Der Frühling symbolisiert zugleich den ewigen Kreislauf des Lebens und einen Neuanfang. Darum eignet sich diese Zeit besonders für Übergangsrituale und solche, in denen es darum geht, dem Leben in seiner Fülle mit freudiger Neugier zu begegnen. Probiere es aus. Wir haben drei Vorschläge für Frühlingsrituale für zu Hause.
Text: Carmen Schnitzer / Titelbild: Syda Productions via Canva
1. Frühlingsritual: Wachsen statt Loslassen
“Lerne loszulassen!” Ein oft gehörter Tipp, nicht wahr? Dahinter steckt die Botschaft: “Lass die Vergangenheit nicht dein Jetzt bestimmen, mach dich frei von alten Wunden.” Aber kann das immer funktionieren? Schließlich haben uns unsere Erfahrungen zu dem gemacht, was wir sind, sie sind quasi ein Teil von uns. Darum hier ein anderer Ansatz: Du musst deine Vergangenheit nicht loslassen, sondern darfst sie, im Gegenteil, annehmen. Nicht, um sich darin zu suhlen, wohl aber, um daran zu wachsen. Eine Unterstützung kann ein Ritual wie dieses bieten:
Wie der Phönix aus der Asche
So geht’s:
Notiere ein Thema, das dich belastet und zu dem du keinen Ausweg findest. Schreibe alles auf, ohne falsche Scham. Niemand außer dir selbst wird diese Zeilen zu Gesicht bekommen! Denn wenn du mit dem Schreiben fertig bist, verbrennst du den Zettel. Tu das an einem ruhigen, geschützten Ort, an dem du dich wohl fühlst und benutze dazu ein feuerfestes Gefäß, in dem du die Asche sammelst. Später mischst du sie mit Blumenerde und gegebenenfalls etwas Dünger, in die du Blumensamen (oder auch eine Jungpflanze) setzt.
Die “Gedanken-Asche” ist nicht weg, spielt aber keine Hauptrolle mehr in diesem Prozess. Pflege die neue Pflanze gut und freue dich auf die ersten Triebe und Blüten. Sie symbolisieren die Kraft, die trotz und zum Teil auch wegen deiner Verletzungen in dir ruht, und zeigen, dass du immer wieder von Neuem “erblühen” kannst. Auch nach einem langen, harten “Winter”!
2. Frühlingsritual: Frischer Wind
“Ein Eis!”, “Meinen Hund streicheln”, “Die Mama!”, “Wenn ich mit meinem Bagger spiele!” Das antworten Kinder, wenn man sie fragt, was Glück für sie bedeutet. Kinder sind quasi die menschliche Entsprechung der kleinen, neugierigen Triebe, die im Frühling aus der Erde sprießen und darauf warten, zur zarten Blume, zum saftigen Gemüse oder auch zum robusten Kaktus zu werden. Kurz: Sie stehen für Neues, Unverbrauchtes und Zukünftiges.
Ist doch kinderleicht
So geht’s:
Frage kleinere und größere Kinder in deinem Bekanntenkreis nach ihrer Vorstellung von Glück. Schreibe die Antworten auf kleine Zettel, falte sie zusammen und lege diese in ein hübsches Glas. Zum Frühlingsbeginn (oder wann immer dir der Sinn danach steht) lädst du dir ein paar liebe Freunde ein und spielst “Glückslotterie”. Nacheinander zieht jeder von euch einen Zettel, liest ihn vor und sagt anschließend spontan, was ihm dazu einfällt. Anschließend dürfen auch die anderen ihre Gedanken dazu kundtun. Sinn des Ganzen? Ihr verlasst festgefahrene Denkmuster, bekommt neue Impulse – und werdet garantiert das ein oder andere Mal schmunzeln. Gibt’s einen besseren Start in den Frühling?
Weitere Frühlingsrituale für den Alltag? Hier geht es zu Reinigungsübungen und Ritualen der ayurvedischen Körperpflege:
3. Frühlingsritual: Wiedergeburt
Ein entspannendes Bad in warmem Wasser tut einfach gut – und es erinnert an die wohlige Geborgenheit eines Mutterleibes. Nicht umsonst spielt Wasser in vielen Religionen eine entscheidende Rolle!
Im Blüten-Bad
So geht’s:
Für das folgende Ritual mischst du dir zunächst ein Blüten-Ölbad.
Dazu gibst du frische, unbehandelte Blüten (etwa Rosenblätter, Lavendel, Jasmin) in ein verschließbares Gefäß und übergießt sie mit einem naturreinen Pflanzenöl (zum Beispiel Olive, Distel oder Mandel). Gib einen Emulgator (Mulsifan) dazu (ca. 10 ml auf 100 ml Öl), verrühre alles gut mit einem Schneebesen und träufle zum Schluss einige Tropfen ätherisches Öl deiner Wahl in die Mischung. Verschließe das Gefäß und lasse es ein bis zwei Wochen an einem dunklen Ort ziehen.
In dieser Zeit nimmst du dir Zeit für einen ausgiebigen Spaziergang in der Natur. Stecke den ersten Kieselstein ein, zu dem du dich hingezogen fühlst – der erste Impuls ist in diesem Fall der richtige. Für das Ritual legst du den Stein an den Wannenrand. Gib einen ordentlichen Schuss deines Badeöls ins warme Wasser und lass dich in die Wanne gleiten. Schließe die Augen, atme den Duft ein und lausche dem sanften Plätschern des Wassers. Nun greifst du mit geschlossenen Augen nach dem Stein. Fühle seine Beschaffenheit. Erinnert er dich an dich selbst? An Eigenschaften, die du an dir magst oder aber solche, die du dir abgewöhnen willst? Inwiefern (nicht)? Beende das Bad nach ca. einer halben Stunde und überlege, wie du mit dem Stein weiter verfahren willst. Soll er für die kommenden Monate dein Begleiter sein oder willst du ihn bei nächster Gelegenheit wieder in der Natur aussetzen? Überlege nicht zu lange – im Grunde kennst du die Antwort bereits.
Carmen Schnitzer arbeitet als Journalistin und schreibt seit Jahren für das YOGAWORLD JOURNAL. Sie sollte pünktlich zum Frühlingsbeginn am 21. März auf die Welt kommen, ließ sich dann aber noch fünf Tage Zeit. Ihr persönliches Frühlingsfest aka Geburtstag feiert sie alljährlich als bunte Mottoparty. Erfahre mehr über die Autorin und besuche ihre Facebook-Seite.
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