Im Yoga sprechen wir oft von “innerer Balance.” Aber was bedeutet das eigentlich? Wenn 1000 Gedanken durch den Kopf wirbeln, die To-do-Liste explodiert und der Geist einfach nicht zur Ruhe kommt, dann hilft manchmal nur Bewegung: die Unruhe wortwörtlich rauslassen! Die mentale Balance durch äußere Balance und Halt von innen wiederzufinden, ist dabei eine wunderbare Möglichkeit. Angélique Poulain zeigt dir dafür einen kreativen Flow.
Sequenz: Angélique Poulain / Fotos: Nela König / Outfit: OGNX
Warm up
Wärme deinen Körper gut auf. Besonders Hand- und Fußgelenke solltest du fokussieren. Aber auch der gesamte Körper darf ordentlich warm werden, am besten mit 5 Minuten Gelenk-Mobilisation und 3 Sonnengrüßen.
Praktizierst du gern mit Musik? Dann haben wir hier einen Tipp: Playlist für “frischen Wind” – von Angélique Poulain
1. Einbeinstand

Finde einen stabilen Stand, gerne etwas weiter als hüftbreit, und konzentriere dich auf deine Füße und ihren Kontakt zum Boden. Auch ein fester Fokuspunkt (Drishti) für deine Augen gibt dir Stabilität, wenn du dich nun zu einer Körperseite lehnst, sodass sich ein Fuß vom Boden löst. Ziehe den gegenüberliegenden Arm diagonal in die Länge, um einen Ausgleich in der Balance und eine Spannungslinie durch den gesamten Körper zu schaffen. Halte diese Position 3 Atemzüge lang und gewöhne deinen Körper an die Balance.
2. Einbeinstand mit gehobenem Knie

Ziehe nun, möglichst ohne den Fuß abzusetzen, das zuvor gehobene Bein dicht an den Rumpf. Wenn du das Knie mit beiden Händen umarmst, bekommst du mehr Halt. Aktiviere dein Standbein, ohne dabei das Knie durchzustrecken. Spüre deine Fußsohle bis in jeden einzelnen Zeh hinein. Vielleicht möchtest du dir vorstellen, wie sich dein Fuß im Boden verwurzelt und ausweitet. Bleibe wieder 3 Atemzüge lang. Dabei kannst du versuchen, deine Augen mal kurz zu schließen.
Kleiner Tipp: Stelle dir deine Umgebung und dein Drishti weiterhin vor, das gibt dir Orientierung.
3. Einbeinstand-Flow

Nachdem du dich an die Balance und Erdung gewöhnt hast, werde kreativ: Das freie Bein darf sich in alle Richtungen bewegen, schwingen und kreisen, der restliche Körper geht mit in die Bewegung. Bleibe dabei achtsam und halte den Fokus im Standbein und -fuß. Vergiss nicht: “Ein Baum ist nur so stabil wie seine Wurzeln.” Nach 3 Atemzügen (oder auch mehr) findest du zurück zum Stand auf beiden Beinen. Vielleicht magst du dein Standbein ausschütteln, um es zu lockern.
Wiederhole Übung 1–3 nun auf dem anderen Bein.
4. Gestreckter Berg

Starte in Tadasana, der Berg-Position. Schließe dabei die Beine, die großen Zehen berühren sich. Aktiviere deine Füße und Beine, finde Halt in deiner Körpermitte und komme auf die Zehenspitzen. Strecke dann mit einer Einatmung beide Arme über den Kopf, die Handflächen zeigen zueinander. Kreiere dabei eine gespannte Länge von den Zehen bis zum Scheitel und versuche, dich in deiner Balance zu stabilisieren, ohne starr zu werden: Atme, entspanne Blick und Gesicht.
5. Gestreckte Vorwärtsbeuge

Mit einer Ausatmung begibst du dich langsam in die Vorwärtsbeuge. Beuge auf dem Weg nach unten deine Knie und versuche, deine Fersen noch gehoben zu lassen. Dabei kann es dir helfen, die Fersen spürbar gegeneinander zu drücken. Spätestens in der Vorwärtsbeuge angekommen, setzt du die Füße wieder flach auf. Strecke deinen Oberkörper nach vorn und halte die Knie so weit gebeugt, dass du deine Finger auf dem Boden oder zwei Blöcken auflegen kannst.
6. Das Brett

Aus der Vorwärtsbeuge setzt du die Füße einatmend in Schritten oder mit einem Sprung nach hinten in die Brettposition. Baue hier Stabilität und Kraft auf, indem du deine Körpermitte nach oben spannst und Hände und Füße voneinander weg drückst. Spreize dabei deine Finger und aktiviere die gesamten Hände bis in die Fingerspitzen. Genauso aktivierst du die Füße und schiebst die Fersen nach hinten. Wenn du möchtest, bleibst du noch einen weiteren Atemzug in der Haltung, um Ruhe in deiner Kraft zu spüren.
7. Seitliches Brett

Beuge dann die Knie und drehe dich nach links auf. Verwurzle dabei zuerst deine rechte Fußaußenkante und Ferse am Boden. Das linke Bein kannst du auf dem rechten ablegen oder zur Stabilisierung den Fuß abstellen. Dann hebst du deinen linken Arm mit einer tiefen Einatmung und streckst dich lang in die seitliche Brettposition. Achte darauf, dass Becken, Schultern und Fuß eine Linie bilden und dass deine Schulter über dem Handgelenk steht. Verbringe hier 3 Atemzüge. Optional kannst du dein oberes Knie langsam Richtung Rippen ziehen und von dort aus das Bein nach oben strecken.
Wiederhole Position 6 und 7 auf der anderen Seite.
8. Vierfüßler mit gehobenen Knien

Kehre aus dem seitlichen Brett in das klassische Brett zurück. Stabilisiere dich hier einen Moment. Wenn du eine Pause brauchst, kannst du die Knie absetzen und in die Stellung des Kindes gehen. Ansonsten beugst du die Knie aus dem Brett Richtung Vierfüßlerstand und lässt sie knapp über dem Boden schweben, um deine Core-Kraft zu aktivieren. Bleibe je nach Energie-Level 1–3 Atemzüge in dieser Haltung.
9. Vierfüßler mit gestrecktem Bein

Mit deiner nächsten Einatmung streckst du dein linkes Bein lang nach hinten und schiebst den Fußballen fest gegen den Boden. Sollte dein Core eine Pause brauchen, kannst du jederzeit das rechte Knie ablegen. Halte diese Position wieder 1–3 Atemzüge. Mit einer Ausatmung kehrst du zurück in die Ausgangsposition, den Vierfüßler mit gehobenen Knien.
10. Vierfüßler mit gestrecktem Arm

Same same, but different: Wieder mit deiner Einatmung streckst du nun deinen rechten Arm in die Verlängerung. Halte auch hier mindestens einen Atemzug lang die Kraft, bevor du zurück in den Vierfüßler kommst.
11. Katze-Kuh Variation

Atme ein und strecke nun gleichzeitig deinen rechten Arm und dein linkes Bein aus. Dein rechtes Knie bleibt dabei vom Boden angehoben. Du stabilisierst dich mit deinem aktiven Core und indem du Hand und Fuß wieder voneinander weg und fest gegen den Boden drückst. Halte dabei den Nacken möglichst lang und entspannt, indem du den Blick zwischen deine Hände wendest. Nimm dein inneres Feuer und deine Stabilität wahr und bleibe wieder 1–3 Atemzüge lang in der Haltung.
12. Vierfüßler Balance und Core

Nun das grande finale! Strecke Arm und Bein langsam in die Horizontale nach vorn und hinten oder verringere zumindest den Druck auf Fingern und Füßen, um in eine noch kraftvollere Balance zu kommen. Weil das rechte Knie noch immer gehoben ist, ist diese Übung sehr anspruchsvoll. Schau also, wo dein Energie-Level grade steht und wie viele Atemzüge du hier verbringen möchtest. 1–3 Atemzüge reichen völlig aus, um deine Kraft und Balance ordentlich herauszufordern.
Wiederhole nun Position 8–12 seitenverkehrt. Eventuell möchtest du dir vor und nach der zweiten Runde eine kurze Pause in der Stellung des Kindes gönnen.
Ausgleich
Lege dich zum Abschluss auf deinen Rücken und stelle die Füße an. Hebe dein Becken, um deiner Bauchmuskulatur in der Schulterbrücke wieder etwas Länge und Entspannung zu schenken. Anschließend entspannst du deinen gesamten Körper einige Minuten lang in Shavasana.
Angélique Poulain ist Yoga-, Pilates- und AcroYoga-Lehrerin. Sie lässt sich
von verschiedenen Techniken aus Yogatherapie, Functional und Mobility Training inspirieren. In Berlin unterrichtet sie unter anderem Olympia-Athlet*innen, zweimal im Jahr gibt sie AcroYoga-Retreats für Einsteiger und Erfahrene. In unserer Insta-Reihe gibt’s einen kleinen Vorgeschmack:
Mehr zu Angélique auf yogarebel.de und auf Instagram @angeli.que_poulain
Hast du deine Balance gefunden? Dann kannst du hier eine weitere Balance-Asana mit Jelena Lieberberg ausprobieren: