Liebeslieder für den Guru

Seit Mitte der 1990er-Jahre verzaubert uns die klangvolle Baritonstimme von Krishna Das mit Liedern über göttliche Liebe. Damals begann der Künstler, die Ohren und Herzen für eine Randerscheinung der Musikwelt zu öffnen: den Kirtan.

Mittlerweile hat er fünfzehn Alben herausgebracht, wurde für den Grammy nominiert, gibt regelmäßig Konzerte vor Tausenden von Menschen und gehört zu den wenigen Künstlern, die die indische spirituelle Musik in der amerikanischen Yogakultur fest verwurzeln konnten. Die fesselnde Dokumentation „One Track Heart“ von Regisseur Jeremy Frindel erzählt von Krishna Das’ persönlicher Reise, davon, wie er auf seinen Guru Neem Karoli Baba alias Maharaji in Indien traf, wie er sich in der Drogensucht verlor und sich schließlich als Sänger wiederfand.

YOGA JOURNAL: Krishna Das, im Film erzählst du deine eigene Geschichte ziemlich offen. War es schwierig, dich vor der Kamera so verletzlich zu zeigen?
KRISHNA DAS: Nein. Ich habe nicht viel anzubieten außer meinen eigenen Erfahrungen – wie das Chanten, mein Guru in Indien und mein ganzer Weg mein Leben verändert haben und wie das alles eben für mich funktioniert. Ich glaube fest daran, dass das hilfreich ist, weil viele gar kein Konzept davon haben, was spirituelle Arbeit ist oder weshalb man sie tun sollte oder wie sie sich im täglichen Leben manifestiert.

Nach dem Tod deines Gurus 1973 hattest du mit Depression und Drogensucht zu kämpfen. Was hat dich zurück zu deiner Praxis und zur Gesundheit geführt?
Eines Tages im Jahr 1994 stand ich in meinem Apartment und hatte eine Offenbarung. Ganz plötzlich wusste ich ohne jeden Zweifel, dass ich niemals fähig sein würde, die dunklen Stellen aus meinem Herzen zu vertreiben, wenn ich nicht mit den Menschen singen würde. Also ging ich hinunter zur Jivamukti-Yogaschule in New York und begann mit ungefähr zehn Leuten zu singen. Die Woche darauf ging ich wieder hin und die nächste wieder. Das mache ich noch immer.

Warum singst du Kirtan – und weshalb sollten wir das auch tun?
Mein Guru hat mir gezeigt, was Liebe ist – wahre Liebe, bedingungslose Liebe. Liebe, die 24 Stunden am Tag andauert. Das sind wir – es ist unsere wahre Natur. In dieser Liebe möchte ich leben, und das kann ich, indem ich singe. Ich denke, dass die Menschen zu mir kommen, weil sie das fühlen können. Chanten erinnert uns daran, wie sich diese Liebe anfühlt.

Hast du Bedenken, dass sich Kirtan von seinen Wurzeln entfernen wird, je beliebter er wird?
Manche Leute meinen, sie könnten ein paar Melodien entwickeln und ein paar Mantras dazu trällern, und dann würden sie chanten. Aber vermutlich verstehen sie nicht, dass es sich um eine spirituelle Praxis handelt. Es geht dabei nicht um Unterhaltung. Diese Lieder haben Kraft. Sie haben die Fähigkeit, uns wirklich zu verändern.

 

100. Ausgabe YogaWorld Journal
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