„Ich denke, es steht immer eine gute Absicht dahinter, wenn man sich im Hatha Yoga fordert. Nur: Wie weit soll man gehen?“, fragt Autor Ralf Sturm in „Lernen von den Göttern“. Seiner Meinung nach pusht man sich im Yoga nicht, um anderen zu imponieren, sondern man tut es, um sich selbst zu beeindrucken.
In einer (Yoga-)Welt, in der manche Lehrer scheinbar einen Wettbewerb laufen haben, wer sich am besten verbiegen kann, Yogastunden in den sowieso schon zu vollen Terminkalender gequetscht werden und die TeilnehmerInnen beim Schwitzen auch noch möglichst gut und schlank aussehen sollen, kann man das Ziel schon einmal aus den Augen verlieren. Denn „Ego“, Ehrgeiz, Leistung, Vergleichen und (Selbst-)Optimierung machen auch vor der Matte nicht automatisch Halt, außer man ist bereit, zu reflektieren und überholte Muster abzulegen.
Einige AutorInnen und InterviewpartnerInnen haben das in dieser Ausgabe getan: Sie hinterfragen alte Gewohnheiten und das Verlangen, körperlich „weiter“ und spirituell „höher“ zu kommen. Schauspieler Ken Duken schildert seine Beobachtungen der Yogaszene durchaus kritisch: „Yoga scheint mir ideal für Entspannung und Ruhe, dennoch sehe ich all diese Leute, die mit ihren Matten unter dem Arm hektisch von Stunde zu Stunde rennen. Dort verkrampfen sie Schultern, Halswirbel und Unterkiefer, um sich noch tiefer in eine Haltung zu pressen – und ich würde sie am liebsten fragen, wofür sie das alles überhaupt machen?“
Paula Derrow beschreibt in ihrem inspirierenden Erfahrungsbericht, wie sie erst New Yorks hippe Großstadtstudios hinter sich lassen musste, um in einem schmuddeligen Raum auf dem Land zwischen unaufgeregten Menschen endlich Glück in Yogahaltungen zu erfahren.
Yogalehrer und -therapeut Richard Hackenberg plädiert im Interview für eine Rückbesinnung auf die korrekte Ausrichtung, den Atem, Geduld und: Individualität! „Der Guru ist heute der Zwang zu bestimmten Körpermaßen und eine immer höher werdende berufliche Belastung. Außerdem verstehen viele Yoga immer noch als Weg zu größtmöglicher Flexibilität, während sie eigentlich unbedingt Stabilität bräuchten.“ Er weiß, dass Yoga einem bei mehr Sensibilität gegenüber dem eigenen Körper vieles zeigen kann, sofern man bereit ist, geduldig zuzuhören. „Manche Menschen verstehen ihren Körper schneller, andere brauchen länger. Im Yoga hat man alle Zeit der Welt – mehrere Leben!“
Ganz in diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Zeit – für Reflektion, Ruhe und Besinnung!
Titelthemen der Yoga Journal-Ausgabe von Januar-Februar 2015:
- 17 Haltungen für ein starkes Immunsystem
- Entspannt ausprobieren! Der Vegan-Plan
- Schauspieler Ken Duken “Ich will Yoga ohne Eso!”
- Yogi-Horoskop: Jupiter Jahr 2015
- Mondzeit: Sanftes Üben mit Patricia Thielemann
- Engagement: Yoga mit Flüchtlingen
- Yoga und Atem: Liebeserklärung an das Leben
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