Nicola Thost gewann 1998 bei den Olympischen Spielen in Nagano als erste weibliche Snowboarderin eine Goldmedaille in der Halfpipe. 2003 zog sie sich aufgrund einer Verletzung aus dem Profisport zurück und entdeckte daraufhin Yoga. Heute fördert sie junge Snowboard-Talente und erklärt ihnen, dass man auf der Piste mit einem ruhigen Geist erfolgreicher ist.
YOGA JOURNAL: Nicola, wie kamst du zum Yoga?
Nicola Thost: Kurz nach Nagano zog ich mir 1999 meinen ersten Kreuzbandriss am Knie zu. Innerhalb von drei Jahren habe ich mich wiederholt am gleichen Knie verletzt und musste daher 2003 meine Profikarriere beenden. Drei Jahre später nahm mich eine Freundin in München zum Bikram Yoga mit. Die Sportarten, die ich neben dem Snowboarden betrieben habe, waren schon immer sehr trainingsorientiert und auf Muskelaufbau geeicht. Mir hat Yoga auf Anhieb sehr gefallen, weil es so anders ist, Anspannung mit Entspannung zu verbinden, anstatt sich immer nur auf Extremsport-Niveau auszupowern. Dass ich mich danach energiegeladen und zugleich entspannt gefühlt habe, war ein toller Nebeneffekt. Ich praktiziere nach wie vor Bikram Yoga, wenn ich in München bin. Leider gibt es dort, wo ich wohne, nicht so viele Studios.
Praktizierst du auch zu Hause?
Ich habe bereits einige Yogastile in diversen Studios ausprobiert und lerne gerne dazu. Aus jedem Kurs habe ich bis jetzt mindestens eine neue Asana oder Übungsabfolge für mich mitgenommen und aus allem eine einstündige Einheit entwickelt, die ich zu Hause oder im Urlaub für mich selbst übe. In den Bergen abseits der Piste unterwegs zu sein, wandern zu gehen und in mir selbst zu ruhen, ist meine Form der Meditation.
Bemerkst du einen inneren Wandel durch Yoga?
Yoga ist viel mehr als nur Bewegung: Ich habe mich zwar schon immer viel und gerne bewegt, aber ich habe gelernt, mit der Atmung und bewussten Entspannung Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Ich mag auch die philosophischen Aspekte, die einem die Lehrer über den Unterricht mit auf den Weg geben. Ja, Yoga hat mich schon verändert. Ich merkte, dass nicht mehr immer alles extrem sein muss. Ich muss nicht mehr ständig Vollgas geben und bis an meine Schmerzgrenze oder gar darüber hinausgehen.
Wie gibst du deine positiven Erfahrungen, die du mit Yoga machst, an deine Schüler weiter?
Ich organisiere jetzt im dritten Jahr mit der Firma Nitro das Girls SWUP 2013, ein Freestyle Snowboard-Camp für Frauen, die sich sowohl fürs Snowboardfahren begeistern können, als auch das Wellness-Angebot zu schätzen wissen, das wir anbieten. Die Kombination aus Yoga, Wellnesshotel und Snowboarden kommt auf jeden Fall sehr gut an bei den Teilnehmerinnen! Auch dieses Jahr biete ich neben dem Snowboarden Yogastunden an: eine eigene Mischung aus Yogaübungen, die besonders nach dem Sport gut tun und mit deren Hilfe man sich für den nächsten Tag im Schnee gut erholt fühlt.
Zudem veranstalte ich auch diese Saison wieder die Talentscouting-Serie „Sprungbrett“ für junge Snowboarder. Als Nachwuchsförderungsinitiative ermöglichen wir begeisterten Kids an fünf verschiedenen Locations einen ereignisreichen Tag im Schnee und geben den „Rookies“ einen Einblick in den Profisport. Wichtig ist mir, ihnen zu vermitteln, dass sie einen Ausgleich zu diesem doch harten Sport brauchen. Für Yoga interessieren sich diese Kids zwischen 6 und 15 Jahren noch nicht wirklich, aber zumindest möchte ich ihnen mit auf den Weg geben, wie wichtig es ist, auf sich zu achten, den eigenen Körper kennenzulernen und nicht allzu verbissen an die Sache heranzugehen.
Die Diplom-Sportökonomin kann auf eine beachtliche Karriere in der internationalen Snowboardszene zurückblicken. Nicola ist Expertin in der Organisation und Durchführung von Frauen-Snowboard-Camps wie z.B. das NITRO Girls SWUP.