Wie steht es um die Verletzungsgefahr im Yoga? Wir fragen nach. Dazu lesen wir eine im Orthopaedic Journal of Sports Medicine (November 2016) veröffentlichte Studie. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich vor allem ältere Menschen beim Yoga immer häufiger verletzten.
In der Studie “Verletzungen durch Yoga in den USA von 2001 bis 2014” heißt es, dass in amerikanischen Notaufnahmen während des Zeitraums insgesamt knapp 30.000 Menschen mit Yoga-Verletzungen eingeliefert worden seien. 2014 habe sich demnach die Zahl im Vergleich zu 2001 nahezu verdoppelt. Aber unter den Senioren sind die Verletzungen sprunghaft angestiegen. Die Rate der Verletzungen bei Erwachsenen, die 65 und älter sind, stieg um mehr als das Achtfache.
“Wir wissen, dass die Verletzungsrate bei älteren Erwachsenen aus einer Reihe von Gründen höher sind. Einer davon ist, dass man im Alter gebrechlicher wird”, so Co-Autor Dr. Gerald McGwin. Er ist Direktor des Centre for Injury Sciences am Universität von Alabama in Birmingham. Aber er glaubt nicht, dass das Problem streng auf das Alter beschränkt sei. Trugschluss sei auch der zunehmende Yoga-Hype im Allgemeinen. Oder die höhere Anzahl an älteren Menschen, die mit Yoga anfangen. Das wurde in der Studie berücksichtigt. “Ein Grund ist sicher auch, dass ältere Yogi*nis angefangen haben, Stunden für Fortgeschrittene zu besuchen. Zudem setzten sie sich vermehrt mit fordernden Yogastilen auseinander,” erläutert McGwin weiter. Vielleicht werden auch mehr Menschen von Yoga angezogen, das für sie nicht wirklich geeignet ist. Und sowohl Lehrer als auch Studios befinden sich vielleicht nicht immer auf dem Niveau, auf dem sie eigentlich sein sollten.”
Komplexe Ursachen für Verletzungen im Yoga
Coral Brown, Ausbilderin und ganzheitliche Psychotherapeutin glaubt, dass es wahrscheinlich an einer Kombination von verschiedenen Faktoren liegt: “Es kam in den letzten Jahren zu einer signifikanten Zunahme von Yogalehrerausbildungen, was eine Qualitätssicherung erschwert. Die Ausbildungsregularien und Kriterien, um Yogalehrer ausbilden zu dürfen, sollten viel strenger sein. Und zudem engmaschiger kontrolliert werden.” Sie ist der Meinung, dass die Minimalanforderung einer 200-Stunden-Yogalehrerausbildung viel zu niedrig sei. “Yoga ist ein viel zu weites Feld, um das Thema in 200 Stunden zu verdauen. Und von denen lediglich 20 Stunden der Anatomie gewidmet werden müssen. Yoga ist zum Großteil eine körperliche Praxis. Deshalb glaube ich, dass mehr Aufmerksamkeit auf die anatomischen Funktionen des Körpers gelegt werden sollte.”
Hier erfährst du mehr über die Anatomie des Yoga!
Gerade ältere Menschen seien aufgrund eines natürlichen Rückgangs an Flexibilität und Mobilität physiologisch oft benachteiligt, so Brown. Ärzte und Therapeuten laufen Gefahr, dieser Altersgruppe für sie ungeeignete Yogastile oder -klassen zu empfehlen. Oft kommen Leute zum Yoga, weil es ihnen von ihren Ärzten oder Therapeuten empfohlen wird. Denn diese wissen vielleicht nicht, dass es sehr viele verschiedene Yogastile gibt. Aber es existiere schlicht kein einheitliches System, das für alle passt.
Vier Vorschläge von Carol Brown, wie du die Verletzungsgefahr im Yoga minimierst. Für Neulinge genauso wie für alte Hasen auf der Matte.
4 Tipps gegen die Verletzungsgefahr Yoga.
1. Mache deine Hausaufgaben!
Als Yogaschüler muss man sich eigenverantwortlich informieren. Ist der Lehrer ausreichend ausgebildet? Passt der Stil, den ich mir ausgesucht habe auch wirklich zu mir und meiner Lebenssituation? Frag nach. Frag die Lehrer nach ihrem Hintergrund, der Art der Ausbildung, nach der letzten Weiterbildung. So lernst du die Erfahrung kennen, die mitgebracht wird. Falls du dich nicht traust direkt zu fragen, erkundige dich bei anderen Schüler*innen. Schau auf der Homepage nach oder check auf den entsprechenden Social-Media-Kanälen, ob die geposteten Inhalte mit Yogabezug deinen Vorstellungen entsprechen.
2. Besuche kleinere Klassen!
In kleinen Gruppen können sich Yogalehrer*innen den Schüler*innen besser zuwenden, Tipps bei der Ausrichtung einzelner Haltungen geben und gegebenenfalls korrigieren, um zu verhindern, dass Fehlausrichtungen oder zu hohe Ambitionen der Schüler Verletzungen verursachen.
3. Fange da an, wo du gerade bist! Und zwar jedes Mal.
Grundsätzlich sollte man sich immer vom Einfachen zum Komplexen entwickeln. Wenn du also ein Yoga-Neuling bist, dann geh erst in Kurse bzw. Stunden für Anfänger. So lernst du die Basics korrekt. Wenn du bereits länger und vielleicht zuhause übst, dann gestalte deine Yoga-Stunde ebenfalls nach diesem Prinzip.
4. Übe mit Respekt für deinen Körper und die Praxis an sich
Denke daran, dass Yoga zwar die Kraft und Flexibilität im Körper erhöht, aber vielmehr noch die im Kopf.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass man am besten einen Arzt konsultiert, bevor man mit körperlichen Aktivitäten beginnt. Auch, wenn Yoga natürlich eine sichere Art der Körperarbeit mit positiven Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der Gesundheit des Menschen ist. Darüber hinaus müssen alle persönlich Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen. Das gilt vor allem für ältere Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. “Yogaschüler*innen müssen sich ihrer eigenen Einschränkungen bewusst sein. Also darf man Yoga nicht mit einer Fitnessmentalität üben, denn die kann schnell zu Verletzungen führen, so McGwin.