Nur zwei kurze englische Worte sollen die Essenz aller fernöstlichen Weisheiten beinahe perfekt zusammenfassen: F**k it! Was zunächst etwas, nun ja, umgangssprachlich klingt, hält der britische Autor, Seminar- und Retreat-Leiter John C. Parkin für ein hilfreiches Lebenskonzept.
YOGA JOURNAL: Herr Parkin, der Untertitel Ihres Buches „F**k it!“ lautet in der Originalausgabe „Der ultimative spirituelle Weg“. Provokation oder ernsthafte Behauptung?
JOHN C. PARKIN: Das ist eine gute Frage – im Grunde ist es beides. Natürlich ist diese Aussage mit Humor zu verstehen und nimmt Bezug auf all die Religionen und spirituellen Pfade, die für sich in Anspruch nehmen, der einzige oder gar ultimative Weg zu sein. Das ist arrogant und so gefährlich! Dennoch ist darin etwas sehr Ernsthaftes enthalten: Für viele Menschen bedeutet diese Einstellung zu den Dingen das Ende einer oft jahrelangen Suche, in der sie die verschiedensten spirituellen Richtungen ausprobieren, um endlich eine Antwort auf ihre Fragen zu erhalten. Aufgrund ihrer Einfachheit spricht die Methode aber auch diejenigen an, die auf dem Gebiet der „Spiritualität“ neu sind – sie werden aufgefangen, noch bevor sie sich in einer mühseligen Suche verlieren.
Was ist die Essenz von „F**k it!“?
In unserer natürlichen Bemühung, einen tieferen Sinn in unserem Leben zu finden, tendieren wir dazu, uns mit Bedeutung zu überladen: Bedeutungsvoll wird so schnell zu bedeutungsübervoll. Wir alle versuchen, zu viele Bälle in der Luft zu jonglieren: Wir verfolgen eine erfolgreiche Karriere, wollen unser eigenes Potenzial entfalten, eine funktionierende Beziehung führen, ein gutes Beispiel für unsere Kinder sein, fit und gesund bleiben, müssen die Hypothek abbezahlen, unseren Lebenssinn finden und so weiter. Wenn wir „F**k it“ sagen, erkennen wir den Kern des Problems – nämlich, dass wir die Dinge zu ernst nehmen und sie uns im Grunde gar nicht so viel bedeuten, wie wir glauben. Im Gegenteil – sie fügen uns Leid zu. Durch Loslassen werden wir unabhängiger, intuitiver und ehrlicher zu uns selbst.
Zu Beginn Ihres Buches schreiben Sie, dass viele große spirituelle Lehrer zuerst eine tiefe Krise durchlebten, bevor sie ihren Weg fanden. Muss man wirklich erst tief fallen, bevor man fähig ist, loszulassen?
Nicht unbedingt. Trotzdem, wie in einer Art Newtonscher physikalischer Reaktion – „Jede Aktion hat eine gleich starke entgegengesetzte Reaktion“ –, scheint es, dass eine tiefe Krise manchmal einen Moment oder eine Phase der Bewusstwerdung hervorbringt. Ich befürchte allerdings, dass die Mehrheit nach einer Krise keine Erleuchtung erfährt. Der Schlüssel liegt im Prozess. Es geht nicht darum, einen Zustand zu erreichen, in dem wir nur noch entspannt und friedlich sind. Dieses Ziel sollten wir loslassen und stattdessen die Entwicklung an sich genießen. Genauso wie es Freude bereitet, Yoga zu üben, um den Körper zu entspannen, können wir Spaß daran finden, durch alle Formen von Anspannung hindurch zu gehen und sie schließlich loszulassen – auch die starren und einengenden Gedanken, die in unserem Geist im Laufe des Tages auftauchen. Erleuchtung hängt immer mit Verben, also mit Zeit- oder Tun-Worten zusammen. Niemals mit Substantiven, also mit Nennworten. Tatsächlich habe ich den Verdacht, dass sich das ganze Leben immer nur in Verben und nie in Substantiven vollzieht.
Ist der Grat zwischen Gelassenheit und Gleichgültigkeit nicht sehr schmal – gerade wenn man „F**k it!“ dabei im Kopf hat?
Es ist verlockend zu glauben, dass es ein schmaler Grat ist. Denn das hält uns in unserem märtyrerhaften, erschöpften Zustand. Eigentlich tun wir der Welt aber einen Gefallen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, einfach nur uns selbst zu entspannen. Indem wir uns selbst heilen, heilen wir die Welt. Das sind nicht nur leere Worte. Alles wird von Energie – „Prana“ oder „Chi“ – durchdrungen. Wenn wir unserer eigenen Energie erlauben zu fließen – indem wir entspannen –, fließt sie auch zu anderen Menschen. Wir alle wissen, dass wir in der Gegenwart einer entspannten und gelassenen Person selbst Entspannung erfahren können. Es ist lustig: Wir glauben, dass wir, um andere zu heilen, nach außen auf sie blicken müssen und im Zuge dessen vergessen wir uns selbst. Aber der Weg zur Heilung anderer führt nach innen und über die Heilung unserer selbst.
Zusammen mit Ihrer Frau bieten Sie regelmäßig ein einwöchiges „F**k it!“-Seminar in Italien an. Was kann man in nur einer Woche lernen und erfahren?
Als ich gestern von der Küste zu unserem Haus zurückgefahren bin, hatte ich ein beinahe überwältigendes Gefühl von Erleichterung und Entspannung, ein „Alles ist in Ordnung“-Empfinden entgegen dem sonst so normalen und natürlichen Grundgefühl von Spannung. Befreiung kann in einem einzigen Moment über uns kommen. Und im Rahmen des Retreats spielen wir eine ganze Woche mit dem Befreiungsthema! Man kann erfahren, weshalb wir so sehr in Stress, Sorge und Anstrengung verloren sind, und spielt mit vielen Arten von Loslassen – natürlich auch, auf unterschiedliche Weise „F**k it!“ zu sagen. Man lernt, sich selbst wieder zuzuhören, und entwickelt das nötige Vertrauen und die Stärke, der eigenen Intuition zu folgen.
John C. Parkin, Sohn eines anglikanischen Priesters, studierte 20 Jahre lang fernöstliche Weisheitslehren. Nachdem er vor einigen Jahren seinen Job in der Werbebranche kündigte, zog er mit seiner Frau von London nach Italien und gründete dort das Retreat-Center „The Hill That Breathes“.