Im Zuge der Globalisierung und extremen Mobilität spielen die neuen Medien auch im Yoga eine immer grössere Rolle. Mit Yogifilms bietet Marco di Sturini Yogalehrern den zum Zeitgeist passenden Service. Wir haben Ihnen ja bereits inspirierende FilmemacherInnen wie Laura Hirch (Shantiphant-Projekt) vorgestellt, und nun haben wir Marco di Sturini zu einem Kurzinterview getroffen.
YOGA JOURNAL: Marco, wie bist du auf die Idee gekommen, Filme für und über Yogalehrer zu produzieren?
Marco di Sturini: Yoga hat sich allgemein weiterentwickelt, auch in der Art, wie es gelehrt wird. Kaum ein Schüler wird noch von seinem Guru ausgewählt und jahrelang persönlich, sogar vertraulich in die Geheimnisse dieser physischen, mentalen und spirituellen Fertigkeit eingewiesen. Heute folgt nicht mehr ein Schüler einem Meister – an dessen Stelle sind große Yogaklassen, Workshops, Retreats oder Ausbildungen für unterschiedlichste Yogaformen bei verschiedensten Lehrern getreten, manchmal sogar im virtuellen Raum.
Umso wichtiger, dass (angehende) Yogis und Yoginis ihre Wahl bewusst treffen: Wer oder was bringt sie sowohl auf physischer, mentaler und spiritueller Ebene an, motiviert sie und holt sie dort ab, wo sie in ihrer Entwicklung stehen? Für so manchen Schüler sind heute die neuen Medien zur Wahl seiner Lehrer von immenser Bedeutung.
Und dabei reicht es nicht aus, sich mit Hilfe von Texten auf der Homepage eines Lehrers oder Studios zu informieren?
Heute präsentiert sich doch jeder mit Text und Bild auf einer Website. Aber vor allem Yoga wird erst durch Stimme und Bewegung
– und den magischen Moment, der aus mehr als nur der Summe seiner Teile besteht – zu einer lebendigen, ganzheitlichen Haltung, die sich auch jenseits der Yogastunde manifestiert. In diesem Sinne gedachte und gemachte Imagevideos bilden die verschiedenen Aspekte in einem zeitlichen Kontinuum ab und helfen bei der Auswahl.
Außerdem ist es dem Kunden nicht immer möglich, eine Yogastunde zu besuchen. Das bedeutet heute nicht mehr, auf Yoga verzichten oder Ananas aus einem Buch nachturnen zu müssen. Yogis und Yoginis finden ein großes Angebot an Online-Yogaklassen.
Allerdings fordert Yoga eine besondere filmische Herangehensweise, um die angestrebte innere Ruhe nicht zu stören und den Schüler im Fluss der Bilder durch die Übungsreihe zu leiten.
Und wie schaffst du es, diese Ruhe nicht zu stören, wenn du drehst?
Einem Filmemacher, der selbst praktiziert, fällt es sicher leichter, die Stunde hindurch „mitzuatmen“, schnitttechnisch in Übungssequenzen zu denken und zu verstehen, wo eine Nahaufnahme hilfreich ist. Beim Dreh muss er seine Anwesenheit und die technische Ausrüstung soweit im Hintergrund halten wie irgend möglich.
Gibt es denn Grenzen, die selbst durch die beste Technik nicht zu überwinden sind?
Natürlich sind der Vermittlung von Yoga durch Videos Grenzen gesetzt, denn Yoga ist und bleibt eine praktische physische Übung. Sie kann weder vom Körper des Schülers noch von dem des Lehrers losgelöst betrachtet werden. Auch die scheinbar einfachen Asanas bergen bei wiederholter falscher Ausführung Gefahren. Weder Lernen noch Lehren sind Einbahnstraßen, sondern vielmehr gelebte, oftmals nonverbale Kommunikation; Hands-on-Korrekturen sind nur das augenfälligste Beispiel hierfür.
Und auch der sorgfältig ausgesuchte Lehrer muss sich im echten Leben, im Hier und Jetzt beweisen. Er ist eben kein zweidimensionales Wesen, das mit einem Klick animiert wird, sondern ein Mensch, von dem der Schüler zu Recht erwarten kann, dass er seine Philosophie jeden Tag, jede Yogastunde aufs Neue lebt – und mit sich und seinen Schülern lernt und wächst.
Auch dazu können Videofilme vielleicht einen Teil beitragen, denn der Blick von außen dient auch der Selbstreflektion. Am Ende wird wohl jeder, der Yoga tatsächlich als ein Werkzeug für alle Aspekte des Lebens, als einen Weg zur persönlichen Entwicklung betrachtet, die Synchronizität einer physischen Yogastunde dem virtuellen Medium vorziehen.
Von BRITTa HöpeR
Marco di Sturini ist Filmemacher und Yogalehrer (RYT200), lebt in Hamburg mit Arbeitsschwerpunkt in München, betreibt einen YogiFilms YouTube-Kanal und produziert Videos für Yogalehrer und Yogastudios: www.yogifilms.com