Deutschlands Yogawelt ist bereit für soziale Projekte. Der neueste Import: Street Yoga.
Die gemeinnützige Organisation Street Yoga will auch solchen Menschen Yoga und Achtsamkeit näherbringen, die mit besonderen Herausforderungen wie Obdachlosigkeit, Armut oder Missbrauch zu kämpfen haben. Dazu bietet die engagierte Therapeutin Carina Auler gemeinsam mit dem amerikanischen Gründer der Organisation, Mark Lilly, nun hierzulande eine Ausbildung zum Street-Yoga-Teacher an.
Wie ist Street Yoga entstanden?
Der Street-Yoga-Gedanke hat sich aus Marks Geschichte entwickelt: Eines seiner drei Kinder war eine Zeit lang sehr krank. In dieser Zeit begann er mit Yoga. Nach der Genesung seines Kindes hatte er das Bedürfnis, etwas „zurückgeben“. Er entwickelte ein Programm für obdachlose Jugendliche, das sich später auch auf Familien, Schulen, therapeutische Einrichtungen und soziale Zentren ausweitete. Heute arbeitet er unter anderem im Krankenhaus auf der Kinder- und Unfallstation.
Und nun bringst du Street Yoga auch nach Deutschland.
Ich habe fünf Jahre in Arizona gelebt und bin über meinen vorherigen Job als Therapeutin auf die Zusatzausbildung „Street Yoga“ gestoßen. Ich habe mich auf Anhieb gut mit Mark verstanden und so stand nach meiner Heimkehr einer Kooperation nichts mehr im Weg. Mark wird im November aus Portland anreisen und Jina Oh, Leiterin des Bliss Yoga Studios, und ich werden während der Ausbildung übersetzen.
Muss man für die Ausbildung eine therapeutische Vorbildung haben?
In erster Linie sind Erfahrung in der Arbeit mit Menschen und Freude am Yoga wichtig. In der Ausbildung lernt man, seine Stärken und grenzen selbst einzuschätzen. Solange man achtsam und nicht zu ehrgeizig ist, kann man nicht viel falsch machen. Ich bin selbst keine Yogalehrerin und vermittle meinen Klienten nur einfache Übungen, weil ich mir sehr wohl des Verletzungsrisikos bewusst bin. Aber Meditation und die bewusste Atmung können auch schon effektiv sein.
Wie geht es nach der Ausbildung weiter?
Mit dem Erhalt des Zertifikats bringt man Street Yoga entweder in den Bereich ein, in dem man bereits arbeitet, oder man überlegt sich selbst, wo das Programm in der eigenen Community Sinn machen könnte. Man kann sich zum Beispiel an Schulen, beim Jugendamt oder bei einem Streetwork-Büro vorstellen. Ich möchte deutschlandweit ein Netzwerk aufbauen, um auch denjenigen zu helfen, denen es schwer fällt, sich zu vernetzen.
Wie sieht „dein“ Street Yoga aus?
Ich betreue eine Gruppe mit jüngeren, verhaltensauffälligen Jugendlichen. Wenn sie es tatsächlich schaffen, zehn Minuten ruhig zu liegen, bin ich sehr stolz. Nach der Stunde sagen sie dann „das ist Yoga? Das hat ja total Spaß gemacht“. Mit älteren Jugendlichen übe ich ein forderndes Programm, damit sie in Schwung kommen. Hier im Ruhrpott hängen viele Kids eigentlich den ganzen Tag nur herum – die haben keine Hobbys. Viele von ihnen leiden schon in jungen Jahren unter gesundheitlichen Problemen. Wichtig ist, dass man das Programm an die Bedürfnisse der jeweiligen Klienten anpasst: Mit Teenagern muss man ganz anders arbeiten als mit Drogensüchtigen. Verschiedene Möglichkeiten und Übungen werden in der Ausbildung vermittelt.
Ist hier manchmal weniger mehr?
Oft neigen Menschen im sozialen Bereich dazu, sich zu sehr zu engagieren. Man kann schwierige Situationen häufig nicht ändern oder jemanden heilen. Aber man kann Methoden vermitteln, die jeder Betroffene für sich selbst anwenden kann. Manchmal hilft es bereits, zu lernen, wie man sich im Hier und jetzt besser fühlen kann.
Das nächste Street Yoga Teacher Training findet vom 21. bis 23. November 2014 im Namasté Yoga Studio in Herrsching statt. Weitere Infos unter www.namaste-yoga.de/ausbildungen