Young Ho Kim über Yoga-Evolution und warum “Inside Flow” pure Expression ist

Yogalehrer Young Ho Kim hat mit Inside Flow seinen ganz eigenen Yoga-Stil geschaffen: Vinyasa zu moderner und lauter Musik, Expression statt innerer Einkehr. Im Interview erzählt er warum Evolution im Yoga so wichtig ist und wie seine Vision für die Yogawelt der Zukunft aussieht.

Young Ho, wann hat dein Yogaweg begonnen?

Ganz genau weiß ich das gar nicht mehr… ich glaube das war vor 24 Jahren: Ich hatte die erste große Krise in meinem Leben, meine erste Beziehung ging in die Brüche und ich brauchte Tapetenwechsel. Deswegen war ich in Amerika und da war gerade in den 90 er Jahren ein mega Yoga-Boom in Kalifornien – gefühlt hat jeder Yoga gemacht und ich dachte mir: “Was ist das denn für ein Blödsinn? So ein Mädchen-Ding.” Ich bin aber trotzdem hingegangen, gemeinsam mit Freunden. Und: Ich mochte diese moderne, hippe Yoga-Kultur die in den USA herrschte. In Deutschland wäre ich niemals auf die Idee gekommen Yoga zu machen – das war mir alles viel zu einseitig esoterisch.

Du sagst über dich, dass du auf der Suche bist. Vor allem auf der Suche nach Glück… Hast du es gefunden?

“Seeker”, der Suchende war für mich ein Wort das mich begleitet hat, seit ich 15 Jahre alt bin. Ich hab ALLES gemacht und zwar Hardcore: von zehnstündigen Zazen-Meditationen über Chi Qong, Energiearbeit auf allen Ebenen, Kundalini Trainings-Camps. Ich habe wirklich alles gemacht, von dem man sich übermenschliche Erfahrungen versprochen hat. Ich habe schon ein paar lustige und besondere Erfahrungen gemacht; ich war wirklich auf der Suche nach etwas Höherem, nach etwas Transzendentalem, nach etwas das mich erfüllen sollte.

Hast du es gefunden?

Ich habe gecheckt, dass das was ich suche Glückseligkeit ist, und dass diese in den einfachen Dinge des Leben zu finden ist. Dann war es für mich klar: Ich wollte Bewegung und Philosophie zusammen bringen. Diese Bewegungen sollten nicht auf Esoterik basieren, sondern gesund sein und Spaß machen. Und ich wollte damit auch Geld verdienen und dies zu meinen Fulltime Job machen, mit dem ich mein Leben finanzieren kann – denn ich habe irgendwann gemerkt: Geld ist gar nicht böse. So stand ich vor der Wahl zwischen Yoga und Kampfsport und habe die Chance in Yoga gesehen – weil es für die breite Masse zugänglicher ist.

Foto: www.instagram.com/yongsubi

Das musst du mir genauer erklären.

Hierzu eine Geschichte die mich inspiriert hat, als ich in den USA war. Ich sah eine Yoga-VHS Kassette von einem gewissen Rodney Yee, der ursprünglich aus dem Ballett kam und dort nun als der Yogalehrer schlechthin galt. Diese VHS Kassette wurde bis zu diesem Zeitpunkt 1 Million mal verkauft. Ich habe auch eine gekauft und mitgemacht. Das war ok, aber ich weiß nicht, ob es wirklich so überragender Wahnsinn war, dass es für mich diese Verkaufszahlen rechtfertigte. Also dachte ich mir: “Wenn der das schafft, dann könnte ich ja der Rodney Yee für Europa sein!” Ab diesem Zeitpunkt war das meine Inspiration, ich hatte einen Samen gesät.

Du hast Rodney dann auch getroffen, oder?

2014 war ich auf einem Yoga Kongress in Asien und Rodney Yee war auch da. Wir haben uns getroffen, er saß zufällig neben mir. Und ich sagte zu ihm: “Rodney, ich bin wegen dir hier!” Ein schöner Moment.

Und dann hast du dein eigenes Ding gemacht und “Inside Flow” gegründet? Hat dir etwas an anderen Yoga-Stilen gefehlt?

Gefehlt würde ich nicht sagen… Ich bin ein Freund von Evolution und habe eher ein Problem mit der Tradition. Im Kampfsport habe ich die Schattenseiten kennengelernt von “Tradition ehren” – denn das kann bedeuten, dass man sich nicht weiterentwickelt und nicht voran kommt, weil man eben alles so macht wie es immer schon gemacht wurde. Aus diesem Grund mag ich Evolution. Yoga hat sich immer weiter entwickelt. Als Ashtanga oder Iyenger Yoga ins Leben gerufen wurde, gab es das vorher auch nicht. Also war das letztendlich auch etwas Neues – man entwickelt sich immer weiter, so funktioniert Evolution.

Foto: www.instagram.com/yongsubi

Und wie sah deine eigene Evolution im Yoga aus?

Während ich Yoga gemacht habe, habe ich dann gedacht: Warum können wir das nicht zu moderner Musik machen? So entstand Inside Flow, die Grundidee von Vinyasa wird hier beibehalten, auch das Spanda. Inside Flow ist meine ganz eigene moderne Interpretation von Vinyasa, nur eben evolutioniert, weil sich alles im Leben immer weiterentwickelt. Warum sollte man mit einem Festnetz mit Kabel und Wählscheibe telefonieren, wenn man mittlerweile facetimen kann?!

Was ist das Besondere an Inside Flow?

Im traditionellen Yoga geht es darum, mehr nach innen, für sich zu sein. Im Inside Flow ist es genau andersherum: Die Musik ist brutal laut, die Geschwindigkeit und wie du dich bewegst kommt nach außen und somit auch das was du fühlst, Inside Flow ist pure Expression! Es geht darum, Innen und Außen zu verbinden und das Ganze aber nach Außen zu tragen und sich so mit allen anderen während der Praxis zu verbinden. Je größer die Masse, desto höher ist die Energie und genau das ist der Unterschied zu allen anderen Yogastilen: Je mehr Leute sich gleichzeitig mit der Musik bewegen, umso höher ist die Resonanz der Energie, dadurch wird die Schwingung und Energie enorm verstärkt. Das ist komplett anderes als traditionelles Yoga, in welchem jeder mit sich beschäftigt ist, im Inside Flow geht es um gemeinsam, miteinander, zu fühlen, eine Empathie zu kreiieren: Ich fühle was du fühlst!

Absolut sehenswert: Im April 2020 organisierte Young Ho Kim einen online Flashmob, bei dem Menschen auf der ganzen Welt gleichzeitig und gemeinsam Inside Flow praktiziert haben. Klick dich ins Video …

Wenn man dir zuhört, spürt man, wie sehr dich deine Vision begeistert. Kommt da noch mehr?

Ja, ich habe zwei Visionen für die Yogawelt. Erstens möchte ich, dass Yogalehrer besser verdienen. Wir müssen ständig an uns arbeiten und uns ständig weiterbilden, um eine hohe Qualität zu sichern. Du möchtest ja auch nicht, dass dein Zahnarzt seit 1970 keine Fortbildung mehr hatte.

Allein beim Gedanken daran bekomme ich Zahnweh …

Eben. Aus dem Yogalehrer-Dasein sollte sich ein echter Berufsstatus entwickeln, von dem man gut leben kann, ohne noch einen zweiten oder dritten Job zu benötigen. Das müssen wir verändern. Gleichzeitig müssen wir eine hohe Qualität bieten, damit die Leute auch gewillt sind, mehr zu zahlen für diese hohe Qualität, die eben auch allerhöchsten Ansprüchen gerecht wird.

Und deine zweite Vision?

Yoga ist ja sehr facettenreich und das sollte auch so bleiben. Ich wünsche mir, dass Yoga massentauglicher und für jeden zugänglich wird. Dass Menschen verstehen, dass es hier nicht um esoterischen Schnick-Schnack, sondern um einen gesunden Bestandteil des Alltags geht. Yoga bedeutet für mich, im Flow zu sein.

Inside Flow
Foto: www.instagram.com/yongsubi

Ein Bestandteil unseres Alltags sind mittlerweile auch die sozialen Medien, die Yoga gern auch als Lifestyle feiern. Welchem Insta-Yogi sollten unsere Leser folgen und warum?

Auf jeden Fall @tint_yoga, denn hier gibt es wertvollen Yoga-Input von berühmten Lehrern aus aller Welt in deutsch und englisch, Adjustments und auch Inside Flow Sequenzen zum kennenlernen und zu Haus üben. Außerdem noch @theyogimatt, da man ihr gute Infos und gutes Alignment. @Colinyogin ist gut für Denkanstöße.

Womit vertreibst du dir eigentlich die Zeit, wenn du mal gerade nicht Yoga machst?

Mit dem, was mich als Mensch glücklich macht: Kaffee, gutes Essen, Rotwein, Netflix und das natürlich am allerliebsten mit Family an Friends.


Mehr zu Young Ho Kim und Inside Flow findest du auf insideyoga.de und @insideyoga. Foto Aufmacher: www.instagram.com/yongsubi

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