Nachgefragt bei Yogeswari

Welche Rolle spielt der Lehrer auf dem Yogaweg? Braucht man für die Entwicklung einen persönlichen Mentor?

 

OM SAHA NAVAVATU
SAHA NAU BHUNAKTU
SAHA VIRYAM KARAVAVAHAI
TEJASVI NAVADHITAM ASTU
MA VIDVISHAVAHAI
OM SHANTIH, SHANTIH, SHANTIH

 

Akzeptiere uns beide, beschütze uns beide, möge unser Wissen und unsere Kraft wachsen. Mögen wir uns nicht streiten.

Dieses Mantra aus der Kena Upanishad ist bekannt als das Lehrer-Schüler Mantra. Die Aufgabe des Lehrers ist es, den Schüler an seine Grenzen zu bringen, um aus alten Verhaltens- und Denkmustern ausbrechen zu können. Der Schüler wird dadurch oftmals mit Themen konfrontiert, die er normalerweise meidet. Er wird in diesen schwierigen Situationen darin getestet, den Lehrer nicht mit einem verletzten Ego zu verlassen. Damit ist die Verbindung zum Lehrer symbolisch für alle zwischenmenschlichen Beziehungen.

Der Lehrer erscheint, wenn der Schüler bereit ist. Jeder Mensch ist anders: Einige können sich selbst motivieren und verfügen über eine große Selbstdisziplin, andere müssen von einer inspirierenden Kraft und einer starken Hand geführt werden. Traditionell werden die Lehren des Yoga vom Lehrer an den Schüler weitergegeben, der dann selbst irgendwann zum Lehrer wird und einer neuen Generation von Schülern das Wissen vermittelt.

Es ist sicher möglich, im Yoga bis zu einem gewissen Grade autodidaktisch zu wachsen, jedoch kommt man irgendwann ohne professionelle Anleitung und mit Hilfe von Büchern nicht mehr weiter. Wir brauchen einen Lehrer oder Mentor, der uns in die Tiefenkenntnisse der Anatomie und die oft kodifizierte Sprache der Philosophie einweiht. Nehmen wir beispielsweise das Mysterium des Shakti Pad, eine heilenden Berührung. Diese sollte mit einem Lehrer erlebt und aufgedeckt werden. Wir erfahren so, wie sich die Asanas energetisch anfühlen sollten. Die motivierende Kraft des Lehrers spielt bei diesen harten Disziplinen eine sehr große Rolle.

Die Hauptaufgabe des Lehrers ist es, die Tücken des Ego im Schüler zu beseitigen. Der Dialog ist hier nicht als Meinungsaustausch gedacht, bei dem der Schüler seine Argumente und Ansichten verteidigt. Vielmehr befreit sich der Schüler von seiner Arroganz und entwickelt Vertrauen, Gehorsam und Bescheidenheit. Es geht in erster Linie darum, dem Lehrer zu dienen, und dadurch eine tiefe Liebe für den Lehrer und die spirituelle Praxis zu entdecken. In der heutigen Yoga-Welt ist dieser Prozess viel unpersönlicher geworden. Die Klassen sind oftmals sehr groß und es gibt nur selten die Möglichkeit mit einem Lehrer one-to-one zu arbeiten. Dadurch besteht die Gefahr, wahllos von einem Workshop zum anderen zu gehen, aus oberflächlicher Kenntnis Methoden zu mischen und sich schnell von einem Lehrer zu trennen, sobald ein Hauch von Unzufriedenheit aufkommt.

Daher ist es empfehlenswert, zuerst einmal verschiedene Methoden und Lehrer auszuprobieren, bis man denjenigen findet, von dem man sich am meisten angesprochen fühlt, dann aber bei diesem zu bleiben, bis man die Methode verstanden hat.

Es ist durchaus möglich, mehrere Lehrer zu haben. Aber es wird kompliziert, wenn die Methoden vom Schüler miteinander in Konflikt gebracht, verwechselt werden oder wenn zeitliche Prioritäten gesetzt werden müssen. Manche Yogis bleiben ihr ganzes Leben in der gleichen Tradition, bei einem Lehrer oder Mentor. Einige verbringen einen begrenzten Zeitraum mit ihm und wenden sich in einem anderen Lebensabschnitt einem neuem Lehrer zu – weil sie auf diese Art und Weise das größte Entwicklungspotenzial für sich sehen. Womit wir wieder am Anfang meiner Ausführungen wären: Der Lehrer erscheint, wenn der Schüler bereit ist.

Die gebürtige Schweizerin Estelle Eichenberger alias Yogeswari begleitet die Jivamukti-Lehrerausbildungen mit Sharon Gannon und David Life in den USA und in Deutschland. Die studierte Tänzerin, Choreografin und Direktorin der Wohltätigkeitsorganisation Azahar Foundation (www.azaharfoundation.org) unterrichtet im August wieder in Deutschland: Vishnu’s Vibes Düsseldorf (6. – 8.8.), Yogalounge Freiburg (12. – 15.8.), Coolyoga, Dortmund (28./ 29.8.). Mit Patrick Broome leitet sie vom 7. November bis 3. Dezember 2010 die Jivamukti Yoga 300-Stunden-Lehrerausbildung auf der Fraueninsel/Chiemsee.

Das Neueste

Das Herz als Symbol: Mehr als ein Organ

Da ist etwas, das uns verbindet. Trotz aller Unterschiede, die Menschen und Kulturen ausmachen, ähnelt sich vieles auf der...

YogaWorld-Messe in Stuttgart 25.-27. April 2025 – diese Lehrer*innen sind dabei!

Du liebst Yoga, Ayurveda und vegane Ernährung? Du möchtest zusammen mit anderen Yogi*nis tief in die Welt des Yoga...

Bhakti, Maitri, Prem & Co: Die verschiedenen Formen der Liebe im Hinduismus

"Nur die Liebe zählt" ... aber die kann sehr verschiedene Formen annehmen. Im Yoga ist viel von Bhakti die...

Moderne Spiritualität: Alles zwischen Om und Oh weia

Einfach schön, wenn wir auf der Yogamatte Frieden und eine tiefe Verbundenheit spüren. Unsere Autorin meint allerdings: Das ganze...

Astrologie: So wirkt der Februar-Vollmond im strahlenden Löwen

Wann ist wieder Vollmond? Am 12. Februar 2025 um ca. 14:53 Uhr steht er im Feuerzeichen Löwe. Das bringt...

Liebe wachsen lassen – eine Meditation und ein Übungsweg

Wenn es ein Gefühl gibt, nach dem wir uns alle sehnen, dann ist das die Liebe. Aber was meinen...

Pflichtlektüre

Astrologie: So wirkt der Februar-Vollmond im strahlenden Löwen

Wann ist wieder Vollmond? Am 12. Februar 2025 um ca. 14:53 Uhr steht er im Feuerzeichen Löwe. Das bringt...

YogaWorld-Messe in Stuttgart 25.-27. April 2025 – diese Lehrer*innen sind dabei!

Du liebst Yoga, Ayurveda und vegane Ernährung? Du möchtest zusammen mit anderen Yogi*nis tief in die Welt des Yoga...

Das könnte dir auch gefallen
Unsere Tipps