All About Yoga

Grüß mir die Sonne.

Nach einem kurzen und knackigen Abriss über die Geschichte und Philosophie des Yoga, Tipps für den modernen Yogi von heute und einer Einführung in Patanjalis achtgliedrigen Pfad widmet sich Kerstin Linnartz in „All about Yoga“ mit exakten Übungsanleitungen dem Sonnengruß für Einsteiger, Fortgeschrittene und Frühaufsteher. Detailliert werden auch die 12 Asanas der Rishikesh-Reihe erläutert, die Swami Sivananda entwickelte, um ein Fundament für alle weiteren Asanas zu schaffen. Dabei lassen einen die wunderschön an historischen Stätten inszenierten Fotos von Carsten Sander beim Lesen und Üben sofort Richtung Indien träumen. Positiv überraschend ist, wie ausführlich sich die Autorin im letzten Drittel des Buches mit diversen Atemtechniken, Entspannungsübungen und der Meditation widmet.

FAZIT: Ansprechend, persönlich geschrieben, leicht zu lesen und gleichzeitig sehr fundiert ist in diesem Buch tatsächlich „All about Yoga“ zu finden.

Kerstin Linnartz: All about Yoga, mit Übungs-DVD (GU, ca. 25 Euro), zu bestellen unter www.wellicious.de

Wo spielt die Musik?

Hände Blumen Bücher
Foto von fotografierende von Pexels

Was bringt uns näher zu unserem Selbst? Ist es die Stille? Oder der persönliche Ausdruck? Vielleicht liegt es in Wirklichkeit zwischen beidem?

Was brauchen wir wirklich?
Bei meinem letzten Umzug waren das Schwerste nicht die Yoga-Bücher, sondern die Kisten mit den CDs. Vielleicht hätte es gereicht, die Musik auf mp3 zu digitalisieren. Minimalistischer gewesen wäre es sicher, praktischer auf jeden Fall. Aber „yogischer“? Und abgesehen vom Gewicht der Tonträger: Welche Musik ist einem Yogi überhaupt angemessen? Zu dieser Frage gibt es eine schöne Geschichte über den Götterboten Narada und die Entstehung der Musik.

Vermittler zwischen den Welten
Narada war von Göttervater Brahma gebeten worden herauszufinden, warum in der Schöpfung so viel Unzufriedenheit war. Warum gab es Leid und Streit? Er durchzog die sieben Welten und sah allerorts: Die Wesen hatten den Kontakt zur ihnen innewohnenden Göttlichen Natur verloren. Auch mir fällt sehr häufig auf, dass Menschen sich ihrer eigenen Schönheit nicht bewusst sind. Was war nun das Zaubermittel, das Brahma Narada gab, damit sich alle Wesen wieder an ihr wahres Selbst erinnern können?

Die Menschen hatten keine Lieder. Brahma gab Narada darum das Heilige Wissen um die Kraft der Töne. Dieser trug es weiter zu den Gandharvas, den Halbgöttern der Heilkunde, die es ihrerseits wieder in allen Welten verbreiteten. Aspekte der Gandharva-Musik sollen auch heute noch in der Musik aller Kulturen zu hören sein. Wenn ich modernen spirituellen Lehrern zuhöre, scheint es heute jedoch Musik zu geben, die nicht so göttlich ist.

„The Good, the Bad and the Ugly“
Im Yoga werden Lebensmittel und –haltungen gerne in die Kategorien von Sattva, Rajas und Tamas eingeordnet. Auf dem ersten Blick kann man so auch Musik in Schubladen einteilen. Bach ist das Reine, die Beatles das Aufrührerische, und Justin Bieber… Entscheiden Sie selbst! Aber machen wir es uns damit nicht zu einfach?

Gott bei den Grammys
Der Rolling Stone-Journalist Neil Strauss durchforstete seine Interviews mit Rockstars der letzten Jahrzehnte und stellte fest: Sämtliche Künstler, die er interviewt hatte, und deren Stern in der Glamour-Welt mehr als ein Jahr glänzte, sagten, dass sie in der einen oder anderen Form an Gott oder an eine höhere Kraft glaubten. Nicht nur in Dankesreden bei Preisverleihungen gingen sie davon aus, dass sie von dieser Kraft unterstützt wurden, dass sie ihre Gaben dieser Kraft verdanken und sie zum Wohle aller einsetzen sollten. Viele sahen sich und ihren Erfolg sogar innerhalb eines göttlichen Plans. „God makes everything happen“, sagt beispielsweise Snoop Dogg über seine Karriere.

„The Creator has a Masterplan“
Brahma gab Narada das Wissen um die Kraft der Töne. „Heiliges Wissen“ heißt es sogar in den Schriften. Wie kann es einen Gott geben, der Slayers „Angel of Death“ zulässt? Angeblich soll deren Musik Wasserkristalle hässlich und Blumen krank machen. Ich glaube das nicht unbedingt, denn ich habe eine Pflanze, die wächst und gedeiht, egal ob ich „Hallelujah“ oder „Dancing in the Dark“ auflege. Wie finden wir den Zugang zur Essenz, die in aller Musik ist – und damit auch in uns?

„The Rhythm of your Heart“
Ob es Wagners Ouvertüre zum „Parsifal“ oder AC/DCs „Hells Bells“ ist: Musik kann unser Herz in jeder Geschwindigkeit öffnen. Es kommt darauf an, ob sie uns – jedem einzelnen Menschen – Freude macht. Und manchmal auch an unseren Schmerz erinnert. Dann kann sowohl das stille Schwelgen in Wagners Raum als auch das verzückte Kopfschütteln zu Angus Youngs Gitarre eine Form von Bhakti Yoga sein (aus Sicht des Hatha Yoga ist Headbanging natürlich abzulehnen). „Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten“ hat Gustav Mahler gesagt. Es ist, was wir selbst in deren Zusammenspiel empfinden. Wenn wir mit dem Herzen hören. Dann ist es egal, ob es still oder laut ist. Denn dann lösen sich durch die Kraft der Töne die Gegensätze auf.

„Musik ist magisch. Musik bringt die Uhr zum Stillstand. Für einen kurzen Moment wird man zum Herrscher über Raum und Zeit“, sagt Bruce Springsteen. Das klingt wie aus dem dritten Kapitel von Patanjalis Yoga Sutras. Ich würde gerne sagen, dass ich die euphorischste Erfahrung meines Lebens in Tibet oder während einer Meditation hatte. Ich neige allerdings dazu, den Moment, als Springsteen im Stadion von Göteborg meine Hand schüttelte, als mein persönliches Nirvikalpa Samadhi zu bezeichnen. Die Gelehrten mögen mir verzeihen. Die Gandharvas heilen uns weiter, mit der Kraft der Töne: Egal ob es Mantras sind oder Rock’n’Roll. In beidem steckt die Liebe und ihre strahlende Schönheit, die uns zur Stille führt.

Ralf Sturm, Yoga- und Meditationslehrer, lebt in Berlin.

Dr. Tobias Fehrenbach

Tobias ist promovierter Naturwissenschaftler, zertifizierter IYENGAR®-Yogalehrer und zertifizierter Rolfer™. Er ist bereits seit zehn Jahren tief verbunden mit dem fordernden und kraftvollen Yogastil von B.K.S. Iyengar. Tobias legt in seinem Unterricht u.a. großen Wert auf eine klare Körperausrichtung und dem Prozess des “Sicheinfindens” und “Neufindens” (B.K.S. Iyengar nannte es “Posing”/”Re-Posing”) in der Yogahaltung (Asana). Dadurch wird der Asanapraxis, in der man zunächst eine vorgegebene äußere Form einimmt, eine Qualität der inneren Dynamik verliehen, in der es möglich wird, den Geist auszubalancieren. Jede Yogahaltung wird dadurch zu einem den ganzen Menschen erfassenden Geschehen, zu einer Meditation in Bewegung

Jetzt im Handel: Sonderheft “Yoga At Home II”

Zuhause ist’s am schönsten! Aufgrund der großen Nachfrage widmen wir uns erneut und konzentriert dem Thema „Zuhause üben“:
Angefangen mit Inspirationen für die eigene Praxis, unter anderem im Interview mit Patricia Thielemann, über zahlreiche Übungsstrecken und Meditationsanleitungen bis hin zu einem Mini-Retreat für die eigenen vier Wände von Gabriela Bozic.

Lust auf Winter Wellness, Tipps für besseres Schlafen und sechs komplette Anti-Stress-Programme? Alles dabei im neuen Sonderheft “Yoga At Home II”, und als absolutes Highlight eine exklusive Übungs-DVD mit Jelena Lieberberg von Spirit Yoga Berlin mit über einer Stunde Laufzeit.

Hier ist ein kleiner Vorgeschmack auf eine Übungsstunde mit Jelena:

 

Wir wünschen euch schon heute viel Spaß beim Stöbern, Lesen und Üben!

Herzlich,
Eure YOGA JOURNAL-Redaktion

Vipassana-Meditation – Die Redaktion tesdtet

Vipassana-Meditation

Viele Prominente, aber auch immer mehr “normale” Menschen reden derzeit über diese buddhistische Vipassana-Meditation. Damit meinen sie den meisten Fällen ihre Erfahrungen in einem zehntägigen Schweige-Retreat nach der Lehre von S. N. Goenka. Dabei beobachtet der Übende achtsam und gleichmütig die Empfindungen im eigenen Körper, die Spiegel des Geistes und eine Verbindung zum Unbewussten sind.

Das Schweigen der Lämmer – von wegen. Ihr Blöken und Mähen dringt von draußen ein in die Stille des schummrigen Meditationssaals und mischt sich mit gelegentlichen Hustern. Oft fällt auch die Tür ins Schloss, wenn jemand wehleidig mit schmerzendem Rücken oder Knien die Sitzung verlässt.

So wie ich jetzt. Es ist der vierte von zehn Tagen Vipassana-Meditation, ich gehöre zu den “Neuen Schülern”. Auch wenn ich das selbstbewusste Gefühl verspüre, länger als die anderen Anfänger hier durchzuhalten und schon locker mit den Alten mithalten zu können, genehmigt mir mein schmerzender Lendenwirbel nun einen Spaziergang in unserem Außengehege. Jenseits des Zauns, der uns 70 Schweigenden von der Freiheit und dem Alltag trennt, trippelt wieder die Herde vorbei an unserem fußballfeldgroßen Gatter. Mäh! Määäh! Nun bleiben einige Schafe stehen und stieren mich verständnislos an. Nun stiere ich zurück.

Sie kommen und gehen und fressen und blöken, wann sie wollen. Schaf will man sein. Noch sieben Mal schlafen… Ihr Pfad ist sauber ausgetrampelt. Ein direkter Weg zu ihrem Ziel, einer schier endlosen Weide. Anschließend schaue ich mich in unserem Auslauf um. In dem vor drei Tagen gefallenen Schnee laufen die Spuren kreuz und quer wie auf dem Pausenhof einer Grundschule.

Lies mehr Selbsttests in der Kategorie: Die Redaktion testet.

Im (T)raum der Stille

Aber bei den Frauen drüben sieht es nicht viel anders aus, aber eher nach Oberstufe. Denn ihre Spuren führen zu einer Ansammlung von Bierbänken, eine Art Raucherecke ohne Zigaretten und Gespräche. Also schweigen sie offenbar gern sozial in der Sonne. Wir Männer sind Einzelschweiger. Einer hat sich zur körperlichen Ertüchtigung eine Art buddhistischen Mehrkampf ausgedacht. Schneeballweit- und Zielwurf, Klimmzüge am Fußballtor, Eisschlittern. Manchmal lacht er irre und ich denke: Der gibt bald auch. Tatsächlich wird von rund 70 Teilnehmenden nur ein Jugendlicher vorzeitig abreisen. Den Männer- und Frauen-Gefängnishof trennt der Laufplatz des Lehrer-Ehepaars: Wie in einem Sportstadion sind ihre exakten ovalen Bahnen zu lesen.

Zurück im Raum der Stille gibt mein Rücken zwar Ruhe, aber meine Gedanken springen herum wie erwähnte Grundschüler in der Pause. Los, atme! Ein. . . aus . . . ein. . . aus. . .  Dann fällt mir wieder “Das Schweigen der Lämmer” ein, der Film. Und die Natur am Kongo, die den jungen Helden im Buch “Das Herz der Finsternis” gnadenlos anschweigt. “Das Grauen, das Grauen!” Dann die schlumpfblauen Außerirdischen in “Avatar”, die sich um einen Götterbaum herum mit ihren Zöpfen in die Mutter Natur einstöpseln und sich im meditativen Einklang wiegen. Wie albern ist das denn, wer kommt denn auf so eine Idee, dass wir alle miteinander durch eine göttliche Macht verbunden sind? George Lukas? Buddha! Ach so. Allerdings ist mir das alles gerade zu heilig.

Alleine mit den Gedanken

Witz, wir brauchen mehr Witz! Ich denke an “Pepe, den Paukerschreck”, Uschi Glas und die Streiche der “Lümmel von der ersten Bank”. Das müsste man hier mal ausprobieren. Den Schlussgong nach 15 Minuten statt nach zwei Stunden schlagen. Alle wähnten sich dann jenseits der Zeit, der Erleuchtung nahe. Oder man müsste mit einem lässig um die Hüften geschlungenen Handtuch in den Tabubereich, den Frauentrakt, einmarschieren und nach der gemischten Saune fragen. Haha! Naja. Zeit für einen Spaziergang.

Draußen läuft mir eine getigerte Bauernkatze über den Weg. Ich rufe ihr – voller Metta, der liebevollen Fürsorge – das einzige Wort zu, dass ich in den zehn Tagen nobler Stille sagen werde: “Miez!” Ein Reflex. Ich erschrecke vor meiner eigenen Stimme. Die Katze offenbar auch. Sie duckt sich, maunzt und springt davon hinter den Zaun. Dann schweigt die Natur wieder und ich auch.

Vipassana-Meditation: Der Hintergrund

Jeden Abend klettert Joan Baez die Leiter zu ihrem Baumhaus hinauf. Die berühmte Friedenssängerin, heute nicht weniger aktiv als in den sechziger Jahren, macht es sich weit oben auf einer Plattform bequem. Zudem gibt es kein Dach über ihr, nur den kalifornischen Himmel. Sie liebt es, die Flügelschläge der Vögel und andere Luftbewegungen auf der Haut zu spüren. Dann übt sie sich in Vipassana-Meditation. All der Ärger, der sich den ganzen Tag beim Demonstrieren oder Debattieren mit Weltverschlechterern aufgestaut hat, löst sich auf. Ebenfalls Körperliche Schmerzen, etwa als sie nach einem Sturz von der Leiter an der Hüfte operiert wurde, werden unwirksam. Außerdem legen sich Begeisterungsstürme nach ihren Konzerten legen sich zu einem friedlichen Lächeln. Was immer war, nach Vipassana schläft Joan Baez ruhig und wacht wie neugeboren im Baumhaus auf.

Viele Prominente, die ständig im Rummel stehen, aber auch immer mehr “normale” Menschen reden derzeit über diese buddhistische Meditationstechnik: Vipassana. Zudem über die eigene Erfahrungen aus dem täglichen Üben oder vom zehntägigen Schweige-Retreat, das sie bald endlich auch meistern wollen. Denn Vipassana-Meditation verbreitet sich sanft aber unaufhaltsam. Es schließt niemanden aus, die Kurse finanzieren sich allein aus Spenden, es lässt sich mit den meisten Weltanschauungen verbinden. Also finden Freunde Freud`scher Psychologie ebenso viele Anknüpfpunkte wie Yogis. Seltsamerweise begnügen sich viele Beim Vipassana mit der Lehre eines Meisters auf Video: S. N. Goenka. Selbst jene, die sonst jedem halbwegs prominenten Yogatrainer nachreisen.

Von Michael Zirnstein | Lies mehr in unserer Ausgabe November/Dezember 2013! | Foto von Marcus Aurelius von Pexels

Seva & Charity – Von Herzen geben

Durch „Seva“, selbstloses Dienen, bringen Yogis und Yogalehrer die heilende Kraft des Yoga weltweit zu Menschen in Not.

(Fotoquelle: Photocase/Kalle Jipp)

„In seiner Essenz bedeutet Yoga, der Menschheit zu dienen“, sagt Mark Lilly, der Gründer von Street Yoga. Diese gemeinnützige Organisation gibt in den USA bereits seit 2002 Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen und deren Familien Yoga-Unterricht. Dieses Jahr bringt die Therapeutin Carina Auler den Ansatz der Organisation auch nach Deutschland: Im November bietet sie gemeinsam mit dem Gründer eine Ausbildung zum Street Yoga-Lehrer an. (Lesen Sie mehr über die engagierte Therapeutin und das Street Yoga-Konzept auf S. 10 in unserem Aufmacherinterview auf den Om-Seiten). Laut Lilly ist Yoga ein Werkzeug zur Transformation – mit einem verwandelten Selbst könne man sich für andere einsetzen und ihnen dienen. Weil sie Yoga als etwas viel Kraftvolleres als eine Fitness-Routine oder eine Auszeit vom Alltag verstehen, schenken Hunderte von Yogaschülern und –lehrern ihre Zeit und Fähigkeiten denjenigen, die in Not sind. In den vergangenen Jahren sind weltweit zahlreiche Projekte von Yogis ins Leben gerufen worden, die humanitäre Hilfe leisten oder Yoga-Programme entwickelten, um ärmere Menschen, Flüchtlinge und zahlreiche Risikogruppen zu unterstützen.

 „Ich wollte etwas zurückgeben.“

Mit diesen Worten begründen viele ihr Bestreben, Yoga für die gute Sache zu nutzen. Die international bekannte Lehrerin Seane Corn begann 1999, eine Gruppe von heranwachsenden Prostituierten zu unterrichten. „Ich fühlte eine solch starke innere Verpflichtung, anderen zu helfen wie niemals zuvor“, sagt Corn. „Ich empfand so viel Dankbarkeit für alles, was ich selbst durch Yoga erhalten habe, und hatte das starke Bedürfnis, etwas zurückzugeben.“

Corn und viele andere, die sich heute für andere engagieren, blicken selbst auf eine problematische Kindheit oder schwierige Lebenssituationen zurück. Aus eigener Erfahrung können sie nachvollziehen, wie die Betroffenen sich fühlen. Deshalb wissen Aktivisten wie Corn auch, dass es nicht nur darum geht, jemandem in einer Problemsituation unter die Arme zu greifen. Wesentlich nachhaltiger ist es, durch „Empowerment“ langfristige Veränderungen zu ermöglichen. Hilfe zur Selbsthilfe – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, auch für die „Gebenden“. Neben der Freude, anderen etwas zu geben, bekommen sie selbst viel zurück: sie begegnen den eigenen Ängsten, überwinden Grenzen und erleben tiefe Zufriedenheit. Seva bietet die Möglichkeit, die Yogaphilosophie mitten ins Leben zu bringen. „Die Idee, dass wir alle eins sind, ist einfach anzunehmen, solange wir nicht mit echtem Leid konfrontiert sind,“ so Corn. „Aber Seva bedeutet, sich aus seiner Komfortzone hinauszubewegen und dahin zu öffnen, wo man sich normalerweise verschließen würde.“ Der Begriff „selbstloses Dienen“ ist im Grunde eine Fehlbezeichnung, da es sich dabei eigentlich um eine spirituelle Praxis handelt. „Gerne würde ich behaupten, dass alles, was ich tue, selbstlos ist, aber es gab nicht ein einziges Erlebnis, bei dem ich auf spiritueller Ebene nicht mehr gewonnen hätte, als ich gegeben habe,“ sagt Corn.

Seane Corn gehört weltweit zu den Yogalehrerinnen, die sich am stärksten sozial engagieren. 2007 war sie Mitbegründerin von Off the mat Into the World, eine Organisation, die es seit 2009 auch in Deutschland gibt. Im Rahmen der „Global Seva Challenge“ ruft OTM regelmäßig und weltweit zu Spendenmarathons auf.

Man muss sich nicht unbedingt einer Organisation anschließen, um tatkräftig mit Yoga zu dienen. In vielen Städten kann man beispielsweise in sozialen Einrichtungen Yoga anbieten. Die Yogalehrerin Bettina Bantleon unterrichtet seit drei Jahren in München ehrenamtlich psychisch kranke und traumatisierte Frauen: „Meine Intention ist einfach, Menschen in schwierigen Situationen und Lebensphasen Yoga zu ermöglichen.“ Für die Frauen wäre es schwierig, an einer „normalen“ Yogastunde teilzunehmen – sowohl aus finanziellen Gründen als auch aufgrund ihrer Leidensgeschichte. Viele Frauen wohnen vor Ort in einer Wohngruppe und sind sehr dankbar dafür, dass Bettina regelmäßig zu ihnen ins Frauentherapiezentrum kommt, um Yoga zu unterrichten. Weitere Yogastunden sind angedacht und dafür werden noch Yogalehrer gesucht.

Nicht nur in den USA – auch in Deutschland besteht Bedarf an gut ausgebildeten Yogalehrern, die bereit sind, Menschen in Schwierigkeiten und mit Problemen Yoga näher zu bringen. Eine erster wichtiger Schritt ist sicher, die Aus- und Weiterbildung von Yogalehrern, wie sie von Off the Mat oder Street Yoga angeboten wird, um auf die Bedürfnisse der Teilnehmer und die damit verbundenen Herausforderungen vorbereitet zu sein.

Hier können Sie Gutes tun

Werden Sie selbst aktiv und unterstützen Sie ein yogisches Hilfsprojekt! YOGA JOURNAL hat ein paar Möglichkeiten für Sie ausgewählt.

OTM-Training-USA* Off the Mat Into the World (OTM)

Vor allem in den USA haben zahlreiche OTM-Aktivisten Projekte ins Leben gerufen, die beispielsweise Jugendliche aus schwierigen Familienverhältnissen oder mit Essstörungen, Suchtkranke oder Opfer von Gewalt unterstützen. Informationen zu konkreten Aktionen finden Sie unter offthematintotheworld.org. Auch in Deutschland ist OTM vor allem durch die beiden Yoginis Gaby Haiber und Frauke Schroth vertreten – regelmäßig finden Veranstaltungen wie kürzlich „108×108 Sonnengrüße für den Regenwald und die Menschenrechte in Ecuador“ statt. Infos unter www.offthematintotheworld.de.

 

Sample-Seite_A3_Wire-O_FINAL_A3_Seite_01* Herzerwärmend: Der devayani yoga Kinder-Charity-Kalender 2014

Bereits im dritten Jahr bringen Eva Holl und der devayani yoga Verlag den Kinder-Charity-Kalender mit süßen Fotos von kleinen Yogis heraus – und zum dritten Mal wird der Kalender Abo-Prämie des YOGA JOURNAL! (Infos zum Abonnement des YOGA JOURNAL auf Seite 96). Der Erwerb des Kalenders sorgt für Wärme im Kinderherz: Auf der Facebook-Seite des Verlages konnte einen Monat lang abgestimmt werden, welche Bilder mit dem zugehörigem Kinderhilfsprojekt im Kalender abgedruckt werden – an diese zwölf Projekte geht der Verkaufserlös. Der Kinder-Charity-Kalender ist überall im Handel erhältlich. Wahlweise kann er als Kundengeschenk mit einem Firmenlogo bedruckt werden und bei Sammelbestellungen ab fünf Stück gibt es Mengenrabatte! Infos und Bestellung unter: www.devayani-yoga.de; Abstimmung über die Bilder jedes Jahr im Juli über Facebook: www.facebook.com/devayaniyoga.

 

Yoga Child* Earthchild Project

Ganzheitliche Erziehung in unterprivilegierte Schulen zu bringen – das ist Ziel des Earthchild Project in Kapstadt. Die Gründerin Janna Kretzmar lebte gerade in Brasilien in einem Ökodorf und las die „Autobiografie eines Yogi“, als ihr die Idee für dieses Projekt kam. In Yoganandas Biografie werden indische Schulen beschrieben, die eine ausgewogene Bildung anbieten – mit Unterricht in der Natur, Meditation und Asanas –, um neben dem Intellekt auch das Bewusstsein der Kinder zu fördern. Seit 2007 arbeitet die gemeinnützige Organisation nun schon mit über 3000 Kindern und bringt ihnen (Selbst-)Bewusstsein und eine gesunde Lebensweise mit Hilfe von Yoga, Meditation, Coaching, Arbeiten im Bio-Garten und Wandern bei. Dieses Projekt können Sie entweder mit Spenden oder gezielter Arbeit vor Ort unterstützen – Informationen unter www.earthchildproject.org.

* Persönliches Engagement in München:
Bettina Bantleon sucht Yogalehrer vor Ort, die ehrenamtlich im Frauentherapiezentrum unterrichten möchten. Kontakt und Infos unter www.muenchen-hormonyoga.de.

Von Carmel Wroth und Verena Hertlein

YOGI BEATS CD # 5

Der Sound des Yoga

Wie haben wir uns letztes Jahr über die positive Resonanz auf unsere CD #4 gefreut! Das wunderbare Feedback hat uns inspiriert, auch in diesem Jahr neue YOGI BEATS CD, also die „Sounds des Yoga“, zusammen zu stellen – mit den besten Wünschen für Ihre eigene Praxis auf der Matte und tolle Klangerlebnisse an jedem anderem Ort. Musik ist Yoga pur: Sie hilft uns, uns als Teil eines großen Ganzen zu sehen, kann uns beflügeln und heilen. Durch Nada Yoga (Yoga des Klangs) erweitern wir unsere Perspektive und vertiefen die Wahrnehmung. Vor allem werden wir offen für Neues.

Mit unserer CD#5 haben wir ein besonderes Anliegen. Wir wollen hauptsächlich neuen Künstlern eine Plattform bieten, ihre Musik mit der deutschsprachigen Yogawelt zu teilen. So experimentierten wir mit Ihrem musikalischen Gespür und vereinen in unserer Top 10 Hip Hop-Kirtan Künstler wie Srikalogy mit „klassisch“ orientierten Künstlern wie Janin Devi. Aber auch dem spirituellen Meister und Sänger Shyam Das erweisen wir die letzte Ehre und gehen mit ihm zusammen via „Wandering with Shyam“ von DJ Drez auf eine musikalische Reise in eine andere Welt. Ein weiterer Bonus ist ein Auszug aus Tex’ Hörbuch „Der Prophet“. Seine Interpretation von Khalil Gibrans „Über die Selbsterkenntnis“ rundet unsere diesjährige Auswahl mit einem ganz besonderen Vorschlag für Savasana ab.

 

Viel Freude beim Reinhören: Auf die Matte, fertig, play!

 

Interview // Rod Stryker

Einheit auf allen Ebenen. Wilde Sexpraktiken, aufregende Massagen: Viele haben solche Bilder im Kopf, wenn sie das Wort „Tantra“ hören. Rod Stryker, ein bekannter Yoga-, Meditations- und Tantralehrer und Begründer von ParaYOGA aus den USA, betont im YOGA JOURNAL-Interview, dass es sich bei Tantra erst einmal nicht um Sex, sondern um eine Lebenseinstellung handelt.

YOGA JOURNAL: Viele denken bei Tantra sofort an esoterische Praktiken, die das Sexleben verbessern sollen. Ist das ein Mißverständnis oder kannst Du uns ein paar davon verraten?
ROD STRYKER (lacht): Zunächst einmal: Tantra ist eben nicht einfach nur Sex. Sex wird in der tantrischen Welt „Maithuna“ genannt und ist nur ein winzig kleiner Aspekt unter vielen anderen im Tantra. Tantra-Yoga ist ein riesiges Instrument zur Erweiterung des Bewusstseins. Es ermöglicht uns körperliche und sinnliche Erfahrungen, die verborgene energetische Prozesse im Körper hervorrufen – und unter anderem eben auch unsere sexuelle Lust steigern und bereichern können. Vor allem aber ermöglicht Tantra, unsere Selbstbezogenheit durch Gefühle der Verschmelzung zu überwinden.

Dein „ParaYoga“ basiert auf traditionellen Lehren – darunter auch Tantra. Welche Rolle spielt Tantra in diesem System und was genau steckt dahinter?
ParaYoga besteht aus den sogenannten sechs Juwelen: Dharma, Tantra, Vidya, Agni, Sri und Parampara. Jedem Menschen ist durch das Dharma eine größere Idee (Mahad) mitgegeben, die er im Laufe seines Lebens verwirklichen sollte. Durch die regelmäßige Yoga-Praxis finden wir heraus, welche Idee uns innewohnt und welches Talent uns mitgegeben wurde. Tantra lehrt uns, uns selbst zu meistern, um im Leben glücklich zu werden. Das bedeutet, dass wir lernen, unseren Geist („citta“) und unsere Lebenskraft („prana“) zu lenken. Alte (Ur-)Ängste, aus früheren Leben oder der Kindheit, müssen abgelegt werden, damit wir frei agieren und unser Leben positiv gestalten können. Das Wissen (vidya) aus den alten Schriften wie den Upanishaden, Patanjalis Yogasutra und der Bhagavad Gita helfen uns dabei, gelassen zu werden. Dabei lernen wir: Nicht alles, was wir wollen, ist auch gut für uns und unsere Ausgeglichenheit. Um voranzukommen, benötigen wir Agni, das innere Licht oder Feuer. Das Konzept des Sri stammt aus dem Hinduismus und besagt, dass allen Dingen eine tiefere Schönheit innewohnt. Der sechste Juwel, Parampara, ist die Tradition, Wissen weiterzugeben und dadurch die Evolution voranschreiten zu lassen. Sie vermittelt uns, dass wir uns durch Yoga nicht nur um unsere eigene Entwicklung, sondern auch um die der anderen kümmern sollten.

Wenn Du von Tantra sprichst, sprichst Du von zwei Schulen, die beide im Prinzip das gleiche Ziel haben, aber eine unterschiedliche Herangehensweise, um es zu erreichen. Wie darf man das verstehen?
Nun, die eine dieser beiden Schulen lehrt uns Bhoga, das Vergnügen oder sinnlichen Genuss an sich – dazu gehört unter anderem auch „Maithuna“, also Sex. Dabei ist Maithuna allerdings ebenso komplex wie der Bauplan eines Flugzeugs. Man muss schon alle Teile korrekt einbauen, um es abheben zu lassen. (lacht) Die andere Schule lehrt uns, unser erhöhtes Bewusstsein in unser alltägliches Leben zu integrieren, unsere erhöhte Schwingung zu halten und kontinuierlich zu erhöhen. Wenn wir beide Schulen aufmerksam besuchen, erleben wir höchste Ekstase und Glückseligkeit auch außerhalb des Schlafzimmers – in allen Lebensbereichen.

Wie gut funktioniert „Maithuna“ bei Dir? Erlebst Du die ständige Ekstase?
Nicht immer. (lacht) Aber es funktioniert sehr oft.

Woher hast du dein Wissen über Tantra?
Ich habe 17 Jahre lang bei Yogameister Kavi Yogiraj Mani Finger gelebt und bin anschließend bei zwei weiteren Meistern in die Lehre gegangen. Letztendlich hat mich aber jeder Mensch geprägt, der mir auf meinem Yogi-Weg begegnet ist – auch damalige Mitschüler wie Shiva Rea. Wir sind so etwas wie die Generation von Wegweisern für ein erwachendes spirituelles Bewusstsein.

Glaubst du an ein spirituelles Erwachen aller Lebewesen in diesem Leben?
Ich würde sagen, es besteht durchaus die Möglichkeit dazu. Es kommt nur darauf an, ob wir gemeinsam die richtigen Schritte zum Erreichen dieses Ziels gehen und wie sehr wir bereit sind, dafür an uns zu arbeiten.

‘Para’ bedeutet ‘höchstgestellt’ – die Zusammenführung aller Mühen. Wie viel kann ParaYoga bei Menschen bewirken, die sich bisher im Leben nur wenig um sich selbst „bemüht“ haben und jetzt mit der Praxis beginnen?
Die Wirkung von ParaYoga ist davon abhängig, inwieweit man dazu bereit ist, sich im Hier und Jetzt um Veränderung zu bemühen und sein Leben sowie die Sichtweise auf gewisse Dinge von Grund auf zu verändern. Ich denke, dass Yoga generell jeden Menschen auf den Weg bringen kann, ein glücklicheres und zufriedeneres Leben zu führen – wenn er dazu bereit ist. Dazu gehört auch eine konsequente Yogapraxis. Wer sich zurücklehnt und auf Veränderungen wartet, ohne etwas dafür zutun, wird vermutlich kein erfülltes Leben führen können.

Von Sina Scherer
Sina Scherer ist begeisterte Yogini, arbeitet als freie Autorin und PR-Beraterin in München.

 

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