Stechender Schmerz an der Beinrückseite, meist dicht am Sitzknochen – ein Phänomen, das viele Yogis kennen. Oft ist Dehnung hier nicht die Lösung, sondern die Ursache des Problems. Mit diesen 7 Übungen von Dr. Ronald Steiner bekommst du das Problem in den Griff.
Die Übungsstrecke in der Galerie verbindet drei Elemente: Faszienpflege, Kräftigung der Beinrückseite und eine harmonische Dehnung über den gesamten dorsalen Faszienzug. Die wichtigste Zutat für die Heilung gestresster Hamstrings ist jedoch Geduld: Selbst bei optimaler Praxis solltest du mit einer Besserung erst nach etwa drei Monaten rechnen. Unser Model Claudia Bahl ist Yin-Yogalehrerin und kennt sich mit dem Zusammenspiel von Muskeln und Faszien bestens aus. Sie weiß: Harmonische Dehnung geschieht in der Balance.
Hinweis: Wenn du keine Beschwerden hast, beugst du mit diesen Übungen Erkrankungen vor und verbesserst deine Yogapraxis. Bei bestehenden Symptomen kann die Sequenz therapeutisch wirken. Du solltest aber vorher mit deinem Arzt klären, welche Übungen für dich geeignet sind.
Übungen für eine gesunde Beinrückseite
Längsfriktion: Streiche im aufrechten Sitz mit den Fingerkuppen beider Hände die Faszien entlang der Rückseite des angewinkelten Beins aus, vom Sitzhöcker bis zur Kniekehle. Nach jeder Bahn versetzt du die Finger etwas, bis du die gesamte Beinrückseite ausgestrichen hast. Das richtet die Faszien in ihrem natürlichen Verlauf aus. Diese Übung empfiehlt sich vor allem nach Verletzungen (etwa Muskelfaserrissen), bei denen auch das Fasziengewebe in Mitleidenschaft gezogen wird.
Faszienlift
Faszienlift: Greife eine Hautfalte direkt über dem Sitzhöcker und lasse sie Richtung Kniekehle rollen oder fasse die Hautfalte immer wieder neu und ziehe sie von der Oberschenkelrückseite weg. So förderst du die Flüssigkeitszirkulation zwischen den Faszienschichten. Entzündungen heilen schneller ab und die einzelnen Schichten gleiten besser übereinander.
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Muskelsplit
Muskelsplit: Stelle den Fuß des um etwa 90 Grad gebeugten Beins mit der Ferse am Boden ab. Ziehe die Zehenspitzen leicht Richtung Schienbein. Greife dicht an der Kniekehle in den Spalt zwischen den tastbaren Muskelsträngen. Dann rotierst du den Unterschenkel hin und her. Mit den Händen unterstützt du das Aneinandervorbei-Gleiten der Muskelstränge. Setze die Scheibenwischer-Bewegung des Fußes fort, wenn du nun die Hände Stück für Stück Richtung Po versetzt und weiter versuchst, die beiden Muskelstränge getrennt zu fassen und gleiten zu lassen. Eine gesunde Muskulatur lässt sich bis etwa zur Hälfte der Oberschenkelrückseite splitten. Der Muskelsplit verbessert das Gleiten der Muskulatur und verleiht Geschmeidigkeit. Hilfreich, wenn sich der sogenannte Kohäsionspunkt durch Narben im Gewebe schon Richtung Knie verlagert hat.
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Bein-Lifts
Bein-Lifts: Ausgangsposition ist der Vierfüßlerstand. Die Handgelenke sind unter den Schultern und die Knie unter den Hüften ausgerichtet. Einatmend hebst du ein Bein seitlich im 90-Grad-Winkel, mit der Ausatmung senkst du es langsam wieder. Das Knie soll dabei weder nach vorne noch nach hinten ausweichen, sondern exakt auf einer Linie mit der Hüfte bleiben. Wiederhole die Bewegung, bis du die Aktivierung im Gesäßmuskel spürst. Die Kräftigung des Gluteus Maximus verbessert die Durchblutung am Ansatz der ischiocruralen Muskulatur. Bei Entzündungen, wird der Heilungsprozess gefördert.
Bein-Klimmzüge
Bein-Klimmzüge: Setze dich auf den Boden und stütze dich mit beiden Händen ab. Die Finger zeigen Richtung Körper. Stelle die Beine etwa rechtwinklig auf, schiebe die Fersen nach unten. Ziehe die Zehenspitzen nach oben und löse den Po vom Boden.
Tischhaltung
Jetzt hebst du einatmend mit der Kraft der Beinrückseite das Becken in die Tischhaltung. Ausatmend lässt du das Becken wieder in die vorherige Position sinken. Wiederhole die Übung so lange im Atemrhythmus, bis du die Kräftigung der Beinrückseiten spürst. So aktivierst du die Muskulatur der Beinrückseiten und förderst deren Durchblutung, was die Heilung unterstützt.
Lunges
Lunges: Ausgangsposition ist ein lockerer Ausfallschritt. Das vordere Knie liegt über dem Sprunggelenk und zeigt in Richtung der zweiten Zehe.
Ausatmend beugst du beide Beine, bis das hintere Knie fast den Boden berührt. Der Oberkörper bleibt aufgerichtet. Einatmend streckst du dich in die Ausgangsposition. Nutze die Muskulatur an der Rückseite des vorderen Beines. Wiederhole die Übung im Atemrhythmus, bis du die Wärme der Muskulatur spürst. Hier kräftigst du deine Beine. Neben der ischiocruralen Muskulatur ist auch der Gluteus beteiligt. Die Durchblutung am Ansatz der ischiocruralen Gruppe wir gefördert.
Bein-Curls
Bein-Curls: Aus der Bauchlage mit geschlossenen Beinen und lang neben dem Körper abgelegten Armen hebst du einatmend Kopf, Schultern, Arme und Beine.
Ausatmend beugst du Knie und Füße. Achte darauf, die Beine auf ihrer ursprünglichen Höhe zu halten. Die Knie sollten nicht zu weit auseinanderdriften. Der Oberkörper bewegt sich nicht. Wiederhole die Übung im Atemrhythmus, bis sich eine leichte Erschöpfung einstellt. So kräftigst du Beinrückseite und Rücken. Zudem förderst du die Durchblutung der gesamten im dorsalen Faszienzug eingelagerten Muskulatur.
Farnblatt
Farnblatt: Lege im Langsitz eine Faust auf den Unterbauch und aktiviere die tiefe Bauchmuskulatur. Mit der anderen Hand ziehst du den Nacken lang nach oben.
Dehnung
Die Beine sind gestreckt und die Füße gebeugt, wenn du nun beginnst, dich vom Kopf her über die Faust einzurollen. Ziel der Übung ist es, den Rücken von oben beginnend sukzessive zu runden. Blicke nach innen, unten. Lenke die Einatmung bewusst in den Rücken. Ausatmend ziehst du den Oberbauch nach innen. Spüren, wie sich mit jedem Atemzug die Dehnung über den gesamten dorsalen Faszienzug bis in den Nacken hinein intensiviert. Am Ursprung der ischiocruralen Muskulatur, den Sitzhöckern, sollte die Dehnung nur sanft spürbar sein. Die Dehnung erfolgt harmonisch über den gesamten dorsalen Faszienzug. So wird die punktuelle Dehnung am Ansatz der Hamstrings reduziert und Entzündungen vorgebeugt. Auch wenn es der gängigen Anleitung widerspricht, hilft es bei Entzündungen der Beinrückseiten, Vorwärtsbeugen zunächst auf diese Weise auszuführen.
Dr. Ronald Steiner ist Arzt für Sportmedizin und zählt zu den bekanntesten Praktikern des Ashtanga Yoga. Die von ihm begründete AYInnovation®-Methode baut eine Brücke zwischen der Tradition und progressiver Wissenschaft, zwischen präziser Technik und praktischer Erfahrung. www.AshtangaYoga.info