Schon mal von Metal Yoga gehört? Yogalehrerin Annette rockt auf Metal-Festivals die Musikbühne und bringt mit ihrem energetischen Metal Yoga die verschiedensten Leute auf die Matte.
Als einer meiner lieben Kollegen vor Kurzem auf dem “Summer Breeze”-Festival unterwegs war, bekam ich einen begeisterten Anruf: “Hier macht eine Yogalehrerin Metal Yoga, das ist der Hammer!” Metal Yoga? Das klang für mich erstmal wie ein Widerspruch in sich und genau deswegen richtig spannend. Also entschieden wir uns, die Yogalehrerin zu kontaktieren und direkt bei ihr nachzuhaken, was es damit auf sich hat. Eines schon mal vorneweg – Ruhe und Stille suchst du beim Metal Yoga vergebens. Dafür bekommst du etwas ganz anderes: Eine neue Perspektive auf deine Praxis, ein Gemeinschaftsgefühl der besonderen Art, den Extra-Kick Energie und natürlich darf auch das “Devil Mudra” nicht fehlen.
Wieso Metal Yoga?
Inspiriert wurde Yogalehrerin Annette vom Metal Yoga auf dem bekannten Metal-Festival “Wacken”: “Mein Mann kam vor Jahren vom Festival zurück und meinte: ‘Das wäre doch was für dich’. Vorher hatte ich noch nie darüber nachgedacht, meine zwei Leidenschaften Musik und Yoga zusammenzubringen.” Ein paar Wochen später veranstaltete Annette im Studio ihren ersten Metal-Yogakurs (als Samstagabend-Special) und es kam direkt großartig an. Und wenn wir bedenken, was Yoga mit uns macht, gar kein so großes Wunder: “Yoga setzt Energie frei und weckt Emotionen. Genau das macht Metal auch! In der Verbindung von beidem können wir tiefer in uns hineinsehen.”
Genau darin liegt für Annette auch die Besonderheit von Metal Yoga. Es sind keine stillen, ruhigen Yogaklassen, es ist laut und wild. “Hier werden all unsere Gedanken übertönt und wir kommen so leichter in einen meditativen Zustand,” erzählt sie. “Die Musik ist laut! Ich habe ein Headset auf, damit mich auch alle verstehen. Die Metal Yoga-Einheit ist eher sportlich als “yogisch”, meine Ansagen sind rauh, “herrisch”, war Feedback eines Teilnehmers. Ich verwende keine Sanskritbegriffe und sage auch nicht den Atem an. Der darf frei fließen, wie der Schweiß auch.” Ansonsten ist Metal Yoga aufgebaut wie eine klassische Yogastunde: Anfangsentspannung, Mobilisation, Hauptteil, Cool Down, Shavasana.
Musik, die deine Emotionen rausbringt
Die Setliste, in die Annette gerne die Musikwünsche der Teilnehmenden einbaut, ist dementsprechend zusammengestellt. “Die 60 Minuten Metal Yoga auf dem Summer Breeze haben immer ein Metal- oder Festival-Thema, sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Dieses Jahr war es zum Beispiel “Fit for the Pit”, mit vielen Standhaltungen und Erdung. Und auch “Alles gute für den Rücken” weil die Teilnehmenden schon ein paar Nächte kurzen und harten Festivalschlaf hinter sich haben.” Außerdem versucht Annette immer Songs von den anwesenden Bands in die Setliste aufzunehmen. “Die Übungen sind auf die Songs abgestimmt. Das Üben ist dann mal flowiger oder auch kraftvoll statisch. Alle Positionen verbinden wir mit dem “Devil Mudra” und ich baue auch mal Luftgitarren ein. Manchmal schreien wir oder strecken die Zunge raus. Immer ist auch ein Mantra dabei, da gibt es viele gute Bands, die diese im Metal Style arrangieren.“
Neugierig geworden? Hier geht’s zur “Summer Breeze”-Playlist von Annette.
Okay, klingt interessant soweit. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich sehr gerne Neues im Yoga ausprobiere und weniger dogmatisch an die Sache rangehe. Tatsächlich gehöre ich den Yogi*nis, die gerne dynamisch üben und mit Musik experimentieren. Nur logisch also, dass ich auch Metal Yoga ausprobieren möchte. Ich rolle meine Matte aus und übe mit Annettes Playlist. Und YES – das ist definitiv ein besonderer Kick. Zunächst wirklich gewöhnungsbedürftig für mich, aber dann lasse ich mich darauf ein und spüre wie sich zum Beispiel im Krieger mit Devil Mudra die Gefühle mächtig aufladen. Das geht so weiter, bis zur Endentspannung: “In Shavasana läuft immer der gleiche Song, “Winter”, bei dem kann man gaaanz tief in seine Seele hineinsinken.” Und ja, bei dem viereinhalb Minuten langen Stück der Band “Celtic Frost” bekomme ich richtig Gänsehaut. Hier kommen die Energie, die wilden Emotionen zur Ruhe und ich bin wieder ganz bei mir.
Yoga auf dem Metal-Festival – vom Moshpit auf die Matte
Alleine auf der Metal-Matte ist das eine… Aber wie ist es wohl, während eines Festivals auf der großen Bühne mit Menschen zu üben, die vorher vielleicht noch keine Berührung mit Yoga hatten? Mit Festivalbesucher*innen, die gerade noch im Moshpit waren und jetzt gemeinsam Asanas üben, während die nächste Band sich startklar macht? “Also auf einer Festival-Bühne Yoga zu machen ist schon sehr aufregend. Nicht weil ich bzw. wir “Vorturner” sind, sondern weil ich mir Sorgen mache, dass niemand kommt und dann sind es plötzlich doch Hunderte von Teilnehmenden. Erstaunlicherweise sind bei Metal Yoga auf dem Summer Breeze viele erfahrene Yogis dabei, die bereits vor der Stunde z.B. den nach oben schauenden Hund üben. Auch die Leute, die noch nie Yoga gemacht haben sind voll motiviert und haben ihren Spaß. Natürlich kann ich nicht darauf achten, dass jeder die Übungen “sauber” ausführt, aber ich weise immer wieder darauf hin auf sich aufzupassen und vor allem genug Wasser zu trinken.”
Dabei gibt es viele Bilder und Begegnungen, die Annette im Gedächtnis bleiben: “In der ersten Reihe die Hardcore-Yogis und Yogamädels, die meine Metalleggings mit Patches feiern, die Jungs mit nacktem Oberkörper, mit Bierdosen an die Hände getaped, weiter hinten diejenigen, die einfach nur zuschauen und die Musik genießen. Es gibt Dinosaurier, Leute in pinkfarbenen Klamotten, Schnapstrinkende und völlig Erstaunte, dass Yoga doch so anstrengend und so wohltuend ist.“
Festival-Fotos: Markus Werner
Annette praktiziert seit 1999 Yoga, wie bei so vielen aus einer Lebenskrise heraus. 10 Jahre lang hatte sie sich zum Iyengar Yoga hingezogen gefühlt, dann später ihre Freude am dynamischen Üben entdeckt. Seit 2008 unterrichtet sie, noch bevor sie ihre Ausbildung(en) zur Yogalehrerin begann. “Ich durfte bei verschiedenen Lehrenden und Instituten meine Yogaliebe vertiefen. 2011 habe ich mich dann selbstständig gemacht und mein erstes Yogastudio eröffnet. Treffen kann man mich jederzeit im Studio in Bietigheim-Bissingen: Yogannette Studio & Akademie. Unser nächster Metal Yoga wird im November an einem Samstag Abend sein. Wir hoffen natürlich, nächstes Jahr wieder auf dem Summer Breeze sein zu dürfen, vielleicht dann sogar an drei Tagen. Wir sind offen für weitere Anfragen, denn: Wir lieben Metal & Yoga!“
In Annettes Studio findet der Metal Yoga viermal im Jahr, aktuell in der historischen Kelter in Bietigheim statt.
Tickets und Info auf yogannette.com und auf @yogannette_yogastudio