Sankalpa: Wie du in 5 Schritten deine Herzenswünsche verwirklichst

Die Weisheitslehren des Yoga helfen dir, in fünf Schritten Intentionen so zu formulieren, dass du deine Herzenswünsche verwirklichst. Erfahre hier, wie du dein persönliches Sankalpa formulierst, zu einer wirklich tragfähigen Intention findest und diese auch nachhaltig mit Leben füllen kannst. Mehr zum Thema Sankalpa erfährst du im ersten Teil dieses Artikels.

Text: Elizabeth Marglin, Fotos: Angie Cao, Titelbild: Eric Ward via Unsplash

Schritt 1: Hingabe – Ishvara Pranidhana

Der erste Schritt besteht darin, herauszufinden, was du in deinem Leben voranbringen möchtest. Zerbreche dir nicht den Kopf. Um zu einem authentischen Herzenswunsch zu gelangen, musst du deine Seele fragen: “In welche Richtung soll ich mich bewegen, um meinen höchsten Lebenssinn zu erfüllen?” Die Antwort bekommst du nur mit einem ruhigem Geist.

Befrage auch dein Herz, um deine Herzenswünsche kennenzulernen. So kannst du ein Sankalpa finden, also eine klar formulierte Aussage darüber, wie du handeln willst. Der Yoga-Nidra-Lehrer Richard Miller und Gründer von i-Rest erklärt: “Ganz am Anfang steht die Erfahrung, dass es tief im Inneren etwas gibt, das sich mit dem gesamten Universum im Einklang fühlt. Diese Erfahrung führt uns von einem Gefühl des Getrenntseins zu dem einer Einstimmung auf die Gesamtheit des Lebens. Ich nenne das: In den Armen des höheren Selbst ruhen.” Laut Miller ist das ein Moment der Hingabe: “Aus diesem weiten Gefühl der Verbundenheit kannst du dich einfühlen in seine tiefste Sehnsucht. Nach Gesundheit, Heilung oder Ruhe, nach Gemeinschaft, Beziehung oder Zugehörigkeit. Vielleicht wünschst du dir auch  gesehen, gehört und geliebt zu werden, oder Erwachen und spirituelle Erfüllung.”

Schritt 2: Selbsterforschung – Atma Vichar

Der zweite Schritt besteht darin, diesen Herzenswunsch in eine klare Intention zu verwandeln. In etwas, das sich in Worten und Taten ausdrücken und verwirklichen lässt. Dazu schlägt die Psychologin Kelly McGonigall folgende Fragen vor:

  • Was möchte ich in meinem Leben mehr erfahren? Was kann ich tun, um es geschehen zu lassen?
  • Wie möchte ich in den wichtigsten Beziehungen und Rollen meines Lebens sein? Und wie könnte das praktisch aussehen?
  • Was möchte ich der Welt anbieten? Womit kann ich beginnen?
  • Wie möchte ich in diesem Jahr wachsen?
  • Zu welchen Handlungen kann ich mich verpflichten, die mit meinem Herzenswunsch in Einklang stehen?
  • Was muss dafür in den kommenden 6 bis 18 Monaten passieren?

Achte bei der Beantwortung dieser Fragen ganz genau auf deine Wortwahl: Die Genauigkeit und die Resonanz, die diese Formulierungen in dir erzeugen, tragen sehr viel zum Gelingen bei. “Es ist wichtig, sich klar zumachen, was wirklich zu einem passt und auf allen Ebenen stimmig ist”, meint auch die Ratgeber-Autorin Geneen Roth. “Je konkreter und erreichbarer deine Antworten sind, desto leichter fällt es dir, dich in diese Richtung zu bewegen.”

Schritt 3: Verbindlichkeit – Tapas

Wenn du deine Herzenswünsche verwirklichst, die von Mitgefühl und einem höheren Ziel getragen sind, kann es trotzdem schwer sein. Manchmal fühlt du dich ohnmächtig, oder hast das Gefühl, allzu hart arbeiten zu müssen – obwohl du dich lieber gemütlich zurücklehnen und treiben lassen möchtest.

Im Kampf gegen diese Tendenz zur Trägheit ist “Tapas” deine beste Waffe. Wörtlich bedeutet dieser Begriff aus der Yogaphilosophie “Hitze”, man kann ihn mit “Feuereifer” übersetzen. Gemeint ist, sich verbindlich auf ein Ziel festzulegen und dafür durchs Feuer zu gehen. Zugegeben: Das klingt ebenso abschreckend wie schwammig. Etwas praktischer gefasst, geht es darum, neue Gewohnheiten auszubilden.

“Gewohnheiten sind die unsichtbare Architektur des Alltags”, erklärt Gretchen Rubin, die Autorin von Das Happiness-Projekt: “Sie sind es, die letztlich ermöglichen unseren Zielen, Wünschen und Idealen treu zu bleiben.” Eine neue Gewohnheit zu etablieren, braucht natürlich Geduld und Disziplin: Du musst dich zuerst jeden Tag aufs Neue für dasselbe entscheiden, bevor schließlich die Routine hilft. “Einen Entschluss in eine Gewohnheit umzuwandeln, bedeutet, den nervigen Prozess des Soll ich oder soll ich nicht? zu durchbrechen”, weiß Rubin. Ihr Tipp: Schaffe dir Methoden, dich selbst auf konkrete Handlungen festzulegen und dies auch zu kontrollieren. Zum Beispiel indem du Tagebuch führst. Oder indem du Verbindlichkeit eingehst, weil du mit Freunden und Familie darüber sprichst.

Neben dieser ganz konkreten und praktischen Ebene hilft dir Tapas aber auch auf einer viel grundlegenderen Ebene: Da du dir regelmäßig Zeit und Ruhe gibst, um dich immer wieder innerlich mit deinem Herzenswunsch zu verbinden. Erst das schafft eine echte Verbindlichkeit, eine tiefere Motivation jenseits der reinen Willenskraft. Frage dich aus ihr heraus: Was muss geschehen, damit ich mich für diesen grundlegenden Wandel auch in der Tiefe öffne?

Schritt 4: Bewusstheit Svadhyaya

Trotzdem warten noch weitere Hindernisse auf dem Weg zur Verwirklichungdeiner Herzenswünschwe. Denn Sankalpa hat einen natürlichen Gegenspieler: Vikalpa, Gedanken der Unentschlossenheit und des Zweifels. Der renommierte Yogalehrer Rod Stryker erklärt: “Jede Intention unterliegt dem Risiko, dass das Unterbewusstsein nicht mit an Bord ist. Vikalpa bezeichnet alles, was uns von unserer tiefer liegenden Realität entfernt. Dabei geht es in erster Linie um alte, von Angst gesteuerte Muster, die nach Komfort und Sicherheit streben und sich dem Wandel entgegenstellen.”

Ein gängiges Beispiel: Meine Intention ist es, eine erfüllende Beziehung zu finden oder zu gestalten. Gleichzeitig habe ich aber Angst, verletzt zu werden, und scheue deshalb unbewusst vor jeder innigen Begegnung zurück. Eine Intention kann erst dann ins Leben getragen werden, wenn wir auch würdigen, was ihr entgegensteht. Solche widerstreitenden Sehnsüchte sind ziemlich häufig. “Erst wenn man das alte Muster erkennt, hat man es in der Hand, diese auch zu überwinden”, weiß Rod Stryker. “Jetzt geht es darum, mehr Bewusstheit zu erzeugen. Erkenne, dass jeder Moment eine neue Möglichkeit ist, sich zu entscheiden, ob man sein Sankalpa würdigen möchte oder lieber den nicht förderlichen Sehnsüchten folgt.”

Diese immer neue Entscheidungsmöglichkeit erleichtert es, sich auch einmal einzugestehen, dass man sich gerade im Kreis dreht oder eine falsche Entscheidung getroffen hat. Am besten ohne Schuldgefühle und Selbstkritik. So fällt es viel leichter, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen und auf eine gute Art weiter zu wachsen. Ein solches auf Wachstum ausgerichtetes Denken fördert den Mut zur Veränderung. Der Glaube, man “sei eben so”, jedoch steht jedem Erfolg im Weg.

Das aufmerksame Beobachten des eigenen Verhaltens führt im Lauf der Zeit auch zu einer neuen Erkenntnis. Vielleicht musst du deine Intention etwas abändern oder erweitern, damit sie deinem Herzenswunsch dient. Gib dir die Erlaubnis dazu. “Verschwende nicht unnötig Zeit auf Vorhaben, die keinen spürbaren Unterschied bringen”, rät Gretchen Rubin. Bevor du aber alles über Bord wirfst, solltest du genau hinsehen: Ist dies eine echte Erkenntnis oder eher ein Zweifel, der sich auf unbewussten Ängsten und Widerständen gründet – also ein Fall von Vikalpa?

Schritt 5: Vision Darshan

Manchmal ist der Blick auf die nahe Ziellinie kein Ansporn, sondern führt dazu, dass man das Tempo raus nimmt. Man sagt sich: “Ich bin so nah dran, bisher lief es so gut, jetzt kann ich es auch wieder ein bisschen ruhiger angehen lassen.” In diesem Fall hilft es, sich dieses zukünftige Ich genauer vorzustellen. Psychologen nennen das “prospektives Gedächtnis”, also vorausschauendes Gedächtnis. Es beschreibt die Fähigkeit, sich zum richtigen Zeitpunkt an eine Handlungsabsicht zu erinnern. Stell dir vor, wie es sein wird, wenn das Ziel erreicht ist. Aus diesem inneren Bild heraus wirst du nämlich Entscheidungen treffen, die diesem Ziel auch entsprechen.

Im “Journal of Sport and Exercise Psychology” erschien eine Studie, die den Effekt gut beschreibt: Couch Potatoes, die sich ihr zukünftiges aktiveres, gesünderes Ich vorstellten, begannen deutlich häufiger sich zu bewegen als eine Vergleichsgruppe, die nur verbale Vorhaben formuliert hatte.

Wenn es dir schwer fällt, dir dieses neue Ich vorzustellen, dann rät die Psychologin Kelly McGonigal zu folgender Übung: Schreibe dir selbst selbst einen Brief aus der Zukunft. Im Datum steht Tag heute plus ein Jahr: Von diesem Tag aus erinnerst du dich zurück auf dein heutiges ICH und dankst dir selbst für alles, was du in diesem Jahr erreicht hast. Und vergiss nicht: Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.


Was bei der Sankalpa-Praxis in Yogakreisen häufig übersehen wird: Nach hinduistischer Überzeugung gehört dazu nicht nur aufrichtige Hinwendung sondern auch eine bewusste Vorbereitung. Die Hintergründe und einen Leitfaden zur Vorbereitung findest du im YOGAWORLD JOURNAL 01/2024:

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