Win Silvester: Coaching mittels Yoga und Ayurveda

Coaching boomt als praktische Lebenshilfe. Win Silvester arbeitet als Coach an der Europäischen Akademie für Ayurveda und hält Vorträge, in denen er den Menschen seine Arbeit nahebringt. Im Interview mit YOGA JOURNAL erklärt er, weshalb Coaching immer beliebter wird und wie man damit sein eigenes Potential erkennen und umsetzen kann.

YOGA JOURNAL: Coaching hat in den letzten Jahren einen starken Zuwachs erfahren. Wie erklärst du dir das?
WIN SILVESTER: Die Nachfage nach Coaching wächst, weil die Menschen durch weniger Spiritualität weniger Halt in ihrem Leben haben. Sie merken, dass es mehr gibt als Arbeit und Familie, ihnen fehlt ein tieferer Sinn. Außerdem sind die gesellschaftlichen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt derart bedrohlich, dass Menschen Hilfe brauchen und danach suchen. Früher hat man eine Ausbildung absolviert, in einer Firma angefangen und wusste, dass man dort für die nächsten dreißig Jahre sein wird. Heute bekommt man erst einmal ein Praktikum – und dann noch ein Praktikum. Danach vielleicht einen Dreimonatsvertrag oder sogar einen Jahresvertrag. Man weiß nie, wo man in zwei Jahren stehen wird – egal wie gut man ist oder was man studiert hat. Dieses unsichere Gefühl steigert den Bedarf nach Führung, Orientierung und Hilfe. Dabei ist Coaching ein relativ neuer Begriff – aber Yoga und Ayurveda sind auch Coaching. Bei beidem geht darum, sich selbst besser kennen zu lernen und mit sich selbst, der Welt und dem Umfeld in Einklang zu sein.

Wie bearbeitest du bestimmte Themen deiner Klienten beim Coaching?
Ich habe Ausbildungen in Gesprächs- und Gestalttherapie absolviert. Beide Ansätze gehen davon aus, dass die Lösungen und Antworten für die Probleme im Klienten selbst liegen, er die Antwort eigentlich schon weiß, sich dessen aber noch nicht bewusst ist. Der Klient erzählt, wie er sich fühlt und was er mit seinem Körper wahrnimmt. Indem ich nachfrage, ob ich sein Erzähltes richtig verstanden habe, bekommt der Klient schnell selbst ein Bewusstsein für seinen Zustand. Diese Form der Therapie ist also wenig invasiv. Sich selbst herauszunehmen, ist sowohl das Schönste als auch das Schwerste. Den anderen sich selbst heilen zu lassen, ist für mich jedoch die schönste Methode.

Was rätst du jemandem, der bereits eine Coaching-Ausbildung hat und zusätzlich Yoga und Ayurveda in seine Arbeit integrieren möchte?
Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder arbeitet man mit einem Yogalehrer zusammen oder man lässt sich selbst dazu ausbilden. Yoga wirkt auf subtiler Ebene – schon wenn man nur Asanas und Pranayama übt, verändert das den Geist. Als Coach muss man darüber Bescheid wissen, was sich verändert, damit man authentisch behandeln kann. An der Europäischen Akademie für Ayurveda gibt es seit einigen Jahren die Ausbildung zum Psychologischen Ayurveda-Berater. Man bekommt bestimmte Coaching-Techniken vermittelt und das Ganze basiert auf dem Ayurveda-Konzept. Ich persönlich arbeite gerne mit Spezialisten im Team zusammen: Ich habe gute Kollegen für verschiedene Bereiche und erarbeite ein Konzept, bei dem sich drei bis vier Leute um einen Menschen kümmern. Das ist fair und ehrlich dem Klienten gegenüber. Ich habe durch meine verschiedenen Ausbildungen gelernt, die Grenzen jedes Wissenssystems zu erkennen – vor allem die meines eigenen Geistes. Ich kann einfach nicht alles überblicken und sehe die Dinge immer durch meine „Brille“.

Was würdest du Ayurveda-Therapeuten oder Yogalehrern empfehlen, die coachen möchten?
Yoga und Ayurveda an sich beinhalten bereits zahlreiche Möglichkeiten für Coaching. Die meisten Ausbildungen zum Yogalehrer, Ayurveda-Therapeuten oder Ernährungs- und Gesundheitsberater gehen auf die Aspekte der Begleitung, des Coachings und der Persönlichkeitsentwicklung ein. Auch bei Fortbildungen finde ich es sinnvoll, weiter in eine Richtung zu gehen, die vom Konzept her zu Yoga und Ayurveda passt.

Win Silvester arbeitet als Coach, Personal- und Fitnesstrainer. 

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