Dies.Das.Asanas mit Jelena Lieberberg: Die fallende Birne

Keine Sorge: Bei dieser Neuschöpfung unserer osteopathisch bewanderten Kolumnistin geht es nicht um spätreifes Fallobst: Sie fördert die Dehnung des birnenförmigen Muskels, Piriformis. In vieler Hinsicht köstlich.

Text: Jelena Lieberberg / Foto: Gordon Schirmer

Auch wenn der Name dieser Haltung so gar nicht nach Yoga klingt, ihre Urform erkennst du vermutlich: Es handelt sich um den Drehsitz Ardha Matsyendrasana. Wörtlich übersetzt bedeutet der: “halber Sitz des Matsyendra”, wobei Matsyendra der legendäre Begründer des Hatha-Yoga war. Wie ich von dort auf “fallende Birne” komme? Ganz einfach: Diese besondere Variante hilft dir, die in deinem Körper versteckte Birne loszulassen, den Piriformis-Muskel. Und weil man sich dabei deutlich nach außen lehnt, entsteht ein Gefühl des Zur-Seite-Fallens.

Piriformis bedeutet “birnenförmig” – und das trifft auf diesen kleinen Muskel auch zu. Er liegt ziemlich weit innen, verborgen unter dem großen Gesäßmuskel, Gluteus Maximus. Dort spielt er trotz seiner geringen Größe eine zentrale Rolle, denn er verbindet (gemeinsam mit ein paar anderen Außenrollern) das Kreuzbein, Os Sacrum, mit dem Femur, dem Oberschenkelknochen.

Sobald dieser Muskel “arretiert” (als Osteopath*innen sprechen wir nicht mehr von verkürzten Muskeln, sondern von Muskeln, die in ihrer Verlängerbarkeit gestört sind), kann der Piriformis auf den darunter liegenden Ischiasnerv drücken. Das wiederum kann ähnliche Symptome wie bei einem Bandscheibenvorfall auslösen, zum Beispiel Gesäßschmerzen, die über das Bein bis in den Fuß ausstrahlen können und beim Gehen verstärkt werden. Regelmäßiges Bewegen und effektives Dehnen kann hier für Abhilfe sorgen.

Lesetipp: “Yoga bei Ischias-Schmerzen”

Macht das Spaß?

Auf jeden Fall. Diese fallende Birne birgt so gut wie keine Risiken, weshalb jede und jeder davon profitieren kann.

Muss ich das können?

Hier geht es weniger darum, etwas zu können, sondern darum, ein Feingefühl in der Unterscheidung zu entwickeln: “Spüre ich gerade einen Dehnungsreiz? Oder handelt es sich um einen Überdehnungsschmerz?” Je mehr wir uns auf die eigene Praxis einlassen und ins Spüren kommen, desto besser können wir nicht nur mit intensiveren Yogahaltungen umgehen, sondern uns auch im Alltag geschmeidig bewegen.

Was muss ich dafür tun?

Vorbereitend fast nichts. Umgekehrt kann dich diese Haltung auf die intensive Drehung in Ardha Matsyendrasana vorbereiten, vor allem aber auf die typischen Hüftöffner-Übungen. Wenn du mit denen auf Kriegsfuß stehst, dann ist die fallende Birne ein Geschenk für dich!

Step by step in die fallende Birne

  1. Setze dich mit nach vorne ausgestreckten Beinen auf deine Matte. Ziehe deine linke Ferse zum rechten Gesäß und kreuze deinen rechten Fuß über den linken Oberschenkel – du kennst das vermutlich vom Drehsitz (Ardha Matsyendrasana).
  2. Da es hier nicht um die Drehung geht, sondern um die Dehnung der tiefen Hüftmuskulatur, darf sich dein rechter Sitzknochen vom Boden lösen (anders als bei der klassischen Form von Ardha Matsyendrasana).
  3. Umgreife dein rechtes Knie zuerst mit dem linken Arm und ziehe das Knie sanft noch etwas dichter nah zu dir heran. Wenn möglich, legst du deine rechte Hand um den linken Ellenbogen.
  4. Lass den Nacken lang und lehne dich nun mit der linken Schulter nach außen in Richtung Boden, bis du die Dehnung tief im rechten Gesäß spürst. Schließe gerne deine Augen, lausche auf deinen Atem und lass dich innerlich auf die Dehnung ein.
  5. Wenn du das Gefühl hast, die Dehnung noch etwas intensivieren zu wollen, kannst du das Knie des aufgestellten Beins etwas näher zu dir heranziehen oder dich weiter zur Seite lehnen. Aber Vorsicht: Die Dehnung sollte spürbar sein, aber nicht schmerzhaft – dosiere den Stretch also so, dass er stimmig ist. Bleibe 60 bis 90 Sekunden in der Haltung, dann löst du sie behutsam auf und wiederholst das Ganze noch einmal seitenverkehrt.

Jelenas eBooks und Events findest du unter: kickassyoga.com.

Kennst du auch schon das “verdrehte Boot” aus Jelenas letzter Kolumne?

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Meistere den Handgong mit Tahra und Kosta Heiko Wemuth

Kennst du schon die spirituellen Unternehmer und Kundalini-Yogalehrer Tahra und Kosta Heiko Wemuth? Gemeinsam haben sie eine Handgong-Ausbildung entwickelt,...

Film-Tipp: “Was will der Lama mit dem Gewehr?”

Was, wenn es auch anders ginge? Wenn unsere Vorstellungen von "richtig" und "gut" keine solch in Stein gemeißelten Wahrheiten...

“Meine Botschaft ist Einigkeit” – Interview mit Sam Garrett

Er trommelt, surft, fährt Skateboard, praktiziert Yoga und spricht viel über Spiritualität. Fast könnte man vergessen, wie erfolgreich Sam...

Yoga und Ernährung: Ein ganzheitlicher Weg zur inneren Balance

In einer Welt, die von Hektik und Stress geprägt ist, suchen immer mehr Menschen nach Wegen, um innere Ruhe...

YogaWorld Podcast: #113 Beckenboden-Power – mit Heike Gross

Willkommen beim "YogaWorld Podcast"! Die Idee dahinter: Zugang zu echtem Yogawissen, ohne stundenlangem Bücherwälzen. Hier erfährst du einfach alles...

#113 Beckenboden-Power: Dos und Don‘ts für Yogapraxis und Gesundheit – mit Heike Gross

Stärkung und Entspannung: Das solltest du unbedingt über die Basis deines Körpers wissen Der Beckenboden ist ein oft vernachlässigter, aber...

Pflichtlektüre

Dr. Ronald Steiner: 4 Übungen für eingeklemmte Handnerven

Diese yogatherapeutische Übungsreihe von Dr. Ronald Steiner verhilft einem eingeklemmten Handnerv in seiner Bahn zu einem leichten Schlittern. Das...

#113 Beckenboden-Power: Dos und Don‘ts für Yogapraxis und Gesundheit – mit Heike Gross

Stärkung und Entspannung: Das solltest du unbedingt über die Basis deines Körpers wissen Der Beckenboden ist ein oft vernachlässigter, aber...

Das könnte dir auch gefallen
Unsere Tipps