Zum Abheben: Verbinden Sie die scheinbar separaten Elemente von Vishvamitrasana und steigen Sie mit dieser Haltung in ungeahnte Höhen.
Vishvamitrasana ist eine Asana, die dem Weisen Vishvamitra gewidmet ist. Sie scheint zu jenen Supertricks zu gehören, die einer kleinen Yoga-Elite vorbehalten sind – einem Club, zu dem man selbst vermutlich nie gehören wird. Kein Wunder: Die Komplexität der Haltung sieht überwältigend aus und wirkt unerreichbar.
Stellen Sie sich eine köstliche Apfeltorte mit Karamellsauce und einem Klecks selbst gemachtem Vanilleeis vor. (Zugegeben ein seltsames Bild für eine Yogahaltung, aber belassen wir es für den Moment dabei.) Sie haben also dieses Luxusdessert im Restaurant gegessen und denken sich vermutlich, es sei unmöglich nachzumachen. Wenn Sie aber mit einem detaillierten Rezept Schritt für Schritt lernen, zuerst den Teig zuzubereiten, dann den Belag, die Sauce und schließlich die Eiscreme, werden Sie am Ende feststellen, dass es möglich ist.
Das gilt auch für Vishvamitrasana. Am besten zerlegt man die Asana in ihre einzelnen Bestandteile, um sie zu meistern: Das hintere Bein führt eine Stehhaltung aus, der untere Arm gehört zu einer armgestützten Gleichgewichtshaltung, Rumpf und oberer Arm führen eine Seitwärtsbeuge aus, die Körperrückseite ist gestreckt, das vordere Bein nähert sich dem Spagat – es ist also genau wie bei unserer Apfeltorte mit ihrem Eisklecks: Wenn man die einzelnen Elemente erlernt hat, kann man damit beginnen, sie zu einer komplexen Asana zusammenfügen – wie die Zutaten zu einem Rezept.
Zwar wäre es übertrieben zu behaupten, Ihr Körper könne Vishvamitrasana mühelos einnehmen, sobald Sie die wichtigsten Bestandteile beherrschen. Das macht jedoch nichts, denn in der sorgfältigen Vorbereitung kann man viel mehr lernen als die Asana selbst: Zum Beispiel wie man eine komplexe Aufgabe strukturiert und mit Gelassenheit angeht – eine Lektion, die einen in vielen Lebenslagen weiterbringt. Außerdem hilft Ihnen der Übungsweg, Ihre Fähigkeiten und Begrenzungen besser zu erkennen. Vielleicht lernen Sie Vishvamitrasana – wenn nicht, werden Sie zumindest begreifen, woran es hapert. Vielleicht stellen Sie fest, dass Ihre Arme zwar sehr kräftig sind, Ihre Beinrückseiten aber mehr Aufmerksamkeit benötigen. Oder Sie nehmen die Erkenntnis mit, dass die aktive Arbeit des hinteren Beins allen Stehhaltungen mehr Stabilität verleihen kann.
Schließlich können Sie am eigenen Leib erfahren, wie sich scheinbar zusammenhanglose Bewegungen ineinander fügen lassen. Dieses Gefühl der Integration, des Verschmelzens von Einzelteilen zu einem Ganzen, kann unglaublich befriedigend sein – egal ob Sie es in Vishvamitrasana erleben oder in einer der Vorstufen. Sie können erfahren, wie es ist, Ihre Begrenzungen ein Stück weit zu überwinden und damit auch über die falsche Vorstellung hinauswachsen, es gäbe im Yoga genau wie im übrigen Leben immer irgendeinen exklusiven Club, zu dem einem der Zugang verwehrt bleibt.
Bevor Sie beginnen
Bereiten sie sich auf diese Sequenz vor, indem sie den Körper aufwärmen. Überfordern sie sich dabei nicht, denn für die Arbeit an Vishvamitrasana brauchen Sie noch viel Kraft. Beginnen Sie mit mehreren langsamen Sonnengrüßen und bleiben Sie für ein oder zwei Atemzüge in jeder der einzelnen Haltungen. Zur Dehnung der Beine können Sie Virabhadrasana II (Krieger 2), Utthita Trikonasana (gestrecktes Dreieck) und Ardha Chandrasana (Halbmond) üben. Auch den Schultergürtel öffnende Asanas wie Gomukhasana (Kuhkopf) und Garudasana (Adler) sind hilfreich.
1. Viparita Karani (umgekehrte Haltung, Variation)
In der Vorbereitung einer fordernden Asana ist es verführerisch, von Anfang an das Äußerste vom eigenen Körper zu verlangen – fast, als ob man gleich in den Kampf ziehen wollte. Natürlich sollte der Körper warm und beweglich sein, bevor er vorsichtig an seine Grenzen geführt wird. Yoga lehrt aber auch, wie wichtig es ist, sich angesichts von Schwierigkeiten und Herausforderungen zu entspannen. Viparita Karani mit gegrätschten Beinen an der Wand lässt Sie behutsam die Innenseiten der Oberschenkel dehnen und dabei Schicht für Schicht Anspannung und Widerstände loslassen. Gleichzeitig können wir jene aufmerksame Entspannung in uns erzeugen, die wir brauchen, um die nachfolgenden Übungen mit Gelassenheit anzugehen.
Platzieren Sie eine Kissenrolle oder zwei gefaltete Decken fünf bis zehn Zentimeter von der Wand entfernt. Setzen Sie sich seitlich auf die Unterlage, die rechte Hüfte berührt die Wand. Stützen Sie sich mit den Händen am Boden ab und drehen Sie sich mit angehobenen Beinen zur Wand. Stützen Sie die Ellenbogen auf und legen Sie den Rücken ab. Schieben Sie das Gesäß so nah wie möglich an die Wand heran. Die Unterlage sollte flach unter dem Kreuzbein liegen und den Rücken in eine sanfte Rückbeuge bringen. Grätschen Sie nun die Beine, bis Sie eine sanfte bis mittlere Dehnung an der Innenseite der Oberschenkel und in den Leisten spüren.
Sobald Sie sich erst einmal bequem in der Haltung eingerichtet haben, können Sie die Dehnung der Schwerkraft überlassen. Lassen Sie sich weich hinein sinken und lenken Sie den Atem bis in Ihr Becken und an die Beininnenseiten. Legen Sie die Hände auf die Beckenknochen und vertiefen Sie sich in die Vorstellung, dass sich die Oberschenkelknochen nach außen bewegen, die Beckenknochen weiten und die Beininnenseiten weicher werden. Lenken Sie nun die Aufmerksamkeit auf die Sinnesorgane, vor allem auf Augen, Ohren und Zunge. In Vishvamitrasana kann es leicht passieren, dass diese Bereiche verkrampfen. Entspannen Sie sie daher eine Weile bewusst und lassen Sie sie nach innen sinken, so als ob Sie ganz sanft die darin enthaltene Luft abließen. Nehmen Sie sich fünf bis zehn Minuten Zeit, um sich mit Körper, Geist und Atem in die Haltung sinken zu lassen und verankern Sie dieses Entspannungsmuster tief in Ihrer Erinnerung. Sie werden es bei den fordernden Haltungen gut gebrauchen können.
2. Parivrtta Janu Shirshasana (gedrehte Kopf-zum-Knie-Stellung)
Vishvamitrasana erfordert eine starke Flankenöffnung, während der Rest des Körpers kraftvoll angespannt ist. Gleichzeitig werden die Innen- und Rückseiten der Beine stark gedehnt. Auch Parivrtta Janu Shirshasana arbeitet an diesen Körperregionen, allerdings mit geringerer Intensität. So können Sie ganz in Ruhe eine Reihe von Elementen üben, die Sie für Vishvamitrasana brauchen.
Die Ausgangshaltung ist Baddha Konasana (geschlossene Winkelhaltung). Setzen Sie die Fingerspitzen hinter dem
Körper auf und richten Sie den Oberkörper auf. Bleiben Sie für einen Moment in dieser Haltung, verbinden Sie sich innerlich mit der entspannten Ruhe aus Viparita Karani und atmen Sie tief in den unteren Bauchraum. Dann strecken Sie das rechte Bein etwa in einem 60°-Winkel zur Seite. Die linke Ferse schieben Sie an die linke Leiste. Sollte das unangenehm für das Knie sein, können Sie den linken Fuß auch an den rechten Oberschenkel legen.
Nun lassen Sie die rechte Hand am rechten Bein entlang bis zum Fußgelenk gleiten. Ziehen Sie die Haut des Knöchels zu sich und strecken Sie die rechte Flanke in Richtung rechter Oberschenkel. Legen Sie den rechten Unterarm dicht am Unterschenkel ab und haken Sie sich mit Zeige- und Mittelfinger oberhalb der Ferse ein. Zum Schluss führen Sie den linken Arm über den Kopf und greifen mit der Hand an die Außenseite des rechten Fußes.
Bevor Sie tiefer in die Haltung gehen, sollten Sie den gesamten Körper mit Ihrem inneren Auge abtasten. Die Wahrnehmung der Dehnung im ausgestreckten Bein und an der oberen Flanke wird die Aufmerksamkeit zunächst dominieren, spüren Sie dennoch auch bewusst das Kiefergelenk, den linken Oberschenkel, die nach unten gerichtete Flanke und die Berührung von linker Hand und rechtem Fuß. Versuchen Sie den gesamten Körper mit all seinen subtilen Empfindungen in der Haltung wahrzunehmen, während Sie gleichzeitig tief und ruhig atmen.
Lenken Sie anschließend die Aufmerksamkeit auf die Feinheiten der Asana: Genau wie später in Vishvamitrasana neigt der Oberkörper auch hier dazu, nach vorne zu kippen. Um dem entgegenzuwirken, verwurzeln Sie sich mit dem rechten Oberschenkelknochen tief im Boden und schieben die rechte Ferse etwas weiter weg. Verlängern Sie den Rumpf, so weit es ohne Schmerzen möglich ist, indem Sie sich leicht mit dem rechten Zeige- und Mittelfinger zum Fuß hin ziehen. Wenn Sie sehr beweglich sind, können Sie den Oberkörper auf dem rechten Bein ablegen.
Lehnen Sie sich etwas zurück, als ob Sie sich hinter das ausgestreckte Bein fallen lassen wollten. Öffnen Sie Bauch, Flanken und Brustkorb immer weiter nach oben, drehen Sie sich von innen nach außen und erlauben Sie den Bauchorganen wie Nieren, Herz und Lungen, sich zur Decke zu wenden. Atmen Sie langsam und tief überall dorthin, wo Sie Widerstand gegen diese Bewegung empfinden, widerstehen Sie aber der Versuchung, den Körper mit Gewalt in die Haltung zu zwingen.
Um die Asana zu vervollständigen – und gleichzeitig ein weiteres Element von Vishvamitrasana einzuüben – ziehen Sie den linken Ellenbogen an, als ob Sie den rechten Fuß anheben wollten. Wenn Sie schon maximal gedehnt sind, wird sich der Ellenbogen nicht bewegen lassen; das ist völlig in Ordnung. In Vishvamitrasana müssen Sie gegen die Schwerkraft arbeiten und dabei ist die Aktivität im oberen Arm entscheidend. Nehmen Sie noch ein oder zwei tiefe Atemzüge, dann lösen Sie die linke Hand vom rechten Fuß und kommen vorsichtig wieder zum Sitzen, bevor Sie die andere Seite üben.
3. Baddha Parshvakonasana (gebundene seitliche Winkelhaltung)
In Vishvamitrasana haben Sie nur an zwei Punkten Kontakt zum Boden: mit dem hinteren Fuß und der unteren Hand. Diese Basis muss sehr stark und stabil sein. In Baddha Parshvakonasana können Sie üben, die Aufmerksamkeit zum hinteren Fuß zu lenken, ihn tief zu verwurzeln und das Körpergewicht über ihn an den Boden abzugeben. Zusätzlich bereitet diese Asana auch den Schultergürtel und das Becken vor.
Stellen Sie sich seitlich mit gegrätschten Beinen auf die Matte. Drehen Sie den rechten Fuß nach außen und den linken leicht nach innen. Die Ferse des vorderen (rechten) Fußes sollte in gerader Linie vor dem Fußgewölbe des hinteren (linken) stehen. Beugen Sie das vordere Knie, bis es senkrecht über dem Fußgelenk steht und bewegen Sie den hinteren Fuß so weit zurück, bis Sie an den Innenseiten der Beine eine leichte Dehnung spüren. Setzen Sie die Fingerspitzen der rechten Hand vor den rechten Fuß, schmiegen Sie die rechte Schulter an das Knie und legen Sie die linke Hand oben an den Beckenknochen.
Betonen Sie einen Moment lang die für diese Asana typische Fehlhaltung, um sie dann umso bewusster zu korrigieren: Das Becken bricht nach hinten aus, der Oberkörper und die linke Schulter kippen nach vorne, das hintere Bein verliert seine Aktivität. Spüren Sie kurz die Wirkung dieser Fehlhaltung und arbeiten Sie dann am gegenteiligen Bewegungsmuster: Ziehen Sie den rechten Sitzknochen nach vorne, das Schambein sollte auf einer Höhe mit den Füßen sein, der Brustkorb öffnet sich nach oben zur Decke, das hintere Bein streckt sich und schiebt den Fuß mit Ferse, Groß- und Kleinzehenballen fest in den Boden.
Um aus dieser einfachen seitlichen Winkelhaltung in die gebundene zu kommen, senken Sie die rechte Schulter bis unterhalb des Knies und führen den Arm unter dem Oberschenkel hindurch. Drehen Sie den Oberkörper noch etwas weiter Richtung Decke auf und schlingen Sie den linken Arm um den Rücken, bis Sie mit der rechten die linke Hand oder das Handgelenk greifen können. Falls das nicht möglich ist, arbeiten Sie mit einem Gurt oder Band.
Um in dieser Haltung nicht einzusinken, erzeugen Sie eine Gegenkraft, indem Sie das hintere Bein strecken und den Fuß fest in der Matte verwurzeln. Spannen Sie die Innenseite des hinteren Oberschenkels an und heben Sie das Becken leicht, arbeiten Sie mit der Beckenboden- und unteren Bauchmuskulatur. Durch diese kleinen Bewegungen entlasten Sie spürbar das vordere Bein und verteilen die Anspannung gleichmäßiger im Körper. Atmen Sie weiterhin langsam und ruhig und machen Sie sich bewusst, dass die Aktivität im hinteren Bein und im Becken wichtige Elemente für Vishvamitrasana sind. Dann lösen Sie sich aus der Haltung und üben die andere Seite.
4. Vasishthasana (seitliche Bretthaltung, Variation)
Sie haben bisher in Viparita Karani entspannt, in Parivrtta Janu Shirshasana Beine und Flanken gedehnt und in Baddha Parshvakonasana geübt, wie man zugleich das Standbein im Boden verankert und das Schambein anzieht. Nun fehlt noch ein wichtiger Bestandteil von Vishvamitrasana: Das Aufstützen und Balancieren auf einem Arm. Diese Bewegung baut auf dem Muster von Vasishthasana auf. Die Asana sieht zwar recht einfach aus und ist auch nicht schwer zu lernen, dennoch ist die stabilisierende Bewegung in der Schulter des stützenden Armes komplex. Das ist von großer Bedeutung für Vishvamitrasana, wo das zur Verkrampfung neigende obere Bein oftmals die Schulter nach vorne drückt. Der Fokus beim Üben von Vasishthasana liegt daher auf der richtigen Ausrichtung der Armknochen und der Stabilisierung der Schulter.
Ausgangshaltung ist das Brett: Die Schultern befinden sich genau über den Handgelenken, mit den ausgestreckten Fingern verwurzeln Sie sich tief im Boden. Armbeugen und Bizeps drehen leicht nach vorne, die Armknochen rotieren mit. Anstatt den Brustkorb nach unten sinken zu lassen, heben Sie ihn aktiv aus den Schultern heraus. Dadurch kommt spürbar Weite zwischen die Schulterblätter. Behalten Sie diese Aktivität und Rotation in den Armen und die Weite in den Schultern bei, wenn Sie nun in Adho Mukha Shvanasana (nach unten schauender Hund) übergehen. Bleiben Sie für vier bis fünf Atemzüge in dieser Haltung sowie in der aufmerksamen Beobachtung der Bewegungen in den Armen und Schultern.
Um Vasishthasana einzunehmen, kommen Sie aus dem Hund wieder in die Bretthaltung, verwurzeln noch einmal kraftvoll Ihre Finger im Boden und drehen Armbeugen und Bizeps leicht nach vorne. Weiten Sie den oberen Rücken und drücken Sie sich von der Matte ab. Verlagern Sie das Gewicht auf die Außenkante des rechten Fußes, legen Sie den linken Fuß auf dem rechten und die linke Hand auf der linken Hüfte ab.
Von dieser Grundform ausgehend wenden wir uns den Feinheiten der Schulterbewegung zu: Schieben Sie das unterste Zeigefingerglied der Stützhand noch stärker in den Boden. Dann konzentrieren Sie sich wieder auf die leichte Auswärtsrotation des Unterarms, die Sie bereits in der Bretthaltung geübt haben. Nehmen Sie wahr, wie diese kleine Drehbewegung den Oberarmknochen ins Schultergelenk hineinzieht und Raum hinter dem oberen Schlüsselbein schafft. Verstärken Sie diese Ausrichtung, indem Sie das rechte Schulterblatt am Rücken entlang nach unten ziehen und gegen die Rippen drücken. Das aktive Stützen kann recht anstrengend sein, Arm und Schultern sollten sich jedoch stabil anfühlen.
Zum Schluss strecken Sie den linken Arm nach oben und heben das Becken an, bis Rumpf und oberes Bein in eine leichte Seitwärtsbeuge kommen. Verstärken Sie diese Seitbeuge, indem Sie den oberen Arm mit der nach unten zeigenden Handfläche über dem Kopf nach vorne in Richtung Mattenrand strecken. Dabei wölben sich die Rippen zur Decke hin. Nach fünf bis zehn Atemzügen setzen Sie die obere linke Hand wieder neben die rechte und kommen zurück in den nach unten schauenden Hund. Im Anschluss üben Sie Vasishthasana auf der anderen Seite.
5. Vishvamitrasana (Haltung für Vishvamitra)
Aus Kochsendungen wissen wir, dass ein Profi, bevor er die erste Zwiebel schält, schon alle Zutaten und Utensilien bereit legt, damit alle weiteren Schritte flüssig und effizient ablaufen können. Genau dasselbe haben Sie mit den vorangegangenen Übungen getan: Sie haben sich alle physischen und energetischen Elemente von Vishvamitrasana angeeignet, die Ihnen helfen, diese komplexe Haltung mit größtmöglicher Effizienz und Bewusstheit zu entwickeln. Beginnen Sie in einer weiten Grätsche. Drehen Sie den rechten Fuß nach vorne und den linken leicht ein. Beugen Sie das vordere (rechte) Knie und drehen Sie den Oberkörper, so dass die rechte Schulter an die Innenseite des Knies gedrückt wird. Bleiben Sie für ein paar Atemzüge in der Haltung und bewegen Sie dabei das Schambein langsam vor und zurück, um den muskulären Widerstand in den Hüften zu lösen. Dann senken Sie die Schulter etwas weiter und führen den Arm unter dem Bein hindurch, so dass Sie die Hand rechts neben dem Fuß absetzen können. Halten Sie hier kurz inne und machen Sie sich Ihre drei Kontaktpunkte zum Boden bewusst: rechte Hand, vorderer und hinterer Fuß. Aktivieren Sie das hintere Bein und verlagern Sie das Gewicht ganz leicht nach rechts und auf den rechten Arm. Atmen Sie tief und ruhig und verbinden Sie sich mit der tiefen Entspannung von Viparita Karani.
Verlagern Sie das Gewicht auf die rechte Hand, bis sich der vordere Fuß vom Boden lösen kann, und greifen Sie ihn mit der linken Hand. Strecken Sie das vordere Bein und drücken Sie den Oberschenkel gegen den stützenden Arm, damit das Bein nicht abrutscht. Durch diesen Druck des Beines kann es passieren, dass die Schulter nach vorne und unten geschoben wird. Um dem entgegenzuwirken,müssenSiesichandieSchulteraktivitätin Vasishthasana erinnern: Verwurzeln Sie die Hand mit allen Fingern im Boden, drehen Sie den Arm leicht nach außen und ziehen Sie das Schulterblatt nach hinten unten. Noch mehr Stabilität bekommen Sie durch die Aktivität im hinteren Bein, das so kräftig arbeitet wie in einer Stehhaltung. Nun können Sie sich der Seitwärtsbeuge widmen: Ziehen Sie den oberen Ellenbogen Richtung Decke und öffnen Sie den Brustkorb nach oben. Atmen Sie tief in die weite Öffnung der oberen Flanke hinein. Nach einigen Atemzügen beugen Sie das vordere Bein, setzen den Fuß wieder auf, lösen sich aus der Haltung und spüren etwas nach, bevor Sie die zweite Seite üben.
Haltungen wie Vishvamitrasana lösen unweigerlich eine Vielzahl von Gedanken und Empfindungen aus: freudige Erregung, dass man es geschafft hat, Frustration, dass das Abheben einfach nicht gelingt, oder Angst davor, sich vom Boden zu lösen und womöglich auf der Nase zu landen. Gehen Sie offen und ehrlich mit diesen Empfin- dungen um, nur so sind Sie in der Lage, beim Üben mehr über Ihren Körper und Geist zu erfahren. Schließlich geht es nicht in erster Linie um die Aktivität der Muskeln und die Ausrichtung der Kno- chen, sondern um eine tiefe Bewusstheit, die daraus entsteht, dass Sie sich einer komplexen, schwierigen Aufgabe stellen und sich dabei Ihre Leichtigkeit, Gelassenheit und Neugier bewahren.
Zum Abschluss der Übungsreihe eignen sich beruhigende, symmetrische Vorwärtsbeugen wie Upavishta Konasana (sitzende Winkelhaltung), Baddha Konasana (gebundene Winkelhaltung) und Paschimottanasana (intensive Vorwärtsbeuge oder Zange). Bewegen Sie sich dabei ganz langsam, würdigen Sie die Wirkung der vorangegangenen Yogapraxis und entspannen Sie sich abschließend in Shavasana (Totenstellung).
„Die Kraft der Präzision“: Unter diesem Motto unterrichtet Jason Crandell, Yogalehrer aus San Francisco, Autor des amerikanischen YOGA JOURNAL, „Star“ diverser YOGA JOURNAL-DVDs und Autor dieses Artikels, diverse Workshops.