Fitte Faszien mit Amiena Zylla: Der rollende Bogen

Das Jahr steht noch am Anfang – und niemand weiß so recht, was alles noch vor uns liegt. Da tut es gut, die in die Zukunft gewandte Körpervorderseite bewusst zu dehnen und zu entspannen – am besten so genüsslich wie mit den langsamen, schmelzenden Bewegungen dieser Übung.

Text: Amiena Zylla, Bilder: Susanne Schramke

Hinter uns liegt ein sehr aufwühlendes Jahr, behaupte ich mal. Ich finde, dass wir den Jahresbeginn dazu nutzen sollten, ein Gemeinschaftsgefühl wiederherzustellen. Durch die äußeren Umstände werden zu viele Menschen, zu viele Familien und Freundschaften gespalten. Der rollende Bogen ist für mich ein Symbol genau dafür: sich sammeln, sich besinnen, in sich hineinspüren – und dann loslassen, um sich öffnen und einen Neubeginn wagen zu können.

Was das mit dieser Übung zu tun hat? Die Faszienrolle ist ein wunderbares Tool, um Altes loszuwerden. Nicht nur im symbolischen Sinn, sondern tatsächlich auch auf körperlicher Ebene. Es gibt verschiedene Rolltechniken, um die Faszie zu stimulieren. In dieser Übung möchte ich dir das langsame Rollen vorstellen, denn es passt sehr gut zu unserem Thema.

Aber lass mich ein wenig weiter ausholen: Unsere Faszie besteht zu fast 70 Prozent aus “Wasser”. Diese Flüssigkeit muss man sich aber eher etwas dickflüssiger vorstellen, denn ein Hauptbestandteil ist Hyaluronan, auch bekannt als Hyaluronsäure. Da aber Hyaluronan gar keine Säure enthält, ist der gängige Begriff etwas irreführend. Dieser einzigartige Stoff, der mittlerweile in vielen Kosmetikprodukten drin ist, hat eine ganz besondere Eigenschaft – er kann sehr viel Wasser binden. Würde man einen Esslöffel Hyaluronan in 120 Liter Wasser geben, würde sich das Wasser in eine geléeartige Masse verwandeln. Und genau so eine Masse finden wir unter anderem in unseren Gelenken als Schmierstoff. Bewegen wir uns zu wenig, können sich “Pfützen” mit alter Flüssigkeit bilden. Mithilfe des langsamen, schmelzenden Rollens sorgen wir dafür, dass dieses “alte Wasser” aus der Faszie hinausbefördert wird und sie wieder mit frischer Flüssigkeit in guter Qualität versorgt werden kann. Außerdem werden durch das langsame Rollen besonders gut muskuläre Verspannungen gelöst.

Lasst uns also im wahrsten Sinn des Wortes in einen Neubeginn aufrollen und einen Bogen zwischen alt und neu spannen – uns in der goldenen Mitte treffen und uns mit Liebe, Herzlichkeit, Mitgefühl und Offenheit begegnen.

Bild: Susann Schramke

Step-by-step Anleitung

  1. Lege dich bäuchlings auf eine große Faszienrolle und platziere sie relativ weit oben, knapp unterhalb des Schambeins. Strecke deinen ganzen Körper schön lang, die Arme sind nach vorne ausgebreitet, die Hände liegen schulter- bis mattenbreit auf dem Boden und du fächerst deine Finger maximal weit auf. Dabei hältst du den Kopf gesenkt in Verlängerung des Rückens.
  2. Aus dieser Ausgangsposition ziehst du dich ganz langsam nach vorne. Dabei wandert die Rolle nach unten bis knapp oberhalb der Knie, du hebst nach und nach Oberkörper und Kopf und dehnst den Brustkorb nach oben hin auf. Gleichzeitig beugst du deine Beine und streckst Unterschenkel und Zehen senkrecht nach oben. Ziehe die Schulterblätter leicht zueinander und nach unten, also weg von den Ohren.
  3. In dieser Haltung angekommen, hältst du kurz inne, dann rollst du langsam wieder zurück in die Ausgangsposition und wiederholst den Ablauf noch einige Male.

Wichtig zu wissen

• Rolle bei dieser Übung sehr, sehr langsam mit möglichst entspannter Muskulatur.

• Bewege die Rolle nur bis knapp an die Knie und nicht über die Knieschiebe hinweg.

• Generell solltest du nie über die Gelenke rollen, sondern immer nur über Muskeln und Gewebe.

Wirkungen

• löst Verspannungen
• dehnt die kollagenen Faser in der vorderen Faszienbahn
• kräftigt Arme und Schultern
• macht die Faszie geschmeidig
• erleichtert die Atmung, indem die Faszienhülle des Zwerchfells gedehnt wird


Mehr zu Amiena findest du unter: amienazylla.com & instagram.com/amienazylla.

Titelbild: Susann Schramke

100. Ausgabe YogaWorld Journal

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