Den Unterschenkel parallel zum kurzen Mattenende? Oder das vordere Bein doch eher spitzwinklig? Das Gesäß angehoben? Oder abgelegt? Das Becken gerade nach vorne ausgerichtet oder geht auch schräg? In wenigen Asanas kursieren so viele Konzepte von richtig und falsch wie in dieser. In seiner Kolumne “Alignment Check” wirft Timo Wahl einen Blick auf die anatomischen Hintergründe.
Text & Foto: Timo Wahl
Was macht die Taube?
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze, die Taube zu betrachten. In beiden geht es um die Erhöhung der Beweglichkeit im vorderen Hüftgelenk – allerdings in verschiedenen Winkeln und daraus resultierend mit Unterschieden in der Wirkung. Die Taube mit spitzem Kniewinkel bewirkt nur eine leichte Außenrotation im Hüftgelenk und wirkt eher dehnend auf die äußere Oberschenkelmuskulatur.
Die Taube, bei der der Unterschenkel parallel oder annähernd parallel zum kurzen Mattenrand ausgerichtet ist, setzt dagegen eine starke Außenrotation im Hüftgelenk voraus. Sie trägt maßgeblich zu dem bei, was viele mit dem Oberbegriff “Hüftöffnung” assoziieren. Da das gerade uns Westler*innen besonders fordert, möchte ich mich hier gezielt mit dieser Variante beschäftigen.
Wozu die Außenrotation?
Mehr Hüftflexibilität kommt uns nicht nur in der Yogapraxis zugute oder wenn es darum geht, müheloser in meditativer Haltung sitzen zu können. Gerade die Arbeit an der Taube bietet für viele auch eine therapeutische Hilfe, nämlich Entlastung bei Verspannungen zwischen Becken und Lendenwirbelsäule (beispielsweise bei ISG-Problemen). Hier helfen außenrotatorische Öffnungen, da sie Spannungen herabsetzen und fast unmittelbar lockernd wirken. Doch was für den Beckenbereich gut ist, kann für einen anderen Mitspieler gerne zu viel sein: das Knie. Da die Hüftgelenke wesentlich robuster gebaut sind als unsere Knie, beide Gelenke aber bei jeder Bewegung miteinander interagieren, ist ein Schutz für die Kniegelenke ein absolutes Muss. Das gilt auch für die Taube.
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Drei Varianten der Taube
Ist der vordere Unterschenkel parallel zum kurzen Rand der Matte ausgerichtet und der Oberschenkel gleichzeitig parallel zum langen Rand, ist zwar ein optimaler Wirkungsgrad für das Hüftgelenk erreicht, dieser übersteigt aber in den meisten Fällen die vorhandene Flexibilität. Das führt dazu, dass das Becken schwebt.
Variante 1:
Um das vordere Knie in dieser Position zu entlasten, sollte möglichst wenig Gewicht von Becken und Oberkörper auf ihm lasten. Dazu stützt man die Hände am Boden oder auf Blöcken auf. Nun spürt man deutlich das schwebende Hüftgelenk und hat subjektiv meist das Gefühl, die Position gut eingenommen zu haben.
Die Sache hat aber einen Haken: Das schwebende Gesäß befindet sich in einer exzentrischen Kontraktion – also in einer Anspannung mit gleichzeitiger Längung. Der Reiz ist groß, das System kann aber nicht loslassen und damit wie gewünscht Spannung abbauen.
Variante 2:
Das führt uns zur zweiten Variante. Hier werden Gesäß und Knie jeweils auf einem Bolster oder Block abgelegt. Diese Stütze sorgt dafür, dass die beteiligten Strukturen loslassen können, was den gewünschten Effekt der Entlastung bringt.
Variante 3:
Was aber können wir tun, wenn keine Blöcke oder Kissen vorhanden sind? Hier kommt die dritte Variante ins Spiel: Das vordere Knie wird in den vordefinierten Winkel gebracht, während das hintere Bein und damit das Becken gebeugt und schräg ausgerichtet bleiben dürfen. Nun bestimmt lediglich die Flexibilität der vorderen Hüfte, wie weit das hintere Bein nach hinten gebracht werden kann. Wichtig dabei ist, dass das vordere Bein vom Knie bis zum Gesäß am Boden aufliegt und keine Scherkräfte im vorderen Knie aufkommen. Sieht nicht so schön aus? Wirkt aber – und gibt uns den entscheidenden Vorteil: Diese Ausführung ist allen zugänglich!
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