Ob in den Straßen New Yorks, auf Moskaus Rotem Platz oder an den Stränden von Rio – auf seinen Reisen verfolgt Yoga Fotograf Guillem Castellsague (33), aka Wari Om, immer das selbe Ziel: Seine Bilder sollen die Schönheit des Yoga einfangen und den Spirit einer weltweiten, grenzüberschreitenden Gemeinschaft transportieren.
„Yoga in Berlin“ nennt sich Wari Oms neuestes Projekt. Aus ganz Deutschland sind begeisterte Yogis und bekannte Yogalehrer nach Berlin gekommen. Viele von ihnen haben schon gehört, dass am Set und auf den Bildern eine ausgelassene und freudige Stimmung herrscht. Mehr noch: Das Bewusstsein schimmert durch, Teil von etwas Größerem zu sein. Den Beweis werden später Momentaufnahmen liefern, die sie in anmutigen Yogahaltungen zeigen, scheinbar auf magische Weise mit dem Hintergrund verschmolzen. In diesen warmen Augusttagen ziehen Fotograf und Models gemeinsam durch Berlins Straßen, steigen in der Dämmerung auf den Teufelsberg und posen vor dem Schloss Sanssouci in Potsdam. Was später auf den Fotos beinahe zufällig und mühelos aussieht, ist genau kalkuliert. Wari hat präzise Vorstellungen und ein Faible für Perfektion. Eine der Locations, der Märchenbrunnen, dient mir als Hintergrund für mein Interview. Bevor ich allerdings herausfinden kann, wie Wari Oms Name innerhalb kürzester Zeit in alle Munde kam, stellt der AcroYoga-Lehrer mit leuchtenden Augen eine Bedingung: Kein Interview ohne Flugstunde! Also nehme ich all meinen Mut zusammen (was bleibt mir bei diesem spanischen Temperament auch anderes übrig!) und lasse mich von Wari-Om-Airlines in die Lüfte befördern. „Wari Om“ bedeutet übrigens „beschützt von den Göttern“, beim Fliegen allerdings fühle ich mich durch ihn als „Base“ beschützt. Ein guter Start für ein offenes Gespräch aus dem Herzen.
Wari, wie bist du zum Yoga gekommen?
Mit 22 Jahren war ich sehr unglücklich mit allem, was ich von der Gesellschaft wusste. Ich brauchte eine große Veränderung und begab mich auf die Suche. Allerdings begann diese Reise in mir: Ich war viel in meinem Zimmer und bin wenig ausgegangen. Erst wusste ich natürlich nicht, dass ich nach Yoga suchte, doch als ich es fand, war es mir klar. Anfangs übte ich Hatha Yoga und Meditation in einer Yogaschule in Navarra im Norden Spaniens. Da mein Lehrer aber Integral Yoga unterrichtet, einen Stil mit verschiedenen Techniken und Wurzeln, befasste ich mich bald mit allem, was Yoga beinhaltet.
Wie entstand die Verbindung zur Yogafotografie?
Ich habe Fotografie studiert und das erste Jahr meiner Yogalehrerausbildung damit finanziert, auf Hochzeiten zu fotografieren. Nach meiner Ausbildung hielt ich mich fast nur noch an Yogaorten auf und wurde ich immer öfter beauftragt, Bilder für Studios, Freunde oder von Events zu machen. Etwas größer wurde es, als ich das erste Mal mit meinem Bruder Pau und meiner Schwester Isis Mireia die Barcelona Yoga Conference organisierte. Es war ein großes Projekt und wir brauchten gute Werbung. Nun musste ich mich wirklich anstrengen! Der erste Schritt war eine Fotogalerie mit Yogabildern aus Barcelona. Das war mein erstes großes Städteprojekt – ich bin für fast 100 Bilder mit vielen Yogis durch Barcelona gezogen. Zuvor hatte ich immer nur kleine Fotosessions, die maximal drei Tage in Anspruch nahmen, doch dieses Projekt hat den Wandel bewirkt.
Wie ging es weiter?
Weil es mir in Barcelona schon so viel Spaß gemacht hatte, beschloss ich, das selbe Projekt in New York durchzuführen. Ich schickte dem amerikanischen YOGA JOURNAL eine Mail mit ein paar Bildern, hätte jedoch nie mit einer prompten Antwort gerechnet. Die Redaktion sah in meinem Angebot eine gute Möglichkeit, ihre Conference in New York zu bewerben. Also ging es los und wir haben drei Wochen geshootet! Im Jahr darauf wurde ich für die YOGA JOURNAL Conferences in Colorado und San Francisco gebucht. Danach fanden weitere internationale Projekte wie „Yoga in Rio“ statt.
Und dadurch entstand dein heutiger Bekanntheitsgrad?
Den kann ich mir eigentlich selbst nicht erklären. Vor allem, da ich nie geplant hatte, dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Aber Yoga ist mein Weg, ich besitze eine Kamera und die Fotografie gehört zu meinem Leben, daher mache ich eben Yogafotografie.
Ist es dir ein Anliegen, Yoga zu popularisieren?
Auch. Es ist einfach eine Konsequenz meiner Praxis. Meine ganze Leidenschaft kommt aus dem Herzen und deswegen muss ich das teilen, was ich erlebe. Ich versuche, Yoga zu verbreiten und zu zeigen, dass es nicht eigenartig oder mysteriös ist. Yoga ist einfach und pur und spricht ohne Ideologie direkt das Herz an.
Hängen ein gewisser Körperkult und Fotografie für dich zusammen?
Nein. Ich selektiere die Teilnehmer nicht im Vorfeld nach ihrem Aussehen – jeder kann mitmachen. Oft kommen sogar noch während des Projektes spontan Leute dazu.
Deine Bilder sind sehr farbenfroh. In der zur Zeit angesagten Fotografie wird dagegen die Sättigung eher herausgenommen oder man arbeitet mit Vintage-Filtern…
Ich denke, mein Stil spiegelt meine Erfahrung mit Yoga wider: Es bringt Farbe und Licht in mein Leben. Ich bevorzuge es, morgens oder nachmittags mit natürlichem Licht zu shooten, wenn die Sonne nicht so steil wie mittags steht – dann ist das Licht magischer.
Warum wolltest du ein Fotoprojekt in Berlin umsetzen?
Für Europa habe ich sofort an Berlin gedacht. Ich fühlte, dass es ein sehr interessanter Ort für meine Projekte ist. Außerdem kann man schon behaupten, dass Yoga in Deutschland sehr beliebt ist.
Du kannst das beurteilen, denn du bist wirklich viel unterwegs …
Ja, bald unterstütze ich in Paris eine deutsche Filmproduktionsfirma bei einer Dokumentation über Kirtan – mit Interviews mit Krishna Das, Deva Premal und Miten. Danach stehen Korea, Indien, Laos und Australien auf dem Programm. Es ist schön, dass ich so viele Angebote bekomme – und wenn das bedeutet, viel zu reisen, mache ich das. Im Grunde fühle ich mich überall daheim, weil viele Yogis auf mich warten, die meine Leidenschaft teilen (zwinkert).
Wari Om gilt als einer der gefragtesten Yogafotografen der Welt und reist für seine Städteprojekte von Land zu Land.
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