Nachgefragt bei Anja Kühnel

Welche Rolle spielt die Intention in der Yoga-Praxis?

 

Die yogischen Schriften sprechen davon, dass unsere wahre Identität grenzenlose, bedingungslose Liebe ist und dass diese Liebe die Essenz von Allem ist. Doch woher kommt dann all das Elend auf dieser Welt? Wie können wir es zulassen, dass Menschen leiden, Tiere ausgebeutet werden und unser Lebensraum zerstört wird?

Die Schriften sagen weiter, dass Maya (Sanskrit für „Illusion“) unsere wahre Natur verdeckt. Trotzdem spüren wir, dass es mehr geben muss, als das, womit sich unsere Gesellschaft tagtäglich beschäftigt. Der Yogi weiß aus der Tiefe seines Herzens heraus, dass er sich mit der Essenz verbinden kann.

Patanjali beginnt die Yogasutren mit: „Atha Yoganushasanam“. Das bedeutet: „Hier/jetzt/in diesem Moment – das ist Yoga, so wie ich es erlebt habe“. Yoga ist also nicht etwas Fernes, sondern allgegenwärtig. Yoga findet statt, wenn wir frei werden und uns von Konditionierungen lösen. Yogis sind radikale Menschen, weil sie alles, was sie erleben, nicht einfach nur hinnehmen, sondern versuchen, ihre eigene Wahrheit zu finden und zu leben.

Durch die Yogapraxis lernen wir zu verstehen, dass die Realität, in der wir leben, ein Abbild unserer eigenen Gedanken ist. Pantanjali spricht davon, dass alles aus sich heraus leer ist (YS IV.15). Diese Leere ist aber vom Gewirr unserer Gedanken verdeckt. Deshalb versucht der Yogi, durch unterschiedliche Praktiken diese Leere auch in seinem Geist zu erreiche, um die wahre Essenz hinter Allem, die absolute Liebe, zu finden und sie tatkräftig nach außen zu tragen.

Wenn es also das Gewirr unserer Gedanken ist, das uns den Weg zum absoluten Glück versperrt, wenn alles aus sich heraus leer ist und wenn wir die Welt mit unseren Gedanken formen, dann haben wir auch die absolute Freiheit, unseren Geist zu formen. Unsere Gedanken sind die mächtigste Waffe der Welt, und zwar sowohl zum Guten wie zum Bösen. Wenn wir unsere Gedanken von unserem persönlichen Ego trennen, wenn wir sie kreativ einsetzen und wenn wir sie in Hingebung zu allem Göttlichen, das sich in uns und um uns herum befindet, einsetzen, können sie zu einem Instrument werden, das die gesamte Welt und jedes Lebewesen zum Positiven hin verändert.

Hier kommt die Intention in der Asanapraxis ins Spiel. „Fasse vor der Praxis eine Intention“: Was bedeutet diese Anweisung, die häufig zu Beginn einer Stunde gegeben wird? Eine konkrete Absicht setzt den Samen für das, was wir manifestiert sehen wollen, in uns und in der Welt um uns herum. Durch das Üben von Asanas, die Konzentration auf die Atmung und das Halten von Mula Bandha setzen wir Energie frei. Wenn wir jetzt eine positive Intention finden und mit unserer physischen Praxis verbinden, wird diese freigesetzte Energie in eine positive Richtung gelenkt. Das kann für jeden Einzelnen etwas anderes sein, von privaten Wünschen und Visionen über ganz alltägliche Dinge bis hin zum höchsten Ziel des Yogis: Einheit, die Verbindung mit dem göttlichen Selbst.

Alles, was wir im Leben tun, spiegelt unsere Intention wieder. Eine hohe Intention wie Einheit, Frieden und Glück für alle Lebewesen (Lokah Samastah Sukhino Bhavantu) gibt uns die Möglichkeit, auch in schwierigen Momenten mehr in ein Leben hineinzuwachsen, das unsere Intention reflektiert. Denn wir sind es, die unsere Realität formen. Oder wie Ghandi sagt: „Be the change you want to see in the world.“

Unsere Intention in der Asanapraxis sollte daher immer klar sein. Sie hilft uns, uns bewusst zu werden, was uns im Leben wichtig ist, und uns genau darauf zu konzentrieren. Die innere Haltung, mit der wir eine Asana ausführen, spiegelt unsere Lebenseinstellung wieder. Jeder Gedanke, jede Handlung, jede Asana wird aus der dahinter stehenden Intention geboren. Wir säen einen Samen, der zu einer Pflanze heranwachsen und die entsprechenden Früchte tragen wird. Die Samen sollten daher mit Bedacht gewählt werden. Es gibt keine Limitierungen. Alles ist möglich!

 

(Bild: Anja Kühnel mit Dechen Thurman)

Anja Kühnel ist Advanced Certified Jivamukti Yogalehrerin und Direktorin von Jivamukti Yoga Berlin.

www.jivamuktiberlin.de

Nachgefragt || bei Anja Kühnel

Welche Rolle spielt die Intention in der Yoga-Praxis?

Die yogischen Schriften sprechen davon, dass unsere wahre Identität grenzenlose, bedingungslose Liebe ist und dass diese Liebe die Essenz von Allem ist. Doch woher kommt dann all das Elend auf dieser Welt? Wie können wir es zulassen, dass Menschen leiden, Tiere ausgebeutet werden und unser Lebensraum zerstört wird?

Die Schriften sagen weiter, dass Maya (Sanskrit für „Illusion“) unsere wahre Natur verdeckt. Trotzdem spüren wir, dass es mehr geben muss, als das, womit sich unsere Gesellschaft tagtäglich beschäftigt. Der Yogi weiß aus der Tiefe seines Herzens heraus, dass er sich mit der Essenz verbinden kann.

Patanjali beginnt die Yogasutren mit: „Atha Yoganushasanam“. Das bedeutet: „Hier/jetzt/in diesem Moment – das ist Yoga, so wie ich es erlebt habe“. Yoga ist also nicht etwas Fernes, sondern allgegenwärtig. Yoga findet statt, wenn wir frei werden und uns von Konditionierungen lösen. Yogis sind radikale Menschen, weil sie alles, was sie erleben, nicht einfach nur hinnehmen, sondern versuchen, ihre eigene Wahrheit zu finden und zu leben.

Durch die Yogapraxis lernen wir zu verstehen, dass die Realität, in der wir leben, ein Abbild unserer eigenen Gedanken ist. Pantanjali spricht davon, dass alles aus sich heraus leer ist (YS IV.15). Diese Leere ist aber vom Gewirr unserer Gedanken verdeckt. Deshalb versucht der Yogi, durch unterschiedliche Praktiken diese Leere auch in seinem Geist zu erreiche, um die wahre Essenz hinter Allem, die absolute Liebe, zu finden und sie tatkräftig nach außen zu tragen.

Wenn es also das Gewirr unserer Gedanken ist, das uns den Weg zum absoluten Glück versperrt, wenn alles aus sich heraus leer ist und wenn wir die Welt mit unseren Gedanken formen, dann haben wir auch die absolute Freiheit, unseren Geist zu formen. Unsere Gedanken sind die mächtigste Waffe der Welt, und zwar sowohl zum Guten wie zum Bösen. Wenn wir unsere Gedanken von unserem persönlichen Ego trennen, wenn wir sie kreativ einsetzen und wenn wir sie in Hingebung zu allem Göttlichen, das sich in uns und um uns herum befindet, einsetzen, können sie zu einem Instrument werden, das die gesamte Welt und jedes Lebewesen zum Positiven hin verändert.

Hier kommt die Intention in der Asanapraxis ins Spiel. „Fasse vor der Praxis eine Intention“: Was bedeutet diese Anweisung, die häufig zu Beginn einer Stunde gegeben wird? Eine konkrete Absicht setzt den Samen für das, was wir manifestiert sehen wollen, in uns und in der Welt um uns herum. Durch das Üben von Asanas, die Konzentration auf die Atmung und das Halten von Mula Bandha setzen wir Energie frei. Wenn wir jetzt eine positive Intention finden und mit unserer physischen Praxis verbinden, wird diese freigesetzte Energie in eine positive Richtung gelenkt. Das kann für jeden Einzelnen etwas anderes sein, von privaten Wünschen und Visionen über ganz alltägliche Dinge bis hin zum höchsten Ziel des Yogis: Einheit, die Verbindung mit dem göttlichen Selbst.

Alles, was wir im Leben tun, spiegelt unsere Intention wieder. Eine hohe Intention wie Einheit, Frieden und Glück für alle Lebewesen (Lokah Samastah Sukhino Bhavantu) gibt uns die Möglichkeit, auch in schwierigen Momenten mehr in ein Leben hineinzuwachsen, das unsere Intention reflektiert. Denn wir sind es, die unsere Realität formen. Oder wie Ghandi sagt: „Be the change you want to see in the world.

Unsere Intention in der Asanapraxis sollte daher immer klar sein. Sie hilft uns, uns bewusst zu werden, was uns im Leben wichtig ist, und uns genau darauf zu konzentrieren. Die innere Haltung, mit der wir eine Asana ausführen, spiegelt unsere Lebenseinstellung wieder. Jeder Gedanke, jede Handlung, jede Asana wird aus der dahinter stehenden Intention geboren. Wir säen einen Samen, der zu einer Pflanze heranwachsen und die entsprechenden Früchte tragen wird. Die Samen sollten daher mit Bedacht gewählt werden. Es gibt keine Limitierungen. Alles ist möglich!

Anja Kühnel ist Advanced Certified Jivamukti Yogalehrerin und Direktorin von Jivamukti Yoga Berlin. Im Juli unterrichtet sie zusammen mit Dechen Thurman beim Yogafestival Berlin (3.7.) und beim Jivamukti Italy Intensive Retreat in Santa Maria Del Sole/Apulien (10.-16.7.).

www.jivamuktiberlin.de

100. Ausgabe YogaWorld Journal

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