Leserfoto-Kalender 2014

Yoga begleitet und inspiriert Menschen in allen Lebenslagen – diese Erkenntnis illustrieren auch die vielen tollen Bilder, die Sie uns immer wieder schicken.

2014 wollen wir mit den schönsten Leserfotos, die wir erhalten, einen exklusiven YOGA JOURNAL-Jahreskalender für unsere Leserinnen und Leser gestalten. Sie möchten dabei sein? Dann senden Sie uns Ihr Lieblingsbild mit dem Betreff “Leserfoto-Kalendar” an redaktion@yogajournal.de.

Vielen Dank für die zahlreichen Zusendungen. Die Aktion ist leider vorbei und der Kalender ab dem 19. Dezember 2014 im Handel oder unter nachbestellungen@yogajournal.de zu bekommen.

 

 

Das Magazin // Mai + Juni 2013

 Vieles neu macht der Mai…

… und vielleicht ist es auch bei Ihnen Zeit für einen inneren und äußeren Frühlingsputz? Bereits in Patanjalis Yoga-Sutra steht geschrieben, dass wir, um unser wahres Selbst zu erkennen, Gier und Anhaftung aufgeben müssen.  Schnappen Sie sich dieses Heft, Ihre Yogamatte und machen Sie sich auf, Klarheit in Ihren Geist und in Ihr Leben zu bringen!

Praktische Tipps, wie Sie (auch mit Hilfe Ihrer Praxis) Ordnung in Ihrem Alltag schaffen, finden Sie in unserem inspirierenden Artikel „Klärungsbedarf“ (ab Seite 32). Unsere Übungsstrecken „Basics“ und „Masterclass“ legen Ihnen verjüngende und belebende Asanas ans Herz und die Grundregeln basischer und ayurvedischer (sattvischer) Ernährung (ab Seite 86) liefern die passenden Empfehlungen für den Essenstisch.

Wenn Sie auch einmal einen neuen und etwas anderen Yogastil ausprobieren möchten, lassen Sie sich von unserem Style Guide (ab Seite 66) und dem Interview mit Yoga- und Meditationslehrer Josh Summers (ab Seite 72) erklären, was es mit Yin Yoga auf sich hat und weshalb es sich sehr gut mit Meditation verbinden lässt.

Auch jedem Abschied wohnt ein Neubeginn inne: Das YOGA JOURNAL sagt an dieser Stelle „Auf Wiedersehen“ zum bisherigen Co-Herausgeber Michi Kern, der sich, unter anderem als frischgebackener Papa, künftig neuen Aufgaben widmen wird. Mensch sei Dank werden wir allerdings weiterhin in seiner Rubrik mit ihm zusammen von den Menschen lernen dürfen. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit, lieber Michi, und alles Gute für die Zukunft!

Viel Spaß beim Lesen und mit dem Frühling!
Ihre YOGA JOURNAL-Redaktion

 

TITELTHEMEN 
– Locker aus der Hüfte: Übungssequenz für Zuhause
– Streng verboten? Yoga in Israel
– Praxis-Special: Pranayama
– Mental Detox: Klärungsbedarf
– Stilserie: Yin Yoga
– Interviews: Anoushka Shankar “Zwei Kulturen, zwei Stile, eine musikalische Reise”, Sanskrit-Lehrerin Manorama, Yin-Yogalehrer Josh Summers, Shri Yogi Hari
– Yoga City Trip: Leipzig
– Ernährung: Tipps für den Säure-Basen-Haushalt

Sie können die Ausgabe 03/2013 bequem und versankostenfrei in unserem Wellmedia-Shop bestellen.

Interview // Patricia Thielemann

Das pralle Leben

Vom Intellekt zum Erlebnis: Im YOGA JOURNAL-Interview spricht Deutschlands bekannteste Pre- und Postnatal Yoga-Expertin Patricia Thielemann über die Herausforderung, die Frauen durch Geburt und Schwangerschaft erleben, wie Yoga sie dabei unterstützen kann – und was ihre Lehrer/innen dabei beachten sollten.

YOGA JOURNAL: Patricia, Schwangerschaft und Geburt eines Kindes sind für die meisten Frauen nicht nur eine persönliche Erfahrung, sondern eine Phase der umfassenden Neu-Positionierung.

Patricia Thielemann: Durch Schwangerschaft und Geburt kommt nicht nur ein Kind zur Welt, sondern auch eine Frau als neue Mutter. Dass die damit verbundenen persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen nicht leicht zu vereinbaren sind, ist auch meine Erfahrung. Ich habe mein erstes Kind mit 38 Jahren bekommen. Davor war mein Plan: Ich lasse mich darauf ein, und wenn das Universum das will, werde ich meinen Weg finden. Trotzdem hatte ich zunächst durchaus Angst vor dem Neubeginn.

Wie kann Yoga hierbei unterstützen?

Yoga kann es Frauen erleichtern, bewusst in ihre neue Rolle als Mutter hinein zu wachsen und die vermeintlichen Gegensätze zwischen persönlichen Bedürfnissen und den Anforderungen der Gesellschaft auszugleichen. Die Praxis hilft, diesem – vor allem im Nachhinein – relativ kurzen Zeitabschnitt die angemessene Aufmerksamkeit zu geben. Oft ist es ja so, dass das Herausfinden der Schwangerschaft ein großes Ereignis ist, danach aber eher als Nebensache mitläuft. Wir alle sind eben organisatorisch voll ausgelastet.

Schafft Yoga also einen realistischen Zugang zur neuen Lebensphase?

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Eigentlich ist es merkwürdig: Bei anderen gravierenden Einschnitten in unser Leben wie Tod oder materieller Verlust halten wir inne und bewerten vieles neu. In der Schwangerschaft wollen wir uns oft beweisen, dass sich trotzdem nicht viel verändern muss. Auch unser Umfeld trägt dazu bei: Es wird anerkannt, wenn sich der Körper nicht allzu sehr verändert und man weiterhin in Beruf und sozialem Leben alles gibt. Yoga hilft auf jeden Fall, den Übergang zu begleiten und dem heranwachsenden Leben auch im übertragenen Sinn Raum zu geben. Wenn man alles wie gewohnt weiterlaufen lässt, kann einem später alles ins Gesicht schlagen. Egal, wie sehr man Alltag und Körper in Schach halten möchte – letztlich gewinnt immer die Natur.

Wie hat sich Yoga in deinen beiden Schwangerschaften bewährt?

In der ersten Schwangerschaft hat sich Yoga für mich insofern als heilsam erwiesen, als dass sich einige Dinge, die mich vorher sehr gestresst haben – Karriere, perfektes Aussehen und trotzdem vor allem durch Intelligenz und Leistung wahrgenommen zu werden – relativiert haben. Beim zweiten Kind war die Praxis vor allem dafür da, diesem Baby seinen eigenen Raum zu geben. Sich den Anforderungen von Schwangerschaft und Geburt zu stellen, auch dem Leben danach, bedeutet vor allem, praktisch werden zu müssen. Der Anspruch, vor allem nach außen wirken zu müssen und Anerkennung zu finden, hat sich  abgeschliffen.

Hattest du diesen Anspruch auch in der Yogapraxis?

Im Yoga gibt es durchaus die Gefahr, dass Selbststudium und Selbstsuche doch wieder einem Leistungsprinzip unterworfen werden. Man geht dann nicht objektiv vor, sondern meint, dass man nur „sein“ dürfe, wenn man seine Triebe und sonderbaren Facetten ausmerzt oder in Form bringt. Schwangerschaft und Ankunft meines ersten Kindes haben dem eine pragmatische Komponente geben und mir als eher komplizierte Frau gut getan. Es ist vergeblich, an einem alten Selbstbild festzuhalten zu wollen. Sie haben mich auf den Teppich gebracht, ohne dass ich meine Träume verloren hätte, und mich in einen Zustand des Seins gebracht, keiner bloßen Idee von mir.

Interview: Christina Raftery

Mehr lesen Sie im Sonderheft Yoga & Familie.

INFO: Patricia Thielemann, zweifache Mutter und Gründerin der Spirit Yoga-Studios, hat sich besonders im Pre- und Postnatal Yoga einen Namen gemacht, zu dem sie zwei DVDs, mehrere CDs und zuletzt das Buch „Yoga in der Schwangerschaft“ veröffentlicht hat und das sie auch als Fortbildung für Yogalehrer/innen und Hebammen anbietet. Termine und weitere Informationen gibt es unter www.spirityoga.de

Mantra-Musik zum Träumen

Sanfte Harfenklänge und wunderschöner Gesang – eine tolle Kombination! Besonders, wenn die Sängerin Janin Devi und der Harfist Klaus Heitz heißt. Mit „Jay Ma“ haben die beiden ein wunderbares Werk geschaffen, das durch seine Schlichtheit verzaubert. Die Harfe und die sparsame Instrumentierung bringen Janins Stimme hervorragend zur Geltung, die durch ihre Kraft und Präsenz fast wie ein Livekonzert im eigenen Wohnzimmer klingt. Experimentelle Stücke wie der Kali-Tango oder das Gopala-Duett sorgen für ein abwechslungsreiches Hörvergnügen und klassische Elemente wie Violine und Cello mischen sich mit folkloristischen und südländischen Einflüssen zu träumerischen Klangwelten. Gewidmet ist die CD allen weiblichen Gottheiten. Mit „Jay Ma“ zeigt Janin Devi, dass sie niemanden mehr etwas beweisen muss.

FAZIT: Gekonntes Understatement wird zum Ausdruck echter Hingabe. Damit klingt Janin noch authentischer und professioneller als auf ihren Vorgängeralben.

„Jay Ma” von Janin Devi feat. Klaus Heitz (Janin Devi, ca. 20 Euro).

Samsara – Bildgewaltige Meditation

Ein Sandmandala -von buddhistischen Mönchen gefertigt und am Ende wieder zerstört – gibt dem faszinierenden Film „Samsara“, der den „beständigen Wandel“ als Thema und Titel hat, seinen Rahmen. Nach „Baraka“ ist es Ron Fricke und Mark Magidson erneut gelungen, den Zuschauer ohne Worte, dafür aber mit einer einmaligen Bildästhetik in ihren Bann zu ziehen. Der Film kommt ohne Geschichte, Schauspieler oder Sprache aus und lässt Raum für eigene Gedankenwelten. Menschen, Kulturgüter, Naturlandschaften, Großstädte – alles bewegt und wandelt sich unaufhörlich in dieser Komposition. Die Kamera fängt auch Unschönes wertungsfrei ein: Produktions- und Entsorgungsabläufe von Konsumgütern, Mülldeponien, die Waffenindustrie oder Fleischverarbeitungsfabriken. Zeitrafferaufnahmen verleihen jeder Einstellung etwas Magisches, wird der Ablauf der Zeit und das ganze Spektrum des menschlichen Lebens durch dieses Stilmittel doch besonders deutlich. Die unkommentierte Darstellung von Körpern, Gesichtern und Blicken erinnert an bewegte Fotografie, die den Mensch auf das Wesentliche reduziert.

FAZIT: Unsere Erde ist nach wie vor und trotz allem ein grandioser Ort voller Wunder, die es zu entdecken gilt!

„Samsara“ von Ron Fricke (Busch Media Group, ca. 15 Euro).

Interview mit Tom Shadyac: “”Wir sind eins”

Tom Shadyac, der amerikanische Kult-Regisseur zahlreicher Jim-Carrey-Film wie “Bruce Allmächtig” oder “Ace Ventura”, hat nach einem schweren Fahrradunfall sein Leben radikal geändert und sein gesamtes Hab und Gut verkauft.YOGA JOURNAL sprach mit dem Filmemacher über die Kraft, die uns alle vereint, und über den Weg zu sich selbst.

Tom Shadyac, hat sich auf den Weg gemacht, um mit intellektuellen und spirituellen Führern über den Sinn des Lebens zu sprechen – und diesen selbst zu finden. Über diese persönliche Reise hat er den Dokumentarfilm “I Am” gedreht.

YOGA JOURNAL: Tom, eine Kernaussage des Films “I Am” ist die, dass unser Herz eine noch viel größere Rolle spielt als wir bisher angenommen hatten. Was haben Sie über das menschliche Herz herausgefunden?

Tom Shadyac: Ich habe herausgefunden, dass uns unser Herz sehr viel stärker lenkt und bestimmt als gedacht. Das Herz hat tatsächlich eine kognitive Funktion. Darum ist es so ungeheuer wichtig, dass wir Herz und Verstand miteinander in Einklang bringen. Auf dem Gebiet der Neurokardiologie konnte nachgewiesen werden, dass unser Herz so etwas wie ein eigenes Gehirn hat, das fühlen, lernen und Entscheidungen für uns treffen kann. Wir nennen das dann “Bauchentscheidung”. Unser Gehirn bekommt mehr Impulse vom Herzen als umgekehrt, wofür in erster Linie der Vagusnerv verantwortlich ist, dessen Aktivität messbar ist. Dieser Nerv ist zum Beispiel dafür verantwortlich, dass es uns die Kehle zuschnürt, es uns eng beziehungsweise weit ums Herz wird oder uns die Tränen kommen. Und das Herz hat eine Ausstrahlung, die bis zu vier Meter weit reicht. Damit erreichen, verbinden und beeinflussen wir Menschen uns gegenseitig.

Wie kam es dazu, dass Sie sich, ausgehend von Ihrem eigenen Schicksal und der Möglichkeit des Sterbens vor Augen, mit dem Schicksal der ganzen Welt auseinandergesetzt haben?

Indem ich mir meinen eigenen Tod vor Augen geführt habe, habe ich jegliche Angst davor verloren, mich auch beruflich mit Gedanken und Überlegungen zu beschäftigen, die mich privat schon seit ungefähr 15 Jahren umtreiben. Der Prozess des Wandels hat bereits lange vor meiner Nahtod-Erfahrung eingesetzt. Aber der Unfall hat einen endgültigen Reinigungsprozess in Gang gesetzt. Für mich war das Erlebnis eine großartige Motivation, endlich etwas zu tun und nicht mehr nur darüber nachzudenken, etwas verändern zu wollen. Und ich möchte all die wertvollen Dinge, die ich von weisen Menschen erfahren habe, mit anderen teilen, bevor ich diese Welt verlasse – um damit vielleicht einen bescheidenen Teil zur Änderung der Spezies Mensch beitragen zu können.

Haben Sie mehr Freunde gewonnen oder verloren, nachdem Sie angefangen haben, Ihr Leben zu verändern, alles zu verkaufen und ein “einfacheres Leben” ohne den ganzen Hollywood-Glamour zu führen?

Für mich zählt nicht das, was ich verloren habe. Für mich ist es wichtig,i_am_04_xp_szn was ich durch die Veränderung alles gewonnen habe, welche Menschen neu ein mein Leben getreten sind. Ich habe einige neue Freundschaften geschlossen. Die Beziehung zu Coleman Barks (Anm. d. Red.: Übersetzer der Texte des persischen Mystikers Rumi) ist zum Beispiel etwas ganz besonderes für mich; genau wie meine neuen Freundschaften zu Menschen, die die Welt durch ihre Fotografie verändern, wie zum Beispiel Chris Jordan, oder all die großartigen Dokumentarfilmer – ich habe ganz großes Glück, so fantastische Menschen in meinem Leben zu haben. In der Hinsicht bin ich wirklich und im wahrsten Sinne des Wortes gesegnet.

Woher nahmen Sie in Zeiten der Isolation und Einsamkeit nach Ihrem Fahrradunfall Ihren Lebensmut? Sie haben unter einem gravierenden organischen Psychosyndrom nach einem Schädelhirntrauma gelitten und im Film sprechen Sie darüber, dass viele Menschen, die diese Schmerzen erdulden müssen, suizidgefährdet sind.

Ehrlich gesagt habe ich auf diese Frage keine Antwort. Ich weiß bis heute nicht, wie und warum ich es ausgehalten habe. Ich glaube ganz fest daran, dass mir etwas Göttliches den Lebensmut gegeben hat. Das große Ganze vielleicht, aus dem ich entstanden bin und von dem ich Teil bin. Aber ja, es war in der Tat nicht einfach, durch diese Dunkelheit und die schwierigsten Monate meines Lebens hindurch zu gehen. Umso glücklicher bin ich, dass am Ende des Tunnels wieder Licht war und ich nun wieder unversehrt im Hier und Jetzt sein kann.

Haben Sie sich während dieser Zeit mit Meditation oder Yoga beschäftigt beziehungsweise Ihre Lebensgewohnheiten geändert?

Ja, natürlich habe ich mich gerade in der Zeit der Isolation mit diesen Themen auseinandergesetzt. Aber Veränderungen brauchen trotzdem immer ein bisschen Zeit (lacht). So war ich beispielsweise vor “I Am” Vegetarier – und jetzt lebe ich seit ungefähr einem halben Jahr vegan. Aber das hat gedauert… Ich mache auch Yoga. In letzter Zeit zwar nicht sehr regelmäßig, aber es ist eine wunderbare Möglichkeit, Spannungen in Körper und Geist abzubauen und positive Energien freizusetzen. Und ja, ich meditiere – auf meine Art. Für mich bedeutet Meditation, mich auf etwas zu konzentrieren, das mich beschäftigt. So meditiere ich zum Beispiel, wenn ich die Verse des persischen Mystikers Rumi lese. In der Natur zu sein ist eine andere Form der Meditation für mich. Ich schätze den Wert des Stillsitzens während der Meditation sehr und ich mache das auch manchmal aber eigentlich kann ich jederzeit und überall meditieren, sobald ich meine Aufmerksamkeit intensiv auf etwas Bestimmtes fokussiere.

Das Atem-Dilemma des modernen Menschen

Die Lebensumstände unseres hochtechnisierten Zeitalters stellen eine Herausforderung für unsere Gesundheit dar. Während unser Nervensystem häufig durch immer schnellere Informationsabläufe überfordert wird, führt der Bewegungsmangel dazu, dass unser Atemsystem stark unterfordert ist.

Atemübungen laden den Solarplexus, die Batterie unseres Körpers, systematisch auf und sind damit ein Nerventonikum. Durch Yoga-Atemtechniken im Alltag kann auch ohne Körperbewegung die Vitalkapazität der Lungen voll ausgeschöpft werden und über den Blutkreislauf werden zusätzlich alle Körperzellen mit ausreichend Sauerstoff versorgt. Durch regelmäßige Pranayama-Übungen lässt sich ein bewusster Atemrhythmus trainieren – ein wichtiger Schlüssel zu verbesserter Konzentration und Vitalität.

Atem-Dilemma Nr. 1: Flache Atmung

Da wir unsere Atmung nicht bewusst steuern, können wir uns leicht ungesunde Atemmuster angewöhnen. Aufgrund von nervlicher Anspannung atmen viele Menschen nur über ihre Brust und Schlüsselbeine – das Zwerchfell kommt kaum oder nur wenig zum Einsatz. Oft werden bei der Einatmung zudem die Schultern gehoben und der Bauch eingezogen. Der Solarplexus und die Bauchmuskeln werden dadurch angespannt. Mit der zu flachen Brustatmung füllen wir nur ein kleines Areal der Lungen, nämlich lediglich die Lungenspitzen. Dadurch gelangt nur wenig Sauerstoff ins Blut, was zu einem Verlust an Vitalität führt und unsere Abwehrkräfte schwächt. Die Folge: Wir sind schlapp, müde, antriebslos. Bildhaft kann man sich das so vorstellen, als würden wir eine Flasche mit Wasser füllen, sie immer nur bis zur Hälfte leer trinken und dann gleich wieder auffüllen – und das wieder und wieder. Auf die Lunge bezogen heißt das, dass ständig verbrauchte Restluft in der Lunge bleibt, die leicht zum Bakterienherd werden kann.

Bauchatmung

Die Bauch- oder Zwerchfellatmung ist unsere natürliche Art zu atmen – Kinder tun dies noch ganz selbstverständlich, Erwachsene meist nur noch im Schlaf. Dabei erlaubt diese Atmung eine größere Ventilation der Lungen und ermöglicht uns, mehr Sauerstoff aufzunehmen und mehr verbrauchte Luft abzugeben. Entscheidend ist hierbei der Gasaustausch in den Lungen, der zum Großteil über die Ausatmung gesteuert wird – denn je mehr verbrauchte Luft wir ausatmen, desto mehr frische Luft können wir einatmen. Bei der Bauchatmung senkt sich das Zwerchfell, aktiviert dadurch die Einatmung und massiert dabei die Bauchorgane. Bei der Ausatmung geht der Bauch wieder nach innen, die verbrauchte Luft wird passiv ausgeatmet, das Zwerchfell hebt sich und massiert dabei das Herz. Durch regelmäßige Praxis der Yoga-Atemtechniken lernt man, die Bauchatmung auch im Alltag anzuwenden.

Atemdilemma Nr. 2: Evolution braucht ihre Zeit…

Das Atmen zählt zu den wichtigsten unwillkürlichen Körperfunktionen und sorgt dafür, dass jede Körperzelle genug Sauerstoff erhält. Als unbewusster Prozess wird die Atmung von den Atemzentren im Gehirnstamm und in der Halsschlagader überwacht. Diese spezialisierten Nervenzentren kontrollieren über Chemorezeptoren gewisse chemische Werte im Blut. Anzunehmen wäre, dass diese Chemorezeptoren den Sauerstoffgehalt im Blut messen und bei einer Unterversorgung mit Sauerstoff eine tiefere Atmung stimulieren. Tatsächlich wird dort aber nur der Gehalt von Kohlendioxyd (CO2) gemessen. Bei CO2 handelt es sich um die verbrauchte Atemluft, die wir mit jeder Ausatmung ausscheiden. Während beispielsweise beim Sport das tiefe Atmen aufgrund des starken Kohlendioxydanstiegs automatisch stimuliert wird, muss bei einer bewegungslosen Tätigkeit wie im Büro die Atmung bewusst angekurbelt werden.

Noch vor 100 Jahren, als körperliche Arbeit unseren Alltag bestimmte, war das kein Problem: es gab kaum Autos, keine Rolltreppen und Aufzüge – mehr Bewegung sowie anstrengende körperliche Arbeit sorgten für ein regelmäßiges Ansteigen der Kohlendioxydwerte. Und dadurch wurde automatisch der Impuls zum tiefen Atmen eingeleitet.

Heute arbeiten die meisten Menschen im Sitzen – zumindest in den industrialisierten Ländern mit den vielen computergesteuerten Abläufen. Bei den meisten fehlt die körperliche Betätigung, wodurch der Impuls zum tieferen Atmen ausbleibt. Das Dilemma: Bis sich die autonome Programmierung der Atmung an die modernen Lebensumstände angepasst hat, wird es voraussichtlich noch viele Generationen dauern. Denn 100 Jahre sind evolutionsgeschichtlich eine sehr kurze Zeitspanne. Was können wir also tun, um bereits heute aus dieser Atemfalle herauszukommen?

 

Anuloma Viloma (Wechselatmung)

Diese Übung beruhigt die Nerven, gleicht die Gehirnhemisphären aus und beruhigt den Geist.

1. Setzen Sie sich in eine Meditationshaltung. Wirbelsäule, Nacken und Kopf sind in einer Linie.

2. Die linke Hand liegt auf dem Knie im Chin Mudra, das heißt, Daumen und Zeigefinger berühren sich. Die rechte Hand formt das Vishnu Mudra – Zeige- und Mittelfinger sind zur Handinnenfläche gebeugt.

3. Zentrieren Sie den Geist in der Atmung. Atmen Sie aus und verschließen Sie mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch.

4. Atmen Sie vier Sekunden lang durch das linke Nasenloch ein.

5. Schließen Sie nun auch das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und halten Sie den Atem für 16 Sekunden an.

6. Lösen Sie den rechten Daumen und atmen Sie rechts acht Sekunden lang aus.

7. Atmen Sie ohne Pause rechts wieder auf vier ein, verschließen Sie Ihr rechtes Nasenloch, halten den Atem 16 Sekunden lang an und atmen links auf acht aus.

Von Swami Sivadasananda

Lesen mir mehr über Atemübungen in der Ausgabe 02/2013.

 

INFO: Swami Sivadasananda ist Yoga-Acharya und langjähriger Schüler von Swami Vishnudevananda, Sivananda Yoga Vedanta Zentrumdem Gründer der weltweiten Sivananda Yoga Vedanta Zentren. Er unterrichtet seit über 30 Jahren in den Sivananda-Yogalehrerausbildungen weltweit und ist einer der Leiter der Internationalen Sivananda Yoga Vedanta Zentren. Weitere Infos zu den europäischen Zentren in Berlin, München, Hamburg, Wien, Reith bei Kitzbühel, London, Paris, Orléans, Genf, Madrid und Vilnius finden Sie unter: www.sivananda.eu/de

Gitta führt dich in dieser Folge des YogaWorld-Podcast durch einige der genannten Pranayamas

Yoga für eine zukunftsfähige Gesellschaft

Als Yogis wissen wir, dass unsere Praxis viel mehr ist als ein praktisches Übungssystem zur Gesunderhaltung von Körper und Geist. Sie hilft uns, ethische Lebensprinzipien zu entwickeln und im Alltag umzusetzen. Yoga als weltweite Massenbewegung könnte ein wichtiger Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung sein.

Die UN-Klimaverhandlungen haben gezeigt, dass das Problem des Klimawandels nicht alleine durch die internationale Staatengemeinschaft gelöst werden kann. Die Diskussion um den Klimawandel spiegelt jedoch nur eines von vielen sozial-ökologischen Herausforderungen der Menschheit wider. Weitere globale Probleme wie Artensterben, Verlust von Biodiversität, Bodenerosionen, Wasserknappheit, Hunger, Verschuldung oder Armut können nur gelöst werden, wenn verschiedene Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft sich gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung engagieren. Eine solche Entwicklung, bei der die jetzige Generation nicht auf Kosten künftiger Generationen lebt, muss neben den Dimensionen Ökologie, Soziales und Wirtschaft auch geistig-kulturelle Aspekte berücksichtigen.

Viele der oben genannten Probleme liegen maßgeblich in unserem westlichen Wirtschaftssystem begründet, das auf permanentes Wachstum, Massenkonsum und –produktion ausgerichtet ist. Die „Wirtschaft“ ist kein abstraktes Gebilde, sondern die Summe der daran beteiligten Menschen und damit positiv gedacht durch Menschen auch (um-)gestaltbar. Diese individuelle persönliche Perspektive führt uns zu der Frage, welche Rolle wir als Yogis dabei spielen (wollen). Wir alle sind Teil der Wirtschaft und es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich als Arbeitgeber oder -nehmer, Kapitalgeber oder Konsument für eine zukunftsfähige Gestaltung der Wirtschaft einzubringen. Dabei können wir dem Ideal von Mahatma Gandhi folgen: Wir müssen zuerst selbst die Veränderung werden, die wir in der Welt sehen möchten. Damit liegt die Verantwortung für die Zukunft dieser Welt bei jedem einzelnen.

Unsere Rolle als Konsumenten

Wir leben in einer Zeit, in der der (Massen-)Konsum eine zentrale Rolle in der westlichen Gesellschaft spielt. Konsum stiftet Menschen Identität, soziale Zugehörigkeit und stellt einen zentralen Ausdruck des individuellen Lebensstils dar. Die Massenmedien als Sprachrohr der Wirtschaft kreieren in diesem Kontext eine kollektive Wirklichkeit, in der Marken und Produktwelten Status und soziale Orientierung geben. Die Botschaften der Werbeindustrie sind omnipräsent und wir können uns diesem Einfluss kaum entziehen, insbesondere im urbanen Raum. Die Botschaften und Bilder transportieren häufig Informationen, die nach yogischen Prinzipien die Entwicklung des Menschen und das soziale Miteinander behindern. Es werden dadurch Werte wie Wettbewerb, Neid, Oberflächlichkeit, Schnelligkeit oder Geiz verbreitet, die gerade Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter sozialen und ökonomischen Druck setzen. Bedauerlicherweise wird dieser materialistische und konsumorientierte Lebensstil von multinationalen Konzernen in aufstrebende Schwellenstaaten wie Indien oder China importiert, was die globalen ökologischen und sozialen Herausforderungen verschärft.

Yoga und Nachhaltigkeit

Umso wichtiger ist es, dass Yoga als weltweite soziokulturelle Bewegung einen Beitrag in der Diskussion um Nachhaltigkeit liefert. Sowohl die Schriften als auch das Leben vieler Yogameister geben uns Ideen für einen nachhaltigen Lebensstil. Konsum stellt als Alltagshandlung für viele Menschen eine erste einfache Möglichkeit dar, um sinnvoller und nachhaltiger zu leben, daher wird das Thema in der Gesellschaft sichtbarer – Beweise dafür sind beispielsweise die Ausbreitung von Biosupermärkten oder die wachsende Verfügbarkeit von Biolebensmitteln in konventionellen Supermärkten.

 

Die Karma-Lehre gibt uns eine gute Orientierungshilfe an die Hand, um uns die Auswirkungen unserer Konsumhandlungen bewusst zu machen. Dabei können wir zwei Aspekte beachten:

1) Das Karma des Produktes

Jedes Produkt hat eine individuelle Entstehungsgeschichte und ist das Ergebnis verschiedener Wertschöpfungsstufen, an denen unterschiedliche Menschen mitgewirkt haben. In unserer globalisierten Welt reicht diese Ursache-Wirkung-Kette rund um die Welt und hat damit einen erheblichen Einfluss auf das ökologische Gleichgewicht. Jedes Produkt besitzt demnach einen „karmischen Rucksack“, in dem die sozialen und ökologischen Bedingungen der Produktion gespeichert sind. Wir sind also für jeden Artikel, den wir kaufen, verantwortlich. Deshalb sollten wir uns vor jedem Kauf in Anlehnung an einige yogische Tugenden (Yamas und Niyamas) folgende Fragen stellen:

Zufriedenheit (Santosha): Brauche ich das Produkt wirklich oder will ich es nur haben, um mein Ego zu befriedigen? Welchen Beitrag liefert der Konsum zu meiner Zufriedenheit?

Gewaltlosigkeit (Ahimsa): Welche Schäden haben Produktion und Handel für Natur, Mensch und Tiere verursacht?

Nicht-Stehlen (Asteya): Kann das natürliche Gleichgewicht von Mutter Erde meinen Konsum während meiner Lebenszeit wieder ausgleichen oder betreibe ich damit Raubbau an den natürlichen Ressourcen?

Am Beispiel der Konsumentscheidungen von Lebensmitteln kommt man über diese Denkweise zu einer biologischen, saisonalen, regionalen und vegetarischen (veganen) Ernährungsweise. Andere Konsumentscheidungen wie der Kauf eines Elektronikartikels sind durchaus komplexer, da die Produktionsbedingungen für den Laien nicht vollständig transparent sind. In diesem Zusammenhang ist der Ratgeber der Bundesregierung „Der nachhaltige Warenkorb“ zu empfehlen. Dieser kann kostenlos im Internet heruntergeladen oder als Broschüre bestellt werden: www.nachhaltiger-warenkorb.de. Auch das Portal des Öko-Instituts www.ecotopten.de oder verschiedene Konsumratgeber der Umweltverbände (z.B. die Greenpeace Textil-Fibel oder der WWF Fisch Ratgeber) helfen Verbrauchern, das Karma des Produktes im Dschungel der nachhaltigen Konsumentscheidungen zu bestimmen. Bei vielen Konsumentscheidungen lohnt es sich aber auch darüber nachzudenken, ob es ein neues Produkt sein muss oder ob es auch als Secondhand-Variante erhältlich ist.

Dem aktuellen Zeitgeist entsprechend, entwickelt sich derzeit der Megatrend des Selbermachens (Do-it-yourself / DIY) als Gegenbewegung zum anonymen Massenkonsum. Dem folgt auch die ursprüngliche Bedeutung der Wortschöpfung „KarmaKonsum“: Karma bedeutet in seiner einfachsten Form “Handlung“ und wenn wir für unseren Konsum selbst wieder handeln, sprich produzieren, lösen wir uns aus der Abhängigkeit von ökonomischen Zwängen. Diese stark an Nachhaltigkeit orientierte Bewegung, die unter dem Schlagwort „Prosumenten“ (eine Wortschöpfung aus den Wortstämmen Produzent und Konsument) diskutiert wird, ist eine Grundlage neuer ökonomischer Modelle wie z.B. der Postwachstumsökonomie, einer radikalen Neuorientierung der Wirtschaft.

2) Das Karma des Geldes

Durch diese zweite Perspektive sollten wir uns bewusst machen, was nach dem Kauf mit unserem Geld geschieht. Wer erhält es und wofür wird es verwendet? In welchen Wirtschaftskreislauf fließt es? Behält man diese Überlegungen im Kopf, wird aus jeder Konsumentscheidung ein (wirtschafts-)politischer Akt. Wir stimmen mit unserem Geldschein darüber ab, welche Zukunft wir möchten. Es macht einen Unterschied, ob ich mein Geld einem multinationalen Konzern gebe, der primär durch monetäre Interessen getrieben ist und das Geld zu einer möglichst hohen Rendite an seine anonymen Anteilseigner (Shareholder) ausschütten möchte oder ob ich mein Geld einem regionalen Biolandwirt gebe, der es in die giftfreie Bewirtschaftung seines Hofes reinvestiert. Am Beispiel des fairen Handels wird auch deutlich, dass bei diesen Fairtrade-Konsumentscheidungen immer ein Teil des Geldes direkt in die nachhaltige Entwicklung von Kleinbauern und deren Familien in Entwicklungsländern fließt. Streng nach ökonomischen Prinzipien gedacht, bestimmen wir als Konsumenten über die Produktion. So lange wir nicht aufhören, günstige Massenware zu kaufen, wird sie auch angeboten werden.

Häufig wird von Kritikern bemerkt, dass diese Art des Konsums nicht für jeden finanzierbar sei. Dem entgegne ich aus eigener Erfahrung und der Beobachtung anderer Menschen heraus, dass sich bei der Umstellung der Konsumgewohnheiten nach yogischen Prinzipien häufig automatisch eine neue Bescheidenheit (Tapas) und Einfachheit entwickelt. Mögen in diesem Sinne Yogapraktizierende nicht nur wichtige Treiber des nachhaltigen Konsums werden, sondern zur Avantgarde eines neuen einfachen freiwilligen Lebensstils (Lifestyles of voluntary simplicity / LOVOS) erwachsen. Hari Om Tat Sat.


Von Christoph Harrach

Der Diplombetriebswirt und Yogalehrer Christoph Harrach ist Gründer des Portals KarmaKonsum.de.