Hossa, diese Vorwärtsbeuge hat es in sich! Mit ihr testest du nicht nur deine Beweglichkeit, du kannst sie auch spielerisch und funktional verbessern. Unsere osteopathisch bewanderte Kolumnistin zeigt dir hier, wie das geht.
Text: Jelena Lieberberg / Foto: Gordon Schirmer
Die Vorwärtsbeuge aus dem Stand, Uttanasana, ist eine Basic-Übung. Sie kommt unter anderem auch im Sonnengruß (Surya Namaskar) vor – und doch zählt sie eigentlich zu den fortgeschrittenen Yogahaltungen. Leider neigen gerade Yoganeulinge oft dazu, dem Vorbild verfrüht nachzueifern. Sie üben Uttanasana dann mit gestreckten Beinen, dafür aber mit rundem Rücken. Gerade in den vielen Wiederholungen des Sonnengrußes ist das nicht ohne. Es kann unter anderem an den Sitzbeinhöckern zu einer Entzündung des Ansatzes der Ischiocruralen Muskulatur führen (dem berüchtigten “Yoga-Butt”), schlimmstenfalls sogar zu Bandscheibenproblematiken.
Lesetipp: “Yoga bei Ischias-Schmerzen”
Der Körper muss an intensive Vorwärtsbeugen mit gestreckten Beinen erst einmal gezielt herangeführt werden. Besondere Muskelenergietechniken können helfen, risikofrei und in guter Ausrichtung in tiefere Positionen zu gelangen. Genau so eine Technik zeige ich euch hier. Eigentlich ist die Ellenbogen-zum-Zeh-Position vor allem ein Beweglichkeitstest für die Faszienkette an der Körperrückseite. Wir üben sie hier dynamisch, anstatt sie statisch zu halten. Die Dorsiflexion des Fußes (zu deutsch: das Heranziehen der Zehen in Richtung Knie) verstärkt die Dehnung zusätzlich, was das Berühren des Zehs noch herausfordernder macht.
Macht das Spaß?
Wer schon lange Sonnengrüße und Vorwärtsbeugen übt und dennoch kaum Fortschritte sieht, aber auch wer sich nach intensiveren Impulsen sehnt, kann mithilfe dieser dynamischen Herangehensweise ein neues Üben erforschen.
Muss ich das können?
Natürlich nicht – die Übung ist ganz schön intensiv! Voraussetzung ist, dass in Uttanasana (Vorwärtsbeuge aus dem Stand mit geschlossenen Füßen und gestreckten Beinen) die Fingerspitzen den Boden berühren.
Was muss ich dafür tun?
Zur Vorbereitung bieten sich Sonnengrüße an, aber auch gezielte Wadendehnungen im Stand mit dem Fußballen auf einem Yogablock. Bleibe dabei pro Seite 3 mal 30 Sekunden in der Dehnung. Falls diese Variante mit dem rechten Ellenbogen am rechten Fuß schon eher einfach für dich ist, probiere den gleichen Ablauf zusätzlich noch mit dem linken (also dem gegenüberliegenden) Ellenbogen am rechten Zeh.
Step by step
- Wärme die Muskulatur auf, bevor du mit dieser Übung deine Beweglichkeit testest und vertiefst (siehe oben unter “Was muss ich dafür tun”). Lege außerdem 2 Blocks bereit.
- Setze aus dem Stand die rechte Ferse etwas nach vorn und beuge das linke Knie. Schiebe das Becken etwas nach hinten und beuge dich mit gestreckter Wirbelsäule nach vorn. Um es dir etwas leichter zu machen, kannst du einen Block unter den rechten Fuß setzen.
- Setze zunächst deine linke Faust mit nach oben zeigendem Daumen auf deinen rechten großen Zeh. Wenn das schon schwierig ist, nimmst du den zweiten Yogablock in die linke Hand und hältst ihn auf dem rechten Fuß.
- Als nächstes versuchst du, den gehobenen Daumen beziehungsweise den Block 5-mal mit dem rechten Ellenbogen anzutippen. Aktiviere dabei bewusst die Vorderseite des Oberschenkels.
- Wenn das klappt, ziehst du den Daumen wieder an und versuchst 5-mal mit dem Ellenbogen die geschlossene Faust anzutippen. Sobald auch das klappt, nimmst du die Faust weg und versuchst, so wie auf dem Foto mit dem Ellenbogen direkt an den großen Zeh zu kommen, wieder 5-mal. Anschließend richtest du dich behutsam auf und lockerst Beine und Rücken.
- Wiederhole das Ganze mit dem linken Bein vorne und dann auf jeder Seite noch 2–3-mal.
JELENA LIEBERBERG ist Osteopathin und Yogacoach in Berlin. Du findest sie auf kickassyoga.com, Insta @kickassyoga oder YouTube.
Kennst du auch schon die “fallende Birne” aus Jelenas letzter Kolumne?
Oder übe auch diese kreative Variante der stehenden Vorwärtsbeuge: