Wie gefährlich sind Kopf- und Schulterstand wirklich für die Halswirbelsäule?
Antwort gibt: Wolfgang Glasmeyer
Kopf- und Schulterstand gehören im Yoga zu den Umkehrhaltungen, die einiger Übung und Vorbereitung bedürfen. Was sollte man bei Problemen mit der Halswirbelsäule beachten? Der Physiotherapeut Wolfgang Glasmeyer klärt über mögliche Risiken auf.
Im Grunde ist die Antwort schnell gegeben: Ob einzelne Asanas „gefährlich“ sind oder nicht, ist immer davon abhängig, wie gut man vorbereitet ist und welche Grundvoraussetzungen man in die Yoga-Praxis mitbringt. Die möglichen Verletzungen und deren Folgen, die beim Kopf- und Schultersand entstehen können, sind vielfältig: Muskelzerrungen, blockierte Wirbelgelenke, eingeklemmte Nervenwurzeln oder Bandscheibenverletzungen mit Auswirkungen, wie etwa Schmerzen oder Empfindungsstörungen (Kribbeln, Pelzigkeit,…) im Kopf-, Nacken-, Schulterbereich, Armen und Händen. Auch Schwindel, Sehstörungen, Ohrgeräusche oder Übelkeit können auftauchen, falls etwas passiert. Schulter- und Kopfstand haben irgendwie ein schlechtes Image, da die Auswirkungen gravierend sein können, wenn falsch geübt wird.
Es gibt jedoch z.B. auch viele Läufer, die gravierende Probleme mit ihren Schienbeinen, Knien oder auch der Wirbelsäule haben, weil sie, gemessen an ihrem Leistungsstand, den körperlichen Voraussetzungen und zusätzlichen Alltagsbelastungen zu viel, zu schnell oder mit den falschen Schuhen trainieren. (Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich Yoga NICHT als Sport verstehe.)
Die Frage ist also weniger, ob ein Kopf- oder Schulterstand gefährlich ist. Viel mehr sollte man sich fragen, ob man die Voraussetzungen für eine gefahrlose Ausführung mit in die Yoga-Praxis bringt oder nicht. Um das Üben möglichst ungefährlich zu gestalten, sollte man sich selbst gegenüber Achtsamkeit und Gewaltlosigkeit praktizieren.Ein guter Lehrer ist eine wichtige und gute Hilfe beim Erlernen von Kopf- und Schulterstand; er entbindet aber niemanden der Eigenverantwortung.
Für den Kopf- und Schulterstand bedarf es einer soliden Stabilität (Kontrolle der Gelenke und der Wirbelsäule durch die Muskulatur in jeder Haltung und Bewegung), um die Kräfte, die auf die Halswirbelsäule wirken, aufzunehmen. Des Weiteren benötigt man genügend Flexibilität sowohl in der Wirbelsäule, den Schultern und Armen als auch in den Hüften und Beinen, um gefahrlos in die Haltung hinein und aus der Haltung wieder heraus zu kommen. Die Übergänge sollten immer fließend/geführt sein.
Die Kombination von Stabilität und Beweglichkeit sollte der Schlüssel zu einer gefahrlosen Ausführung von Kopf- und Schulterstand sein. Diese Prinzipien gelten übrigens nicht nur für Kopf- und Schulterstand, sondern für alle Asanas, inklusive der Übergänge.
Einigen mag die Frage nach der „Gefährlichkeit“ möglicherweise nicht ausreichend beantwortet worden sein, aber die Antwort liegt vor allem bei jedem Einzelnen. Man sollte vorsichtig sein, erst in die Haltung gehen, wenn man sich genügend Kraft, Kontrolle und Beweglichkeit für die Haltung angeeignet hat und die sanften Übergänge nicht vergessen. Selbstsicherheit und Mut gehören aber auch dazu. Man muss ehrlich, achtsam, gewaltfrei sein – und vor allem mit Freude üben!
Wolfgang Glasmeyer leitet in Partnerschaft die Münchner Praxis Siebold/Glasmeyer für ganzheitliche Physiotherapie, Osteopathie und Manuelle Therapie. Außerdem arbeitet er seit 2010 als Therapeut im Jivamukti Yogaloft.