Interview: Johannes Gutmann

„Den kann man nicht kopieren. Den kann man nur kapieren.“ Das schreibt der österreichische Journalist und Autor Peter Gnaiger in dem kürzlich erschienenen Buch „Gut geht anders“ über den Gründer und Chef des Sonnentor-Kräuterhandels Johannes Gutmann. Dieser hat in den letzten Jahren unter dem Logo der lachenden Sonne seine Bio-Qualitätsprodukte aus dem Waldviertel zu einem internationalen Exportschlager gemacht. Dabei ist er erstaunlich bodenständig geblieben. Wie macht er das nur?

YOGA JOURNAL: Herr Gutmann, in was für einer Zeit leben wir eigentlich?
JOHANNES GUTMANN: Wir leben in einer sehr spannenden Zeit voller Krisen, Sorgen, Hektik, Globalisierung, Geldgier und kurzsichtigen Handlungen. Gerade in solchen Zeiten ist es besonders wichtig, andere Wege einzuschlagen. Man muss von den ins Leere führenden Systemen Abstand zu nehmen, um die eigene Mitte und einen Ausgleich zu finden.

Sie forcieren mit all Ihrem Tun alternative Lebens- und Arbeitsformen. Müssen Sie das System ignorieren, um Ihre Ziele zu erreichen?
Nein, wir sind ja trotzdem alle Teil der Systeme. Wir sind aber nicht abhängig von den uns umgebenden Systemen, weil wir schon immer nach Unabhängigkeit und Freiheit und Freude gestrebt und gelebt und agiert haben.

Ihre rund 170 Mitarbeiter bei Sonnentor sind durchschnittlich nur sechs Tage pro Jahr krank, Ihre Qualitäten im Bereich der Personalführung werden überall über den grünen Klee gelobt. Was machen Sie richtig?
Wir machen es immer so, wie wir es auch selbst gerne hätten. Wenn wir Wertschätzung erfahren wollen, dann müssen wir zuerst Wertschätzung vorleben und geben. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg’ auch keinem anderen zu“ – das wurde mir schon als Kind gesagt und vorgelebt. Dieser Grundsatz ist uns sehr wichtig und danach versuchen wir uns immer auszurichten.

Sie planen in Sprögnitz gerade ein Bio-Gasthaus, das den Projektnamen „Sonnentor-Akademie“ trägt. Und einen Ü60-Bauernhof haben Sie ebenfalls angedacht. Was kann man sich jeweils darunter vorstellen?
Die Sonnentor-Akademie beruht auf drei Säulen: Die erste Säule ist die der „Verpflegung“: Das gute Essen wird täglich ausschließlich aus der Region Waldviertel kommen. Damit werden die mittlerweile 40 000 Gäste versorgt, die Sonnentor jährlich besuchen kommen. Unsere Besucher wollen hier unsere Geschichte und unsere Grundsätze erfahren und spüren: gelebte Philosophie, leben und leben lassen, Wertschätzung. Die zweite Säule bildet das „Wissen“: Wir werden Kurse und Schulungen für Mitarbeiter, Franchisepartner, Partnerläden und alle Sonnentor-Fans anbieten, die den Bezug zu fruchtbarem Grund und Boden wiederfinden wollen, die sich wieder erden und mehr über Zusammenhänge des täglichen guten Lebens lernen wollen. Dies wollen wir mit unseren regionalen Bio-Bauern und unseren internationalen Bio-Anbauprojekten und Partnern realisieren. Die „Zukunft“ wird die dritte tragende Säule in der Akademie sein: Wir planen einen Sonnentor-Kindergarten für die Kleinen unserer MitarbeiterInnen, die von Kindheit an Zusammenhänge verstehen sollen. Und sie dürfen dort lernen, dass alles seine Grenzen hat und braucht. WIR für UNS! Der Ü60-Bauernhof soll das Kinderreich mit der Weisheit der älteren Bäuerinnen und Bauern zusammenführen. Viele betagte Menschen werden nicht mehr gebraucht und aufs Abstellgleis gestellt. Wir von Sonnentor vergeben zum Beispiel sehr viele Handverpackungs- und Etikettierungsarbeiten an solche helfenden Hände. Die Menschen sind glücklich, gebraucht zu werden und Anteil am Erfolg zu haben. Gebrauchtwerden im Sinne der Wertschätzung der Lebensweisheit und der Menschlichkeit – und nicht im Sinne der Akkordarbeit.

Was bedeutet gelebte Nachhaltigkeit für Sie?
Mit allen Ressourcen, die uns täglich zur Verfügung stehen, sorgsam umzugehen. Mir ist es wichtig, zu erkennen, was ich nicht brauche.

Wer oder was ist heute Ihre „emotionale Tankstelle”?
Meine Familie mit meiner kleinsten Tochter Lea und meiner lieben Frau Edith, sowie die vielen Bestätigungen und dankbaren Reaktionen unserer Fans und Kooperationspartner, die wir täglich bekommen.

Wie kam es zu dem Buchprojekt „Gut geht anders“ mit Peter Gnaiger?
Sonnentor begeistert nun schon seit 25 Jahren mit Bio-Kräutern und Bio-Gewürzen. Wir haben daher beschlossen, unseren anderen Weg des Erfolges und der Kooperationen mit der „normalen Wirtschaft“ und deren Krisen zu vergleichen. Der Ecowin-Verlag war sofort bereit, diese Idee mit dem Journalisten Peter Gnaiger und uns umzusetzen.

Im Buch sagen Sie zu Peter Gnaiger „Wir müssen Kreisläufe werden, keine Zahnräder.“ Was meinen Sie damit?
Zahnräder funktionieren nur so lange, wie es im vorgesehenen Ablauf rund läuft, so lange nichts bricht. Kreisläufe sind und bleiben flexibel. Sie müssen immer angepasst werden, sind ständig Veränderungen unterworfen. Sonnentor agiert als Teil des Kreislaufes und wartet nicht aufs Reagieren eines Zahnrades, das nur funktioniert.

Begrüßen Sie die Entwicklung, dass Bio heute mehr „Lifestyle“ versprüht als noch vor wenigen Jahren?
„Biologie“ heißt übersetzt „Lebenslehre“. Das ist unsere Lebensbasis, so wie der Mensch ein Teil der Natur ist. Bio ist mittlerweile ein Trend geworden. Grundsätzlich bin ich froh, dass sich immer mehr Menschen danach richten. Es geht mir aber weniger um die Kontrolle als vielmehr um das Vertrauen in das gute Leben, das jedem zugänglich sein soll. Da muss jetzt nicht unbedingt „Bio“ drauf stehen. Es gibt viele Wege, die ein glückliches Leben ermöglichen.

 

 

Musik als Therapie

Ólafur Arnalds ist kein Mann der großen Show. Mit isländischem Gleichmut und Witz beantwortet er alle Fragen in seinem ersten „yoga-spezifischen“ Interview. Im Verlauf des Gesprächs wird klar: Show hat für ihn nur auf der Bühne etwas zu suchen.

»Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Album mit Abstand das beste ist, das ich bisher gemacht habe«, behauptet der neue Star der Neo-Klassik-Musik von seinem Album „For Now I Am Winter“. Ich muss ihm Recht geben. Es ist eines der besten Alben, die ich in letzter Zeit gehört habe. Fast jedes Stück war bei mir auf „Repeat“ geschaltet – vor allem „Brim“, das wir für unsere CD „Yogi Beats no.5“ ausgewählt haben. Mit viel Tiefgang und Liebe mischt Arnalds die klassische, melancholische Musik mit bewegenden elektronischen Beats. Auf seinen Konzerten wird er dazu von einem großen Orchester begleitet. Abseits der Bühne herrscht dagegen eher Understatement, dort sind seine Töne leise und durchdacht …

Ólafur, wie kamst du auf die Idee, klassische Musik mit elektronischen Beats zu mischen?
Ich habe in einer Hardcore-Band als Drummer gespielt und in Island die deutsche Metal-Band Heaven Shall Burn als Vorband unterstützt. Weil ich ein großer Fan bin, hab ich ihnen dann im Anschluss ein Demotape mit ein paar überdramatischen Progressive-Rock-Songs gegeben, die mit Streich- und Klaviermusik untermalt waren. Ein paar Monate später kamen sie auf mich zu und baten darum, ihnen ein Intro, Outro und Interlude zu komponieren. Heavy Metaler haben gerne dramatische Klassik zum Einstieg, bevor sie dann richtig losröhren (lacht). Weil diese Band sehr bekannt ist, wurden die Leute nach und nach auch auf mich aufmerksam. Ein Label schrieb mich an, ob ich mir vorstellen könne, ein ganzes Album in diesem Stil zu komponieren. Also schrieb ich meine ersten klassischen Stücke und bin seitdem dabei geblieben. Obwohl ich mir davor nie hätte ausmalen können, ständig solche Musik zu schreiben!

Du singst allerdings nicht selbst und hast für dein neues Projekt Sänger Arnor Dan Arnarson engagiert.
Ja, Arnor ist ein befreundeter Sänger der Band Agent Fresco. Wir kennen uns schon lange und ich finde, seine feine, melancholische Stimme vollendet die Stücke. Ich kann übrigens nicht so gut singen (lacht). Außerdem bin ich ja hauptberuflich Komponist und Produzent.

Dein Album „For Now I Am Winter“ wurde diesen Frühling veröffentlicht.
Ich versuchte, mein Label unbedingt davon zu überzeugen, dass das Album noch letzten Winter hätte herauskommen sollen. Dann ist es doch Frühling geworden. Als wir jedoch auf Tour gegangen sind, hat es immer genau an dem Abend geschneit, an dem wir gespielt haben – obwohl das Wetter tagsüber noch relativ heiter war. Und das war in allen Städten so, von London bis Berlin. Die Wettergötter waren gut zu uns. (Anm. d. Red.: Und wie hätte es anders sein können: Mittags saßen wir noch bei strahlendem Sonnenschein im Biergarten. Doch als sich der Tag dem Ende zuneigte, spitzte sich die Wetterlage dramatisch zu – bei Konzertbeginn gewitterte es heftig.)

Den dramatischen Melodien nach zu urteilen, scheint es, als wärst du vom Dunklen, Mystischen und Melancholischen sehr fasziniert. Einer deiner älteren Songs trägt den Titel: „And They Have Escaped The Weight Of Darkness“. Hat dich deine Heimat Island dazu inspiriert?
Nein, eigentlich nicht. Leute, die in Island leben, finden das Land auch nicht unbedingt mystisch und dunkel, weil sie es gar nicht anders kennen. Und die Lieder spiegeln auch nicht meine Seele wider. Ich bin gerne an der Sonne und lache viel. Aber es gibt auch noch diese leidenschaftliche Seite an mir. Wenn ich ein Lied schreibe und es so erhellend oder aufmunternd finde, dass ich dabei lächle, kann ein anderer das Lied als tiefgründig und bedrückend empfinden. Musik wirkt auf jeden anders und ich möchte niemandem vorschreiben, wie er empfinden sollte. Ich hoffe allerdings, dass die Leute bei der Musik wenigstens irgendetwas fühlen.

Du machst seit einem Jahr Yoga. Welcher Weg hat dich dorthin geführt?
Auf Yoga kam ich durch den Sänger meines neuen Albums, Arnor. Er praktiziert schon seit Längerem und hat mich einmal in eine Hot-Yoga-Stunde mitgenommen. Seitdem übe ich begeistert drei Mal die Woche 90 Minuten. Ich habe vor sieben Jahren einen Unfall gehabt und mir die Halswirbelsäule angebrochen. Der konstante Schmerz in Nacken und Rücken hat mich also in diese Richtung geführt. Und ich fühle mich wirklich seit sieben Monaten viel besser und habe nur noch einen kleinen Schmerz im Nacken. Sogar meine Freunde haben mich auf meine verbesserte Haltung angesprochen! Von daher kann ich schon behaupten, Yoga habe mich glücklicher gemacht. Ich bin allerdings nicht zum Yoga gegangen, weil ich mit mir unzufrieden war oder unglücklich, sondern hauptsächlich wegen meines Körpers. Musik ist meine wahre Therapie. Auf Tour praktiziere ich jetzt täglich mit einem befreundeten Violinisten und unterrichte ihn. Auch wenn es nur zehn Minuten täglich sind, hilft es enorm. Die Nächte im Tourbus sind für meinen Rücken nämlich nicht gerade gut …

Wie kommst du mit dem Hype zurecht, den du aufgrund deiner Berühmtheit gerade erfährst?
Das Wichtigste ist für mich, immer wieder zu realisieren, dass das alles nur Show ist. Wie kann ich wissen, ob mich die Leute wirklich mögen? Klar, sie finden meine Musik toll. Ich gebe täglich viele Interviews und bekomme wunderbares Feedback. Dann sitzen die Redakteure vor mir, alle einen Zettel vor sich wie du, auf dem mein Leben steht. Ich finde das irgendwie eigenartig. Wenn wir auf Tour sind, bin ich ständig von Menschen umgeben, die meinem Ego schmeicheln und mir Liebe entgegenbringen. Das kann einem schon mal zu Kopf steigen. Es ist auch schön, durch die Welt zu reisen, aber zuhause komme ich dann wieder an und merke, was wirklich wichtig ist im Leben.

In einem anderen Interview hast du behauptet: „Ich warte nicht erst, bevor mich jemand entdeckt. Ich mache etwas dafür“. Hast du dennoch manchmal das Gefühl, geleitet zu werden? Gibt es etwas, woran du glaubst?
Nein, ich glaube nicht an Schicksal, an Gott oder Ähnliches. Ich glaube an mich und bin eigentlich beinahe ein wenig ein Kontrollfreak. Selbst wenn wir auf Tour sind und alle ihre Aufgaben gut machen, muss ich dennoch immer Anweisungen geben. Man sagt zwar, dass Yoga einen dazu bringt, Dingen seinen Lauf zu lassen, aber eine solche Veränderung habe ich noch nicht bei mir bemerkt. Vielleicht kommt das ja noch (zwinkert).

AUF DER SPUR ZUM HERZEN

One Track Heart: Die Geschichte des Krishna Das. „I am a pilgrim, the road’s so long. I am the singer, you are the song. I am the lover, you are the love. Jai Gurudev!“, singt Krishna Das auf seiner CD „One Track Heart“. Seine Konzerte, seine Praxis, sein ganzes Leben hat er voller Liebe und Demut in den Schatten – nein, ins Licht! – seines Gurus Neem Karoli Baba gestellt. Und dieses Licht leuchtet heute aus seinen Augen, wenn Krishna Das von ihm spricht. Die Dokumentation über das Leben des bekannten Kirtansängers, die ebenfalls den Titel „One Track Heart“ trägt und Anfang Dezember hierzulande auf DVD erschienen ist, macht schnell klar: Krishna Das hat seine Lebensfreude wiedergefunden, seit er hingebungsvoll im Namen seines verstorbenen Meisters chantet. Nach langer Sinnsuche, einigen Irrwegen, einer verpassten Karriere als Rockstar, zahlreichen Drogeneskapaden und Jahren tiefster Verzweiflung über den Tod des über alles geliebten Maharaji, folgt er nun seiner Berufung als spiritueller Musiker und damit nur noch einer einzigen Fährte: Mitten ins Herz der Herzen.

Fazit: Unbedingt anschauen: Inspiration und Bhakti pur!

One Track Heart: Die Geschichte des Krishna Das, von Jeremy Frindel, mind jazz pictures, ca. 17 Euro

Yoga für Yogalehrer

Warum haben viele Yogalehrer Probleme, die sie eigentlich gar nicht haben dürften? Was tun, wenn sich der eigene Lehrer plötzlich für einen Guru hält? Macht die nahende Erleuchtung vielleicht verrückt?

Mitunter scheint es Yogalehrern gehörig an Erdung und dem kritischen Blick auf sich selbst zu fehlen. Wirkt Yoga also doch nicht oder was ist da los?
Wer über längere Zeit hinweg Yoga übt, kann leicht feststellen: Yogalehrer sind etwas komisch oder machen komische Sachen. Genauso wie normale Menschen. Da ist zum Beispiel das Phänomen, dass verschiedene Yogastudios bis aufs Blut miteinander verfeindet sind, weil sich die Yogis untereinander nicht riechen können. Wir erleben, dass manche unserer Lehrer ganz schön eitel sind oder äußerst unbescheiden auftreten. Sie sind hektisch und ungeduldig oder so gar nicht vegetarisch. Und nicht erst seit der Affäre um John Friend, der gleich mit mehreren Schülerinnen ein Verhältnis hatte, wissen wir auch, dass es um ihre partnerschaftlichen Beziehungen nicht immer gerade zum Besten steht. Man könnte nun sagen: Na ja, alles nur Menschen. Oder: Es wird eben Wasser gepredigt und Wein getrunken. Damit könnte man die Sache auf sich beruhen lassen. Aber ein bisschen mehr „Lebenskünstlerschaft“ (Iris Radisch über Albert Camus) hätte man sich von den wichtigen Lehrern schon irgendwie erwartet und vielleicht lässt sich etwas daraus lernen, wenn wir genauer hinsehen. Mir scheint, dass sich gleich mehrere Probleme einkreisen lassen.

Nicht wenige Yogalehrer haben selbst keinen Lehrer (mehr) und der Guru ist sowieso vom Himmel gefallen. Das trifft offenbar in besonderer Weise auf die prominenten und erfolgreichen Lehrer zu. Auf Anhieb fällt mir unter den (amerikanischen) Szenestars keiner ein, der noch regelmäßig mit seinem Lehrer übt – es gibt bestimmt Ausnahmen. Irgendwie haben scheinbar viele Lehrer keine Lust mehr, Schüler zu sein. Sie gehen davon aus, ausgelernt zu haben. Oft genug wird die eigene Praxis der Lehrer insgesamt weniger oder fällt komplett aus. Ich kenne mehr als einen berühmten oder gestressten Yogalehrer, der selbst kaum noch oder gar nicht mehr übt. Manchmal gibt es noch ein paar Asanas – der Rest vom Yogapfad fällt einfach unter den Tisch. Damit beginnt eine schleichende Entfremdung von der Praxis. Man darf behaupten: Es fehlt an Disziplin und Demut. Im Grunde verabschieden wir uns damit allerdings von den Voraussetzungen für einen Yogalehrer, die Desikachar folgendermaßen formuliert: tägliche Praxis, Menschenliebe und Lineage (Lehrer-Schüler-Tradition). Die tatsächliche Schwierigkeit ist dabei jedoch nicht der mangelnde Input. Es gibt Leute, die bei ihren Workshops rund um die Welt jahrelang exakt das Selbe unterrichten, wörtlich dieselben Witze machen und das immer gleiche Set-up liefern (ich meine hier nicht Ashtanga). Mir ist gesagt worden, die Schüler würden das erwarten. Ich glaube allerdings, dass es eher an der Faulheit des Lehrers liegt. Oder daran, dass er nichts mehr in seiner eigenen Praxis erlebt oder nichts mehr wahrnimmt außer seiner eigenen Welt. Manchmal muss man eben ein Buch lesen oder über den eigenen Tellerrand hinaus blicken, wenn man Anderen etwas beibringen möchte. Das immer Selbe ist deshalb besonders schlecht und langweilig, weil in jeder einzelnen Stunde die Situation eine ganz andere ist. Auf diese könnte man sich als Lehrer einstellen – andere Schüler, andere Tageszeit, anderer Raum, andere Stadt, andere Umstände, besondere aktuelle Ereignisse. Vielen Lehrern sagt aber keiner, dass sie kreativer sein könnten, weil sie so bekannt sind. Sachliche Kritik kommt sowieso kaum vor in der Yogawelt.

Auf der anderen Seite ist die Versuchung groß, sich vor allem mit Fans und Jasagern zu umgeben. Als guter Lehrer braucht man jedoch ein Korrektiv und die Kritik von außen, das Lernen von den Schülern. Eine allzu große wirtschaftliche Abhängigkeit der Lehrer vom Yoga scheint mir ebenfalls ein ernstes Problem zu sein. Viele können gar nicht aufhören zu unterrichten oder zu reisen, obwohl sie längst nichts mehr zu geben haben oder zumindest eine Pause bräuchten. Gibt es keine Möglichkeit des Rückzugs, wird es brutal und Yoga wird ein Job. Es muss Geld verdient werden. Man muss sich immer offensiver selbst promoten. Die Studios geraten in einen Verdrängungswettbewerb und es wird um Schüler gestritten. Da wird gelästert, geneidet, missgünstig beäugt – all das führt ganz weit weg vom Yoga. Denn natürlich haben diese Reaktionen mit Angst zu tun und die soll doch eigentlich überwunden werden. Im besten Fall ist das Lehrer-Schüler-Verhältnis ein doppelter Lernprozess: Die Schüler können von jemandem Yoga lernen, der schon ein bisschen länger übt als sie. Dieser Lehrer braucht nicht Arzt, Therapeut, Guru und Heiliger in einem zu sein. Die Lehrer lernen von ihren Schülern, gute Lehrer zu sein, indem sie ein ehrliches Feedback bekommen. Selbstkritik, Humor, Toleranz und viel Yoga können hierbei nicht schaden.

Michi Kern ist einer der Mitbegründer der Jivamukti-Yogaschulen in München, wo er auch unterrichtet. Er betreibt diverse Clubs sowie Restaurants und studiert Philosophie.

Selbsterkenntnis zwischen Karma und freiem Willen

Jyotisha, die vedische Astrologie, ist ein Teil der Vidyas. Diese spezialisierten Wissensgebiete dienen dem Yogaübenden dazu, seine Herausforderungen verantwortungsbewusst zu meistern. Jyotisha zeigt dabei die Rolle des Karma auf: Jeder Yogi sollte sein Karma kennen, da der Weg der Erkenntnis unter vorteilhaften Bedingungen leichter zu beschreiten ist.

Die vedische Astrologie ist so alt wie die Veden und über diese munkelt man, sie seien älter als die Menschheit selbst. Die vier Sammlungen, Rig Veda, Sama Veda, Yajur Veda und Arthava Veda, beinhalten die Essenz einer unvergleichlichen Weisheitstradition, die sich über Jahrtausende in der Region des heutigen Indiens etablierte. Bis heute wird diese Tradition dort in vielen Familien mit Respekt bewahrt und in den Alltag integriert. Verschiedene Inhalte haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auch außerhalb Indiens verbreitet. Yoga und Ayurveda sind dabei sicherlich die populärsten Wissenschaften, aber auch Vedanta, Vastu und Jyotisha erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Diese Tendenz verdeutlicht, dass all diese Disziplinen lediglich Zweige eines Weisheitsstammes sind: Sie gehören zur vedischen Tradition. Wer einen der Zweige meistern möchte, kommt nicht umhin, den gesamten Stamm zu studieren.

Yoga und Darshana
Yoga ist einer der sechs Darshana (Sichtweisen). Ein Darshana ist ein in sich geschlossener und vollständiger, philosophischer und praktischer Weg, der es ermöglicht, vedisches Wissen zu leben. Die anderen fünf Darshana sind Purva Mimamsa, Vedanta, Sankhya, Nyaya und Vaisheshika. Die sechs Wege konkurrieren nicht miteinander und keiner ist besser oder schlechter – für den einen eignet sich Sankhya, für den anderen Yoga. Alle sechs bieten Lösungen für dieselbe Aufgabe an: Das Leben zu verstehen – und zwar durch die Erkenntnis und Erfahrung von Einheit, durch die Auflösung der Dualität.

Die Aufgabe von Vidya
Damit die Menschen, die einem der Darshana folgen, auf ihrem Weg erfolgreich sind und Unterstützung für unterschiedliche Lebensthemen finden, gibt es in der vedischen Tradition diverse spezialisierte Wissensgebiete, sogenannte Vidyas. Dazu gehören unter anderem Jyotisha, Ayurveda und Vastu. Jede Form von Vidya hat ein definiertes Aufgabenfeld: Jyotisha zeigt Karma auf, Ayurveda handelt vom Wissen für ein gesundes Leben und Vastu sorgt für den optimalen Lebensraum.

Yoga und Vidya
Die Synergieeffekte, die durch das Zusammenwirken aus Darshana und Vidya entstehen, verdeutlichen die tiefe Weisheit der vedischen Tradition. Ob jemand beispielswiese dem Weg des Yoga-Darshana folgt, ist jedem selbst überlassen. Wenn man jedoch die Sichtweise dieses Darshana studiert und in sein Leben integriert, ist dies bereichernd und dennoch wird derjenige auf diesem Weg seinen täglichen und persönlichen Herausforderungen begegnen. Damit er sie angemessen und verantwortungsvoll meistern kann, hilft dem Yogapraktizierenden Vidya: Zwar handelt Yoga selbst nicht davon, was auf uns zukommt, aber jeder Yogi sollte sein Karma kennen – dafür gibt es Jyotisha. Yoga handelt nicht von Gesundheit, aber jeder Yogi sollte gesund leben – dafür gibt es Ayurveda. Yoga handelt nicht von der Gestaltung guten Lebensraumes, aber jeder Yogi sollte guten Raum zur Verfügung haben – dafür gibt es Vastu. Wie bereits im Altertum, weiß heute jeder Praktizierende, dass der Weg zur Erkenntnis unter guten Bedingungen leichter zu beschreiten ist. Wer nicht weiß, wie sich Herausforderungen in Partnerschaft, Familie, Beruf und Gesundheit entwickeln und wie man wann bestmöglich handeln kann, dessen Geist ist womöglich zu unruhig, um Yoga erfolgreich zu praktizieren. Wer nicht gesund lebt und seinen Lebensraum nicht würdigt oder ignoriert, für dessen Geist ist es ebenfalls sehr schwer, sich zu fokussieren.

Ab dem Zeitpunkt allerdings, zu dem der Praktizierende zum Yogi wird, wenn sein Bewusstsein keine Schwankungen mehr kennt, wenn Dualität nicht länger erlebt wird, wenn also Atma realisiert ist, dann wird jede Form von Vidya belanglos. Solche Menschen benötigen weder Ayurveda, noch Jyotisha oder Vastu. Und nicht nur das: Für einen selbstrealisierten Menschen, so wird gesagt, ist das gesamte Wissen der Veden so überflüssig wie eine Tasse Wasser für einen Ertrinkenden. Doch wie viele dieser Menschen gibt es? Die meisten sind noch beherzt unterwegs und Vidya ist für sie hilfreich auf ihrem Weg.

Jyotisha und Karma
Das Wissensgebiet des Jyotirvidya ist Karma. Karma bedeutet Handlung, beinhaltet jedoch nicht nur die Ausführung, sondern auch den Effekt, der durch die Handlung ausgelöst wird. Betrachtet man die Welt unter dem Aspekt von Aktivitäten und deren Auswirkungen, zeichnet sich ein sehr komplexes Bild ab. Schnell verschwimmen die Grenzen zwischen Ursachen und Wirkungen, da jeder Effekt Ursache für neue Auswirkungen ist, die weitere Handlungen veranlassen. Tatsächlich hat Karma keinen Anfang und kein Ende. Jegliche Form von Existenz ist Teil dieses Spiels – ein Stein, eine Ameise, ein Fluss, ein Haus, ein Mensch. Karma kennt keinen Stillstand und ist in seiner Gesamtheit unendliche, nicht erfassbare Entfaltung. Diese Gesamtheit von Karma wird als Sanchita-K arma bezeichnet. Wird ein Mensch geboren, bestimmen Ort und Zeit seiner Geburt, wie sich sein Leben in das übergeordnete karmische Spiel einordnet. Mit dem Beginn des Lebens gelangt ein definierter Anteil Karma zur Reifung, das sogenannte Prarabdha-Karma. Dieses persönliche Karma zeigt sich im Geburtshoroskop. Prarabdha-Karma bestimmt beispielsweise, in welche familiären Verhältnisse ein Mensch geboren wird, unter welchen Bedingungen er aufwächst und wie es in bestimmten Phasen um seine Gesundheit bestellt sein wird. Ganz so schicksalsträchtig, wie es klingt, ist es nicht. Andere Formen von Karma bedienen die Idee des freien Willens. Was immer ein Mensch tut, hat Auswirkungen. Diese persönlichen Handlungen sind Kriyamana Karma. Darüber hinaus verändern selbst Gedanken, Erwägungen und Pläne das Verhalten und Erleben eines Menschen. Sie werden als Agama Karma bezeichnet.

Was bleibt, ist die Frage, was einen Menschen zu seinen Handlungen und Überlegungen motiviert? Sind es nicht die Impulse und Reize der Umgebung, die Interesse wecken, Aufmerksamkeit lenken und einen schließlich dazu veranlassen, eine bestimmte Richtung einzuschlagen? Im Sinne des Karma schon. Denn Karma setzt sich zusammen aus der persönlichen Handlung, der Handlung anderer und den Einflüssen durch höhere Gewalt (von Wetter bis Naturkatastrophen). Mit anderen Worten: Der vermeintlich freie Wille ist gekoppelt an die gegebenen Voraussetzungen.

Karma und freier Wille
Freier Wille und Karma verhalten sich zueinander wie die rechte und die linke Hand: Erst in Kombination kann sich ihr kreatives Potenzial voll entwickeln. Karma bestimmt die Entfaltung der Lebensthemen eines Menschen. Wie sich dieser unter den gegebenen Lebensumständen verhält, steht ihm frei. Wer nach dem Motto lebt, „Nichts ist unmöglich“, kann viel Kraft und Vitalität dabei vergeuden, seine Ambitionen immer wieder aufs Neue mit der Realität abgleichen zu müssen. Derjenige aber, der weiß, was auf ihn zukommt, kann seine Bemühungen entsprechend ausrichten und so unnötige Kämpfe vermeiden. Eine erfolgversprechende Strategie, die beides kombiniert: Voraussetzungen und Bestrebungen; Karma und freien Willen.

Entscheidungskraft und Verantwortung sind Privilegien des Menschseins. Dank seines Intellekts kann der Mensch bewusste Entscheidungen treffen. Diese erstaunliche Freiheit, die Selbsterkenntnis ermöglicht, wird begleitet von einem anderen Privileg, das ebenfalls dem Menschen vorbehalten ist: Verantwortung. Jeder trifft laufend Entscheidungen, um Ziele zu erreichen oder Hindernissen auszuweichen. Sind Intellekt und freier Wille dabei mit Verantwortungsgefühl gekoppelt, entsteht gutes Karma (Punya). Die Entscheidungen selbst und deren Auswirkungen auf die Umgebung erweisen sich als vorteilhaft. Verweigert der Mensch hingegen verantwortungsvolles Handeln, wird nachteiliges Karma (Paapa) generiert. Das Umfeld leidet dann unter der persönlichen Ignoranz, mit dem Effekt, dass weitere unvorteilhafte Aktionen provoziert werden.

Menschen, die Yoga praktizieren, nutzen die Freiheit des Willens für einen Weg der Selbsterkenntnis. Umfassenden Verantwortungssinn zu entwickeln, ist Teil dieser Praxis. Die meisten Praktizierenden bestreiten ein normales Alltags,- Familien- und Berufsleben und sind bestrebt, darin gutes Karma zu produzieren. Jyotisha gibt dabei Einsicht in die Entfaltung der persönlichen Lebensumstände, damit jeder sein Leben mit Verständnis und Voraussicht verantwortungsbewusst gestalten kann. Yoga ist der Weg, Jyotisha die Wegbeschreibung.

Der Autor Bernd Rößler ist vedischer Astrologe in Detmold. Auch in vielen anderen Städten bietet er Jyotisha-Beratungen an, gibt Workshops und Seminare. Auf Wunsch auch in Ihrem Yogastudio.

INS GESICHT GESCHRIEBEN

Eric Standop ist Gesichtleser. Diese uralte Kunst spielt in vielen Kulturen eine bedeutende Rolle, um gezielte Aussagen über Gesundheitszustand, Talente, Persönlichkeit, Schicksal und sogar Lebensaufgabe eines Menschen zu treffen. Im Interview erläutert Standop die Hintergründe.

Eric, was versteht man unter Gesichtlesen?
Gesichtlesen ist so alt wie die Menschheit. Es ist nachgewiesen, dass es in den ersten Menschheitsjahren keine Sprache gab. Die einzige Möglichkeit der Kommunikation war, in den Gesichtern und Bewegungen der Menschen zu lesen, um zu wissen, was sich gerade in ihrem Inneren abspielt. Damals hat man auch andere Sinne wie das Riechen („Ich kann dich nicht riechen“) oder Abtasten benutzt, doch primär erhielt man Informationen Über die Mimik. Die Menschen hatten das so gut entwickelt, dass sie ziemlich gut miteinander klar kamen, anstatt sich gegenseitig totzuschlagen. Aus irgendeinem Grund hat es diese Art der Kommunikation nicht geschafft und es entwickelte sich eine Lautsprache – das Gesichtlesen ist dennoch nie ganz vergessen worden. Jedes Baby, das auf die Welt kommt, ist ein Gesichtleser. Und ganz verlieren wir diese Art, wortlos miteinander zu kommunizieren, nie. Die Mimik ist uns allen geläufig – manche sind talentierter darin, daraus zu lesen, andere weniger.

Welche Rolle spielt die Methode heute in unserer Kultur?
In Europa blieb das Gesichtlesen immer eine Randerscheinung, allerdings eine bedeutsame. Während heute leider viele Ärzte lieber in den Computer blicken, um Informationen über den Patienten zu bekommen, war es traditionell immer wichtig, sich den Patienten zuerst einmal genau anzusehen. Allgemein bewegte sich Gesichtlesen in Europa hauptsächlich im gesundheitlichen Bereich, daher ist hier die Antlitzdiagnostik oder auch die Blickdiagnose, die sich mit Gesundheit, Ernährung und Mangelerscheinungen beschäftigt, bis heute die bekannteste Linie des Gesichtlesens geblieben.

Kennt man die Technik des Gesichtlesens auch auf anderen Kontinenten?
Ja, aber es gibt unterschiedliche Motivationen. In Nordamerika interessieren heute beim Gesichtlesen in erster Linie die „micro expressions“ – also die Mimik, die unbewusst abläuft. Wir haben im Gesicht 43 Muskeln, die unterbewusst auf Reize reagieren. Wenn wir sie bewusst reagieren lassen, sieht es meist nicht authentisch aus. Wenn man lernt, wie die Muskeln im Gesicht funktionieren, kann man lesen, was im Gegenüber vorgeht. Zahlreiche Ermittlungsbeamte in den USA werden heutzutage bezüglich dieser „micro expressions“ geschult. In Südamerika sieht das ganz anders aus: Wenn sich die Südamerikaner mit Gesichtlesen beschäftigen, interessiert lediglich der Themenbereich Liebe, Partnerschaft und Sexualität. In Indien gibt es Gesichtlese-Methoden aus der hinduistischen Tradition, die sich mit früheren Leben beschäftigen. Und auch auf dem afrikanischen Kontinent kennt man viele Techniken, die nie schriftlich festgehalten wurden und von deren Bedeutung man nur annähernd weiß.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Kulturen?
Gesichtlesen wird bei sämtlichen Naturvölkern angewendet. Und daher weiß man: Wenn es um die Grundemotionen geht, haben alle Menschen dieselbe Mimik. Das gilt auch für die Lüge: Wenn ein Mensch lügt und er selbst nicht von der Lüge überzeugt ist, geht dem immer eine Emotion voraus, das kann Angst, Schuld oder Freude sein. Man muss sich das so vorstellen: Wenn ein Mensch etwas erzählt, hat er dabei eine Grundemotion. Wenn er zwischendurch etwas sagt, bei dem sein Gesicht ganz plötzlich eine vollkommen andere Zwischenemotion zeigt, kann man davon ausgehen, dass etwas nicht stimmt.

Gibt es typische Merkmale in Gesichtern und was lässt sich an ihnen erkennen?
Im Grunde verrät unsere Sprache bereits einiges. Wir sagen: „Ich kann es ihm von den Lippen ablesen“, „Es steht dir auf die Stirn geschrieben“ oder so etwas wie „Au Backe!“. Die Wangen gelten als „Kissen der Macht“ und wenn jemand so einen Ausruf loslässt, ist etwas schief gegangen und im weitesten Sinne seine Macht bedroht. Wir sprechen davon, dass es jemand „faustdick hinter den Ohren“ hat. Das sind Lausbuben! Sieh dir an, wer in der Geschichte abstehende Ohren hatte: die großen Veränderer der Weltgeschichte von Gandhi bis Barack Obama. Menschen, die anliegende Ohren haben, sind dagegen sehr harmoniebedürftig und gehen Konflikten eher aus dem Weg. Gesichtlesen bewertet allerdings nicht, es ordnet. Im Grunde genommen wird man sogar toleranter, wenn man Gesichtlesen kann, weil man alle Seiten eines Menschen in seinem Gesicht lesen kann.

Kann man sagen, dass man im Gesicht von sehr starken Persönlichkeiten „besser“ lesen kann?
Für ein „Speed-Reading“, also wenn man nur ganz kurz Zeit hat, ist es besser. Bei einem ausführlichen Reading muss man dagegen aufpassen, dass das herausragende Merkmal einen nicht auf die falsche Fährte lockt. Eine starke Persönlichkeit wird immer – bewusst oder unbewusst – durch die Persönlichkeit zu beeindrucken versuchen. Aber vielleicht geht es darum ja gar nicht! Bei jemandem, bei dem man nicht sofort etwas im Gesicht erkennen kann, wird man sich tiefer auf die Suche machen.

Muss man sich das Gesichtlesen „in Schichten“ vorstellen? Vermutlich kann man relativ oberflächlich in der Mimik lesen, wenn man jedoch etwas über das Schicksal eines Menschen erfahren will, muss man dann nicht viel tiefer blicken?
So habe ich es eigentlich noch nie gesehen. Richtig: Die Mimik ist so etwas wie eine akute Aufnahme. Die Physiognomik hingegen blickt tiefer, da sie über den Gesichtsausdruck hinaus die Persönlichkeit, den Charakter erfassen möchte. Schicksal und Lebensaufgabe liegen sicherlich noch eine Schicht darunter: Wenn man daran glaubt, muss ja alles Seelische schon da gewesen sein, bevor das Gesicht „entsteht“. Menschen, die von „reiner Seele“ sind, haben einen ganz eigenen Gesichtsausdruck und eine ganz andere Ausstrahlung!

Wie siehst du Talente in einem Gesicht?
Es gibt verschiedene „Talentlinien“. Je nachdem, wie zum Beispiel der Mund geformt ist, besitzt er die Linie der Kommunikation, der Liebe, der Zahlen. Dasselbe gilt für andere Bereiche des Gesichtes. Je mehr unser Beruf die Talente abdeckt, die in unseren Gesichtslinien vorkommen, desto zufriedener sind wir.

Worum geht es bei dem Projekt „Portraits of a Soul“, das du gemeinsam mit dem Fotografen Richard Pilnick ins Leben gerufen hast?
Da geht es tatsächlich um die Seele eines Menschen, die in seinem Gesicht durchschimmert. Ich habe längere Zeit in Hong Kong gearbeitet und dort stellten mir die Menschen immer ganz konkrete Fragen zu Job und Gesundheit, Partnerschaft. Irgendwann wollte ich aber auch gerne in einem Gesicht das lesen, was über diese Dinge hinausgeht. Zu dieser Zeit fiel mir auf, dass mir Richards Fotografien die Möglichkeit geben, tiefer zu blicken. Richard schafft es, dass sich Menschen öffnen und sich für seine Fotos von innen heraus zeigen. Es macht mir Spaß, bei diesen Menschen zu sehen, was ihre Lebensaufgabe ist und welche tieferen Belange hinter ihrem objektiven Dasein stecken. Das Schreiben der Gedichte anhand von Bildern begann als abendlicher Zeitvertreib, als eine Art meditative Beschäftigung. Mittlerweile sitze ich vor vielen Bildern 2 bis 5 Stunden und mache mir Notizen. Anschließend schreibe ich ein Gedicht über die Person. Ich habe die Gedichtform deshalb gewählt, weil es weicher ist, als harte Fakten zu liefern. Ich muss mich da anders anstrengen – kreativer und nicht so sehr aus dem Kopf heraus. Das ganze Projekt ist zur Herzensangelegenheit geworden.

Für das Yoga Journal hat Richard Yogalehrer auch in ihren liebsten Asanas fotografiert. Wie gehst du anhand dieser Fotos bei der Interpretation und beim Schreiben deines Gedichtes vor?
Alleine dadurch, in welcher Asana sich ein Lehrer präsentiert, habe ich bereits meinen ersten Bezugspunkt: Das sagt ja etwas über ihn aus! Natürlich gehe ich auch auf das Gesicht ein, aber die Pose spielt eine besondere Rolle. Interessant wird es beispielsweise, wenn jemand in einer anstrengenden Haltung noch ein entspanntes Gesicht macht. Ich war ja live dabei, als fotografiert wurde, und habe mir über das Gesicht schon eine erste Meinung bilden können, habe Gespräche geführt und die Stimmung auf mich wirken lassen. Für das Gedicht wird das allerdings nicht die größte Rolle spielen, sondern das Foto an sich. Generell gilt: Je authentischer der Mensch ist, desto leichter kann man in seinem Gesicht lesen.
Eric Standop arbeitet weltweit als Gesichtleser und bietet in seiner Face Reading Academy regelmäßig Ausbildungen an.

DIE WURZELN DES GESICHTSLESENS

Etwa 1000 v. Chr. wird von den ersten Face-Reading-Schulen in China berichtet. Aber auch in Europa tauchen frÜh große Namen auf, zum Beispiel der Heiler Hippokrates von Kos (360 v. Chr.). Hippokrates hielt als Erster in Europa schriftlich fest, was man in einem Gesicht lesen kann und was es zu bedeuten hat. Noch heute spricht man in der Medizin von der „Facies hippocratica“ – Merkmalen im Gesicht, die bei Sterbenden oder Schwerstkranken auftreten. Auch Aristoteles berichtet, dass man den Charakter eines Menschen im Gesicht erkennen könne. Noch im Mittelalter arbeiteten bei uns Philosophen, Gelehrte und Heiler mit der Kunst des Gesichtlesens – bis es von der Kirche verboten wurde. Zwar gab es sogar im kirchlichen Kontext Menschen wie Hildegard von Bingen, die diese Technik weiter benutzten, um zu heilen, dennoch kam es in Europa zu einem fast 300 Jahre andauernden Bruch. Lediglich in den maurischen Universitäten in Spanien wurde Gesichtlesen weiterhin unterrichtet. Um 1500 schrieb dann der berühmte Arzt Paracelsus: „Alles, was innen passiert, ist außen sichtbar.“ Es folgte eine allmähliche Renaissance des Gesichtlesens.

Liebeslieder für den Guru

Seit Mitte der 1990er-Jahre verzaubert uns die klangvolle Baritonstimme von Krishna Das mit Liedern über göttliche Liebe. Damals begann der Künstler, die Ohren und Herzen für eine Randerscheinung der Musikwelt zu öffnen: den Kirtan.

Mittlerweile hat er fünfzehn Alben herausgebracht, wurde für den Grammy nominiert, gibt regelmäßig Konzerte vor Tausenden von Menschen und gehört zu den wenigen Künstlern, die die indische spirituelle Musik in der amerikanischen Yogakultur fest verwurzeln konnten. Die fesselnde Dokumentation „One Track Heart“ von Regisseur Jeremy Frindel erzählt von Krishna Das’ persönlicher Reise, davon, wie er auf seinen Guru Neem Karoli Baba alias Maharaji in Indien traf, wie er sich in der Drogensucht verlor und sich schließlich als Sänger wiederfand.

YOGA JOURNAL: Krishna Das, im Film erzählst du deine eigene Geschichte ziemlich offen. War es schwierig, dich vor der Kamera so verletzlich zu zeigen?
KRISHNA DAS: Nein. Ich habe nicht viel anzubieten außer meinen eigenen Erfahrungen – wie das Chanten, mein Guru in Indien und mein ganzer Weg mein Leben verändert haben und wie das alles eben für mich funktioniert. Ich glaube fest daran, dass das hilfreich ist, weil viele gar kein Konzept davon haben, was spirituelle Arbeit ist oder weshalb man sie tun sollte oder wie sie sich im täglichen Leben manifestiert.

Nach dem Tod deines Gurus 1973 hattest du mit Depression und Drogensucht zu kämpfen. Was hat dich zurück zu deiner Praxis und zur Gesundheit geführt?
Eines Tages im Jahr 1994 stand ich in meinem Apartment und hatte eine Offenbarung. Ganz plötzlich wusste ich ohne jeden Zweifel, dass ich niemals fähig sein würde, die dunklen Stellen aus meinem Herzen zu vertreiben, wenn ich nicht mit den Menschen singen würde. Also ging ich hinunter zur Jivamukti-Yogaschule in New York und begann mit ungefähr zehn Leuten zu singen. Die Woche darauf ging ich wieder hin und die nächste wieder. Das mache ich noch immer.

Warum singst du Kirtan – und weshalb sollten wir das auch tun?
Mein Guru hat mir gezeigt, was Liebe ist – wahre Liebe, bedingungslose Liebe. Liebe, die 24 Stunden am Tag andauert. Das sind wir – es ist unsere wahre Natur. In dieser Liebe möchte ich leben, und das kann ich, indem ich singe. Ich denke, dass die Menschen zu mir kommen, weil sie das fühlen können. Chanten erinnert uns daran, wie sich diese Liebe anfühlt.

Hast du Bedenken, dass sich Kirtan von seinen Wurzeln entfernen wird, je beliebter er wird?
Manche Leute meinen, sie könnten ein paar Melodien entwickeln und ein paar Mantras dazu trällern, und dann würden sie chanten. Aber vermutlich verstehen sie nicht, dass es sich um eine spirituelle Praxis handelt. Es geht dabei nicht um Unterhaltung. Diese Lieder haben Kraft. Sie haben die Fähigkeit, uns wirklich zu verändern.

 

Manuela Bidrangi

Manuela Bidrangi ist med. gepr. ganzheitl. Ernährungsberaterin. Eine Ausbildung als Heilpraktikerin ist die logische Folge Ihres großen Interesses für Gesundheit und Medizin – bereits seit ihrer Kindheit.

Ihr Motto:

“Alles was du tust soll dir Freude und Spass machen.”

Manuela über sich:
Seit 2003 arbeite ich bei My Sportlady. Es macht mir Freude, mit aktiven Menschen zu arbeiten oder Menschen für “Sich-selbst-bewusst-sein” bzw. zu einem “aktiveren Leben” zu motivieren. Es ist schön für das Studio zu organisieren und Ideen umzusetzen.
2004 entschloss ich mich aufgrund meiner medizinischen Vorkenntnisse Kursleiterin für Ernährungskurse mit Schwerpunkt – Gewichtsreduktion- zu werden.
2005 Beginn einer 2-jährige Ausbildung zur med. gepr. ganzheitl. Ernährungsberaterin
2006 absolvierte ich ein 6-monatiges Praktikum in einer Klinik für Essstörungen.
Seit 2007 biete ich Einzelberatungen in gesunder Ernährung an und verhelfe vielen Menschen zu einem bewußten Umgang mit sich selbst.

Dank meiner Kurse und Erfahrung wurde mir bewusst, dass die falschen Essgewohnheiten viel tiefer liegen und nur in einer Kombination aus

  • Änderung des Essverhaltens
  • Änderung der Denkweise
  • Integration von Bewegung
  • Selbstakzeptanz
  • Erlernen guter Entspannungstechniken dauerhaft zu ändern sind.
  • 2009 Fortbildung zur Ernährungskursleiterin von Metabolic Balance© in Isen.

2010 Ausbildung zur Kochkursleiterin von Metabolic Balance© seit 2013 in Ausbildung zur Heilpraktikerin

Davor arbeitete ich 14 Jahre als medizinische Fachassistentin und MTA in Arztpraxen.

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