Auf zu neuen Ufern!
Die Basissequenz von Yoga-, Surf- und SUP-Lehrerin Yvonne Stolz bringt Ihnen die drei wichtigsten Punkte des SUP-Yoga nahe. Spätestens nach diesem ausgewogenen Grundprogramm wird Ihr Spieltrieb geweckt sein.
Get up Stand up
Die wichtigsten Punkte für SUP-Yoga-Einsteiger
1 Von unten nach oben
Die größte Herausforderung auf dem SUP ist das Gleichgewicht. Eine einfache physikalische Grundregel hilft: Je tiefer der Schwerpunkt des Körpers, desto stabiler ist er. Gerade zu Beginn der Praxis bieten sich daher liegende oder sitzende Asanas an, um sich an den wackeligen Untergrund zu gewöhnen. Je höher der Körperschwerpunkt dann im Lauf der Übungen wandert, desto anspruchsvoller wird die Koordination.
2 Von symmetrisch zu asymmetrisch
Die Praxis auf dem SUP eröffnet ein neues Bewusstsein für die Symmetrie von Yogahaltungen. Generell gilt: Symmetrische Haltungen sind einfacher als asymmetrische, weil sich das Gewicht gleichmäßiger auf dem Board verteilt. Indem man sich langsam an asymmetrische Asanas herantastet, lernt man, sich vom Körpermittelpunkt her zu stabilisieren (siehe Regel 3). Auch hier gilt: Beginnen Sie mit Haltungen, bei denen der Schwerpunkt tief liegt (siehe Regel 1).
3 Konzentration auf die Mitte: Bandhas, Bandhas, Bandhas!
Mehr noch als bei der Praxis auf der Matte wird man sich auf dem SUP der tiefen Muskelschichten gewahr. Das bietet eine super Voraussetzung für eine bewusste und fein dosierte Arbeit mit den Bandhas, den energetischen Verschlüssen des Körpers. Durch die Kontraktion der tiefen Beckenbodenmuskulatur (Mula Bandha) und Bauchmuskulatur (Uddiyana Bandha) wird der Körper in seinem Zentrum fest verankert. Das verleiht der Haltung mehr Stabilität und lässt das Brett ruhiger im Wasser liegen. Gleichzeitig ist es aber wichtig, ein Gleichgewicht zwischen dosierter Anspannung und bewusster Entspannung zu finden.
Praxistipps
Wellengang
Auf kabbeligem, unruhigem Wasser wird SUP-Yoga schnell zum Kampf. Suchen Sie sich besser eine geschützte Stelle.
Vorsicht Strömung
Wind und Meeresströmungen können das Brett schneller abtreiben, als man meint:
Vertäuen Sie es am besten an einem Steg oder verwenden Sie einen kleinen Anker.
Das richtige Board
Natürlich funktioniert SUP-Yoga auch auf einem breiteren SUP-Board oder sogar einem alten Windsurfbrett. Spezielle Yoga-Boards bieten aber entscheidende Vorteile: Sie sind besonders stabil, haben eine angenehmere Oberfläche und meist auch Halterungen für das Paddel. (Ansonsten: gut aufpassen, dass das Paddel nicht davonschwimmt!)
Gut geschützt
Sonnencreme ist eine Selbstverständlichkeit, viel eher unterschätzt man die Gefahr auszukühlen. Gerade bei kälterem Wasser empfiehlt sich ein Neoprenanzug.
1// Einfache Sitzhaltung mit Wechselatmung
Sukhasana mit Nadi Shodhana Pranayama
Lassen Sie sich in einer bequemen Sitzhaltung auf der Mitte des Boards nieder. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um Ihren Körper bewusst wahrzunehmen. Beobachten Sie Ihren frei fließenden Atem, während sich Ihr Geist beruhigt. Dann starten Sie mit der Wechselatmung, Nadi Shodhana: Legen Sie Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand sanft auf die Stirn und nutzen Sie Daumen und Ringfinger, um abwechselnd das rechte und linke Nasenloch zu verschließen. Sie beginnen mit einer Einatmung links (rechtes Nasenloch geschlossen). Dann verschließen Sie das linke Nasenloch, öffnen das rechte und atmen rechts aus. Anschließend wird rechts eingeatmet, wieder der Verschluss gewechselt und links ausgeatmet. Ab hier wiederholt sich die Abfolge immer wieder. Folgen Sie Ihrem natürlichen Atemrhythmus und machen Sie sich auch die Pausen am Ende der Ein- bzw. Ausatmung bewusst.
2// Kuhkopf-Armhaltung
Gomukhasana
Setzen Sie sich bequem und mittig auf das Brett, entweder wie hier im Schneidersitz oder in den Fersensitz. Strecken Sie zunächst Ihren linken Arm nach oben und spüren Sie, wie der Oberarm aus dem Schultergelenk heraus lang wird. Dann beugen Sie den Arm und lassen die linke Hand auf Höhe der Schulterblätter sinken. Dehnen Sie auch den rechten Arm aus dem Schultergelenk, bevor Sie damit nach unten greifen, das Schultergelenk leicht nach innen rotieren, die Hand nach oben führen und versuchen, mit der rechten Hand die linke zu greifen. Wenn das nicht geht, überbrücken Sie die Distanz, indem Sie mit beiden Händen den Schaft des Paddels greifen. Nach etwa fünf Atemzügen lösen Sie die Haltung mit einer Ausatmung und lockern die Schultern gründlich, bevor Sie die Seiten wechseln.
3// Drehsitz
Ardha Matsyendrasana
Um die Wirbelsäule aufzuwärmen, üben Sie einen lockeren Drehsitz. Dazu bleiben Sie weiterhin möglichst bequem in der einfachen Sitzhaltung. Verbinden Sie Ihre Sitzknochen bewusst mit dem Board. Atmen Sie ein und richten Sie Ihre Wirbelsäule lang auf, der Scheitel wächst Richtung Himmel. Behalten Sie diese Länge bei, wenn Sie sich nun mit einer Ausatmung nach rechts drehen. Dabei führen Sie Ihre linke Hand auf das rechte Knie. Atmen Sie ganz aus. Mit der Einatmung, bewegen Sie Sich zurück zur Mitte, richten Sie Ihre Wirbelsäule erneut auf und folgen Sie nun der Ausatmung nach links, wobei die rechte Hand auf das linke Knie kommt. Wiederholen Sie diese Übung drei bis viermal Mal auf jeder Seite, dann wechseln die Beinhaltung und wiederholen die Drehungen noch einige Male.
4// Katze-Kuh
Chakravakasana
Richten Sie vorsichtig über der Mitte des Bretts den Vierfüßlerstand ein. Die Hände stehen unter den Schultern, die Knie unter den Hüftgelenken. Spreizen Sie die Finger und drücken Sie die Fingergrundgelenke gegen die Unterlage. Mit einer Ausatmung aktivieren Sie die Muskulatur des Schultergürtels und dehnen sich aus dem Schultergelenk. Dabei runden Sie Ihre Wirbelsäule nach oben, kippen das Steißbein nach unten und aktivieren den Beckenboden. Spüren Sie, wie sich der Bauchnabel Richtung Wirbelsäule bewegt, bis Sie vollständig ausgeatmet haben. Mit der Einatmung, lassen Sie die Wirbelsäule sinken, öffnen den Brustraum und richten Ihren Blick nach oben. Dabei bewegen Sie die Sitzknochen nach oben. Wiederholen Sie diese Übung einige Male. Nehmen Sie dabei wahr, wie bei jeder Bewegung mehr Raum zwischen Ihren Wirbeln entsteht.
5// Kobra
Bhujangasana
Aus dem Vierfüßlerstand legen Sie sich behutsam auf den Bauch. Beide Hände liegen unter den Schultern. Aktivieren Sie Ihren Beckenboden und die tiefe Bauchmuskulatur (Mula Bandha, Uddhiyana Bandha) und heben Sie die Brust Wirbel für Wirbel langsam vom Board. Dabei drücken Sie sich nicht mit den Armen ab, sondern arbeiten aus der Rückenmuskulatur heraus. Um den unteren Rücken zu schonen, ziehen Sie das Steißbein Richtung Füße. Die Schulterblätter sind nach unten gezogen, die Schultern entspannt und der Brustraum weitet sich. Ihr Kinn bleibt leicht angezogen, so dass der Nacken nicht überstreckt wird. Stellen Sie Sich vor, wie sich Ihre Wirbelsäule durch den höchsten Punkt des Kopfes hindurch verlängert: Sie recken sich majestätisch wie eine Königskobra auf. Nach drei bis fünf Atemzüge lösen Sie die Haltung mit einer Ausatmung auf und schieben sich zur Entlastung zurück in die Stellung des Kindes (Balasana). Die Kobra stärkt den Rücken und öffnet die Körpervorderseite. So werden die vom Paddeln beanspruchten Bauchmuskeln gedehnt.
6// Stuhlposition
Utkatasana
Richten Sie sich aus der Stellung des Kindes wieder auf in den Vierfüßerstand. Von dort kommen Sie vorsichtig zum Stehen und finden eine mittige und stabile Position auf dem Board, dabei lassen Sie Ihre Füße hüftbreit auseinander. Atmen Sie eine Weile ruhig und tief und gewöhnen Sie sich an die Bewegungen des Boards. Dann strecken Sie mit einer Einatmung die Arme nach oben. Wenn Sie mögen, halten Sie mit beiden Händen das Paddel. Die Schultern bleiben entspannt, die Wirbelsäule ist lang aufgerichtet. Aktivieren Sie Beckenboden und Bauch und senken Sie das Becken, als wollten Sie sich auf einen Stuhl setzen. Ziehen Sie das Schambein sanft zum Nabel, um nicht in ein Hohlkreuz zu geraten. Spüren sie, wie Ihre Oberschenkelmuskulatur arbeitet, um die Bewegungen des Bretts auszugleichen, während Sie etwa fünf Atemzüge lang in der Haltung bleiben. Spüren Sie, wo sich unnötige Anspannung einstellt (zum Beispiel in den Schultern) und lösen Sie diese bewusst auf. Mit einer Einatmung richten Sie sich wieder auf. Utkatasana trainiert jene Muskulatur, die für das Stand-up-Paddle-Boarding elementar ist: die tiefen Schichten der Beine und Schenkel, das Gesäß sowie den Beckenboden und den Rumpf.
7// Tiefer Ausfallschritt
Anjaneyasana
Atmen Sie im aufrechten Stand tief ein, mit der Ausatmung beugen Sie sich nach vorn. Dabei dürfen die Knie gebeugt bleiben, um den unteren Rücken zu schonen. Verbinden Sie beide Handflächen fest mit dem Board, bevor Sie das rechte Bein weit nach hinten bewegen und den Unterschenkel ablegen. Achten Sie darauf, dass das linke Fußgelenk direkt unter dem Knie steht. Aktivieren Sie nun Beckenboden und Bauchmuskulatur und ziehen Sie beide Oberschenkel sanft zueinander hin. Mit einer Einatmung strecken Sie Ihre Arme nach oben in den Himmel. Anjaneyasana ist eine asymmetrische Haltung – arbeiten Sie hier ständig von Ihrer Mitte her. Aktivieren Sie Mula Bandha und Uddhiyana Bandha. Halten Sie die Position für 3-5 Atemzüge und üben Sie dann die andere Seite.
Abschluss
Nach dieser Übungsreihe legen Sie sich einige Minuten lang mit geschlossenen Augen auf Ihr Brett und lassen sich von den sanften Bewegungen des Wassers wiegen.
Dr. Yvonne Stolz-Longaker betreibt gemeinsam mit ihrem Mann Donovan Longaker Apura Yoga. Sie organisieren Surf-, Yoga- und SUP-Retreats in Portugal.
www.apura-yoga.com
Fotos: Stefanie Kissner