Nachgefragt: Kopf- und Schulterstand

Wie gefährlich sind Kopf- und Schulterstand wirklich für die Halswirbelsäule?

Antwort gibt: Wolfgang Glasmeyer

Kopf- und Schulterstand gehören im Yoga zu den Umkehrhaltungen, die einiger Übung und Vorbereitung bedürfen. Was sollte man bei Problemen mit der Halswirbelsäule beachten? Der Physiotherapeut Wolfgang Glasmeyer klärt über mögliche Risiken auf.

Im Grunde ist die Antwort schnell gegeben: Ob einzelne Asanas „gefährlich“ sind oder nicht, ist immer davon abhängig, wie gut man vorbereitet ist und welche Grundvoraussetzungen man in die Yoga-Praxis mitbringt. Die möglichen Verletzungen und deren Folgen, die beim Kopf- und Schultersand entstehen können, sind vielfältig: Muskelzerrungen, blockierte Wirbelgelenke, eingeklemmte Nervenwurzeln oder Bandscheibenverletzungen mit Auswirkungen, wie etwa Schmerzen oder Empfindungsstörungen (Kribbeln, Pelzigkeit,…) im Kopf-, Nacken-, Schulterbereich, Armen und Händen. Auch Schwindel, Sehstörungen, Ohrgeräusche oder Übelkeit können auftauchen, falls etwas passiert. Schulter- und Kopfstand haben irgendwie ein schlechtes Image, da die Auswirkungen gravierend sein können, wenn falsch geübt wird.
Es gibt jedoch z.B. auch viele Läufer, die gravierende Probleme mit ihren Schienbeinen, Knien oder auch der Wirbelsäule haben, weil sie, gemessen an ihrem Leistungsstand, den körperlichen Voraussetzungen und zusätzlichen Alltagsbelastungen zu viel, zu schnell oder mit den falschen Schuhen trainieren. (Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich Yoga NICHT als Sport verstehe.) 
Die Frage ist also weniger, ob ein Kopf- oder Schulterstand gefährlich ist. Viel mehr sollte man sich fragen, ob man die Voraussetzungen für eine gefahrlose Ausführung mit in die Yoga-Praxis bringt oder nicht. Um das Üben möglichst ungefährlich zu gestalten, sollte man sich selbst gegenüber Achtsamkeit und Gewaltlosigkeit praktizieren.Ein guter Lehrer ist eine wichtige und gute Hilfe beim Erlernen von Kopf- und Schulterstand; er entbindet aber niemanden der Eigenverantwortung.

Für den Kopf- und Schulterstand bedarf es einer soliden Stabilität (Kontrolle der Gelenke und der Wirbelsäule durch die Muskulatur in jeder Haltung und Bewegung), um die Kräfte, die auf die Halswirbelsäule wirken, aufzunehmen. Des Weiteren benötigt man genügend Flexibilität sowohl in der Wirbelsäule, den Schultern und Armen als auch in den Hüften und Beinen, um gefahrlos in die Haltung hinein und aus der Haltung wieder heraus zu kommen. Die Übergänge sollten immer fließend/geführt sein. 
Die Kombination von Stabilität und Beweglichkeit sollte der Schlüssel zu einer gefahrlosen Ausführung von Kopf- und Schulterstand sein. Diese Prinzipien gelten übrigens nicht nur für Kopf- und Schulterstand, sondern für alle Asanas, inklusive der Übergänge.
Einigen mag die Frage nach der „Gefährlichkeit“ möglicherweise nicht ausreichend beantwortet worden sein, aber die Antwort liegt vor allem bei jedem Einzelnen. Man sollte vorsichtig sein, erst in die Haltung gehen, wenn man sich genügend Kraft, Kontrolle und Beweglichkeit für die Haltung angeeignet hat und die sanften Übergänge nicht vergessen. Selbstsicherheit und Mut gehören aber auch dazu. Man muss ehrlich, achtsam, gewaltfrei sein – und vor allem mit Freude üben!

Wolfgang Glasmeyer leitet in Partnerschaft die Münchner Praxis Siebold/Glasmeyer für ganzheitliche Physiotherapie, Osteopathie und Manuelle Therapie. Außerdem arbeitet er seit 2010 als Therapeut im Jivamukti Yogaloft.

Täglich Energie tanken mit Shiva Rea

Es ist gar nicht so leicht, die tägliche Dosis Asanas in den Alltag zu integrieren. Shiva Rea, die Gründerin des Prana-Flow-Yogastils, sieht sich als Mutter oft selbst mit dieser Herausforderung konfrontiert: „Mein Leben ist unvorhersehbar, deshalb muss ich flexibel sein. Jeden Tag zwanzig Minuten Yoga sind aber definitiv machbar und besser für den gesamten Organismus als hin und wieder eine lange Sequenz zu praktizieren. Wenn Sie einmal in Übung sind, werden Sie überrascht sein, wie viel in zwanzig Minuten passieren kann.“ Nun hat Shiva ein neues DVD-Programm mit sieben zwanzigminütigen Yogasequenzen entwickelt, die jeweils auf den sieben Chakren und fünf Elementen beruhen und dem energetischen Spektrum unseres Energielevels entsprechen. Die Sequenzen haben einen lunaren Schwerpunkt zum Entspannen und einen solaren zum Energetisieren. Über das Bedienfeld „Yogamatrix“ können Sie sich individuell längere Kombinationen zusammenstellen.

FAZIT// Praktisch und effektiv, aber eher für den erfahrenen Übenden geeignet.

„Tägliche Energie – Vinyasa Flow Yoga mit Shiva Rea“ (Acacia, ca 19 Euro).

Yoga-Studium an einer indischen Universität

Auszeit in Haridwar

Im Nachhinein fällt es mir schwer, den Zeitpunkt festzulegen, an dem sich mein Leben veränderte: War es in diesem Sushi-Restaurant in Toulouse, in dem ich mit einer Freundin darüber sprach, dass ich reif sei für etwas Neues? Oder mein Urlaub in Israel? In den letzten Jahren war eine treibende Kraft der Veränderung meine Yogapraxis. Sie führte schließlich zu dem Entschluss, eine längere berufliche Pause einzulegen, um Yoga in seinem Heimatland zu erleben.

Indien, der SubkontInent der Extreme – so viele Gerüche, Farben, Menschen. Beeindruckende Natur und Umweltverschmutzung, Armut und Reichtum. Das Land meines Vaters und seiner Familie. Und die Geburtsstätte des Yoga, der Veden und der zwei großen Weltreligionen Hinduismus und Buddhismus. Bewaffnet mit einem „Lonely Planet India“-Reiseführer – der größten und schwersten Ausgabe der „Lonely Planet“- Serie, die sich auf Reisen auch bestens als Yogablock bewährt hat – und einem Kopf voller Warnungen meiner deutschen Yogalehrer und Freunde, dass mich Yoga in Indien nur enttäuschen würde, machte ich mich auf den Weg nach Rishikesh. Diese kleine Stadt im Norden des Landes dürfte wohl jedem westlichen Yoga-Übenden ein Begriff sein: Dort haben schon die Beatles mit Erleuchtungsmethoden experimentiert und viele westliche Yogaschulen bieten Reisen dorthin an, um im Schatten des Himalaya am Ufer des mächtigen Ganges yogische Ursprünglichkeit zu erleben. Meine indische Cousine wollte mir vor Ort bei der Suche nach einer passenden Yogaschule helfen – obwohl sie offensichtlich sehr skeptisch war. Nirgends würden sich mehr kiffende Möchtegern-Gurus rumtreiben als hier, so ihre besorgte Warnung.

Ich hatte mir jedoch in den Kopf gesetzt, es in Rishikesh zu versuchen. Und tatsächlich verbrachten wir zwei Tage an diesem kuriosen Ort und klapperten die Ashrams und Yogaschulen auf meiner Liste ab, die ich schon Monate zuvor mittels stundenlanger Internet-Recherche erstellt hatte. Rishikesh ist überlaufen von westlichen Yogis, Backpackern, Aussteigern und jungen Israelis, die nach Ableistung ihres Militärdienstes herkommen. Ich hatte vor, mindestens drei Monate intensiv Yoga zu studieren und zu üben, und dabei war es mir sehr wichtig, nicht in eine mit Ritualen überladene, sektenähnliche Gemeinschaft hineinzugeraten, in die ich als christlich erzogene und selbständige Frau ohnehin nicht passen würde. Aber nichts konnte meine Sehnsucht nach einem Ort, an dem Yoga in seiner Ursprünglichkeit und Einfachheit gelebt wird, wirklich befriedigen. Nachdem wir die letzte Adresse auf meiner Liste abgehakt hatten, sank meine Hoffnung, doch noch etwas Außergewöhnliches zu finden, beinahe auf den Nullpunkt.

Ein bewusstes und achtsames Leben lehrt uns allerdings, dass es keine Zufälle gibt. Und so war es schließlich unser geduldiger Fahrer, der uns am Ende unserer zweitägigen Tour durch Rishikesh fragte, warum wir eigentlich noch nicht in Shantikunj gewesen wären – wo wir doch einen Ort suchten, an dem Yoga und Spiritualität gelebt und gelehrt werden. Auf seinen Rat hin verließen wir Rishikesh in Richtung Haridwar, irgendwo auf der einzigen Verbindungsstraße zwischen den zwei Städten bog unser Fahrer ab und brachte uns nach Shantikunj. Da standen wir nun – und waren sprachlos. In dem riesigen Ashram mit dem schönen Namen (Shantikunj heißt frei übersetzt „Garten des Friedens“) waren junge Frauen gerade damit beschäftigt, zur Vorbereitung auf ein großes Fest Rangoli aus buntem Sand auf den Boden des Hauptweges zu streuen. Nach einem ersten Rundgang wurden wir zum Campus der DSVV University geschickt, die nur ein paar Kilometer entfernt liegt und wie der Ashram zur Organisation All World Gayatri Parivar gehört.

Die Abkürzung DSVV steht für „Dev Sanskriti Vishwavidyalaya“ und heißt wörtlich übersetzt „heilige Kultur-Universität“. Sie wurde 2002 als Privatuniversität nach den Grundsätzen des traditionellen Gurukul-Systems, in dem Lehrer und Schüler zusammen leben und lernen, und der vedischen Lehren, wie sie vom Universitätsstifter Pt. Shriram Sharma Acharya gelehrt wurden, gegründet. Ohne langes Warten oder bürokratische Hürden wurden wir umgehend vom Direktor der School of Yoga and Health empfangen. Dr. Chinmay Pandya, Enkel von Gurudev und ausgebildeter Mediziner, hatte neun Jahre in einer leitenden Position in einem Londoner Krankenhaus gearbeitet, bevor er nach Indien zurückkehrte, um die Leitung der School of Yoga and Health und damit das administrative und spirituelle Erbe der Organisation zu übernehmen. Dr. Pandya nahm sich nicht nur Zeit für uns, sondern ermutigte mich in einem sehr persönlichen Gespräch, an die DSVV zu kommen – und gab mir schließlich das lang ersehnte Gefühl, den richtigen Ort für mein Vorhaben gefunden zu haben. Die DSVV liegt auf einem riesigen und wunderschön angelegten Campus von über 33 Hektar, unweit des Ganges und etwas außerhalb von Haridwar, eine der heiligsten Städte der Hindus. Haridwar ist eine der vier Städte, über die geschrieben steht, dass dort die Götter versehentlich einen Tropfen Amrit – das Elixier der Unsterblichkeit – verschüttet hätten. In der hinduistischen Vorstellung sorgt ein Bad im Ganges an dieser Stelle für die Erlösung vom ewigen Rad der Wiedergeburt. Im Winter kann es aufgrund der Nähe zum Himalaya durchaus sehr kalt werden, im Sommer sind Temperaturen von bis zu 40 Grad keine Seltenheit. Nur der Monsunregen erlöst zwischendurch von der lähmenden Hitze. Ich denke, dass es gut war, dass ich während des Monsuns auf dem Campus war: Trekkingtouren in die Berge sind während der sintflutartigen Regengüsse sehr gefährlich, häufig werden Straßen gesperrt und der öffentliche Verkehr bricht regelmäßig zusammen. Auf dem Campus empfand ich den warmen Regen als Segen und war froh, nicht auf den schlammigen Straßen oder in schimmeligen Hostels festzustecken. Stattdessen genoss ich die Mango-Saison – meine liebste Zeit in Indien – an der Uni und widmete mich ausschließlich meiner Yogapraxis und meinen Vorlesungen. Der weitläufige Campus bietet genügend Platz für die Unterkünfte der Studenten und etwa 320 Professoren und Mitarbeiter. Auf dem Campus befinden sich außer der Bibliothek und den Vorlesungsgebäuden die Holistic Health Clinic, eine Mango-Plantage, Kuhställe für die eigene Milch- und Butterherstellung, eine Garnspinnerei mit einer angrenzenden Stoff- und Teppichweberei, ein liebevoll gepflegter ayurvedischer Heilkräutergarten, eine Apotheke, ein Herstellungszentrum für ayurvedische Medizin, eine Grundschule und ein paar kleine Läden.

Der täglich unveränderte Tagesablauf ist derselbe wie in Shantikunj. Bereits um 4.30 Uhr erwacht der Campus zum Leben: Bevor um 6 Uhr der Unterricht beginnt, finden auf dem Gelände Yagya(Feuer)-Zeremonien, Mantra-Singen oder andere vedische Zeremonien statt. Tagsüber herrscht reges Treiben, bis zur 15-minütigen Nada-Yoga-Meditation um 18 Uhr am Shiva-Tempel, der sich im Zentrum des kreisförmig angelegten Campus befindet. Eine meiner schönsten Erinnerungen ist dieses einfache, tägliche Ritual und die wunderschöne Bambusflötenmusik, die per Lautsprecher über den gesamten Campus ertönt. Über alles und jeden legt sich eine unglaubliche Ruhe, wenn sich der Tag dem Ende zuneigt. Mein Studium dort war von Anfang an etwas wirklich Besonderes. Da ich mir drei Monate für dieses Projekt gegeben hatte, der kürzeste „Degree Course“ aber sechs Monate dauert, gab man mir die Freiheit, die Vorlesungen und Kurse aus allen Studiengängen herauszusuchen, in denen ich meine größten Wissenslücken sah. Auf diese Weise konnte ich mir meinen eigenen Studienplan zusammenstellen und die Schwerpunkte dort setzen, wo es für mich sinnvoll war.

Jeden Morgen um 6 Uhr hatte ich eine Asana-Klasse mit etwa 30 jungen indischen Studentinnen. Asanas werden in Indien üblicherweise getrennt nach Geschlechtern geübt und in meinen Stunden sollten wir so viel aneinander herumziehen, -zerren und -drücken, dass ich bald verstand, warum man in gleichgeschlechtlichen Gruppen unterrichtet wurde. Nach den ersten Minuten war klar, dass ich trotz jahrelanger Praxis verglichen mit diesen Gummi-Damen bestenfalls ein steifer Holzklotz war. Die Hoffnung, meine Asana-Technik zu vertiefen, die ich in diversen Workshops und Privatstunden in Deutschland erworben hatte, zerronn wie der Schweiß auf meiner Stirn. Bezeichnungen wie „Schlangenmenschen“ oder „Zirkusartisten“, aber auch die Warnungen meiner deutschen Lehrer kamen mir wieder in den Sinn. Zugegeben: Die Asana-Klassen waren in Bezug auf Flexibilität viel zu anspruchsvoll für mich. Aber was Technik, Atmung und Körperbewusstsein anging, fühlte ich mich unterfordert. Im Endeffekt holte ich mir das von den Stunden, was ich am meisten brauchte und das waren das schweißtreibende Dehnen meiner verkürzten Muskeln und das Eingeständnis an mein Ego, dass Yoga mindestens so viele gleichberechtigte Gesichter hat, wie Indien Menschen.

Als einzig anerkannte Universität in Indien hat sich die DSVV dazu verpflichtet, moralische Werte aus den Veden zu vermitteln. Dabei ließ sie sich von den Lehren und dem Leben Gurudevs inspirieren. Für mich bedeutete das eine komplett neue Welt und Herangehensweise an das Thema Yoga. In weiten Teilen Indiens sind die acht Stufen nach Patanjali jedem Kind bekannt und die zwei Grundpfeiler, die wir als Yama und Niyama kennen, gehören zum Leben und Alltag der Menschen. Ich fühle mich noch immer tief berührt davon, dass ich drei Monate lang dieser herausragenden Gruppe von Menschen angehören durfte, die so voller Leidenschaft für höhere Werte und Ziele und dem Drang nach Wissen und Bildung sind, und dennoch ein Leben in Einfachheit, Demut und Großzügigkeit führen. Von insgesamt etwa tausend Studenten, die dort verschiedene Studiengänge wie englische Literatur, Sanskrit, Informatik, Kommunikationswissenschaften und eben auch Yoga studieren, waren im Sommer 2011 lediglich acht ausländische Studenten eingeschrieben.

Die Universität hat sich in den letzten zehn Jahren im ganzen Land einen guten Ruf erarbeitet und namhafte Preise gewonnen. Entgegen der weitläufigen Meinung, dass in Bezug auf Bildung nur das überdurchschnittlich gut ist, was auch teuer ist, war es für mich anfangs schwer zu begreifen, dass die DSVV keine Studiengebühren verlangt. Indische Studenten erhalten die Ausbildung praktisch kostenfrei und ausländische Studenten müssen lediglich für Kost und Logis aufkommen, was in Indien außerhalb der internationalen Großstädte kaum mehr als ein Taschengeld für deutsche Verhältnisse bedeutet.

Diverse internationale Kooperationen mit ausländischen Universitäten, internationale Festivals und der langsam wachsende Bekanntheitsgrad der DSVV und AWGP im In- und Ausland wird mit den Jahren diesem Geheimtipp das Geheime nehmen.

Alles in allem war meine Zeit in Haridwar ein bereicherndes Erlebnis und eine Reise zu mir selbst, die ich nicht missen möchte. In drei Monaten konnte ich lediglich an der Oberfläche meiner Yoga-Studien kratzen, die mich mit Sicherheit mein Leben lang begleiten werden. Was ich jedoch in der Ruhe jener friedvollen Tage erkennen durfte, ist, dass die Schönheit und das Göttliche in unserem Leben nicht in den großen Entscheidungen zu finden sind, sondern in den kleinen und oft so unscheinbaren Handlungen des Alltags verborgen liegen.

 


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Tara lebt in München und unterrichtet seit 4 Jahren traditionelles Hatha Yoga; aktuell  im Yoga Atelier in Schwabing. Sie reist regelmäßig nach Indien, in das Heimatland ihres Vaters, um an der DSVV Universität in Haridwar Yoga und Vedanta zu studieren und dort angewandte vedische Kultur zu erleben.

Email: tara.yoga@gmx.net

MC Yogi & seine Amanda: Schwärmen in hohen Tönen

Kennen gelernt haben sie sich auf einer Yogalehrerausbildung – und sich auf den ersten Blick ineinander verliebt. „Als Amanda den Yogaraum mit zwei nicht zueinander passenden Kniestrümpfen betrat, wusste ich sofort, dass ich soeben meiner zukünftigen Frau begegnet war“, schwärmt Nicholas Giacomini, der als MC Yogi die Yogawelt mit seinen gerappten indischen Mythen zum Tanzen bringt. Seit elf Jahren unterrichten sie gemeinsam – wenn Nicholas nicht gerade an seinen Beats feilt oder Amanda Giacomini sich um die künstlerische Gestaltung der Bühnenshow kümmert. Wir trafen die Künstlerin und den Kirtan-Rapper und ließen uns ihr Geheimnis erläutern.

Amanda ist heiser. Auf der gestrigen Party habe sie ihren Ehemann etwas zu laut angefeuert, erklärt sie. In der Stunde, die die beiden heute gemeinsam geben, übernimmt Nicholas die Rolle des Sprechers, während Amanda die Geschichten über Ganesha mit Mudras untermalt. Auch in unserem anschließenden Gespräch ist immer wieder zu spüren, wie sehr sich diese zwei Menschen ergänzen.

YOGA JOURNAL: Welche Rolle kann Yoga eurer Meinung nach in einer Liebesbeziehung spielen?
NICHOLAS GIACOMINI: Der Grundgedanke von Yoga ist, zwei Seiten zusammenzubringen und zu harmonisieren. Das können Mann und Frau sein. Aber natürlich können auch viele andere, zunächst gegensätzlich scheinende Formen in Einklang gebracht werden, wie zum Beispiel Yoga und HipHop. Wenn dieses Zusammenfügen funktioniert, sprechen wir von Yoga.
AMANDA GIACOMINI: Jemand hat Richard Freeman [amerikanischer Ashtanga-Yogalehrer; Anm. d. Red.] einmal nach der härtesten Serie gefragt, die er jemals praktiziert hätte. Er antwortete: „Die Haushälter-Serie!“ Yoga als ein Werkzeug für eine funktionierende Partnerschaft zu besitzen, ist einfach wunderbar.
Nicholas: Ich denke, es ist nicht unsere Aufgabe, andere perfekt zu machen. Als Amandas Ehemann muss ich sie so lassen, wie sie ist. Als meine Partnerin muss sie die Entwicklung meines individuellen Selbst tolerieren. Diese Maxime kann auf jede andere Beziehung übertragen werden. Wir haben immer eine Vorstellung, wie die anderen zu sein haben, aber das liegt nur daran, dass wir zu viel Energie auf Äußerlichkeiten verschwenden.
Amanda: Yoga hat mir geholfen, mich selbst besser kennen zu lernen und mich sicherer und zufriedener zu fühlen. Habe ich eine gute Beziehung zu mir selbst, kann ich dieses Gefühl auch auf andere Beziehungen übertragen.
Nicholas: Wer Yoga übt, lernt, geduldiger, freundlicher und vergebungsvoller zu werden. Das wird jeder Beziehung helfen. Natürlich verlieren Amanda und ich uns auch, fühlen uns beunruhigt oder gestresst. Aber das Leben ist nun mal von Zeit zu Zeit stressig. Mit Yoga können wir diese Phasen leichter überstehen.

Also hat euch Yoga dabei geholfen, euch selbst zu lieben?
Nicholas: Als Kind war ich sehr schüchtern und in meiner Jugend hatte ich viele Probleme. Nur durch Yoga konnte ich auf einmal meinen eigenen Geist fühlen, Zusammenhänge klarer erkennen und endlich vergeben und akzeptieren.
Amanda: Einer meiner Yogalehrer erzählte mir einmal, wie er sich vor der Yogastunde so schwer fühlte und danach unglaublich leicht. Als ich ein Teenager war, konnten mich oft die kleinsten Dinge aus der Fassung bringen: eine nicht sitzende Frisur zum Beispiel oder ein paar Gramm, die ich zugenommen hatte. Es war wie eine Krankheit, bei der man sich permanent wegen Äußerlichkeiten kritisiert. Ich habe erkannt, wie wichtig es mir daher ist, Yoga vor allem mit jungen Menschen zu teilen, denn so kann ich diesen Teil in mir reparieren, der über die Jahre geschunden worden ist. Außerdem erinnert mich Yoga immer wieder daran, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf das Aussehen zu verwenden, sondern verstärkt darauf, wie es in unserem Inneren aussieht.
Nicholas: Ich finde es zwar wichtig, auf das Äußere zu achten, doch dabei sollte man nie vergessen, was in einem selbst vorgeht. Wie wir auftreten, uns kleiden, sprechen, reagieren – Yoga umfasst alles. Die Idee ist es, so ausbalanciert zu sein, dass das Äußere das Innere reflektiert und umgekehrt. Als Künstler muss ich das, was sich in mir abspielt, nach außen tragen.
Amanda: Ich habe von einer Lehre Jesu gehört, die ungefähr Folgendes besagt: Wenn du das, was in dir steckt, nicht voranbringst, wird es dich zerstören. Wenn du das, was in dir steckt, voranbringst, wird es dich retten.

Fühlt ihr euch als eine Art Vorbild, wenn ihr als Liebespaar auf der Bühne Yoga unterrichtet?
Nicholas: Der brühmte Rapper Tupac Shakur sagte mal: „Ein Schauspieler spielt eine Rolle. Und ein Model ist jemand, der sich hübsch anzieht und Bilder von sich machen lässt.“ [Anm. d. Red.: Hier wird der englische Begriff „role model“ für „Vorbild“ aufgebrochen.] Jeder sehnt sich nach einem Vorbild, weil nicht jeder die Kraft und den Mut hat, seinen eigenen Weg zu finden. Letztendlich erkennen wir aber, dass auch ein Vorbild nur ein Mensch ist und verlieren dann unsere Hoffnung. Wenn wir nur auf den Lehrer achten, anstatt auf das, was er lehrt, sehen wir nur den Menschen dahinter. Deswegen hat Bruce Lee gesagt: „Schau auf meinen Finger!“ Und als der Schüler auf seinen Finger blickte, bekam er eine Ohrfeige. „Schau nicht auf meinen Finger! Schau, auf was mein Finger zeigt. Wenn du dich auf meinen Finger konzentrierst, verpasst du das, auf was mein Finger zeigt, nämlich den Mond und die ganze himmlische Pracht.“
Amanda: Als Nicholas anfing, Musik zu machen, war ich sein größter Fan. Bald wollte ich jedoch auch ein Teil des kreativen Prozesses werden. Ich kann mir vorstellen, dass es für manche Menschen von unschätzbarem Wert sein kann, zu sehen, dass man als Paar auf Augenhöhe zusammenarbeiten und sich dabei auch noch wunderbar ergänzen kann.

Ihr seid auch ansonsten Arbeitspartner. Wie wirkt sich das auf eure Liebesbeziehung aus?
Amanda: Ich male in meinem Studio und Nick arbeitet an seiner Musik. Wenn du einen Partner hast, der auf dem gleichen Weg ist und die beste Version seiner selbst verwirklichen möchte, ist das sehr inspirierend. Wir unterstützen uns gegenseitig.
Nicholas: Dein Partner muss nicht unbedingt den gleichen Beruf ausüben wie du. Wichtig ist nur, dass er dabei ähnlich hingebungsvoll bemüht ist, etwas Gutes zu erschaffen. Dann nährt man sich gegenseitig. Wenn ich sehe, wie gut Amanda an geschäftliche Angelegenheiten herangeht, inspiriert mich das sehr dazu, mehr Integrität zu schaffen. Ich denke, dass ich sie hingegen darin bestärke, genau wie ich das zu machen, was ihr Spaß macht.

Ihr nutzt die Kombination aus Yoga, Musik und Kunst, um euch mit den Menschen zu verbinden.
Nicholas: Yoga lässt uns in uns gehen und eine ungeheuer starke Kraft, Energie und Freude erfahren. Durch Musik und Kunst können wir diese Erfahrung dann so weitergeben, dass sie die Menschen erfreut. Wir haben dazu das Kollektiv „MC Yogi and the Sacred Sound Society“ gegründet. Ich kann den ganzen Tag meditieren. Wenn ich aber dieses wunderbare Erlebnis für mich behalte und es der nächsten Generation verwehre, ist dieses Glücksgefühl letztendlich unvollkommen.

Nicholas, du bist mit eurem Co-Produzenten Robin Livingston durch Indien gereist, wo ihr an verschiedenen Orten das letzte Album „Pilgrimage“ aufgenommen habt. Würdest du sagen, dass du dich mit Amanda auch auf einer Pilgerreise befindest?
Nicholas: Ich denke, dass wir zwar alle auf unserer eigenen Reise sind, aber trotzdem immer in Verbindung mit anderen stehen. Du musst die Pilgerreise nicht nur um deinetwillen machen. Traditionellerweise gehen indische Männer für ihre Ehefrauen auf eine Reise. Der Gedanke dahinter ist eine spirituelle Praxis, die auf direktem Wege jemand anderem zugutekommen kann. Amanda und ich sind zusammen mit Robin auf dem Weg, die ganze Welt zu bereisen und das durch Musik zu teilen, was wir in unserer eigenen Praxis erfahren haben.

 

(Fotografie: Ali Kaukas)

 

Kochen mit: Angelika Fischer

Leinsamen-Pizzabrot (raw)

ZUTATEN

Wrap
250 g Karotten
1 Zucchini (ca. 15 cmlang)
90 g getrocknete Tomaten
100 g heller (gold-) Leinsamen
5 g getrocknete Steinpilze
1/4 rote Zwiebel
1 TL Salz (alternativ Spaghetti-Algen)
1 TL Oregano 1 Prise Muskat 1 Zehe Knoblauch

Füllung
1/2 knackiger grüner Salat
2 Salattomaten
3 Radieschen
2 Minigurken
1 Schuss natives Olivenöl
1 Schuss Essig (evtl. roh hergestellt)
weiche Rohmilchkäsewürfel

ZUBEREITUNG
Karotten in der Küchenmaschine breiig zerkleinern. Zucchini mit der Julienne in Streifen schneiden, restliche Zutaten wie die Karotten breiig zerkleinern. Leinsamen mind. fünf bis acht Stunden einweichen, evtl. mit den zerkleinerten Steinpilzen gemeinsam. Wenn der Leinsamen essbar ist, extra in der Küchenmaschine zerkleinern, sodass ein Teil fein wird und ein Teil ganz bleibt. Zwiebel in Stiftchen schneiden. Würzen nach Wunsch, alles vermischen. Nicht zu salzig abschmecken, da der Geschmack später noch intensiver wird. Auf ein Backblech oder Trocknungsgitter auf Backpapier aufstreichen und unter 40 °C ein bis zwei Tage trocknen lassen. Sobald möglich, den Teig umdrehen und das Backpapier abziehen, sodass die zweite Seite antrocknet – oder gleich zu Wraps in Quadrate schneiden, befüllen und in Rollen gelegt auf dem Teller servieren. Die Wraps können auch gut auf 40 °C angewärmt serviert werden. Sind die Wraps schon etwas zu trocken, können sie, kurz angefeuchtet, wieder biegsam gemacht werden. Übrige flache Fladen und Reststücke können weitergetrocknet und später als Brot verwendet werden.

5 KURZE TIPPS FÜR DIE ROHKOST-ERNÄHRUNG

  1. Rohkost ist nicht einfach Karotten knabbern: Die wahren Genüsse sind Wildpflanzen und reife bzw. für den rohen Verzehr geeignete Lebensmittel.
  2. Bei Zubereitungen nichts mitmischen, das man in derselben Menge nicht auch pur und getrennt essen wollen würde. Kein Gemüse mit Früchten mischen.
  3. Anfangs sehr offen sein, Dogmen links liegen lassen: Selbst beobachten und in den Körper hören, was gut tut. Locker bleiben und nicht zu streng mit sich sein: Schritt für Schritt!
  4. Auch wenn es „nur“ für eine 70% Rohkosternährung oder kurenweise für wenige Wochen stattfinden soll: gleichgewichte und deren Mundgefühl beachten, Blähungen vermeiden.
  5. Sich mit Gleichgesinnten treffen, Spaß haben, eine völlig neue Welt um sich entdecken: Rohkost ist ein Abenteuer.

INFO
Angelika Fischer hatte einen langen Leidensweg hinter sich, als sie vor zehn Jahren ihre Ernährung komplett auf Rohkost umstellte. Seit frühester Kindheit litt die Österreicherin an Neurodermitis, Asthma und verschiedenen Allergien. „Ich hatte schon so viel probiert und glaubte schon fast nicht mehr daran, dass es mir je besser gehen würde“, erzählt die 38-Jährige. Doch als sie sich zu einem zweiwöchigen Experiment entschloss, bei dem sie ausschließlich rohe Speisen zu sich nahm, veränderte sich ihr bisheriges Leben von Grund auf: „Bereits innerhalb dieser kurzen Zeit veränderte sich mein Körper von innen her und es ging mir so gut wie nie zuvor.“ Über die Jahre eignete sich die ausgebildete Ingenieurin ein großes Wissen über die rohe Ernährung an, das sie 2011 in einem umfassenden Buch bündelte. „Ich möchte niemandem eine rohe Ernährung aufdrängen, aber denen, die es interessiert, meine Erfahrungen und den neuesten Stand der Wissenschaft zu diesem Thema weitergeben. Die rohköstliche Ernährung ist ein starkes und mächtiges Werkzeug, verlangt aber unbedingt einen verantwortungsvollen Umgang mit sich und seinem Körper.“

www.allesroh.at

Die Redaktion testet: Gong-Meditation

Bei der Abschlusszeremonie des Happy Mind Festivals in Hamburg sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Wie eine schöne Frau kam sie mir vor, die man noch in letzter Minute auf einer Party kennengelernt hat. Es war eine kurze Begegnung – zu kurz, um sich eine echte Meinung bilden zu können, und doch intensiv genug, um sie wieder sehen zu wollen. Ihr Name lautet “Gong-Meditation”.

Test: Gong-Meditation // Redakteurin: Laura Hirch

Wieder zurück in München denke ich zwei Wochen nach unserer ersten Begegnung noch immer an sie. Wie tief sie mich erschüttert und mitgerissen hat, wie intensiv sie mich in ihren Bann gezogen hat. Ich suche sie – im Netz. Es gibt nicht viele Einträge, aber dennoch werde ich fündig. Am Sonntag will ich sie im Kundalini Yoga Zentrum in der Kaiserstraße treffen, unter der Leitung von Satya Singh Renninger.

Ich bin etwas nervös, als ich den Yogaraum betrete. Als ich den Gong wieder sehe und Satya mir ein bisschen darüber erzählt, kann ich mich entspannen. In den folgenden Momenten lasse ich mich voll auf die Erfahrung ein. Ja, sie wird wieder laut und ja, sie erschüttert mich in Innersten, aber ich fühle auch echte Zufriedenheit.

Laura: Satya, wieso bewegt uns die Gong-Meditation so sehr?
Satya: Unser Körper besteht zum Großteil aus Wasser und dieses wird durch den Gong in Schwingung versetzt. Er verlangsamt die Frequenz in dir und somit auch die Frequenz in deinem Gehirn und versetzt dich in den Zustand der Trance. Wenn du dich darauf einlässt, dann schwebst du richtig weg – ohne in den Zustand des Schlafens zu gelangen, den du ja jede Nacht erlebst. Die Gong-Meditation hilft uns in erster Linie, uns von den Gedanken wegzutragen.

Du meintest zu Beginn, dass die Gong- Meditation genau die Erlebnisse und Emotionen hochholt, die sich bei uns Schülern an diesem Wochenende sowieso im Inneren abspielen. Ich steckte gerade in einem kreativen Prozess und es kamen tatsächlich währenddessen unzählige Ideen hoch, die ich am liebsten sofort niedergeschrieben hätte. Wie passt das damit zusammen, dass einen der Gong von den Gedanken wegtragen soll?
In der Meditation oder der Phase kurz vor dem Aufwachen verändert sich die Gehirnfrequenz und viele haben in dieser Zeit ein Notizbuch neben dem Bett, weil ihnen plötzlich Ideen kommen. Es braucht etwas Zeit und dafür gibt es eine schöne Metapher: Stell dir vor, du sitzt am Schreibtisch und neben dir ist ein großer Haufen an Papierkram, den es abzuarbeiten gilt. Jeden Tag kommt neues Papier dazu und der Haufen wird einfach nicht weniger. So verhält es sich mit den Gedanken. Durch unseren Alltag, den Job oder die Beziehung türmen sich mit der Zeit allerhand Gedanken in uns auf. Wir sind permanent am Denken. Wenn du auf eine Pilgerreise gehst oder für längere Zeit in einen Ashram, bist du erst einmal fern von alltäglichen Einflüssen und kannst nach und nach die Gedanken “wegarbeiten”, weil ja erst einmal nicht so viel “Alltagskram” auf dir lastet. So wird dein Haufen kleiner und kleiner, bis du irgendwann den letzten Gedanken gedacht hast. Und dann kommt der Punkt, wo wir uns in ein neues Feld wagen. Was denkst du jetzt? Dann kommen dir die grundsätzlichen Gedanken. Wer bin ich überhaupt, was mache ich hier, liebe ich meinen Job? Meditierst du häufig, verhält es sich ähnlich, nur dauert es eben länger. Deswegen sind wir oft so ungeduldig und fühlen uns vielleicht nach Jahren noch als “schlechter Yogi”, weil wir immer noch so viel denken während der Meditation. Tatsächlich verlangsamen sich aber deine Gehirnwellen. Der Gong kann helfen, in einen anderen Zustand zu gelangen und diesen Vorgang zu beschleunigen.

Ich hatte zu einem gewissen Grad Schmerzen aufgrund der Lautstärke und musste mir die Ohren zuhalten. Ist das so, weil ich Anfängerin bin?
Das hat weniger damit zu tun, ob man Anfänger ist. Der Gong ist ein Geräusch, das man zu Beginn noch nicht kennt. Zu vielen Vorgängen existiert ein Geräusch in deinem Kopf. Klopft man auf Holz, weißt man ziemlich genau, was für ein Geräusch dabei entsteht. Klopfe ich aber auf Holz und vernehme – sagen wir ein Klatschen – dann weiß der Geist sofort, dass etwas nicht stimmen kann, denn er hat ein anderes Muster dafür. Wenn du häufiger an einer Gong-Meditation teilnimmst, bekommst du dafür auch langsam ein Muster. Daher liegt meine Kunst darin, den Gong für Anfänger und auch für schon Erfahrene auf eine solche Weise zu spielen, dass es unvorhersehbar wird, welches Klangmuster auf sie zukommt. Und – was ich für dich zwar nicht beurteilen kann – es geht auch darum, wie sehr man Kontrolle abgeben kann. Das ist aber ein Prozess. Tatsächlich richtet dieser “weiße Sound” aber keinen Schaden in den Ohren an, denn er liegt auf einer sehr hohen Frequenz und wird nur sehr kurz erzeugt. Im Gegensatz dazu stehen die tiefen Frequenzen auf Konzerten oder in Clubs, bei denen einem danach die Ohren rauschen. Dass du deine Ohren zuhältst, liegt an unserem Schutzmechanismus. Du solltest dich dann auch nicht verkrampfen und den Schmerz unbedingt aushalten, weil es vielleicht die anderen auf der Matte neben dir auch aushalten. Jeder Mensch hat da seine eigene Grenze. Manche Teilnehmer haben erst nach mehreren Gong-Meditationen das Gefühl, dass die Lautstärke ok ist. Und manche schlafen auch dabei ein.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Gong-Meditation ziemlich heftig auf hochsensible Menschen wirkt. Für wen ist sie nicht geeignet?
Für Menschen, die unter Drogeneinfluss stehen, ist von der Gong-Meditation abzuraten. Gerade wegen der Trance ist es unvorhersehbar, was mit ihnen passieren würde. Die Sensibilität könnte auf eine gewisse Schutzhaltung zurückzuführen sein. Da wäre es interessant zu erforschen, wo die Grenze liegt. Man kann sich der Gong-Meditation auch auf Gong-Konzerten in Verbindung mit Klangschalen Schritt für Schritt nähern. Dort wird meist auch mit weichen Mellets (Schlegeln) gespielt, die eine sanftere Wirkung erzielen. Ich spiele mit harten – das ist schwieriger, weil man jeden einzelnen Klong hört und diesen so kunstvoll verstecken muss, dass am Ende ein weicher Soundteppich entsteht. Mit harten Mellets kommt man jedoch erst in diesen Trance-Zustand. Wie ich meinen Gong bespiele, ist ja nur eine der vielen Traditionen mit ihren unterschiedlichen Spielarten. Ich kann so jeden erreichen, mitreissen und aufheben – fast wie auf einem Teppich.

Als Premiere hast du heute einen Gong bespielt, der bereits 50 Jahre alt ist. Übt er durch sein Alter nun andere Schwingungen auf den Menschen aus?
Er transportiert zwar keine anderen Schwingungen, ist aber vor mir schon oft bespielt worden. Ein Gong ist ähnlich wie eine Geige: Wenn jemand sein Geigenspiel aufgibt, reicht er sein Instrument an einen anderen Geigenspieler weiter, damit sie ihn in dessen Spiel weiterbringt. Ich habe diesen Gong nun in der dritten Generation von einem Gonger erhalten, der seine Sammlung aufgelöst hat. Dieser Gong fordert mich heraus, weiter zu lernen. Einen neuen Gong könnte ich mir selbst so erspielen, wie ich das möchte. Das, was diesen letztlich so individuell macht, ist, was alle Spieler vor mir mit ihm gemacht haben. Und so klingt er wie kein anderer.

In Hamburg wurde die Meditation von Ada Namai geleitet. Ich habe die Erfahrung machen dürfen, dass der Gong sehr differenziert auf mich gewirkt hat, nämlich eher auf meine Körpermitte, wohingegen mich dieser gleichermaßen mit Schwingung bedeckt. Wie kann das sein?
Ada hat mir mir gemeinsam die Ausbildung gemacht und wir spielen beide seit neun Jahren. Wir haben zwar den gleichen Lehrer, der wiederum auf Yogi Bhajan zurückgeht, aber das Spiel entwickelt sich sehr individuell. Auch die Vorbereitung ist entscheidend: welches Yogaset wähle ich und wie gehe ich während der Meditation voran. Daher wirkt das Gongspiel bei jedem unterschiedlich, wenn auch vielleicht das Grundmuster gleich ist.

Im Internet gibt es hierzulande nicht allzu viele Einträge über die Gong-Meditation. Ist sie noch ein Geheimtipp?
Ich bin oft auf Reisen und kenne diese Exklusivität. Es gibt einige Gongspieler, die nicht wirklich Internet-affin sind und bereits ihre festen Gruppen haben. In der Szene wird noch viel mit Flyern gearbeitet. Daher sollte man in Yogastudios mal nachsehen, ob nicht irgendwer einen Flyer ausgelegt hat. Aber das Ganze fängt an zu wachsen und das freut mich!

Grüß Göttin

In den Augen der meisten Yogis ist Yoga eine spirituelle Bewegung. In vielen überlieferten und neuen Texten zum Thema Yoga ist von Gott, Erleuchtung oder Erlösung die Rede, innerhalb der Yoga-Community lässt sich zumindest ein diffuser Glaube an höhere Mächte feststellen – viele Yogis praktizieren eine Art Patchwork- oder Selfmade-Religion. Und die überwiegende Mehrheit der Yogaübenden sind heutzutage Frauen.

Nun ist es jedoch so, dass die Entrechtung und Herabwürdigung von Frauen eine lange religiöse Tradition hat. In allen Weltreligionen und deren (natürlich von Männern verfassten) Quelltexten gelten Frauen als minderwertig und werden diskriminiert. Islam, Christentum und Hinduismus übertreffen sich in ihrer dogmatischen Form geradezu in offener Frauenfeindlichkeit. Im jüdischen und buddhistischen Glauben ist die untergeordnete Stellung der Frau vielleicht etwas subtiler geregelt, aber über das Prinzip herrscht religionsübergreifend bis zum heutigen Tag seltene Einigkeit: Gegen die auf der Menschenrechtsweltkonferenz 1993 (!) in Wien von 185 Staaten verabschiedete Konvention zum Ehe- und Familienrecht meldeten 80 Staaten, darunter der Vatikan, die USA und viele muslimische Länder substanzielle Vorbehalte an – allesamt mit dem Hinweis kulturelle Unterschiede oder religiöse Traditionen, die beachtet werden müssten. Im Auftrag der jeweiligen Götter müssen unter anderem folgende Traditionen verteidigt werden: Beschränkung der Frauen auf den häuslichen Raum, Bestrafung für Ehebruch, Ungleichheit in Bildung, Arbeitsmarkt und Politik, ungerechte Scheidungs- und Erbgesetze usw. usf.

Da grundlegende Menschenrechte aus religiöser Sicht für die weibliche Hälfte der Menschheit nicht zu gelten scheinen, muss Yoga immer wieder sein Verhältnis zu Gott, Religion und Spiritualität klären und erklären. Dabei können wir von den Menschen mehr lernen als von den Göttern. Zum Beispiel von Frau Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Berliner Instituts für Ethik und Politikberatung (ICEP) und Leiterin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität: Kultur, Tradition und Religion sind keine unbeweglichen Monolithen, sagt sie. Sie sind nicht vom Himmel gefallen, sondern haben eine geschichtliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Dimension. Ihre Entwicklung lässt sich klar nachvollziehen und es kann systematisch aufgeklärt werden, um wessen Kultur und Tradition es sich im Einzelnen handelt. Gehört die Kultur der Unterdrückung wirklich zu den Frauen? Ist die tägliche Gewalt- und Unrechtserfahrung spirituell zu rechtfertigen? Wer hat eigentlich die Definitions- und Handlungsmacht über „Religion“?

Wir lernen von Prof. Dr. Johannes Müller SJ, Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik in München, dass Religionen uns in der Sozialgestalt einer bestimmten Zeit gegenübertreten. Das heißt, religiöse Inhalte werden politisch und gesellschaftlich geprägt. Der Kanon religiöser Traditionen wird also einerseits gesellschaftliche Überzeugungen abbilden, auch offen sexistische, und andererseits gemäß herrschender kultureller Strömungen interpretiert werden. Die groteske Unterdrückung von Frauen ist immer auch einem fehlenden demokratischen Diskurs geschuldet – einem entscheidenden Charakteristikum von Religionen. Erst wenn Männer und Frauen sich gleichermaßen an der öffentlichen Diskussion um ihre Rechte und Freiheiten beteiligen können, tritt Gleichberechtigung ein.Frauen sind gut also beraten, wenn sie spirituellen Traditionen kritisch gegenüberstehen – und sie im Zweifel als menschenfeindlich ablehnen. Sie können sich sonst nicht sicher sein, welche Ideen sie da eventuell unterstützen. Demokratie, Pluralismus, Toleranz und Gleichberechtigung werden im Yoga meist nicht explizit thematisiert. Aber Yoga ist eine Emanzipations- und Befreiungsbewegung – vor allem auch für Männer, die in überkommenen Rollenbildern gefangen sind und gewaltsam ihrem Vorteil folgen.

Wie passen afrikanische Trommlen und Yoga zusammen?

Yoga und Trommeln
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Afrikanische Trommeln zu klassischen Yoga-Asanas – klingt nach einer ungewöhnlichen Kombination. Mit ihren „Yoga & Drums“-Workshops hat Ilka Yemanya Singendonk jedoch durchaus Erfolg und setzt in der Yogaszene (exotische) Akzente. Sie erklärt, warum Trommeln und Yoga gut harmonieren. 

Für mich passen Trommeln und Yoga hervorragend zusammen: Trommeln stehen für die Schwingung der Erde – die Trommel ist das älteste Instrument, das es gibt und es führt uns ins Muladara Chakra, unserem Wurzelchakra und der Basis aller anderen Chakren. Während der Yogapraxis zu trommeln ist etwas ganz anderes als Musik von iPod oder CD, die nebenbei läuft. Während Letzteres die Schüler wahrscheinlich eher ablenkt, kann eine Praxis, die aus der Erde, aus unseren Wurzeln entsteht, nur rein und stimmig sein und den Schüler tiefer zu seiner eigenen inneren Wahrheit führen.

Praktisch läuft das so ab, dass ich vor jeder Stunde, die ich leite, meine Schüler bewusst wahrnehme. Jeder hat Raum, seine Stimmung und vielleicht auch einen Wunsch mitzuteilen. Erst nach einigen Sekunden des intuitiven Nachspürens beginne ich den eigentlichen Unterricht. Es ist fast so, als ob nicht ich, sondern die Energie der Menschen im Kurs, ihre Schwingung, den Inhalt der Stunde bestimmen. Die Trommeln schaffen dabei den Raum, in die Tiefen und zu den Wurzeln unserer eigenen Wahrheit zu kommen. Ich lade meine Schüler ein, in sich hineinzuspüren, sich bei der Asana-Praxis intuitiv zu bewegen – oder auch zu tanzen, wenn ihnen danach ist! Wir folgen unserem Herzschlag, folgen dem eigenen inneren Rhythmus und erlauben uns, der Musik unseres Lebensflusses zu lauschen. Manchmal singe ich auch Mantren, mache Partnerübungen und gebe meinen Schülern die Möglichkeit, einfach nur Stille zu erleben. Mit der Erfahrung der bis jetzt geleiteten Stunden erlebe ich geöffnete Herzen, geerdete Yogis und berührte Seelen – dafür bin ich tief dankbar!

Für mich entstand „Yoga & Drums“ nach einem Traum – ich folgte als Yogalehrerin den Bildern und fand schließlich einen erfahrenen indischen Trommler, der mit mir vor vier Jahren die ersten „Yoga & Drums“-Events anbot. Es war eine Reise vom Traum zur Wirklichkeit und zeigte mir, wie wichtig es ist, der Intuition und den Herzensträumen zu folgen. Nun – einige Jahre später – trommle ich selbst in meinen Workshops und Yogastunden und werde wundervoll unterstützt von meinem Partner Souleyman. Er ist Profi-Trommler aus Guinea und lehrt mich, weiter den Rhythmus der Erde zu entdecken. Zusammen leiten wir das Studio „Miriya“ in Troisdorf bei Köln.