Interview: Yoga braucht das Land

Tom Beyer von Home Yoga Berlin unterrichtet im Deutschen Bundestag und erzählt im Interview von seinen Erfahrungen.

YOGA JOURNAL: Tom, du unterrichtest an höchster ­Regierungsstelle. Wie bist du dazu gekommen?
TOM BEYER: Yoga im Unternehmen gehört zu unserem Konzept bei Home Yoga. Der Bundestag liegt ganz in der Nähe unseres Studios. Beim Vorbeigehen hatte ich mir immer gedacht, dass die Abgeordneten bestimmt Yoga ganz gut gebrauchen könnten. Zwei Schüler, die regelmäßig ins Studio kommen, arbeiten dort. Mit ihnen haben wir gesprochen und über sie schließlich auch die richtigen Ansprechpartner im Bundestag gefunden. Es gibt dort schon länger verschiedene Betriebssportgruppen. Als wir bezüglich Yoga-Stunden angefragt haben, sind wir sofort auf Interesse und Aufgeschlossenheit gestoßen.

In welcher Form und nach welchem Konzept bietest du dort Yoga an?
Seit Ende 2009 unterrichte ich wöchentlich zwischen zehn und 20 Teilnehmer direkt nach dem Büroalltag in der Sporthalle auf dem Gelände. Unser Konzept bei Home Yoga geht dahin, vor Ort und im Anschluss an die Arbeit Yoga anzubieten. Bei meinen Schülern handelt es sich bisher nicht um Politiker, sondern um die Mitarbeiter der Abgeordneten. Sie brauchen den Ausgleich durch Yoga, denn sie sind letztlich diejenigen, die Tag für Tag die Stellung halten und die Politiker für ihre öffentlichen Auftritte vorbereiten. Die meisten waren anfangs komplette Anfänger und mussten erst einmal an Yoga herangeführt werden. Das Interesse an den Kursen wird aber immer größer. -Letztens haben mich sogar die Wachleute an der Pforte angesprochen: Sie möchten auch mitmachen. Im Grunde sucht jeder nach Balance. Und da setzen wir an.

Baust du neben einer Business-orientierten Ausrichtung auch ­spirituelle Elemente ein?
Sobald sich jemand bewusst mit seinem Atem zu verbinden beginnt, ist das eine spirituelle Praxis. Es ist am Anfang gar nicht notwendig, besonders philosophisch zu werden. Für mich ist mein Unterricht aber auch nicht unbedingt Business-Yoga. Eher ganz normales Yoga – nur eben vor Ort am Arbeitsplatz. Das hat einen praktischen Hintergrund: Die meisten würden es wohl nicht schaffen, einmal die Woche Yoga zu praktizieren, wenn sie dafür erst in ein Studio kommen müssten. Deshalb kommen wir Yoga-Lehrer zu ihnen.

Zeitgemäßes und „kundenfreundliches“ Yoga also.
Meiner Meinung nach geht es beim Yoga immer um den intelligenten Umgang mit der Wirklichkeit. Und der ist frei von Stress! Die Didaktik ist Tausende von Jahren alt, die Methodik, mit der wir unterrichten, ist diesem Jahrtausend angepasst – ob man das jetzt Business-Yoga nennt oder nicht.

Welche Schwerpunkte setzt du in deinem Unterricht?
Die Ausrichtung auf die körperliche Ebene ist die eine, gerade im Büroalltag sehr wichtige Seite. Die andere beschäftigt sich mit der mentalen Ebene und damit, wie man es schafft, weniger kopflastig zu sein. Das funktioniert nur über die Praxis und über die eigene Erfahrung.

Wie sind deine Erfahrungen mit Yoga im Bundestag im Vergleich zu anderen Schülern?
Es sind natürlich ganz „normale“ Schüler, aber man merkt, dass viele seit Jahren im Sitzen arbeiten. -Klassischerweise treten bei vielen Rückenprobleme auf. Und man merkt, dass von den Teilnehmern täglich große -Leistung verlangt wird. Umso wichtiger ist Erholung – und die muss manchmal erst wieder erlernt werden. Ich finde es sehr wichtig, dass gerade die Menschen, die unser Land führen, entspannt und klar in ihrem Handeln sind. Yoga sensibilisiert für die Wirklichkeit. Das ist zum Wohl aller, denn durch Yoga im Unternehmen verändert sich die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden.

Was, glaubst du, hat sich für deine Schüler durch regelmäßiges Yoga verändert?
Die Teilnehmer lernen, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten. Wir praktizieren unter anderem die Ujjayi-Atmung, bei der man lernt, die Konzentration auf den Atem und damit auf den Geist zu lenken. Das wirkt auch im Alltag: An einem bestimmten Punkt realisiert man, dass man auch da die Wahl hat, die Aufmerksamkeit auf eine Sache zu lenken oder eben nicht. Yoga schenkt Gelassenheit und Stärke, um mit Problemen im Alltag fertig zu werden.

Die wahrhafte Veränderung kann man dann tagtäglich im ­Verhalten und in den Entscheidungen erkennen.
Ja, denn sie findet in der Tiefe statt. Die Beobachtung des Körpers, die im Yoga stattfindet, schließt die Beobachtung aller Empfindungen ein. Wenn man in den Raum in sich selbst eintaucht, erkennt man, dass dort drinnen noch nichts festgelegt ist. Die Teilnehmer erfahren sich als unbegrenzte Wesen und erkennen das tiefe, reine Potenzial, das in ihnen existiert. Das kann zu einer tiefen Einsicht führen. Aus meiner Sicht ist die Kunst des Unterrichtens nicht, jemanden über Informationen auf der Ebene des Wissens zu erreichen, sondern die eigene Erfahrungsebene wirken zu lassen. Durch die eigene Erfahrung wird das unendliche Potenzial deutlich und im Alltag lässt sich daraus agieren.

Wie siehst du die Zukunft für Yoga in Unternehmen?
Natürlich wird es auch weiterhin Studios geben, denn diese haben ihre eigene Atmosphäre. Aber Yoga im Unternehmen hat aus meiner Sicht eine große Zukunft. Die Arbeitgeber erkennen, dass glückliche Mitarbeiter auch besser bei der Umsetzung der unternehmerischen Ziele helfen können. Auch die Krankenkassen haben das erkannt und ziehen am selben Strang. Rückenprobleme und Stress sind nun einmal in Deutschland die größten Risiken für Ausfälle. Hatha Yoga wird gefördert, da es langfristig den Zustand der Balance wieder herstellt und die Stärken der Mitarbeiter aufdeckt und unterstützt.


Tom Beyer ist Diplomsportwissenschaftler, Yoga-Lehrer und Inhaber von Home Yoga in Berlin. Er hat sich auf Präventionskurse, Rücken & Gelenke-Yoga und Yoga für Unternehmen spezialisiert.

Ayurveda Meets Thai

Die thailändische und die ayurvedische Küche haben nicht nur die farbenfrohe und liebevolle Zubereitung gemeinsam. Auch historisch gibt es eine interessante Verbindung, denn die indisch geprägte Mon-Kultur war ab dem 6. Jahrhundert der Vorläufer des heutigen Thailand. Durch Handelsbeziehungen mit Indien gab es somit sehr frühen Kontakt zwischen Buddhismus und Brahmanismus.

Dies erklärt auch die kulinarischen Ähnlichkeiten beider Kulturen. In Bezug auf die ayurvedische Küche gibt es jedoch auch Unterschiede, besonders in Bezug auf bestimmte Gewürze und den Grad der Schärfe. Ist die thailändische Küche ähnlich der indischen oft äußerst scharf – besonders für europäische Geschmäcker – sind die ayurvedischen Rezepte ausgleichender und milder gestaltet. Zuviel Schärfe kann nämlich ein zu starkes Ansteigen des Pitta Doshas mit Gefühlen von Brennen bis hin zu Ohnmacht auslösen. Vorbeugend gilt hier “Weniger ist mehr”…

Aus ayurvedisch-therapeutischer Sicht ist Curry, das sowohl in der ayurvedischen als auch der Thai-Küche eine wichtige Rolle spielt, eine wahre Quelle gesundheitsförderlicher Gewürze – vor allem im Sinne einer regelmäßig funktionierenden Verdauung, damit sich keine Schlackenstoffe im Körper ansammeln können. Hier eine kleine Aufstellung dreier typischer Gewürze samt ihrer Wirkung, die man für ein Curry verwendet. Im folgenden Rezept gehen sie eine wohlschmeckende thai-ayurvedische Fusion ein.

• Bockshornklee

Hier verwendet man den Samen der Pflanze. Er ist ein gutes Stärkungsmittel bei Schwächezuständen, vor allem bei Problemem des Nerven- und Genitalsystems. Zu Brei zerstoßen fördert er das Haarwachstum und bei Müttern die Milchbildung. Aufgrund seiner positven Wirkung auf die Verdauung setze ich ihn oft bei der Herstellung von Currys ein. Als Aufbaumittel kann man täglich drei Teelöffel des Pulvers in warmer Milch zusammen mit Honig trinken.

• Fenchelsamen

Eines der besten Mittel bei Blähungen oder Magenkrämpfen, daneben regt er ebenfalls die Milchbildung an. Fenchel beruhigt die Nerven: Sein Aroma wirkt positiv auf den Geist und das Konzentrationsvermögen. Bei Nieren oder Blasenproblemen wird er oft zusammen mit Koriander eingesetzt. Er hat den primären Geschmack süß und scharf mit einer kühlenden Energetik.

• Koriander

Ein Klassiker der ayurvedischen Küche, ähnlich wie bei uns Petersilie. Eingesetzt wird er vor allem bei Gerichten mit Kartoffeln, Kohl und Linsen – aufgrund seiner kühlenden und neutralisierenden Eigenschaft auch bei heißen, scharfen Speisen. Weiterhin empfiehlt er sich bei Problemen mit den Nieren, Harnwegen, der frische Saft hilft bei Allergien. Koriander schmeckt primär bitter und scharf und besitzt eine kühlende Energetik.

 

Rotes Gemüse-Curry

(Für 4 Personen)

4 EL Sesam Öl

500ml Kokosmilch

1 EL gekörnte Gemüsebrühe

1 EL Soja Sauce

2 EL Fruchtessig

2 TL Zucker

3 Kaffir-Limettenblätter

3 rote Paprika, in Streifen geschnitten

500g Karotten

12 halbierte Babymaiskolben

200g Zuckerschoten

1 rote Chili, entkernt und klein geschnitten

15 Blätter Basilikum in feine Streifen geschnitten

Currypaste

5 rote Chilis, entkernt und gehackt

2 Stangen fein gehacktes Zitronengras

1/2 TL gemahlener Koriander

2 gehackte Limettenblätter

1/2 TL gemahlener Kreuzkümmel

1 TL Fenchelsamen

1 TL getrockneten Bockshornkleeblaettern

2 TL frischer gehackter Ingwer

1/2 TL Salz

 

Alle Zutaten im Mörser zerstoßen oder in einem Mixer fein pürieren.

Die Kokosmilch mit der gekörnten Brühe, Soja Sauce, Essig und Zucker in einer seperaten Schüssel vermischen.

Das Sesamöl in einer Pfanne erhitzen, die Chili und das Gemüse zugeben und alles 5 Minuten lang anbraten. Ein Esslöffel der Currypaste zugeben und gut verrühren.

Die Kokosmilch und die Limettenblätter zugeben und 5 Minuten lang einkochen lassen. Bei Bedarf mit der Paste nachschärfen.

 

Volker Mehls Koch- und Event-Termine finden sich unter www.koch-dich-gluecklich.de.

Moderner Klassiker: Yoga der Befreiung

Plötzlich ist es da: das Jivamukti Buch auf Deutsch. Seit Jahren werde ich jede Woche danach gefragt: Wann kommt eine Übersetzung, wann wird das Buch auch auf Deutsch erscheinen?

Meine beiden englischen Ausgaben sind derart zerlesen und bearbeitet, dass die Seiten in Packen aus der Leimbindung geplatzt sind – das ganze ist wirklich ein Praxisbuch, will gelesen und wieder gelesen werden. So auch in der neuen deutschen Ausgabe: Vor allem die Fotostrecken, die ganze Jivamukti Stunden im Verlauf abbilden, wird man vor sich hinlegen, das Buch dabei weit aufbiegen und damit üben wollen. Das vorliegende Buch macht das mit, das Softcover verzeiht die Strapazen, das große Format ist ideal, auch um ausführlich an die Ränder des Textes eigene Notizen zu schreiben. Das Buch macht alles richtig. Einer der Schwerpunkte der Methode ist nämlich die Leidenschaft für die Praxis, tapah – brennen. Und ganz Jivamukti: die gleiche Leidenschaft für die äußeren wie für die inneren Praktiken. Nehmen Sie es als Unterlage für ihren Meditationssitz, machen Sie Kopfstand darauf, alles ist erlaubt. Hauptsache, es wird mit dem Buch intensiv gearbeitet.

Die alten Schriften zur Yoga Philosophie sind die Grundlage für Sharon Gannon und David Life, um Meditation, Musik, Gewaltlosigkeit und Hingabe in ihre moderne Yoga Schule einzuschreiben. Daraus und aus der Tradition ihrer Lehrer entwickeln sie das Wesen der Jivamukti Praxis als fließendes, herausforderndes Üben. Die damit verbundene innere Einstellung will auch etwas mit dem Zustand der Welt und unserer Beziehung zu ihr zu tun haben. Durch die Lektüre wird der enorme Einfluss der Jivamukti Methode auf den Yoga im Westen insgesamt und viele andere Schulen noch deutlicher. Die entschiedene yogische Einstellung zum Vegetarismus und anderen wichtigen ethischen Fragen wird wieder kontrovers aufgefasst werden. Doch gerade dieser Ansatz ist charakteristisch für Yoga und die Herausforderung – von der Matte in die Welt.

Natürlich ist das auf Deutsch jetzt leichter zugänglich für uns. Natürlich liest sich trotzdem ein amerikanische ‘Sequencing Postures’ etwas besser als das deutsche ‘ineinanderfließende Haltungen’. Es geht aber um den Inhalt. Und da zeigt sich, dass uns mit der umfassenden Auffassung des Yoga durch die Jivamukti Gründer eines der besten Yoga Bücher überhaupt in die Hände gelegt wurde.

Fast zehn Jahre nach der amerikanischen Originalausgabe sind die Inhalte klar, präsent und aktuell. Daran ändert auch das offenbar unvermeidliche Vorwort von Sting nichts.

Yoga als Zustand, in dem alle Teile zusammenpassen: Mit Jivamukti lernen wir kein Entweder Oder, sondern die Integration des Yoga in unser Leben. Mit Körper und Seele, Gedanken und Gefühlen, mit Sinnlichem und Spirituellem, täglicher Praxis und normaler Arbeit, Yoga und gesellschaftlichem Engagement, mit großem Spass und ernstem tiefen Interesse. That’s the real thing!

Michi Kern

„Yoga der Befreiung – Das Praxisbuch des Jivamukti Yoga“ von David Life und Sharon Gannon (Via Nova, 29,80 Euro)

Einführung in Kundalini Yoga

Die Yogabücher von Gräfe und Unzer liegen ganz vorn auf den Tischen der großen Buchhandlungen. Umso mehr freut es Kundalini Yogis, dass es in der GU-Reihe endlich auch ein Buch über ihre Yogaart gibt, nachdem der Verlag bisher eher auf Hatha Yoga setzte. Auf 75 Seiten gibt das Praxisbuch einen Einstieg in das Yoga der Achtsamkeit, das als dynamisch und kraftvoll bezeichnet wird, jedoch aufgrund der meist einfachen Übungen und Haltungen auch von unsportlicheren Menschen ausgeführt werden kann. Verrenkungen werden bei diesem Yoga für Menschen, die mitten im Leben stehen, nicht gefordert. Zu Beginn werden Grundlagen wie das Energiesystem und die Philosophie erklärt – unter anderem das System der acht (!) Chakras und zehn Körper – später Ausgangsstellungen, Atemformen, Aufwärmübungen und das Ritual des Stundenablaufs erläutert. Unter der Überschrift „Die Chakras stärken“ bietet der zweite Teil kurze Übungssequenzen für die einzelnen Energiezentren, die allerdings – und das ist der Hauptkritikpunkt am ansonsten sehr schön gemachten Buch – recht untypisch für die Chakras sind. Hier wären bei einem Basiswerk für die breite Öffentlichkeit Grundlagenübungen angemessener gewesen.

Fazit: Die beiliegende, 70 Minuten lange CD bietet in ästhetisch ansprechenden Bildern und Ambiente verschiedene leichte Übungsprogramme – beispielsweise für Ausgeglichenheit oder mehr Energie – unterlegt von wunderbarer Musik: unter anderem „Eight Chakras“ von Jiwanpal Kaur.

Kerstin Harder-Leppert

„Kundalini Yoga“ von Miriam Wessels und Heike Oellerich (GU, 19,99 Euro)

Nachgefragt bei Anja Kühnel

Welche Rolle spielt die Intention in der Yoga-Praxis?

 

Die yogischen Schriften sprechen davon, dass unsere wahre Identität grenzenlose, bedingungslose Liebe ist und dass diese Liebe die Essenz von Allem ist. Doch woher kommt dann all das Elend auf dieser Welt? Wie können wir es zulassen, dass Menschen leiden, Tiere ausgebeutet werden und unser Lebensraum zerstört wird?

Die Schriften sagen weiter, dass Maya (Sanskrit für „Illusion“) unsere wahre Natur verdeckt. Trotzdem spüren wir, dass es mehr geben muss, als das, womit sich unsere Gesellschaft tagtäglich beschäftigt. Der Yogi weiß aus der Tiefe seines Herzens heraus, dass er sich mit der Essenz verbinden kann.

Patanjali beginnt die Yogasutren mit: „Atha Yoganushasanam“. Das bedeutet: „Hier/jetzt/in diesem Moment – das ist Yoga, so wie ich es erlebt habe“. Yoga ist also nicht etwas Fernes, sondern allgegenwärtig. Yoga findet statt, wenn wir frei werden und uns von Konditionierungen lösen. Yogis sind radikale Menschen, weil sie alles, was sie erleben, nicht einfach nur hinnehmen, sondern versuchen, ihre eigene Wahrheit zu finden und zu leben.

Durch die Yogapraxis lernen wir zu verstehen, dass die Realität, in der wir leben, ein Abbild unserer eigenen Gedanken ist. Pantanjali spricht davon, dass alles aus sich heraus leer ist (YS IV.15). Diese Leere ist aber vom Gewirr unserer Gedanken verdeckt. Deshalb versucht der Yogi, durch unterschiedliche Praktiken diese Leere auch in seinem Geist zu erreiche, um die wahre Essenz hinter Allem, die absolute Liebe, zu finden und sie tatkräftig nach außen zu tragen.

Wenn es also das Gewirr unserer Gedanken ist, das uns den Weg zum absoluten Glück versperrt, wenn alles aus sich heraus leer ist und wenn wir die Welt mit unseren Gedanken formen, dann haben wir auch die absolute Freiheit, unseren Geist zu formen. Unsere Gedanken sind die mächtigste Waffe der Welt, und zwar sowohl zum Guten wie zum Bösen. Wenn wir unsere Gedanken von unserem persönlichen Ego trennen, wenn wir sie kreativ einsetzen und wenn wir sie in Hingebung zu allem Göttlichen, das sich in uns und um uns herum befindet, einsetzen, können sie zu einem Instrument werden, das die gesamte Welt und jedes Lebewesen zum Positiven hin verändert.

Hier kommt die Intention in der Asanapraxis ins Spiel. „Fasse vor der Praxis eine Intention“: Was bedeutet diese Anweisung, die häufig zu Beginn einer Stunde gegeben wird? Eine konkrete Absicht setzt den Samen für das, was wir manifestiert sehen wollen, in uns und in der Welt um uns herum. Durch das Üben von Asanas, die Konzentration auf die Atmung und das Halten von Mula Bandha setzen wir Energie frei. Wenn wir jetzt eine positive Intention finden und mit unserer physischen Praxis verbinden, wird diese freigesetzte Energie in eine positive Richtung gelenkt. Das kann für jeden Einzelnen etwas anderes sein, von privaten Wünschen und Visionen über ganz alltägliche Dinge bis hin zum höchsten Ziel des Yogis: Einheit, die Verbindung mit dem göttlichen Selbst.

Alles, was wir im Leben tun, spiegelt unsere Intention wieder. Eine hohe Intention wie Einheit, Frieden und Glück für alle Lebewesen (Lokah Samastah Sukhino Bhavantu) gibt uns die Möglichkeit, auch in schwierigen Momenten mehr in ein Leben hineinzuwachsen, das unsere Intention reflektiert. Denn wir sind es, die unsere Realität formen. Oder wie Ghandi sagt: „Be the change you want to see in the world.“

Unsere Intention in der Asanapraxis sollte daher immer klar sein. Sie hilft uns, uns bewusst zu werden, was uns im Leben wichtig ist, und uns genau darauf zu konzentrieren. Die innere Haltung, mit der wir eine Asana ausführen, spiegelt unsere Lebenseinstellung wieder. Jeder Gedanke, jede Handlung, jede Asana wird aus der dahinter stehenden Intention geboren. Wir säen einen Samen, der zu einer Pflanze heranwachsen und die entsprechenden Früchte tragen wird. Die Samen sollten daher mit Bedacht gewählt werden. Es gibt keine Limitierungen. Alles ist möglich!

 

(Bild: Anja Kühnel mit Dechen Thurman)

Anja Kühnel ist Advanced Certified Jivamukti Yogalehrerin und Direktorin von Jivamukti Yoga Berlin.

www.jivamuktiberlin.de

Nachgefragt || bei Anja Kühnel

Welche Rolle spielt die Intention in der Yoga-Praxis?

Die yogischen Schriften sprechen davon, dass unsere wahre Identität grenzenlose, bedingungslose Liebe ist und dass diese Liebe die Essenz von Allem ist. Doch woher kommt dann all das Elend auf dieser Welt? Wie können wir es zulassen, dass Menschen leiden, Tiere ausgebeutet werden und unser Lebensraum zerstört wird?

Die Schriften sagen weiter, dass Maya (Sanskrit für „Illusion“) unsere wahre Natur verdeckt. Trotzdem spüren wir, dass es mehr geben muss, als das, womit sich unsere Gesellschaft tagtäglich beschäftigt. Der Yogi weiß aus der Tiefe seines Herzens heraus, dass er sich mit der Essenz verbinden kann.

Patanjali beginnt die Yogasutren mit: „Atha Yoganushasanam“. Das bedeutet: „Hier/jetzt/in diesem Moment – das ist Yoga, so wie ich es erlebt habe“. Yoga ist also nicht etwas Fernes, sondern allgegenwärtig. Yoga findet statt, wenn wir frei werden und uns von Konditionierungen lösen. Yogis sind radikale Menschen, weil sie alles, was sie erleben, nicht einfach nur hinnehmen, sondern versuchen, ihre eigene Wahrheit zu finden und zu leben.

Durch die Yogapraxis lernen wir zu verstehen, dass die Realität, in der wir leben, ein Abbild unserer eigenen Gedanken ist. Pantanjali spricht davon, dass alles aus sich heraus leer ist (YS IV.15). Diese Leere ist aber vom Gewirr unserer Gedanken verdeckt. Deshalb versucht der Yogi, durch unterschiedliche Praktiken diese Leere auch in seinem Geist zu erreiche, um die wahre Essenz hinter Allem, die absolute Liebe, zu finden und sie tatkräftig nach außen zu tragen.

Wenn es also das Gewirr unserer Gedanken ist, das uns den Weg zum absoluten Glück versperrt, wenn alles aus sich heraus leer ist und wenn wir die Welt mit unseren Gedanken formen, dann haben wir auch die absolute Freiheit, unseren Geist zu formen. Unsere Gedanken sind die mächtigste Waffe der Welt, und zwar sowohl zum Guten wie zum Bösen. Wenn wir unsere Gedanken von unserem persönlichen Ego trennen, wenn wir sie kreativ einsetzen und wenn wir sie in Hingebung zu allem Göttlichen, das sich in uns und um uns herum befindet, einsetzen, können sie zu einem Instrument werden, das die gesamte Welt und jedes Lebewesen zum Positiven hin verändert.

Hier kommt die Intention in der Asanapraxis ins Spiel. „Fasse vor der Praxis eine Intention“: Was bedeutet diese Anweisung, die häufig zu Beginn einer Stunde gegeben wird? Eine konkrete Absicht setzt den Samen für das, was wir manifestiert sehen wollen, in uns und in der Welt um uns herum. Durch das Üben von Asanas, die Konzentration auf die Atmung und das Halten von Mula Bandha setzen wir Energie frei. Wenn wir jetzt eine positive Intention finden und mit unserer physischen Praxis verbinden, wird diese freigesetzte Energie in eine positive Richtung gelenkt. Das kann für jeden Einzelnen etwas anderes sein, von privaten Wünschen und Visionen über ganz alltägliche Dinge bis hin zum höchsten Ziel des Yogis: Einheit, die Verbindung mit dem göttlichen Selbst.

Alles, was wir im Leben tun, spiegelt unsere Intention wieder. Eine hohe Intention wie Einheit, Frieden und Glück für alle Lebewesen (Lokah Samastah Sukhino Bhavantu) gibt uns die Möglichkeit, auch in schwierigen Momenten mehr in ein Leben hineinzuwachsen, das unsere Intention reflektiert. Denn wir sind es, die unsere Realität formen. Oder wie Ghandi sagt: „Be the change you want to see in the world.

Unsere Intention in der Asanapraxis sollte daher immer klar sein. Sie hilft uns, uns bewusst zu werden, was uns im Leben wichtig ist, und uns genau darauf zu konzentrieren. Die innere Haltung, mit der wir eine Asana ausführen, spiegelt unsere Lebenseinstellung wieder. Jeder Gedanke, jede Handlung, jede Asana wird aus der dahinter stehenden Intention geboren. Wir säen einen Samen, der zu einer Pflanze heranwachsen und die entsprechenden Früchte tragen wird. Die Samen sollten daher mit Bedacht gewählt werden. Es gibt keine Limitierungen. Alles ist möglich!

Anja Kühnel ist Advanced Certified Jivamukti Yogalehrerin und Direktorin von Jivamukti Yoga Berlin. Im Juli unterrichtet sie zusammen mit Dechen Thurman beim Yogafestival Berlin (3.7.) und beim Jivamukti Italy Intensive Retreat in Santa Maria Del Sole/Apulien (10.-16.7.).

www.jivamuktiberlin.de

Das Magazin // Juli + August 2010

Absichtlich loslassen

 

„Freiheit durch Grenzen“ steht auf dem Titel dieser YOGA JOURNAL-Ausgabe. Ein Widerspruch? Nicht im Yoga, finden wir. Grenzen verstehen wir nicht als Einengung, sondern als Mittel zur Fokussierung. Wir geben unserer Praxis eine Intention, um sie nachhaltiger zu gestalten.

Intention und Nachhaltigkeit: Welchen Stellenwert haben diese Begriffe im Yoga, einer Praxis, die Leichtigkeit und Loslassen fördert? In welchem Verhältnis stehen disziplinierte Routine und bedingungslose Hingabe, Absicht und Realität, Leistungsdenken und Nachhaltigkeit? Im großen Bild: Folgen wir einem festen Plan oder überlassen wir uns dem Fluß der Dinge?

Nicht einfach zu beantworten, aber wunderbar durch Geschichten zu illustrieren und den Worten erfahrener Yogis zu entnehmen. In diesem Heft gibt es dazu wieder eine Fülle von Vorschlägen. Es führt uns unter anderem an politische („Shalom Israel“, S. 92) und physische („Harte Kerle (?)“, S. 32) Grenzen.

Meditation sorgt sicher für Nachhaltigkeit im Rahmen der Yogapraxis: Sie erfordert Disziplin, bevor sie Freiheit im Geist ermöglicht. Dem Regie-Genie David Lynch kommen – als hätten wir es geahnt – entscheidende Ideen für seine Filme in der Transzendentalen Meditation („Erleuchtung ist unser Geburtsrecht“, S. 46). Die Realität in der TM-Organisation ist jedoch alles andere als erleuchtet, wie ein aktueller Dokumentarfilm beweist (S. 50). Sein und Schein: Auch mit „Drama-Yogi“ Dechen Thurman (S. 66) und Kundalini-Yogini Maya Fiennes (S. 84) weht diesmal ein Hauch von Hollywood durch das Heft.

Aber was wäre unser Yoga heute ohne die Arbeit eines ganz besonderen Meisters. Wir freuen uns sehr, dass Rita Keller in unserem Auftrag die seltene Gelegenheit zu einem Interview mit B.K.S. Iyengar in Pune bekam. Unsere Intention und Erwartung: Biografische Anekdoten zum Thema „Lebenslanges Lernen und Lehren.“ Die Realität ab S. 20: Die intensive Momentaufnahme einer Praxis-Stunde mit einem beeindruckenden Lehrer, der die meisten Fragen anhand von Asanas erläutert. Jede Information ist am Kern seines Lebens ausgerichtet – der Yogapraxis. (Sein) Yoga ist Leben und eine Orientierung für uns, das Yoga praktiziert und als Konsequenz auch umgesetzt werden will. Nachhaltig und mit klarer Ausrichtung.

 

Viel Spaß beim Lesen wünscht die Redaktion.

 

 TITELTHEMEN der Ausgabe Juli + August 2010:

 

– Exklusiv-Interview mit B.K.S.Iyengar: “Ich bin keine herausragende Persönlichkeit” – Die 91-jährige Yoga-Legende über lebenslanges Lernen und Lehren

– Interview David Lynch: Der Meister-Regisseur über Transzendentale Meditation

– Freiheit durch Grenzen: Intention und Nachhaltigkeit in der Yoga-Praxis

– Glück vor der Haustür: Der eigene Meditationsgarten

– Geben und Nehmen: Thai Massage im Yoga-Unterricht

– Anatomie: Verletzungen des Kniegelenks vermeiden

– Shalom Israel: Koscheres Yoga und Körperkult

– Ernährung: Heißkalt – BBQ & Eisrezepte

Sonnenaufgang am Maimorgen

Prolog, Dialog, Epilog – das neue Werk des Hamburger Duos ist klar strukturiert. Schließlich haben Stephanie Hundertmark und Ansgar Üffink, die beidem kreativen Köpfe hinter VARGO, auch klar umrissene Vorstellungen von Lebensqualität: Ihnen geht es um „bewusstes Leben und Erleben, Kontemplation, Yoga und Meditation, ein Leben mit Nachhaltigkeit, Sinn und Tiefe.“ Da ihr Debüt „Beauty“ ganz ohne inszenierte Medienkampagnen Kultstatus erlangte, muss es wohl an Konzept, Kreativität und Qualität ihres spielerischen Mixes aus Ambient und TripHop, Downbeat und Chill-Out liegen. Auch diesmal liegt die Schönheit ganz im Ohr des Zuhörers: Multiinstrumentalist Üffink bedient sich einer farbenfrohen Palette an Klängen – schwebende Keyboard-Flächen, warme Tiefenbässe, entspannt groovende Downbeats, anrührende Streicher-Sounds und fröhliche Flamenco-Gitarren stehen im Dialog mit Hundertmarks unaufgeregtem Timbre. Und schaffen den seltenen Spagat dem Hörer einerseits Entspannung anzubieten, andererseits mit vielen Details auch zum Zuzuhören einzuladen, und sich sogar wohlig in den sanften Klangwelten zu wiegen. So klingt ein vertonter Sonnenaufgang an einem Maimorgen. Das hat Methode: Immerhin haben die beiden ihre Klasse bereits auf der legendären „Café del Mar“-Reihe oder den „Bar Lounge Classic“-Samplern unter Beweis gestellt. Zudem konnte das Duo für „Precious“ prominente Verstärkung gewinnen: Buchautor Dan Millman („Der Pfad des friedvollen Kriegers“) schrieb eigens Texte für dieses Album. Zum Glück ist das etwas kitschig gestaltete Booklet kein Gradmesser: der Inhalt schlägt die Verpackung um Längen. Und so soll es ja auch sein. Die inneren Werte sind es, die zählen.

 

Stefan Woldach

„Precious“ von Vargo (Ambient Domain, ca. 18 Euro)

Plastic Not Fantastic

260 Millionen Tonnen Kunststoffe werden jährlich produziert – Tendenz steigend. Sie tragen Namen wie Polycarbonat, Polyethylen oder Polyester. Die daraus gefertigten Produkte haben längst unseren Alltag erobert: Wir tragen Plastik, essen und trinken aus Plastik, verpacken in Plastik … Was praktisch klingt, hat eine tiefschwarze Kehrseite. „Plastic Planet“, das Begleitbuch zum gleichnamigen Film des Österreichers Werner Boote, zeigt die gewissenlosen Machenschaften der Kunststoffindustrie auf, enthüllt, wie wir uns mit dem reinen Gebrauch diverser Kunststoffprodukte selbst vergiften. Und lenkt den Blick dorthin, wo diese Produkte nach ihrem kurzen Leben „enden“. Ihre Überreste lagern sich tonnenweise in den Meeren ab, werden vergraben und verbrannt, und sind so längst zur tickenden Zeitbombe geworden, die die für uns lebensnotwendigen Ressourcen ganz real bedroht. Anders als im Film entlässt das Buch den Leser mit einem Hauch Optimismus: Ein Kapitel ist einer Familie gewidmet, die inspiriert durch Bootes Film, beschloss, möglichst plastikfrei zu leben. Ihr Fazit: „80 Prozent der Dinge sind leicht zu ersetzen, 15 Prozent schwer, und die restlichen 5 Prozent unmöglich“. Leichtfüßig, aber niemals oberflächlich, eindringlich, aber nie belehrend. Kurz: Lesenswert!

 

Melanie Vogel

„Plastic Planet – Die dunkle Seite der Kunststoffe“ von Gerhard Pretting und Werner Boote (Orange Press, 20 Euro)