Physische und energetische Wirkungen der Asanas sind leicht erfahrbar. Die Wirkung auf Emotionen und Gedankenmuster ist subtiler. Mit einfachen Affirmationen kann man diese Prozesse in seiner eigenen Übungspraxis verstärken.
Zu Beginn meiner Yogapraxis mied ich Affirmationen wie der Teufel das Weihwasser. “yogas chitta vritti nirodhah” pflegte ich Patanjali zu zitieren – im Geist soll nichts, aber auch gar nichts los sein. Als ich dann einen Sommer bei Thich Nhat Hanh in Plum Village verbrachte, fiel mir auf, dass dort regelmäßig Sätze wiederholt wurden, wie: “Ich bin fest wie ein Berg” oder “Ich blühe wie eine Blume”. Kurz darauf musste ich im Rahmen einer Yogalehrer-Ausbildung eine Yogastunde mit Affirmationen, also mit positiven Glaubensätzen, unterrichten. Als sich hinterher mehrere Teilnehmer für die besondere Stunde bedankten, war mir klar, dass das nicht mein persönlicher Verdienst war. Sie spürten die Wirkung, die bejahende Botschaften beim Üben von Asanas haben können.
Das Gehirn muss sich entspannen um zu lernen
Das Gehirn lernt am Besten in entspanntem Zustand und in liebevoller Umgebung. Beim Üben von Asanas nimmt der Anteil von Alpha-Wellen zu. Man wird dadurch aufnahmebereiter. Laut einiger Hirnforscher wie Gerald Hüther braucht es aber zusätzlich eine Atmosphäre des Vertrauens – damit echtes “Verstehen” möglich wird und man nicht nur auf kognitive, verstandesmäßige Weise lernt. Dann beginnt man sich wirklich zu entfalten. Eine Asana-Praxis bietet eine solche Lernumgebung. Denn in dieser Zeit sind wir nicht in einem Wettbewerb.
Affirmation in der Asana verstärkt die Gefühle
Einen positiven Satz wie “Du schaffst es!” vor dem Spiegel zu rezitieren, ist ein bloßes gedankliches Spiel. Berührt wird die Persönlichkeit erst dann, wenn mentale Prozesse mit Emotionen aufgeladen werden. (Dies haben sich beispielsweise die Entwickler der Neuro-Linguistischen Programmierung, kurz: NLP, zunutze gemacht.) Im Yoga geschieht diese Verbindung bei der Benutzung von Affirmationen automatisch. Jede Asana trägt geistige und emotionale Effekte in sich. Sie schlagen sich in den Eigenschaften der Tiere nieder, die Namensgeber der Asana sind, oder in der Form der Asana – zum Beispiel die erlebte, veränderte Selbstwahrnehmung in Steh- oder Umkehrhaltungen. Wenn man in einer Haltung eine Affirmation geistig wiederholt, wird der mentale Input durch die in der Asana erlebten Gefühle verstärkt.
Ganz klar: Das Ziel von Yoga ist Stille.
Die bestärkenden Sätze können helfen, diese schließlich zu erreichen. Frage dich: Welche Stimmen in dir sind am stärksten? Wer zu den glücklichen Menschen gehört, die keine inneren Kritiker mehr haben, braucht keine Affirmationen. Ist dies (noch) nicht der Fall, schaffen positive Gedanken Raum für emotionale Entspannung. In diesem Zustand genießt der Übende Ruhe von negativen Wellen. Dann bekommt die Stille Raum.
Affirmationen für Asanas
Unser Autor Ralf Sturm und Delf Dudlitz (Fotos) stellen Affirmationen für klassische Asanas vor. Du kannst die Affirmationen aber auch für andere Asanas und Sequenzen verwenden.
Shirshasana / Der Kopfstand
Affirmation: “Ich fange bei mir an, die Welt zu verändern”
Sarvangasana / Der Schulterstand
Affirmation: “Ich bin ganz bei mir”
Halasana / Der Pflug
Affirmation: “Ich bereite den Boden für neue Erfahrungen”
Matsyasana / Der Fisch
Affirmation: “Ich fühle mich wohl wie ein Fisch im Wasser”
Paschimottanasana / Sitzende Vorwärtsbeuge
Affirmation: “Ich nehme mich an, wie ich bin”
Bhujangasana / Die Kobra
Affirmation: “Ich öffne mein Herz”
Shalabhasana / Die Heuschrecke
Affirmation: “Ich stelle mich den Herausforderungen”
Dhanurasana / Der Bogen
Affirmation: “Ich bin fokussiert”
Ardha Matsyendrasana / Der Drehsitz
Affirmation: “Ich sehe die Welt aus einer anderen Perspektive”
Kakasana / Die Krähe
Affirmation: “Ich bin frei wie ein Vogel”
Padahastasana / Stehende Vorwärtsbeuge
Affirmation: “Ich verneige mich”
Trikonasana / Das Dreieck
Affirmation: “Energie und Freude durchfluten mich”
Shavasana / Die Tiefenentspannung
Affirmation: “Ich lasse ganz los”
Unser Autor Ralf Sturm arbeitet als Yoga- und Meditationslehrer sowie als Paar- und Sexualtherapeut in Berlin. Mehr Infos über ihn gibt’s auf www.yogaschule-