Liebe Leserinnen und Leser,
„Die Angst hat einen schlechten Ruf, den sie in meinen Augen nicht verdient, denn sie schafft Klarheiten. Sie zwingt dazu, sich für die wichtigen Dinge zu entscheiden, und die banalen zurückzustellen“, sagt Kathryn Bigelow. Eine ähnliche Haltung vertritt Sally Kempton: „Für jemanden, der sich auf einem transformativen Weg befindet, kann Angst ein interessanter Lehrer sein.“ Obwohl ihre Ausgangspunkte nicht unterschiedlicher sein könnten – Bigelow ist Oscar-nominierte Actionfilm-Regisseurin, Kempton die Philosophie-Kolumnistin des amerikanischen YOGA JOURNAL – empfehlen beide, sich diesem unangenehmen Gefühl zu stellen und sein heilsames Potential zu erforschen. Drei wirksame Wege von der Furcht zum Vertrauen stellt Sally Kempton ab S. 28 vor. Als Journalistin beschreibt sie eine weitere Form von Blockade, die die meisten Kreativen kennen: die Angst vor dem Auftritt, bei Schriftstellern der Writers’ Block. Der leere Bildschirm und ich – eine alle Chancen der Welt bietende, aber manchmal äußerst angstbesetzte Situation.
Nicht nur, weil wir uns täglich mit beidem beschäftigen, hat uns der Zusammenhang zwischen Yoga und Schreiben brennend interessiert. Denn wie könnte man die Realität anders beschreiben als mit Worten? Intensiv erfahren können wir sie mit Yoga und mit bewusstem Handeln transformieren. Mit allen drei Werkzeugen schaffen wir neue Realitäten – auf S. 24 beschreiben die Jivamukti-Gründer Sharon Gannon und David Life diese immense schöpferische Chance. Viel Spaß macht es auch, über Sehnsucht und Phantasie zu schreiben – siehe dazu Thomas Schmelzers Beitrag „Ich schreibe, also bin ich“ (S. 68) und unsere Kinderyoga-Geschichte zum Vorlesen und Mitüben ab S. 38. Kinder sind Spezialisten darin, ihre eigene Gegenwart zu leben. Ab S. 34 widmen wir ihnen und ihrer spielerischen Freude am Leben ein Special und nehmen uns vor, mit dieser Leichtigkeit einige Selbstverständlichkeiten in unserem Leben zu überprüfen: Werden wir wirklich niemals stabil im Unterarmstand stehen (S. 101)? Haben wir aufgrund unserer vielen Verpflichtungen wirklich keine Zeit zum Üben (S. 42)? Mit Gewinn die Gewohnheiten umstellen: Damit experimentieren die Bewohner der Lebensgemeinschaft Höllbachhof (S. 54), der Mönch Edward Espe Brown in seiner Zen-Praxis (S. 72) und ein deutscher Entwicklungshelfer im buddhistisch geprägten, kommunistisch regierten Laos (S. 88). Er fand in der Meditation die „Ruhe, um Ruhe auszuhalten“. „Off the Laptop, into the World!“ könnten ihre Devisen lauten.
Vertrauen statt Angst, Realität statt Projektion. Auch hierfür fand einmal ein Schreibender, Mark Twain, die passenden Worte: „Ich habe in meinem Leben viele schreckliche Dinge erlebt. Manche von ihnen sind wirklich passiert.
Viel Spaß beim Lesen und immer mit der Ruhe.
TITELTHEMEN der Ausgabe März + April 2010:
– Yoga für Kinder. Strampelnde Käfer und Superhelden – Mit Yoga-Geschichte zum Vorlesen
– Keine Angst. Durch Meditation Sicherheit neu definieren
– Sharon Gannon & David Life: Yoga schafft Realität
– Bikram Choudhury: Vergiss, wer du bist
– Milena Moser: Schreiben ist Yoga
– Masterclass: Pincha Mayurasana – stabil im Unterarmstand
– Herzfitmacher: 5 Wohlfühlrezepte