“Die meisten Pranayama-Übungen sind für Asthmatiker nicht das Richtige”
Der Atem rasselt, der Kranke japst nach Luft: Asthma bronchiale ist eine chronische Entzündung der Atemwege. Kurzatmigkeit, Husten und Erstickungsanfälle können die Folge sein, die körperliche Leistungsfähigkeit ist meist eingeschränkt. Ungefähr fünf bis zehn Prozent der Deutschen leiden an Asthma. Yoga kann gegen diese Krankheit helfen: der indische Yoga-Lehrer und Arzt Ganesh Mohan erklärt, welche Yoga-Übungen besonders für Asthmatiker geeignet sind.
Ganesh Mohan spricht ruhig, freundlich und zugewandt: „Asthmatiker müssen vor allem das Atmen üben. Der Atem ist absolut grundlegend für unsere Gesundheit! Ruhige, freie Atem-Praxis: Das ist vielleicht nicht so aufregend wie manche anstrengende Yoga-Positionen, aber langfristig nutzt es dem Körper mehr.“ Also vor allem Pranayama, die Yoga-Atemübungen? „Nein, die meisten Pranayama-Übungen sind für Asthmatiker nicht das Richtige.“ Natürlich nütze Ujjayi, das Atmen mit leicht verengter Stimmritze, das ein sanfte Rauschen in der Kehle erklingen lässt und dem Übenden ein Feedback gibt. „Aber sich hinzusetzen und einfach nur das Atmen zu üben, ist für viele Menschen erst einmal eine zu große Herausforderung“. Sein Rat: bewusstes Atmen bei sanften Bewegungen.
„Asthmatiker müssen vor allem lernen, auszuatmen“ erklärt Mohan. Das klingt zunächst verwirrend, denn bei einem Anfall schnappen Asthmatiker schließlich deutlich nach Luft – sie haben also das Gefühl, nicht einatmen zu können. Nur wenn man ausatmen kann, kann man auch einatmen. Während eines Anfalls hat ein Asthmatiker nicht zu wenig, sondern zu viel Luft in der Lunge. Diese Sichtweise vertreten auch Schulmediziner. Aber viele Ärzte wissen nicht, welche körperlichen Übungen das Ausatmen besonders unterstützen können.
„Ich empfehle Asthmatikern vor allem Vorbeugen und Umkehrpositionen“, sagt Ganesh Mohan. „In Adho Mukha Svanasana drücken die Organe auf das Zwerchfell und erleichtern die Ausatmung“, erklärt Mohan. Er empfiehlt diese Haltung auch, um Bandhas zu lernen. Umkehrpositionen wie Kopfstand oder Handstand sind natürlich für viele Menschen zu schwierig. Stattdessen schlägt Mohan einen „halben Schulterstand“ vor, mit diagonal gehaltenen statt mit ausgestreckten Beinen, die noch dazu leicht gebeugt sein könne (Viparita Karani). „Diese Übung ist den meisten Menschen problemlos möglich. Man kann nicht wirklich gut einatmen und verlängert so automatisch das Ausatmen.“
In der Yoga-Therapie geht es um den Menschen als Ganzes: Atemübungen und körperliche Bewegung machen nur einen Teil der Behandlung aus. Hinzu kommen psychologische Betreuung sowie Tipps zur Ernährung und zur Veränderung des Lebensstils im Allgemeinen. Asthmatikern empfiehlt Ganesh Mohan, trockene und kalte Luft zu meiden und vor allem Stress abzubauen. Auf schweres und fettes Essen sollten sie ebenso verzichten wie auf eisgekühlte Getränke.
„Bloß keine körperliche Anstrengung!“ Das hat man früher Asthmatikern gesagt – aus Angst vor Anfällen. Längst hat die Medizin dazugelernt und weiß: Bewegung stärkt die Lunge. Sport beugt Asthma-Attacken vor! Es gibt sogar Hochleistungssportler, die Asthma haben. Normalerweise empfehlen Ärzte ein leichtes Ausdauertraining. Wie auch Yoga helfen kann, Asthma zu lindern, ist vor kurzem wissenschaftlich untersucht worden. Beim American College of Sports Medicine in Seattle haben Ärzte die Wirkung von Yoga auf Asthmatiker getestet: 20 Teilnehmer im Alter von 20 bis 65 Jahren haben dafür regelmäßig zweimal wöchentlich Yoga-Stunden genommen und noch dazu ein einmal pro Woche eine halbe Stunde zuhause geübt. Schon nach zweieinhalb Monaten fühlten sich die meisten deutlich gesünder.
Die Journalistin und Yoga-Lehrerin Claudia Wiese führt mit ihrem Mann Michael Wiese in Leverkusen das Studio Yogaya.