Der Film deines Lebens

Spiel- meets Lehrfilm

Geistiges und spirituelles Wissen im Rahmen einer Spielfilmhandlung zu vermitteln – daran wagten sich schon so einige Filmemacher. Regisseur Sebastian Goder zeigt mit dem“ Film deines Lebens“ eine bewegende Geschichte voller Wissen über die „sieben Gesetze des Lebens“. Im Mai 2011 gewann er den Publikumspreis des Cosmic Cine Filmfestivals.

Ein Mann wacht im Krankenhaus auf und kann sich an nichts mehr erinnern, weswegen er „Blank“ genannt wird. Doch er hat direkten Zugang zu seiner inneren Stimme (dem höheren „Selbst“?) und weiß plötzlich alles über die Gesetze des Lebens. Im Lauf des Films begegnet er verschiedenen Personen, die im Gespräch mit ihm eine innere Wandlung durchleben. Sie erkennen alte Lebensmuster, die sie an Lebensfreude und Erfolg hindern. Blank, wunderbar verkörpert durch Patrick Fichte, vermittelt sein inneres Wissen allen, denen er begegnet – wie ein unbeholfenes Kind oder Außerirdischer, der sich allmählich in der Menschenwelt zurechtfindet. Der Zuschauer erkennt sich in vielen Themen – Mangel an Selbstvertrauen, Jobverlust oder Beziehungsprobleme – wieder. Leider wirken Blanks Weisheiten manchmal arg belehrend, wie aus einem Selbsthilfe-Ratgeber. Aber im Kino gab es viele Tränen, was zeigt, dass die Geschichte tief berührt.

Fazit: Ob die „sieben Lebensprinzipien“ tatsächlich die „Schlüssel des bewussten Lebens“ sind, sei dahingestellt, aber der Film inspiriert und regt an, tiefer über das eigene Leben nachzudenken.

Den Dämonen Nahrung geben

Die uralte, tibetische Methode, seinen Dämonen Nahrung zu geben

Dämonen haben wir alle. Dämonen sind das, was wir fürchten. Ob Süchte oder Selbsthass, ob Wut oder Neurose – immer steckt etwas dahinter, das uns unendlich Angst macht. Das, was wir am liebsten nicht sehen, nicht berühren und in dessen Haut wir uns ganz sicher nicht versetzen wollen. Doch genau das schlägt uns Lama Tsültrim Allione vor: unsere Dämonen, unsere Feinde nicht zu verteufeln, sondern ihnen Liebe zu geben und sie zu füttern. Die Basis hierfür ist das Chöd, eine sehr alte, traditionelle Methode des tibetischen Buddhismus. Diese Form wird auch heute noch ausgeübt. Doch alte Formen, und das weiß auch die Amerikanerin Allione, die lange im Himalaya lebte und praktizierte – sind nicht unbedingt eins zu eins in den Westen transportierbar. Deshalb veränderte sie die traditionelle Methodik, indem sie sie unserer Lebens- und Denkweise anpasste, ohne jedoch deren Kraft zu mindern. In ihrem Buch schildert sie Hintergründe und Wirkungsweise, nennt zahlreiche Beispiele und zeigt, wie man seine Dämonen in fünf Schritten füttern und auflösen kann.

Fazit: Das Dämonenfüttern ist eine einfache Methode, die einen sehr wirkungsvollen Zugang zu unseren inneren Konflikten und Ängsten liefert. Diese Methode arbeitet mit Liebe und Mitgefühl und hilft erstaunlich schnell. Bei Dämonen von Kopfweh bis Herzschmerz – unbedingt ausprobieren!

Gesundheit von Körper und Geist

Auf den Spuren eines Spirituellen Meisters

Zugegeben, es ist nicht ganz einfach an dieses Buch zu kommen. Die deutsche Auflage von 2005 ist längst vergriffen. Für gebrauchte Exemplare muss man inzwischen weit mehr als 100 Euro hinblättern, englische Ausgaben sind deutlich günstiger. Tirumalai Krishnamacharya (1888-1989) war ein bescheidener, wissensdurstiger und zutiefst spiritueller Mensch. Nach intensiven Studien an diversen Universitäten lebte er am Fuß des Berges Kailash bei einem Heiligen, der ihn sieben Jahre lang in die Geheimnisse des Yoga einweihte. Am Ende der Lehrzeit bekam Krishnamacharya einen Auftrag: „Nimm dir eine Frau, ziehe Kinder groß und lehre Yoga“. Und das tat er. Der Einfluss des Mannes, der jahrhunderte alte Verbote wegfegte, indem er Yoga auch Frauen und unteren Schichten zugänglich machte, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Er zeigte uns, was Yoga in der heutigen Welt voller Stress und Hektik bewirken kann. Außerdem haben wir ihm bekannte Lehrer wie K. Patthabi Jois zu verdanken. Dieses Buch entstand mehr aus dem Wunsch heraus, das Wissen und die Lehren des Vaters festzuhalten und einem größeren Kreis zugänglich zu machen, als aus dem Ehrgeiz, eine vollständige Biographie zu schreiben.

Fazit: Krishnamacharyas Sohn T.K.V. Desikachar gelingt es, seltene persönliche Anekdoten mit essenziellen Erkenntnissen über Yoga zu verknüpfen und eine absolut lesenswerte Lektüre zu schaffen.

Bhagavad Gita

Die Bhagavad Gita, der Gesang Gottes, wird von vielen als der wichtigeste Quelltext zum Yoga angesehen. Allerdings handelt es sich bei diesem Werk um ursprünglich um ein umfangreiches Gedicht. Das schreckt manche erstmal ab.Der Amerikaner Jack Hawley liefert uns zum leichten Verdauen dieser schweren Kost eine Prosa-Übersetzung. Das raubt der Gita all ihre Schönheit, ihre Poesie und macht sie gleichzeitig extrem lesbar und verständlich. Dieses Buch kann man durchlesen und man muss dabei nicht viel nachdenken. Zwar hat man schnellen Zugriff und die Geschichte ist gleich parat, aber das Geheimnis, die Langsamkeit, das Erschließen eines Gedichts geht verloren. Diese Version habe ich selbst bereits dreimal gelesen, in der Versversion bin ich selbst immer wieder stecken geblieben. Mein Sanskrit-Lehrer rümpft zwar die Nase, aber ich empfehle es gern, weil das Buch an einem Nachmittag gelesen werden kann. Krishna, die Gottheit der Gita möge es verzeihen. Vor allem, weil er im gesamten Text sehr ausführlich und klar erklären darf, wie man dem Yogaweg entsprechend handeln sollte.

Fazit: Gott erklärt uns Yoga in Prosa. Na also!

Tipp der Woche: Kopfstand-Workshops

Viele Yogaschriften, alte wie neue, propagieren den Kopfstand und erläutern seinen tieferen Nutzen. Dazu gehören erhöhte Vitalität, mentale Klarheit, psychische Stabilität und innere Ruhe. Allerdings will Shirshasana richtig ausgeübt werden – sonst drohen Risiken und Nebenwirkungen.

Dass der Kopfstand vielen Yogis auch Kopfzerbrechen bereitet, ist eine Tatsache. Aus Angst vorm Umfallen oder frustrierenden Fehlschlägen meiden manche Yogis sogar Klassen, in denen der Kopfstand zum festen Bestandteil gehört. Bei einem Kopfstand-Workshop hingegen ist man unter sich und kann gezielt diesen Bedenken entgegenwirken.

Aber nicht nur seine Angst vor der Königs-Asana verliert man hier: Beim Üben von Shirshasana schleichen sich auch schnell potenziell gefährliche Fehler ein: Hohlkreuz, zu wenig Körperspannung oder Gewichtsverlagerung auf den Nacken – das Vermeiden solcher Fehler gehört ebenfalls zum Workshop-Programm. Und dank begrenzter Teilnehmeranzahl haben die Yogalehrer meist auch die Zeit, individuell Korrekturen an der Ausrichtung vorzunehmen.

Aus mentaler Sicht fördert der Kopfstand Mut, Konzentration, Willenskraft und Selbstbewusstsein. Und es bedarf auch nur ein bisschen Mut, sich für einen Kopfstand-Workshop anzumelden…

(Die Kopfstand-Workshops sind sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene geeignet. Jedoch sollte nur teilnehmen, wer eine regelmäßige Yogapraxis etabliert hat. Nach einer halbjährigen Yoga-Abstinenz raten wir Ihnen zu einem Wiedereinstieg mit den Basics.)

 

Viel zu hören: Autobiographie eines Yogi

Sie ist ein absoluter Klassiker und steht bei jedem Yogi im Bücherregal: die „Autobiographie eines Yogi“. Seit knapp 70 Jahren schon bewegt die Lebensgeschichte von Paramahansa Yogananda viele spirituell denkende Menschen und erzählt von Wundern, die wir uns in unserer westlich-materialistischen Welt beinahe nicht mehr vorstellen können. Es ist eine Welt, in der Heilige, große Meister und Einsiedler ebenso existieren wie die Wissenschaft des Yoga. Oder um es mit George Harrison auszudrücken: „Wenn Leute ihre ‚Gehirn-Weichen’ neu stellen wollen, sage ich ihnen: ‚Lies dieses Buch, denn es dringt bis zum Kern aller Religionen vor.’“ Das Werk, das auf der Liste der 100 besten spirituellen Bücher des 20. Jahrhunderts steht, ist jetzt auch auf Deutsch als Hörbuch bei der Self-Realiziation Fellowship erschienen, gelesen von dem Schauspieler Robert Atzorn. Das Hörbuch umfasst 18 CDs, bietet 20 Stunden und deckt das komplette Buch ab. Es kostet ca. 48 Euro.

 

 

„Wer Yoga übt, wird lernen sich selbst zu heilen“ – Workshop mit Danny Paradise

Danny Paradise ist eines dieser Urgesteine in der westlichen Yogatradition, die weder eine orange Robe noch einen meterlangen Bart brauchen, um Aufsehen zu erregen. Im Gegenteil: Er trägt Shorts mit aufgedruckten Hawaiiblumen, die das Gefühl vermitteln, er sei nur eben auf einen Sprung zum Unterrichten vorbeigekommen, habe danach aber noch ein Date mit dem Meer. Seine wilden Haare sind mit einem Stirnband gezähmt, seine Augen wach und voll Abenteuerlust. Vom 14. bis 16. Oktober war er für einen Workshop zu Gast im Jivamukti-Studio in München – und YJ-Redakteurin Laura Hirch war mit dabei.

In unserer Ausgabe März/April 2011 hatte mich das Interview mit ihm besonders inspiriert und hier sitze ich nun auf meiner Matte und lausche seinem Vortrag über Schamanismus, Freiheit, Evolution und Ashtanga Yoga. “Ashtanga Yoga…”, denke ich ehrfurchtsvoll und Bilder von überaus disziplinierten Yogis mit stählernen Muskeln, die scheinbar ohne Mühe akrobatische Höchstleistungen vollbringen, schießen in meinen Kopf. Mit mulmigem Gefühl im Bauch überlege ich kurz, warum genau ich mich noch mal  für den Workshop angemeldet habe? Ach ja, ich wollte Danny hautnah miterleben. Und wie ich ihn so wie Tarzan im perfekten Lotussitz auf seiner Decke sitzen sehe – ruhig, ausgeglichen und bereit, uns sein angesammeltes Wissen zu offenbaren –  werde auch ich innerlich wieder ausgeglichener.

Das Ehepaar David Williams und Nancy Gilgoff entfachte im Jahre 1976 bei Danny das Feuer für Ashtanga Yoga. Aber nicht nur Yoga hat ihn auf seinem Lebensweg geprägt, sondern auch sein aus einem absoluten Freiheitsgedanken resultierender Reisedrang und das Zusammenleben mit amerikanischen Ureinwohnern. Hier wurde ihm auch sein Wissen über Schamanismus zuteil. „In der schamanistischen Heilkunst ist die oberste Prämisse, zuerst sich selbst zu heilen. Dann erst kommen die anderen“, betont der Medizinmann und erklärt zugleich den Zusammenhang zwischen Yoga und Schamanismus: „Yoga ist eine schamanische Praxis. Wer Yoga übt, wird lernen, sich selbst zu heilen und ein höheres Bewusstsein zu entwickeln für die Dinge, die außerhalb der üblichen Wahrnehmung stattfinden. Yoga ist eine Möglichkeit, die Grenzen der Wahrnehmung zu sprengen und mit dem höheren Selbst, der Seele, der Natur in Kontakt zu treten. Dies ist das Ziel jeder schamanischen Methode.“

Pranayama ist alles

Wir beginnen den körperlichen Teil des Workshops mit einer halben Stunde Pranayama. Danny warnt uns vor, uns bei aufkommendem Schwindel flach hinzulegen. Immerhin steigert sich das Lungenvolumen erst bei konstantem Atemtraining. Sequenzen verschiedenster Atemtechniken wie Nadi Shodana (abwechselnde Nasenflügelatmung) folgen aufeinander und enden in einer kühlenden Variation. Nach der halben Stunde hab ich nicht nur das Gefühl, meine Lungenflügel ordentlich geweitet zu haben, sondern auch mein Gehirn: Meine Gedanken wirken geordneter und mein Geist freut sich fast auf die folgenden Asanas.

Kurze Savasana-Pause zwischen Pranayama und Asanas
Kurze Savasana-Pause zwischen Pranayama und Asanas

Nach einer Zwischenpause in Savasana  begrüßen wir den Nachmittag mit einigen Sonnengrüßen. Das Tempo und die Art der Übungen sind herausfordernd, aber zu meistern. Ich traue mich an Übungen ran, die ich noch nie zuvor probiert habe und freue mich über kleine Erfolge. Danny muntert uns immer wieder auf und demonstriert einige Übungen selbst – wie ich’s mir bereits im Kopf ausgemalt hatte – mit spielender Leichtigkeit.

Erschöpft aber glücklich

Ihm ist es ein Anliegen, uns in aller Ruhe und ohne Hetze einen tieferen Einblick in seine  Welt zu verschaffen – und überzieht den Workshop glatt um eine Stunde. Am Ende bin ich so beweglich und dehnbar wie nie zuvor, komme selbst mit Leichtigkeit in Hanumanasana und fühle mich zwar für den Rest des Abends erschöpft, aber glücklich.

Isabella Furtado, Inhaberin von Ashtanga Yoga Modena, ist extra wegen Danny Paradise aus Italien angereist: „Ich wollte ihn unbedingt kennen lernen, weil er einer der wenigen Menschen auf der Welt ist, die noch traditionelle Positionen der alten Ashtanga-Schule aus Mysore übermitteln. Utthita Hasta Padangustasana C, bei der das Bein zum Kopf gezogen wird, nicht der Kopf zum Bein, ist so eine. Außerdem mag ich, dass er so ein Freigeist ist! Ich persönlich mag Menschen, die Yoga in einer sehr freien Art und Weise betreiben und nicht strikten Regeln folgen. Man sollte nicht nur in den Muskeln flexibel sein, sondern vor allem in seinem Geist.“

Weiße Kraftquelle – Milch aus ayurvedischer Sicht

Für Yogis, die eine tierleidfreie, vegane Lebensweise anstreben, ist Milch indiskutabel. Interessanterweise wird Milch jedoch im Ayurveda als besonders wertvoll angesehen. Annette Sand hat auf dem 2. Europäischen Ayurveda-Kongress in Bad Ems herausgefunden, warum das so ist, was es dabei zu beachten gibt und wieso immer mehr Menschen mit einer Laktose-Unverträglichkeit zu kämpfen haben.

Bevor ich mich hingesetzt habe, um Ihnen über das Thema Milch im Ayurveda zu berichten, habe ich mir eine Tasse Milch eingeschenkt. Aber nicht etwa einfach kalte Milch aus dem Kühlschrank, das ist ayurvedisch gesehen ein absolutes No-Go. Wie ich sie zubereitet habe? Nach den Anweisungen eines Ayurveda-Arztes. Wie genau, verrate ich Ihnen später.

Milch als Anti-Aging-Produkt
Während ich also an meiner Milch nippe, fällt mir der Werbespruch „Die Milch macht’s“ ein, der in den 1980er Jahren aufkam und den meisten noch gut in Erinnerung sein dürfte. Die Werbemacher blieben uns aber damals konkrete Informationen über die Vorzüge von Milch schuldig. Vielleicht war der Spruch auch deshalb so erfolgreich, weil jeder für sich selbst eine positive Wirkung hineinprojizieren konnte. Aber was macht sie nun wirklich, die Milch? Und ist Milch tatsächlich so gesundheitsförderlich, wo doch immer mehr Menschen unter Laktose-Intoleranz leiden und auf eine vegane Ernährung umstellen?
Das uralte Wissen des Ayurveda kann uns Antworten auf diese Fragen geben. In den überlieferten vedischen Schriften findet sich zunächst eine Aufzählung der Milcharten, die man zu sich nehmen kann, von der Kuh- über die Schafs-, Ziegen-, Büffel-, Pferde- und Kamelmilch bis hin zur Elefantenmilch mit den entsprechenden Eigenschaften dieser Milcharten.
Als besonders wertvoll gilt die Kuhmilch. Wir im Westen wissen vielleicht gerade noch, dass Milch reich an Proteinen, Kalzium und anderen Mineralstoffen, Vitaminen und Fetten ist. Die Eigenschaften, die in den ayurvedischen Texten aufgezählt werden, sind jedoch wesentlich beeindruckender und machen sie zu einem der reichhaltigsten Nahrungsmittel überhaupt. Neben Honig und Ghee (geklärte Butter) zählt Milch nämlich zu den drei natürlichen Rasayanas. Diese drei nehmen als reine Nahrungsmittel eine Sonderstellung unter den Rasayanas ein, besonders gesundheitsfördernde und stärkende Mittel, die normalerweise aus Kräuterkombinationen bestehen. Rasayanas sagt man eine verjüngende Wirkung nach. In diesem Sinne kann man Milch auch als Anti-Aging-Produkt bezeichnen.

„Das Gesündeste, was man zu sich nehmen kann.“
Die Liste der weiteren Vorteile von Milch ist lang. Hier die wichtigsten: Sie vitalisiert und gibt Energie, indem sie Prana, den Lebensatem bzw. die Lebensenergie, fördert. Ferner gilt Milch als entgiftend, appetit- und verdauungsanregend sowie regenerierend bei einem überstrapazierten Nervensystem. Sie ist erfrischend und nahrhaft. Sie fördert die Intelligenz, beugt Senilität vor und ist äußerst nützlich für die mentale Stabilität des Menschen. Milch beruhigt und ist von sattvischer Natur (Sattva bedeutet Reinheit). Sie ist gesund für alle Lebewesen. Auch bei Erkrankungen kann Milch laut ayurvedischer Überlieferung eingesetzt werden. Sie wird vor allem bei Fieber und Husten empfohlen, sowie bei Unterernährung, Erschöpfung, Vergiftungen, Koliken und Herzbeschwerden.
Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda hatte ich die Gelegenheit, einen Vortrag über Milch von Dr. Kalyan Chakravarthy zu hören und ihn persönlich zu befragen. Er stammt aus einer angesehenen indischen Familie von Vaidyas (Ayurveda-Ärzten) und ist seit einigen Jahren an der Maharishi Ayurveda-Privatklinik in Bad Ems tätig. Er nannte Milch „das Gesündeste, was man zu sich nehmen kann“. Er erklärte, dass Milch aus ayurvedischer Sicht für alle drei Doshas (Vata, Pitta und Kapha) förderlich ist, aber besonders ausgleichend auf Vata und Pitta wirkt.

Intoleranz gegen verarbeitete Milch
Die Frage stellt sich nun, warum heutzutage so viele Menschen ein solch wertvolles Nahrungsmittel nicht vertragen. Hierzu nennt Dr. Chakravarthy als einen wesentlichen Grund die Verdauungsschwäche, an der durch unsere moderne Lebens- und Ernährungsweise immer mehr Menschen leiden. Er ist der Meinung, es sei besser, die Verdauung zu stärken, als völlig auf Milch und Milchprodukte zu verzichten. Darüber hinaus hält er die Milch, die wir heute im Supermarkt kaufen, bei weitem nicht mehr für so wertvoll wie jene, die in den alten Texten gemeint ist. Warum dem so ist? Zum einen, weil die Kühe, anstatt sich von saftigen, gesunden Wiesenkräutern zu ernähren, Futtermittel mit allerlei künstlichen Zusätzen, wie z.B. Steroiden, verabreicht bekommen. Und zum anderen, weil die Milch verschiedener Kühe heutzutage einfach gemischt und industriell verarbeitet wird. Die Homogenisierung der Milch ist aus ayurvedischer Sicht kein Segen, da sie dadurch nur schwerer verdaut werden kann. Die Milch sollte so naturbelassen wie möglich sein, am besten von einer einzigen Kuh frisch vom Bauernhof. Die meisten Menschen können das heute nicht realisieren, darum wird dazu geraten, sich nicht homogenisierte Frischmilch in Bioqualität zu besorgen. Im Supermarkt ist Frischmilch, von den meisten Verbrauchern unbemerkt, fast völlig von der sogenannten ESL-Milch (ESL steht für extended shelf life = länger im Ladenregal haltbar) abgelöst worden, die besonders lange haltbar ist und die nicht ganz so hoch erhitzt wird wie H-Milch. Der Vitalstoffverlust ist jedoch ähnlich hoch. Im Bioladen kann man noch zwischen Frischmilch, ESL-Milch und H-Milch wählen. ESL-Milch wird nicht als solche deklariert, man kann sie nur an der längeren Haltbarkeit erkennen.

Die Kombination ist entscheidend
Ayurveda-Experten haben noch weitere Tipps zum Milchverzehr parat. Da Milch so nahrhaft ist, sollte man sie nie zu den Mahlzeiten trinken. Milch ist geeignet als Zwischenmahlzeit oder als Mahlzeitersatz. Auch was man mit der Milch kombiniert, spielt eine Rolle. Es wird empfohlen, Milch nie zusammen mit Salz, Fisch und Fleisch zu trinken. Außerdem sollte man sie nie kalt trinken, sondern immer zumindest anwärmen. Noch leichter verdaulich wird sie, wenn sie abgekocht wird und ganz besonders leicht, wenn man sie drei- bis viermal aufkochen lässt. Bei Unverträglichkeit gibt Dr. Chakravarthy den Rat, die Milch mit Wasser zu verdünnen. Man kann mit viel Wasser und wenig Milch anfangen und die Milchmenge langsam steigern. So gewöhnt sich das Verdauungssystem langsam wieder an die Milch. Auch wer nicht an Laktose-Intoleranz leidet, jedoch eine empfindliche Verdauung hat, sollte die Milch mit etwas Wasser verdünnen. Noch besser vertragen wird Milch, wenn man Gewürze zugibt. Diese können auch den Mangel an frischen Wiesenkräutern im Futter ein wenig ausgleichen. Am besten kocht man die Milch gleich mit den Gewürzen zusammen. Geeignet dafür sind beispielsweise Zimt, Ingwer, Kardamom, Gelbwurz (Kurkuma) und Muskat. Wenn man Milch getrunken hat, soll man erst dann wieder etwas essen, wenn sich ein echtes Hungergefühl einstellt.
Die falsche Kombination von Lebensmitteln, die moderne Art der Ernährung mit unregelmäßigen Essenszeiten und hastig eingenommenen Zwischenmahlzeiten tragen dazu bei, dass die Verdauung geschwächt wird und viele Menschen Schwierigkeiten haben, Milch und Milchprodukte zu verdauen. Aus ayurvedischer Sicht ist übrigens verarbeitete Milch (als Käse, Quark u.ä.) noch schwerer verdaulich. Die einzige Art und Weise, wie man Joghurt zu sich nehmen soll, ist Lassi, also Joghurt mit Wasser und püriertem Obst.

Rezept für ayurvedisch -zubereitete Milch
Im Ayurveda sieht man nicht nur den reinen Nährwert von Nahrungsmitteln, sondern darüber hinaus auch die „Intelligenz“, die Information, die dadurch in die Körperzellen gelangt und so den Körper aufbaut. Diese Information ist bei Milch besonders wertvoll, deshalb legen Ayurveda-Ärzte so großen Wert darauf, den Körper selbst bei Unverträglichkeitserscheinungen wieder nach und nach an Milch zu gewöhnen. Wir können von der Jahrtausende alten Erfahrung mit Ernährung und Gesunderhaltung des Körpers im Ayurveda profitieren und wieder lernen, auf unseren Körper zu achten und uns natürlich und gesund zu ernähren. Ach ja: Ich wollte Ihnen ja noch verraten, wie ich meine Milch zubereitet habe – hier also mein Rezept: 1/3 Wasser und 2/3 Milch mit je einer Prise Gelbwurz und Zimt und ½ Teelöffel gemahlenem Kardamom aufkochen. Wenn Sie mögen, geben Sie noch einen Schuss Rosenwasser hinzu (köstlich!). Nach Belieben mit Rohrohrzucker süßen oder auf Körpertemperatur abkühlen lassen und erst dann etwas Honig unterrühren. Honig sollte nämlich nie über 40 Grad C erhitzt werden. Das ist nicht nur schlecht für die wertvollen Inhaltsstoffe, sondern es entstehen beim starken Erhitzen sogar Giftstoffe. Genießen Sie Ihre Milch-Mahlzeit!

 

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe YOGA JOURNAL  05/2011

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