Schon lange bevor sich die Lehren des Tantra entfalteten, wussten die Yogis aus ihrer Selbsterfahrung heraus, dass sie mehr sind als nur der physische Körper. Anna Trökes erklärt uns kurz und einfach das Grundprinzip der Koshas.
Bereits in der Taittiriya-Upanishad wurde ein Modell des menschlichen Seins entworfen, das ihn um einen feinstofflichen Körper (sukshma sharira) ergänzt. Diese Differenzierung in fünf Hüllen (koshas) wurde im Tantra und vor allem im Hatha-Yoga zu einer wichtigen Grundlage, um Körper- und Atemübungen, Energielenkungen, Visualisierungen und Meditationen entwickeln zu können. Diese ermöglichen es uns zu erfahren, dass sich die Tattvas wieder “einfalten” lassen, indem der/die Übende sich mit seinem/ihrem Bewusstsein zunehmend aus dem grobstofflichen Körper zurückzieht bis hin zur alleinigen Ausrichtung der Wahrnehmung auf die allerfeinste Schwingungsebene.
So werden die fünf Koshas unterteilt
Der Annamaya-Kosha ist unser physischer Körper. Er bildet sich aus der Nahrung, die wir zu uns nehmen, und wird als grobstofflicher Körper angesehen. Er wirkt im Leben wie ein “Anker” für die feineren Hüllen.
Der Pranamaya-Kosha ist unser Energiekörper, auch Ätherkörper genannt. Sein Prana durchdringt den grobstofflichen Körper vollkommen und sorgt dafür, dass alle Prozesse des Lebens in sinnvoller und intelligenter Weise aufrechterhalten bleiben. Wenn der Prana den Körper verlässt, bleibt der Annamaya-Kosha als tote Hülle zurück und zerfällt.
Der Manomaya-Kosha umfasst unseren Emotionalkörper und einen Teil unseres Mentalkörpers. Er ist das subtile Feld unserer Emotionen und Vorstellungen, die durch den Umgang mit der Welt ausgelöst werden, also der affizierte und geprägte Geist (manas) und dessen pranische Rückwirkung auf den grobstofflichen Körper. Auch diese Hülle durchdringt jede Zelle und wirkt aktivierend, lähmend oder ausgleichend auf den Gesamtorganismus ein.
Der Vijnanamaya-Kosha ist ebenfalls Teil des (höheren) Mentalkörpers und darüber hinaus des (unteren) sogenannten Kausalkörpers. Er repräsentiert auf mentaler Ebene die uns innewohnende Fähigkeit zu abstrakten Gedanken und Ideen und deren Manifestation. Auf übermentaler Ebene stellt er fühlendes Erkennen und tiefes Wissen dar, das sich nicht mit Worten beschreiben lässt, das wir aber in uns als stimmig und wahr erfahren können. Damit umfasst dieser Kosha auch unsere Fähigkeit zur Intuition und zu jeder Form sogenannter
übersinnlicher Wahrnehmung.
Der Anandamaya-Kosha ist die Sphäre des höheren Kausalkörpers, der Hülle der Seele, und die Erfahrung der Seele selbst. Er realisiert die absolute Glückseligkeit (ananda), die wir als unser Selbst (purusha) erleben, wenn wir uns vollkommen der Teilhabe am Absoluten öffnen und wieder mit dem Urgrund (Paramashiva) verschmelzen (laya).
Energetische Ausstrahlung durchdringt den ganzen Körper
Alle fünf Körper durchdringen sich und wirken aufeinander ein, wobei jedoch vor allem die feineren Hüllen auf die gröberen wirken. Je feinstofflicher – das heißt je feiner in der Schwingung – die Erfahrung ist, desto mehr transzendiert sie den Verstand und die Energie, die im Körper wirkt und die er ausstrahlt. Diese mentale, emotionale und energetische Ausstrahlung durchdringt schließlich den ganzen Körper eines Menschen, und zwar teilweise so stark, dass sie sich sogar noch über eine Fotografie mitzuteilen vermag. Im Verlauf der spirituellen Praxis soll sich allmählich ein Kosha nach dem anderen entfalten und zu schwingen beginnen, bis der ganze Mensch von den feinstofflichen Schwingungen des Verstehens, des tiefsten Wissens durchdrungen ist und dann zum Ausdruck der Gegenwart Gottes in der Welt wird.
Anna Trökes über unsere feinstoffliche Anatomie im YogaWorld Podcast:
Anna Trökes gilt nicht umsonst als die einflussreichste deutsche Yogalehrerin: Sie hat seit 1974 unzählige Menschen unterrichtet und über Jahrzehnte die Yogalehrerausbildung des BDY geprägt. Ihre über 30 Bücher und CDs wurden in 13 Sprachen übersetzt und haben viel zur heutigen Beliebtheit und Verbreitung von Yoga beigetragen. Dieser Auszug über die Koshas stammt aus dem Buch “Die kleine Yoga-Philosophie. Grundlagen und Übungspraxis verstehen” von Anna Trökes.
Mehr Info: prana-yogaschule.de