Als Vishnu eine Lotusblüte gebar

Asanas und ihre mythische Bedeutung

Am Anfang seines Yogawegs – und manchmal auch viel später – freut man sich, wenn man sich die Sanskrit-Namen der Asanas merken kann, die der Lehrer einen Atemzüge lang einnehmen lässt. Heldenhaft versuchen wir, uns in Virabhadrasana stark und mutig zu fühlen, in Vrikshasana Wurzeln zu schlagen und in Balasana wie ein kleines Kind zu ruhen. Doch die Wirkung der Asana könnte intensiver erfahren werden, würde man deren Bedeutung besser kennen. Hinter jeder Asana und ihrer Bewegung steht der Name einer Gottheit, eines Weisen, eines Tiers. In dem wunderbaren, liebevoll gestalteten „Als Vishnu eine Lotusblüme gebar“ sind diese Geschichten erstmals gesammelt und verkürzt nacherzählt. Das Autorenpaar hat ihr Buch in die vier Kapitel „Haltungen der Yogis“, „Haltungen der Götter“, „Haltungen der Weisen“ und „Tiere & Erde“ unterteilt. Darin erzählen und erklären sie die Mythen, die tiefere, spirituelle Bedeutung von zwei Mudras und 32 Asanas, von Padmasana, dem Lotussitz, bis Shavasana, der Totenhaltung – wodurch diese ganz neue Kraft und Schönheit entfalten. So erinnert uns Virabhadrasana, dass ein heiter-gelassenes Leben durch Freude, Mitgefühl, Glück und Gleichheit erreicht wird. Die Meditation über die Toleranz der Bäume in Vrikshasana hift, selbst toleranter zu werden und Balasana ermutigt zum kindlichen Gottvertrauen. Shiva Rae hat das Vorwort geschrieben, Manorama das zum Schluss.

Fazit: Ein absolut inspirierendes Buch, dessen tiefe Liebe zu Yoga in der deutschen Übersetzung leider ein bisschen verloren ging. Für Yoga-Übende, Yoga-Lehrer und alle, die sich für Mythen und Legenden interessieren.

Stephanie Schönberger

„Als Vishnu eine Lotosblüte gebar – Legenden und Mythen aus dem Yoga“ von Alanna Kaivalya & Arjuna van der Kooij (Südwest Verlag, ca 15 Euro)

Juwel für Frauen

Ihre Erscheinung und ihre Methode sind das Gegenteil der bekannten, vorzugsweise kalifornischen Vinyasa-Elfen. Ihre Biografie ebenfalls: Gita S. Iyengar übte ihre ersten Asanas in einer Zeit, in der Yoga in Indien nicht einmal für Männer gängige Praxis war. Ihr Guru war B.K.S. Iyengar, ihr eigener und der (Über)Vater des modernen Yoga. 1961 begann sie selbst zu unterrichten. Streng, robust, präzise und respekteinflößend trägt sie die Lehre ihres Vaters bis heute weiter. Durch intensive Studien in Yoga, Philosophie und Ayurveda hat sie sich ihr unabhängiges Renommee geschaffen. In ihrem Unterricht wendet sie sich besonders an Frauen. 1995 erschien ihr Buch „Yoga: A Gem For Women“ (wörtlich: „Ein Juwel für Frauen“), das auch unter dem deutschen Titel „Yoga für die Frau“ bald zum Klassiker avancierte und jetzt in einer neuen Auflage vorliegt.

Ästhetisch ist es kein Wunderwerk. Seine absolute Sachlichkeit und die praktische Illustration haben beim Lesen allerdings bald entspannendere Wirkung als ein Großteil der von Sonnenuntergängen und Wasserfällen durchtränkten Übungsliteratur. Gitas Methodik und ihr Schreibstil gehen keine Kompromisse ein: „So und nicht anders“ lesen sich viele Anleitungen, was „Yoga für die Frau“ ähnlich wie B.K.S. Iyengars „Licht auf Yoga“ zum zuverlässigen Nachschlagewerk macht.

Die Gender-Ausrichtung ihres Buches bezieht Gita Iyengar hauptsächlich auf die weibliche Biologie. Sie beschreibt geeignete Asanas, Pranayama und Meditationstechniken während der Menstruation, als Geburtsvorbereitung und während der Wechseljahre als „Weg zu Gesundheit, Entspannung und innerer Kraft.“ Philosophisch sieht sie im Yoga jedoch keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, wie sie vor zwei Jahren in einem Interview mit YOGA JOURNAL betonte: „Was Patanjali gesagt hat, gilt für Frauen und Männer gleichermaßen.“

Fazit: Ihrer eigenen Aussage nach stand Gita Iyengar nie im Schatten ihres Vaters, „sondern in seinem Licht“. Ihr Klassiker für Yoga in allen Phasen des Frauenlebens, mit dem sie vollends ihre Eigenständigkeit bewies, beweist auch in der Neuauflage seine Relevanz.

„Yoga für die Frau“ von Gita S. Iyengar (O.W. Barth, ca. 23 Euro)

Interview |Bernd Rößler

Bernd Rößler

„Das Horoskop ist ein Spiegel des Lebens“

Der 47-jährige Wahl-Detmolder Bernd Rößler hat sich vor drei Jahren als vedischer Astrologe selbstständig gemacht – ein erfolgreicher, aber lebensverändernder Schritt. Aus astrologischer Sicht musste es so kommen, so das Fazit des gelernten Physiotherapeuten und Osteopathen. Zum Gespräch über die vedische Astrologie Jyotisha trafen wir Bernd Rößler in einem Garten zwischen Detmold und Paderborn.

YOGA JOURNAL: Vor elf Jahren hatten noch Sie zwei erfolgreiche Physiotherapie-Praxen in München und mit Astrologie wenig am Hut. Was ist passiert?

Bernd Rößler: Lange Zeit war ich mit Leib und Seele Physiotherapeut und Osteopath. Ich konnte meinen Patienten helfen. Mit der Zeit fühlte ich aber, dass es tiefer gehende Hilfe geben muss. Gleichzeitig stieß ich immer häufiger auf esoterische Themen und landete schließlich bei der vedischen Astrologie.

Eine ganz ordentliche Kehrtwende.

Für mich war es keine Kehrtwende, eher die logische Weiterentwicklung meines Wunsches, Menschen zu helfen. Und zwar auf eine wirklich ganzheitliche Weise. Ich traf Hart deFouw [bekannter vedischer Astrologe; Anm. d. Red.]. Das war für mich die entscheidende Begegnung, durch die ich mit der alten vedischen Tradition in Kontakt gekommen bin. Er repräsentiert und lehrt wie kein anderer in unserer westlichen Welt das astrologische Wissen der Seher alter Zeiten. Durch seinen Unterricht wurde mir klar: Das ist der Weg, den ich konsequent weiter gehen muss.

Konnten Sie Hart deFouw denn so einfach kontaktieren?

Ja, so erstaunlich das klingt: Damals konnte man einfach seine Seminare belegen. Das habe ich einige Jahre getan. Mehrere Monate im Jahr habe ich dafür in San Francisco gelebt, wo Hart deFouw seinen Unterricht gab. Dann hatte ich das unwahrscheinliche Glück, dass Hart mich zum Einzelunterricht eingeladen hat. Eine Zeit, die ich einfach nur als Geschenk beschreiben kann.

Wie haben Sie diese Ausbildung finanziert?

Meine Praxen in München liefen ja unverändert weiter. Erst später habe ich die Praxen dann verkauft.

Sie sagten, Sie helfen den Menschen jetzt in ganzheitlicher Weise…

Als Physiotherapeut und Osteopath habe ich Menschen mit körperlichen Beschwerden therapiert. Als vedischer Astrologe ist es mir möglich, mit Hilfe von Horoskopen die gesamte Lebenssituation eines Menschen zu erfassen. Ich kann sehen, mit welcher Vorgeschichte ein Klient in seine gegenwärtige Situation gekommen ist und welche Möglichkeiten ihm zukünftig offen stehen. Das ist natürlich ein ganz anderer Zugang, um das Leben eines Menschen bereichern zu können, bringt aber auch viel Verantwortung mit sich.

Inwiefern?

Es ist eine besondere Gunst, mit Hilfe von Horoskopen am Leben eines Menschen teilhaben zu können. Jeder Klient schenkt mir sein Vertrauen, dass ich verantwortungsvoll mit den Informationen umgehe, die ein Horoskop mir offenbart. Die Höhen und Tiefen im Lebensverlauf muss ich so vermitteln, dass der Klient gestärkt aus der Beratung herausgeht. Die Beratung soll helfen, persönliche Erfolge auszubauen und Enttäuschungen abzufedern. Der Klient soll wissen, wie er sein Leben gestalten kann.

Was genau wird beispielsweise im Horoskop repräsentiert?

Das Horoskop ist ein Spiegel des Lebens. Das ganze Leben wird im Horoskop repräsentiert: Elternhaus, Kindheit, Schule, Lehrzeit, Beruf, Partnerschaft, aber auch Gesundheit, Spiritualität und Lebensglück. Kein Thema bleibt ausgegrenzt.

Und das funktioniert?

Ja.

Wie konkret können Sie Menschen helfen, ihr Leben zu gestalten?

Sehr konkret. Es gibt Menschen, die vor einer Geschäftsentscheidung zu mir kommen und mich fragen, wie sie sich in einer konkreten Vertragsangelegenheit verhalten sollen. Andere haben Fragen zu ihrer Familie oder zur Vergangenheitsbewältigung. Wieder andere benötigen Entscheidungshilfen für Beziehungsprobleme. Je gezielter gefragt wird, desto konkreter die Antworten. Was aber nicht heißt, dass es nicht auch viele Klienten gibt, die zunächst einmal einen allgemeinen Überblick über ihr Leben haben wollen. Oft rufen mich dann genau diese Klienten später bei konkreten Anlässen wieder an.

Wofür kann man die vedische Astrologie noch nutzen?

Ein klassischer Anwendungsbereich für Jyotisha ist Muhurta. Das ist das Festlegen von Zeitpunkten für wichtige Handlungen. Zum Beispiel um zu heiraten, ein Haus zu kaufen, eine Reise zu starten oder ein Geschäft zu eröffnen. Ein weiterer Bereich ist Prashna, die Fragen-Astrologie. Mit speziellen Horoskopen finden sich damit Antworten auf jede erdenkliche Frage, völlig unabhängig vom Geburtshoroskop.

Was benötigen Sie für eine astrologische Beratung?

Meistens lasse ich mir vor der Beratung das Geburtsdatum, den Geburtsort und die Geburtszeit des Klienten geben. Mit diesen Daten wird das so genannte Geburtshoroskop erstellt. Das analysiere ich, bevor der Klient zu seinem Termin erscheint. Bevor wir beginnen, nehme ich noch Handabdrücke mit Tinte auf Papier. Das Handlesen ist traditionell Teil der vedischen Astrologie. Hände und Horoskop gemeinsam ergeben einen umfassenden Einblick.

Wie viel können Sie denn konkret in einer Sitzung erzählen?

In jedem Fall so viel, dass der Klient nach der Sitzung zunächst keine offenen Fragen mehr hat.

Was sind denn die beliebtesten Fragen?

Fragen zum Thema Partnerschaft werden am häufigsten gestellt. Jeder Mensch strebt Partnerschaft an. Das liegt in unserer Natur. Und wir erleben dort alles, von Anerkennung bis Ablehnung. In Partnerschaft liegt unser größtes Potenzial, um uns persönlich weiter zu entwickeln. Gleichzeitig aber auch unsere größte Chance, an unsere Grenzen zu stoßen. Kein Wunder also, dass sich so viele Fragen um Partnerschaft drehen. An zweiter Stelle rangieren Fragen zum Thema Beruf und Karriere. Jeder benötigt eine Aufgabe und möchte wissen, wie er diese erfolgreich bewältigen kann. Partnerschaft und Beruf sind die beiden wichtigen Anker für ein stabiles Leben. Aber gerade diese beiden Lebensbereiche stehen in unserer Gesellschaft enorm unter Stress. Noch nie hat es so viele Singles und Scheidungen gegeben. Und noch nie gab es so viele Berufe und Spezialisierungen.

Gibt es bei den Fragen Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

Frauen tun sich offensichtlich sehr viel leichter, ihr Leben mit Hilfe der Astrologie zu hinterfragen. Die deutliche Mehrzahl meiner Klienten sind Frauen. Ihr Hauptanliegen ist meistens Partnerschaft und Familie. Erst in zweiter Linie Beruf und Finanzen. Männer sind eher an Beruf und Finanzen interessiert, bevor sie das Thema Beziehung und Familie ansprechen.

Wollen die Menschen eigentlich primär nur Gutes hören?

Die Menschen, die zu einer Beratung kommen, möchten etwas über ihr Leben erfahren. Niemand geht davon aus, dass alles immer nur gut und erfolgreich verläuft. Es gehört auch zu einer Beratung, schwierige Lebensbereiche anzusprechen. Die meisten Klienten kommen ja gerade zu mir, weil sie sich vor eine Herausforderung gestellt sehen. Sie möchten vor allem eine realistische Perspektive und eine Lösung für ihre Probleme.

Was passiert, wenn Sie etwas Negatives sehen?

Ich spreche es an, damit mein Klient sich darauf einstellen kann und entsprechend handelt.

Können Sie ein paar Beispiel geben?

Jemand ist seit Jahren beruflich erfolgreich und plant einen Hausbau. Dafür möchte er einen Kredit aufnehmen. Im Horoskop ist deutlich zu sehen, dass die kommenden zwei Jahre mit beruflichen und finanziellen Schwierigkeiten einhergehen. Danach stabilisiert sich die Situation wieder. Ich rate dazu, den Hausbau und die Kreditaufnahme zwei Jahre zu verschieben, damit die entstehenden finanziellen Probleme nicht unnötig vergrößert werden. In einem anderen Fall ist zu sehen, dass sich die Gesundheit binnen eines Jahres deutlich verschlechtern wird. Meine Empfehlung wird dann sein, ab sofort regelmäßig ärztliche Check-up Untersuchungen durchführen zu lassen. So besteht die Möglichkeit Veränderungen frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu handeln. Jyotisha gibt jedem die Chance jederzeit das Beste in gegebenen Situationen zu erkennen und adäquat zu handeln.

Inwieweit steht Jyotisha, also vedische Astrologie, denn dem freien Willen entgegen? Ich meine, wenn ich das mit dem Finanzproblem weiß und mich entscheide, trotzdem zwei Jahre vorher den Kredit aufzunehmen…

Jyotisha steht dem freien Willen nicht entgegen. Jyotisha spiegelt wider, was passiert, und gibt den Menschen die Möglichkeit, ihren freien Willen sinnvoll einzusetzen.

Was halten sie von vedischen Horoskopen, die von Computerprogrammen ausgearbeitet wurden?

Computerprogramme arbeiten hundertprozentig exakt. Die reinen Daten stimmen also. Aber erst dann beginnt die eigentliche Astrologie, nämlich die Interpretation der Daten. Wichtiger als die Fakten ist in der Astrologie der inspirierte Umgang mit ihnen. Das kann ein Computer nicht. Die nötige Inspiration für die richtige Interpretation eines Horoskops stellt sich ein, wenn ein geeigneter Lehrer sein Wissen im Sinne der Tradition weitergibt. Dazu gehört neben der Vermittlung von Theorie auch die Einweisung in bestimmte spirituelle Praktiken, Sadhana. Selbst ein Astrologe, der nur über eine Handvoll von Regeln und Gesetzmäßigkeiten seiner Tradition verfügt, diese aber versteht, inspiriert einzusetzen, ist in der Lage, einem Horoskop erstaunliche Wahrheiten zu entlocken. Wahrheiten, die ein Computer niemals erkennen könnte, obwohl er bei seinen Berechnungen viel mehr astrologische Regeln und Gesetzmäßigkeiten zur Anwendung bringt. Was fehlt, ist die Inspiration. Ohne Inspiration keine Astrologie.

Haben Ihre Aussagen denn immer gestimmt?

Ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, zu jeder Sekunde hundertprozentig inspiriert zu sein. Wer kann das schon. Dann kann es zu ungenauen Aussagen bezüglich ganz konkreter Fragestellungen kommen. Manchmal ist auch einfach die Geburtszeit nicht korrekt dokumentiert worden. Dann kommt es aufgrund der falschen Daten eventuell zu falschen Schlussfolgerungen. Sagt mir der Klient, dass er sich in meinen Aussagen nicht wiederfindet, kann ich sehr schnell Rückschlüsse auf die korrekte Geburtszeit ziehen. Und dann ist das Horoskop wieder stimmig und lässt richtige Schlussfolgerungen zu.

Zeitungshoroskope werden von PCs ausgespuckt und trotzdem werden sie von vielen gelesen…

Sogar von sehr vielen. Zeitungshoroskope haben einen Unterhaltungswert. Die Inhalte sind unverbindlich und verheißen weder einen Millionengewinn noch ein Jammertal. Niemand wird sein Leben danach ausrichten.

Richten Sie Ihr Leben eigentlich nach Ihrem eigenen Horoskop aus?

Das Horoskop repräsentiert mein Leben. Es macht mir klar, welche Aufgaben für mich anstehen und welche Themen auf mich zukommen. Für mich ist das enorm hilfreich. Wenn ich wichtige Entscheidungen treffen muss, setze ich regelmäßig Prashna ein. Und bevor ich etwas Neues starte, nutze ich auf jeden Fall Muhurta. Horoskope sind auch für mich persönlich immer wieder erstaunliche Hilfsmittel, um zu verdeutlichen, was möglich und was unvermeidbar ist. Jyotisha zeigt, wo es lang geht.

Geben Sie Ihr Wissen auch weiter?

Ich gebe in verschiedenen Städten in Deutschland Workshops zu unterschiedlichen Themen. Außerdem biete ich regelmäßig Seminare für vedische Astrologie und das vedische Handlesen an.

Sagen Sie uns zum Abschluss noch, was uns im neuen Jahr erwartet?

Jyotisha ist eine sehr individuelle Sache. Pauschale Aussagen sind viel zu oberflächlich und werden den Möglichkeiten der vedischen Astrologie nicht gerecht. Es gilt die persönlichen Erfolgsmöglichkeiten und auch die Probleme eines Menschen wirklich ernst zu nehmen. Der richtige Rahmen dafür ist die Einzelberatung. Aber unabhängig davon wünsche ich Ihnen und allen Ihren Lesern von Herzen alles Gute für das kommende Jahr.

Von Jennifer Bligh

Das Magazin // März + April 2012

Philosophie als Anleitung zum Handeln

„Philosophie ist eine Bewegung, mit deren Hilfe man sich nicht ohne Anstrengung und Zögern, nicht ohne Träume und Illusionen, von dem frei macht, was für wahr gilt, und nach neuen Spielregeln sucht.“ Dieses Zitat des französischen Philosophen Michel Foucault darf man getrost für die Yoga-Philosophie verwenden, die das Schwerpunktthema in unserer aktuellen Ausgabe ist. Ganz im Sinne dieser Definition kombiniert R. Sriram die Lehre der Bhagavad Gita mit praktischen Yoga- und Meditationsübungen – als Weg, um in eigene, originäre Erfahrungen einzutauchen und Abstand zur eigenen Denkweise zu gewinnen (ab Seite 52). Er schlägt vor, ein neues Verhältnis zum Wünschen zu entwickeln, indem man sich frei macht von der Erwartung: Wünsche sollten sich auf eine ganz bestimmte Weise erfüllen. Ziele sind nichts Statisches – und Yoga hat kein Ziel, wohl aber einen Zweck. Sri Tirumalai Krishnamacharya, dessen Kinder Sri Shuba und Sribhashyam wir (ab Seite 24) für dieses Heft interviewt haben, sagte: „Die Schüler sollen ihren Kopf benutzen und unabhängig sein.“ Das ist aus meiner Sicht der Sinn und Zweck der Yoga-Philosophie. Endlich wird in diesem Interview auch das geheimnisvolle Phänomen aufgeklärt, warum so viele Frauen Yoga praktizieren: „Frauen haben keine Angst, Männer haben Angst“, sagt Sribhashyam. Männer haben Angst vor der Stille und davor, gewisse Grenzen zu überwinden. Für beide Geschlechter allerdings bleibt die größte Herausforderung das, was wiederum ein französischer Philosoph, Jacques Derrida, beschrieben hat: „Beharrliches Frei-Sein-Wollen gegenüber den unendlichen, komplexen und vielfältigen Mechanismen der gegenwärtigen Gesellschaft. (Der Intellekt ist Widerstand, wenn er ist.)“ Yoga ist also keine Lehre, sondern eine Handlung. Diese Aussage unterstreichen auch die beiden Autorinnen Sally Kempton und Kate Holcombe in ihren Texten über Wandel und Veränderung (ab Seite 44). Auf ganz besondere Weise hat dies jedoch Krishnamacharya selbst durch sein eigenes Leben und sein unabhängiges Yoga demonstriert.

Om Shanti,
Michi Kern und die YOGA JOURNAL-Redaktion

TITELTHEMEN
– Detox Yoga: Frühjahrsputz im Körper
– 15 Übungen für mehr Willenskraft
– Interviews mit R.Sriram + Krishnamacharyas Kindern Sri Shuba und Sribashyam
– Tiefe Entspannung mit Yoga Nidra
– Neues Ziel, neues Glück: Veränderung mit Ayurveda meistern
– Indische Gewürzküche: Authentische Rezepte für Einsteiger

Sie können die Ausgabe 02/2012 bequem und versandkostenfrei in unserem Wellmedia-Shop bestellen.

Kinotipp: Der Atmende Gott

Reise zum Ursprung des Yoga

 

Aus Yoga kann viel erwachsen – auch ein Film, der dem Ursprung des Yoga auf dem Grund geht. Wie im Falle von Regisseur Jan Schmidt-Garre, der bisher vor allem Dokumentationen über Musiker und Komponisten drehte. Er ist dem Yoga verfallen – und begab sich auf die Spuren von Iyengar und Co. Er hat eine entzaubernde Wirkung, sein Film „Der Atmende Gott – Eine Reise zum Ursprung des modernen Yoga“. Glaubt man doch, die Asanas seien mit ihrer magischen Wirkung direkt Shivas Tempel entsprungen. Tatsächlich aber formte Krishnamacharya auf Wunsch des Maharadschas von Mysore aus einzelnen, alten Übungen ein königliches Fitnessprogramm für Geist und Körper. Wie daraus eine Kür wurde, die Menschen auf der ganzen Welt zu einem bewussten Leben führt, erzählt Garre. Beeindruckend sind vor allem die historischen Aufnahmen, in denen sich die maßgeblichen Erfinder des modernen Yoga derart schlangenhaft verbiegen, dass sich die menschlichen Grenzen nur erahnen lassen.

Laura Hirch

Fazit: Jan Schmidt-Garre vermittelt mit seiner wunderbaren Dokumentation Wissen und Liebe für den Ursprung des modernen Yoga. Yoga zu üben macht nach dem Film noch mehr Sinn.

 

In unserer  Ausgabe Januar/ Februar 2012 finden Sie zudem ein ausführliches Interview mit Jan Schmidt-Garre!

Das Magazin // Januar + Februar 2012

2012 – Da war doch was…

Keine Angst, wir wollen nicht auf den Zug aufspringen – auf den, der angeblich in Richtung Endzeit unterwegs ist. Natürlich war das Jahr 2012 immer wieder Gesprächsthema in unserer Redaktion und die zahlreichen Bücher, Filme und Diskussionen sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Generell behalten wir beim YOGA JOURNAL uns immer eine kritische Meinung vor. Ob etwas Wahres an der prophezeiten Veränderung sein wird, bleibt abzuwarten. Dennoch bleiben wir gelassen, denn als Yogis wissen wir, dass im Leben alles immer Veränderung bedeutet. Wir wünschen uns lediglich, dass dieses Jahr positive Impulse für unsere Yoga-Gemeinschaft mit sich bringen wird. Spiritualität ist ein großes, modernes Thema, das uns alle angeht, und vermutlich wird es in den nächsten Jahren noch wichtiger werden – in Indien ist das übrigens ganz selbstverständlich. Unser Interview-Partner Jan Schmidt-Garre, mit dem wir über seinen neuen Film „Der atmende Gott“ gesprochen haben (ab Seite 22), weiß, dass in Indien Spiritualität immer und überall präsent ist. Laut seiner Aussage drängte Krishnamacharya den Westlern den Spiritualismus nicht auf, hegte jedoch den Wunsch, alle mögen zu Gott finden – auf welchem Weg auch immer. Vielleicht muss man dazu überhaupt nicht in die Eso-Ecke abrutschen – das ist auch der Tenor in Thomas Schmelzers Artikel über Spiritualität im Film (ab S. 28). „Wer bin ich (wirklich)?“ – mit dieser wohl ältesten aller Menschheitsfragen beschäftigt sich unser Philosophie-Artikel (ab Seite 46) und trifft beim Erkunden der fünf Hüllen (Koshas) von Körper und Seele letztlich auf den Kern – das Selbst. Die großen Fragen werden also auch über das Jahr 2012 hinaus Bestand haben. Oder wie unser „Nachgefragt“-Experte, der Inka-Sonnepriester Ñaupany Puma, so treffend formuliert: „2012 ist nicht das Ende. Es ist die Zeit des Wandels.“ Und der ist bekanntermaßen das einzig Beständige.

Om Shanti,
Ihre YOGA JOURNAL-Redaktion

TITELTHEMEN
– ausführliches Interview mit Jan Schmidt-Garre, dem Regisseur des Kinofilms “Der Atmende Gott”
– Gesund abnehmen mit Ayurveda
– Jyotisha – Vedische Astrologie als Spiegel des Lebens
– Kundalini-Lehrerin Maya Fiennes “Leben ist das, was dir passiert.”
– Neue Serie: Die wichtigsten Yogastile. Nr. 1: Ashtanga
– 11 Übungen gegen Nackenschmerzen
– Die Tochter des Meisters: Interview mit Gita Iyengar

Sie können die Ausgabe 01/2012 bequem und versandkostenfrei in unserem Wellmedia-Shop bestellen.

Klar und einfach

Beinahe könnte man das Atmen vergessen, wenn man ihr zuhört: Janin Devis Stimme ist einfach wunderschön. Ihr Gesang ist so klar, so kraftvoll, so einfach und so tief. Sie fühlt jedes Lied, jedes Mantra, jede Textzeile mit all ihrem Sein. Und lässt uns, die Zuhörer, daran teilhaben: sie lässt uns diese große Einfachheit, die Wärme und Klarheit spüren, sie nimmt uns mit in diesen weiten Raum. Ihr aktuelles Album “Breathe“ hat sie gemeinsam mit dem Berliner Musiker Benjamin Kreisel aufgenommen und eingespielt. Herausgekommen ist eine Sammlung von zehn Liedern, die Yoga-typische Themen behandeln, von „Breathe in“ (Atme ein) bis „May The Love We Share“, das auch auf der YOGA JOURNAL-CD#3 in diesem Heft ist. Jeder Song ist auf den Punkt gebracht – klar und einmalig. Und so einfach und doch essentiell wie das Atmen selbst.

Fazit: Einfach schön, unverwechselbar, warm und tief. Anhören!

Judith Becker

„Breathe“ Janin Devi & Benjamin Kreisler (ca. 20 Euro).

Mantras – Heilende Klänge des Veda

Mit Mantras verhält es sich manchmal so: Entweder man versteht kein Wort, weil des Sanskrit nicht mächtig, und fragt sich irritiert, was die Yoga-Gruppe denn da so enthusiastisch chantet. Oder aber man wundert sich, weshalb man selbst plötzlich, obwohl des Sanskrit nicht mächtig, so berührt auf ein Mantra reagiert. In beiden Fällen kann „Heilende Klänge des Veda. Mantras zur Entspannung und Meditation“ des bekannten Yogalehrers R. Sriram und seiner Frau, der Tänzerin Anjali, weiterhelfen. In dem wirklich gelungenen Buch des Ehepaares erfährt man, dass Mantras Klänge sind, die einst dem Kosmos abgelauscht wurden, welche Stimmung sie hervorrufen können, wie sie ihre heilende Wirkung entfalten und wann und wie man sie einsetzen kann. Dazu wählten die beiden 13 Mantras zu verschiedenen Lebensbereichen aus, die sie in ein poetisches Deutsch übertragen haben und auf der beiliegenden CD rezitieren und vortragen. Stephanie Schönberger

Fazit: Ein Buch, das schon wegen seiner klaren Sprache eine entspannende Wirkung hat, die durch das Hören der CD noch verstärkt wird.

„Heilende Klänge des Veda. Mantras zur Entspannung und Meditation“ von Anjali und R. Sriram (Kamphausen, ca. 17 Euro).

Exklusive Gewinnspiele, Yoga-News, Meditationen, Praxisstrecken, leckere Rezepte, Ayurveda und vieles mehr

Melde dich hier für unseren Newsletter an.

Wir halten deine Daten privat und teilen sie nur mit Dritten, die diesen Dienst ermöglichen. Lies unsere Datenschutzerklärung.