Yoga People: Paralympics Schwimmer Marc Evers

Wenn Marc Evers in seinem Element ist, spielt seine Behinderung keine Rolle mehr. Schwimmen, Yoga und die Zuversicht seiner Eltern brachten ihm nicht nur zwei paralympische Goldmedaillen ein.

„Ich weiß nicht, warum ich das Wasser so sehr liebe“, sagt Marc Evers. Es müsse eine „Familiensache“ sein, überlegt der 25-jährige Niederländer aus Hillegom bei Amsterdam. Er und sein Vater hätten ihr ganzes Leben an der Küste verbracht – er fühle sich im Wasser einfach geborgen. Sein Leben auf vermeintlich festem Boden sah anders aus, seit mit drei Jahren eine autistische Störung und geistige Behinderung bei ihm diagnostiziert wurde. Ärzte, Psychologen und Erzieher empfahlen, den angeblich chancenlosen Jungen in ein Heim zu geben, „gesunde“ Kinder durften auf einmal nicht mehr mit ihm spielen. Die einzigen, die ihn nicht aufgaben, waren seine Eltern. „Statt nur Hindernisse zu sehen, haben wir uns lieber auf die Möglichkeiten konzentriert“, so Marcs Vater Frank Evers. „Um unser Alltagsleben zu meistern, durften wir die Hoffnung nicht aufgeben.“ Evers und seine Frau Gitty konzentrierten sich auf das, was Marc gut tat und woran er Interesse entwickelte – unter anderem einen therapeutischen Schwimmkurs.

Nederland, Eindhoven, Marc Evers, Paralympisch zwemkampioen tijdens de Swim Cup in Eindhoven. Foto Ilvy Njiokiktjien

Und so gelang statt Kinderheim eine Sportkarriere mit zahlreichen Welt- und Europameister-Titeln sowie zwei Goldmedaillen bei den Paralympics 2012 in London und 2016 in Rio. Über den Wettkampf in London berichtet der Vater: „Es fühlte sich an, als würde jedes Problem der letzten 18 Jahre langsam von einer riesigen schwarzen Tafel gewischt. Als er als Erster anschlug, explodierten wir fast vor Freude.“ Die Behinderung ist heute eher Nebensache „Meine Eltern haben mir immer beigebracht, dass jeder Mensch einzigartig ist“, berichtet Marc. „Blond, rothaarig, Mann, Frau, reich, arm, behindert, nicht behindert – was soll’s! Wichtiger ist, dass du mit dir selbst im Reinen bist. Natürlich fällt mir manches sehr schwer. Aber es gibt auch Dinge, die meine Behinderung erst ermöglicht.“

Dass Marc vor seinen Wettkämpfen Yoga und Pranayama übt, hat einen besonderen Grund: Als er mit 17 Jahren auf internationalen Wettkämpfen debütierte, erzeugten die vollen Zuschauerränge einen Stress, der ihn auf dem Startblock regelrecht zittern ließ. Seine Physiotherapeutin vermittelte ihn 2011 an die Yogalehrerin Marjan van Luijk, mit der er seither einmal wöchentlich übt. „Die Arbeit mit Marc ist ein Geschenk für mich“, so van Luijk, die ebenfalls einen autistischen Sohn hat. Bei ihr lernte Marc, wie er bei Reizüberflutung durch gezielte Atemlenkung zur Ruhe kommen und neue Räume in Körper und Geist öffnen kann. So gelang es ihm, das Beste aus sich herauszuholen. Er selbst würde sich jedoch nie als „Yogi“ bezeichnen. Was er allerdings über die Wirkung sagt, ist schlichtweg gewaltig: „Seit ich Yoga übe, nehme ich das Leben, wie es kommt. Ich bin, wie ich bin. Das hat jeder zu akzeptieren.“ Und hin und wieder mit Edelmetall zu ehren.

100. Ausgabe YogaWorld Journal

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Erlebnisbericht: ESCAPADE Live – Pferdegestütztes Coaching mit Marie Bäumer und NEUE WEGE

Pferde sind sehr feinfühlig und reagieren unmittelbar auf unsere Körpersprache und emotionale Verfassung. Durch sie können wir einen direkten...

Vedisches Handlesen: Welcher Handtyp bist du?

Viele Menschen verbinden mit Handlesen die Vorstellung, Linien und Markierungen der Handinnenfläche zu interpretieren. Überraschenderweise lassen sich jedoch die...

Die 10 Gebote des Yoga: Ohne Ethik kein Yoga

Die Yamas und Niyamas aus dem Yogasutra des Patanjali bilden nicht umsonst die ersten beiden Stufen des achtgliedrigen Übungsweges:...

Wie Yoga deine Beziehung verbessert

Yoga wirkt als holistisches System auf Körper, Geist und Seele. Eine regelmäßige Praxis beeinflusst, wie wir uns selbst wahrnehmen...

Wir feiern 100 Ausgaben YOGAWORLD JOURNAL! Titelthema “Gemeinschaft”

Wir haben was zu feiern: 100 Ausgaben YOGAWORLD JOURNAL! Viele Hunderte oder gar Tausende Artikel, Bilder und Geschichten liegen...

Entspannt durch den Sommer – Yogasequenz mit Timo Wahl

Vitalität und Gelassenheit haben viel damit zu tun, wie wohl wir uns in unserem Körper fühlen. Diese kraftvoll fließende...

Pflichtlektüre

Die besten Yoga Festivals 2025

Auch in diesem Jahr stehen wieder zahlreiche Yoga-Events an. Hier haben wir dir unsere persönlichen Yoga-Highlights im Frühling und...

Das könnte dir auch gefallen
Unsere Tipps