Übung “Mitgefühl entwickeln”: So gelingt es dir

Du willst mehr Mitgefühl entwickeln? Sally Kempton gibt dir zwei einfache Übungen an die Hand, mit denen es dir gelingt, wirklich mitfühlend zu sein. Öfter praktiziert, werden sie dein Leben verändern.

Text: Sally Kempton / Titelbild: Michael Fenton via Unsplash

Wenn du echtes, dauerhaftes Mitgefühl in dir wecken möchtest, dann musst du zunächst mitfühlend mit dir selbst sein. Wenn man nicht gelernt hat, seine eigenen Unzulänglichkeiten mit Mitgefühl zu betrachten, dann wird man auch andere nicht ansehen können, ohne sie zu bewerten. Egal wie nett du dann zu jemandem bist, ein Teil deiner selbst wird immer auch die Fehler des Gegenübers registrieren. Er wird ungeduldig auf dessen Versagen reagieren und sich insgeheim fragen, ob sich diese Person ihre Schwierigkeit im Grunde nicht  selbst zuzuschreiben hat. So gesehen ist mehr Mitgefühl gegenüber sich selbst die Voraussetzung für Mitgefühl gegenüber anderen Menschen.

Übung 1: Selbstmitgefühl entwickeln

Wenn du es gewohnt bist, selbst dein schärfster Kritiker zu sein, kann die Entwicklung von Selbstmitgefühl eine große Herausforderung sein. Bei dieser Übung behandelst du dich selbst mit der selben Fürsorge und Liebe wie ein kleines Kind. Setze dich bequem und ruhig hin und beobachte einige Minuten lang dein Atem. Rufe dir eine Zeit in Erinnerung, in der du dich umsorgt gefühlt hast – und sei es in der unspektakulärsten Weise. Beobachte, ob es dir gelingt, dieses Gefühl, dass jemand für dich sorgt, in dir wachzurufen. Dann beobachte, wie sich dein Herz dabei anfühlt und was dein Körper zurückmeldet. Stelle dir vor, du bist wieder Kind. Du kannst dich auch an eine Zeit erinnern, in der du als Kind unglücklich warst.

Stelle dir vor, dein erwachsenes Selbst wiege dieses Kind in seinem Schoß. Spüre den Instinkt, sich um dieses Kind zu kümmern. Sage ihm: “Ich bin da.” Erzähle ihm, dass du die unschuldige, liebevolle, begabte Essenz in seinem Wesen siehst. Dieser Teil der Übung ist sehr bedeutsam. Du sollst dir dabei der Einzigartigkeit deines kindlichen Selbst bewusst werden, einer Einzigartigkeit, die du bis heute in dir trägst. Beobachte, welche Wirkung dies auf dein Herz hat. Kannst du dir ehrliches und tiefes Selbstmitgefühl entgegenbringen? Dann kannst du jetzt einen Schritt weiter gehen.

Übung 2: Mitgefühl entwickeln

Während dieser zweiten Übung sollst du versuchen, dich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen und echtes Mitgefühl entwickeln. Richte deinen Geist auf eine Person, die in Schwierigkeiten steckt oder Schmerz erleidet. Richte folgende Gedanken an diese Person:

Genau wie ich sehnt sie sich nach Glück.
Genau wie ich will sie frei von Leid sein.
Genau wie ich hat sie Trauer, Einsamkeit und Sorge erfahren.
Genau wie ich versucht sie das zu erlangen, was sie im Leben braucht.
Genau wie ich entwickelt sie sich weiter.

Denke über das Leid der Person nach. Stelle dir vor, du würdest auf die selbe Weise leiden. Wie würdest du dich fühlen? Wie sehr würdest du dir wünschen, frei von Leid zu sein? Als nächstes stellst du dir vor, wie viel weniger alleine du dich fühlen würden, wenn jemand aktiv mit deinem Schmerz mitfühlen und ihn beenden wollen würde. Kannst du das für diesen Menschen tun? Kannst du dir aus voller Überzeugung wünschen, dass sein Leiden endet? Versetze dich in die Lage der betreffenden Person und spüre einen Moment lang, dass deren Schmerz auch der deine ist. Spüre den Wunsch, dass das Leid ein Ende hat.

Aktiv werden und Gutes tun

Wenn möglich, tue etwas für die Person. Rufe an, mache ein Geschenk, gehe Essen einkaufen oder lade sie zum Essen ein. Es ist wichtig, etwas zu tun. Das muss überhaupt nichts Großartiges sein, aber es braucht eine Geste in der konkreten Welt. Diese Übung kann so transformierend wirken, dass du sie eigentlich täglich machen solltest. Sehr schnell wirst du feststellen, wie es deine Meinungen und den Kontakt zu sämtlichen Menschen in deinem Leben verändert. Der Grund dafür liegt darin, dass der wahre Schlüssel zum Mitgefühl das Gefühl ist, dass wir alle miteinander verbunden und gleich sind.


Sally Kempton Yogajournal

SALLY KEMPTON gehörte zu den international renommiertesten Lehrerinnen für Meditation und Spiritualität. Sie schrieb viele Jahre über Yogaphilosophie und hat mehrere Bücher verfasst. Mehr Infos unter sallykempton.com.


Du möchtest mehr Übungen, mit denen du dein Mitgefühl stärken kannst? Dann probiere Timo Wahls Metta Meditation im “YogaWorld Podcast” aus:

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Zurück zu mir: Wie 2025 mein Jahr der Selbstfürsorge wird

Ich glaube, ich habe mich ein wenig vernachlässigt. Die letzten Jahre war ich vor allem eines: Mama. Und so...

Fest und freudvoll in Sitzhaltungen: 3 Sitze, 3 Variationen

Sitzhaltungen sind das Kernstück der Yogapraxis, egal ob beim Üben von Asanas, bei Atemübungen oder in der Meditation. Die...

Finde dein inneres Leuchten mit der “Chakra Magic”-Ausbildung

"Chakrenarbeit bringt Farbe ins Leben – im wahrsten Sinne des Wortes", sagen Kim Kassandra und Mark Schmid von Yogimobil®,...

Inspiration für dein ayurvedisches Frühstück: Grießbrei & süßer Linsen-Dhal

„Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler“: Aus meiner ganz persönlichen Ayurveda-Sicht enthält dieser Satz gleich drei Irrtümer auf einmal. Denn…

Die Rückkehr des Lichts: Inspirationen für deine Yogapraxis zum Jahreskreisfest Imbolc

Draußen ist es zwar noch frostig, doch die Tage werden spürbar länger. Genau zu dieser Zeit, am 1./2. Februar,...

Kristalle und ihre Verwendung

Kristalle sind nur esoterischer Krimskrams? Wir meinen nein. Und selbst wenn es nur um den Glauben daran geht ......

Pflichtlektüre

Fest und freudvoll in Sitzhaltungen: 3 Sitze, 3 Variationen

Sitzhaltungen sind das Kernstück der Yogapraxis, egal ob beim Üben von Asanas, bei Atemübungen oder in der Meditation. Die...

Das könnte dir auch gefallen
Unsere Tipps