. Und die Männer sollen endlich mit ins Boot geholt werden. „Mein Credo war schon immer miteinander, statt nebeneinander“, so Yasmine.
The Lovers steht dabei für die Liebe zum Leben und den Menschen. Was jedoch nicht bedeutet, dass man sich immer lieb und brav verhält, sondern für das einsteht, was man liebt und wofür man sich mit ganzem Herzen engagiert. Doch das scheint der viel beschäftigten Mutter nicht genug zu sein. Sie will auch konkret helfen. Deshalb hat sie mit weiteren engagierten Frauen den Verein „Förderinitiative The Lovers e. V.“ gegründet. Ein Verein, der Alleinerziehende sowie Familien und Menschen, die sich zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe engagieren, mit Seminaren, Vorträgen, Beratung oder Coaching aktiv zur Seite stehen will.
Wobei sich die Frage aufdrängt, wann Yasmine sich eigentlich um sich selbst und ihre eigene kleine Familie kümmert? Sie gesteht, auch sie habe Phasen, in denen sie das Gefühl hat, dass ihr alles über den Kopf wächst. Aber dann geht sie mit ihrer Tochter raus, in ihre Datsche, in die Sauna oder die Badewanne. Und natürlich zum Yoga. Und wenn sie dort mit den anderen Yogaschülern einen gemeinsamen Atem anstimmt, weiß sie wieder, warum sie sich mit aller Kraft für eine spirituelle, friedliche Gemeinschaft und die Verbreitung von Yogas einsetzt.
Über die Autorin: Bettina Schuler, Autorin, Yogalehrerin und Aktivistin, durfte selbst schon einmal Speakerin bei einem „Salon Mondaine“ sein. Momentan kümmert sie sich allerdings vornehmlich um ihre gemeinnützige Organisation citizen2be, mit der sie Begegnungen mit geflüchteten Menschen schaffen will. Der erste Schritt ist ein eigener Raum für gemeinsame Yogastunden.
Fotos: Claudia Casagrande