Geben und Nehmen: Klare Statements zum Thema “Yoga und Geld”

Ist es nicht auffällig, wie verschämt und verklemmt es häufig wird, sobald wir im Zusammenhang von Yoga über Geld sprechen? Dabei verdient dieses Thema genauso viel Bewusstsein und Klarheit wie alle anderen Aspekte des Lebens.

Text: Stephanie Schauenburg, Titelbild: bondarillia via Canva

Spiritualität und schnöder Mammon, das hat scheinbar noch nie zusammengepasst: Erleuchtete Menschen brauchen nichts und wollen nichts, sie geben mehr als sie nehmen und opfern sich auch gerne auf, wenn es um eine gute Sache geht, ist schließlich gut fürs Karma … Dieses Bild hält sich hartnäckig, vielleicht sogar umso mehr, als es das genaue Gegenteil der gnadenlos kapitalistischen Welt ist, in der wir leben. Geldgierige Ausbeuter*innen hier, heilige Asket*innen dort, Luxus auf der einen Seite, schlichte Genügsamkeit auf der anderen. Wahrer Reichtum liegt ja im Inneren. Aber wo bewegst du dich selbst in diesem Schwarz-Weiß-Bild? Und ganz konkret: Darf man mit Yoga Geld verdienen?

Was sagen die Upanishaden dazu?

Ein Blick in die alten Schriften zeigt: Selbst im alten Indien waren spirituelle Lehren nicht umsonst zu haben: Ein gewisser Janashruti bietet dem erleuchteten Raikva 1000 Rinder, seinen Wagen und eine Menge Goldschmuck an, damit der ihn unterweist. Satyakama hütet zwölf Jahre lang die Rinder seines Gurus. Genauso lange kümmert sich Upakosala im Haus seines Lehrers um die Feuerstellen. Nur drei beliebige Beispiele aus der Chandogya Upanishad, die zeigen: Es gab wohl auch im Yoga immer das Prinzip von Leistung und Gegenleistung. “Energieaustausch”, nannte man das in spirituellen Kreisen eine Zeitlang gerne – meistens in Zusammenhang mit sehr bescheidenen Preisen. An denen hat sich seit Jahren nichts geändert.

3 Modelle, wie es funktioniert

Eigentlich bräuchten wir viel mehr professionelle Lehrende, die sich mit vollem Einsatz dem Yoga widmen. Aber Yoga als Hauptberuf funktioniert nur in drei Modellen (oder einer Mischung aus ihnen). Erstens Askese: Ich entscheide mich bewusst für einen genügsamen Lebensstil. Zweitens Unabhängigkeit: Ich bin dank Erbe, Ehe oder früherer Karriere nicht auf Verdienst angewiesen. Oder drittens: Ich bekenne mich zum Unternehmertum. Letzteres ist immer eine Gratwanderung: Einerseits muss auch ein Yoga-Business finanziell funktionieren, um Bestand zu haben – und wie schwierig das ist, haben wir nicht zuletzt während der Pandemie erlebt.

Andererseits wünscht sich niemand eine Yogawelt, die von Profitdenken geprägt ist und in der alle Dollarzeichen in den Augen haben. Der Anspruch, Yoga für alle zugänglich zu machen, darf kein Lippenbekenntnis bleiben, und im Zentrum sollte niemals der Umsatz stehen, sondern immer die ideelle und menschliche Ebene. Die alten Geschichten machen es vor: Auch in den Upanishaden ist die “geschäftliche” Transaktion nie der Kern, aber sie ist eben auch keine Nebensächlichkeit. Bei den (sicherlich absichtlich übertriebenen) 1000 Rindern oder zwölf Jahren als Diener ist immerhin klar, dass alle Beteiligten sehr genau wissen, wie kostbar das ist, was hier vermittelt wird.

Was bedeutet Geld für uns?

Aber es steckt noch mehr Potenzial in dem Thema: Welche Beziehung haben wir überhaupt zu Geld? “Viele Menschen machen Geld für alle Übel der Welt verantwortlich, vermeiden es aber, sich ihr eigenes Verhältnis dazu wirklich klar vor Augen zu führen,” meint Brent Kessel. Er ist Buchautor, Yogi und Mitbegründer einer Firma für nachhaltige Investments. Sein Credo: “Geld kann ein spiritueller Lehrer sein, wenn man bereit ist, ihm mit demselben Grad an Bewusstheit und klarer Intention zu begegnen wie anderen spirituellen Praktiken.” Eigentlich eine spannende Idee, oder?

Was sich bei dieser Selbstreflexion zeigt, wird individuell sehr verschieden sein: Für die einen ist finanzielle Sicherheit ein wichtiges Bedürfnis, andere leben mehr im Vertrauen, dass immer genug da sein wird. Manche geben allzu leicht Geld aus, andere kämpfen damit, es jemals loszulassen. Diese Neigungen, Widerstände und Ängste reichen sehr tief ins eigene Wesen, aber man kann sie als Yogi*ni ebenso freundlich anschauen wie den Dehnungsschmerz in einer Vorwärtsbeuge – und mit der Zeit bewusster und entspannter im Umgang mit ihnen werden. Vielleicht können wir dann auch im Yoga endlich unverkrampfter über Geld sprechen.

Nachgefragt: Wie stehst du zum Thema Yoga und Geld?

Wir haben uns im Rahmen der YOGAWORLD JOURNAL-Ausgabe 05/23 mal in der Yoga Community umgehört. Diese spannenden und doch teils unterschiedlichen Aussagen konnten wir sammeln:

Thomas Meinhof:

“Wir müssen über geld sprechen!”

“Auch im Yoga, wo hauptsächlich mit Luft und Liebe gehandelt wird, gilt: Geld ist nichts Böses, im Gegenteil. Es ermöglicht uns wunderbare Dinge, wie zum Beispiel eine ordentliche Schulbildung für unsere Kinder, ein paar Tage am Meer oder auch den Besuch einer Yogaklasse. Nicht mal in den alten Schriften findet sich etwas Abfälliges hinsichtlich des Materiellen. Yoga und Geld sind für Yogaprofis untrennbar miteinander verbunden. Und darum solltest du dich als Yogalehrer*in auch darum kümmern, dass es in deine Richtung fließt. Denn weder Prana noch Karma werden am Ende deine Miete bezahlen.

Obwohl du für dein Teacher Training vermutlich nicht gerade wenig bezahlt hast, wurde dort über Geld erstaunlich wenig gesprochen. Wahrscheinlich gibt es keine andere Berufsausbildung, aus der die Schüler*innen in Sachen Finanzen und Organisation so ratlos herauskommen, wie die der Yogalehrenden. Mathematik beschränkt sich dort im Allgemeinen auf fünf Atemzüge pro Asana, und selbst die Frage, was Yogalehrende pro Stunde verdienen, wird in der Regel alles andere als transparent beantwortet. Dabei leben wir in einer Welt des perfektionierten Kapitalismus. Und in dieser Welt regieren nicht Gurus mit langen Bärten, sondern Gelehrte in Sachen BWL. Wenn du als Yogalehrer*in in dieser Welt überleben willst, musst du einen Zugang zum System finden.”

In seinem Buch “Selbstständig mit Yoga” hat der Münchner Yogalehrer und studierte Betriebswirt THOMAS MEINHOF (aka YogaDude) ein kompaktes – und humorvolles – Gründer-Coaching für Yogi*nis zusammengestellt.

Tipp: Thomas hat für uns bereits mehrere Artikel geschrieben. Besonders passend hierzu: “Tipps vom Yogadude: Was verdient man als Yogalehrer*in?


Ronald Steiner:

“Es geht auch anders.”

Mir ist es wichtig, die Lehren der Yogaphilosophie auch praktisch zu leben. Deswegen verfolgen wir bei AYI einen anderen Ansatz als die meisten Yogaschulen: Es gibt bei uns keine festen Preise pro besuchter Stunde, sondern einen Mitgliedsbeitrag. Dafür kannst du wöchentlich 25 Yogastunden in unserem Studio oder online besuchen, Inspiration aus über 650 aufgezeichneten Tutorials und Yogastunden ziehen und sogar unsere Sauna genießen. Wir geben also mit vollem Enthusiasmus alles, was wir können. Wie viel du zurückgeben möchtest, entscheidest du selbst. Denn die Mitgliedschaft bei uns hat keinen festen Beitrag, du legst völlig frei fest, wie viel du monatlich zahlst.

Auf diese Weise ermöglichen wir es auch Menschen mit geringeren finanziellen Mitteln, Yoga vollständig zu erleben und in seinen Tiefen zu erfahren. Es macht mich glücklich, wenn ich nach einer schönen Yogapraxis in die strahlenden Augen von Menschen blicke. Dabei ist es mir egal, was sie jeweils finanziell beitragen. Gelingt dieses Experiment? Wir denken: Ja! Finanziell ist das Ergebnis oft eng. Doch die AYI Community trägt sich. Wir sind dankbar für die verantwortungsvolle Selbsteinschätzung all der wundervollen Yogin*is, die über ihre Mitgliedschaft ein Teil dieser Gemeinschaft sind.

Das AYI-Studio von Yogi, Arzt, Ausbilder und Autor RONALD STEINER findest du in Ulm oder online unter ashtangayoga.info


Lisa Hoerz-Weber:

“Dankbarkeit und Hingabe.”

Yoga ist ein göttliches Geschenk, etwas Heiliges. Yoga zu erfahren ist eine Gnade. Demut und Dankbarkeit dürfen daher an erster Stelle stehen. Wenn wir Yoga aus tiefer Glückseligkeit lehren, dann fühlen wir uns verbunden. Wenn wir Yoga primär für Geld unterrichten, dann fühlen wir uns erschöpft und leer. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass ich sowohl meine individuelle Arbeit als Yogalehrerin als auch unser gemeinsames Ausbildungsinstitut von null aufgebaut habe. Geleitet hat mich dabei immer die Dankbarkeit für Yoga. Am Anfang habe ich oft kostenlos oder für wenige Euro unterrichtet. Mit der Zeit kamen automatisch unternehmerische Aspekte hinzu: Mieten, Gehälter, Steuer. Aber sie dürfen nicht im Zentrum stehen.

Seit einigen Jahren praktiziere ich aktiv die Hingabe zu Gott und ich erkenne, dass es im Grunde immer diese Hingabe war, die mich dorthin geführt hat, wo ich heute bin. Auch der Yogahof, den wir gerade aufbauen, ist durch diese Hingabe in unser Leben gekommen. Was uns leitet? Das tun, was zu tun ist. Mehr geben als nehmen. Wahre Größe und Reichtum zeigen sich nicht in dem, was du hast oder dir zufällt, sondern in dem, was du gibst. Jeden Tag, wenn ich aufwache, richte ich mich darauf aus. Ich übe Meditation, Dankbarkeit und Akzeptanz. Was kommt, das kommt. Wenn wir dabei innerlich in der Mitte bleiben können, dann sind wir reich – und frei.

Mit dem Ausbildungsinstitut Hatha Yoga Institut in Graz, ihrem Studio Yoga and More und dem Umbau eines alten Bauernhofs zum Yogahof haben sich LISA HOERZ-WEBER und ihr Mann Martin Weber viel vorgenommen. Sie nimmt es mutig und vertrauensvoll: “Geld ist immer im Fluss.”

Podcast-Tipp: #82 Bhakti Yoga: Entdecke die Kraft der Hingabe – mit Lisa Hoerz-Weber


Nicole Bongartz:

“Es gibt Handlungsbedarf!”

Ich sehe ganz viele Yogalehrende, die irgendwann ausbrennen: Sie geben wahnsinnig viel, aber es kommt in monetärer Form sehr, sehr wenig zurück. Dadurch entsteht eine energetische Dysbalance. Viele bilden sich jahrelang in unzähligen Trainings fort, aber ihre Stunden kosten immer noch gleich viel. Ich finde, da haben wir uns zu viel von dem asketischen Ideal übergestülpt, ohne dass das für die meisten zu der Art passt, wie sie leben: Natürlich kann man sagen, ich will weniger essen, weniger reisen, weniger Kleider besitzen, einfach weniger konsumieren, deshalb kann ich auch für kleines Geld unterrichten. Aber für die meisten Frauen, die ich unterrichte, passt das eben nicht. Die haben oft Kinder, möchten gute Lebensmittel kaufen, nachhaltig reisen und für all das brauchen sie eine gute Menge Geld.

Das kann nur funktionieren, wenn wir Yoga in der Wertigkeit positionieren, die es hat. Dazu müssen wir klarmachen: Wir haben etwas sehr Wertvolles anzubieten – und es darf innerhalb der Yogawelt auch Unterschiede geben. Warum soll die 10er-Karte bei einer sehr erfahrenen Lehrerin gleich viel kosten wie bei allen anderen? Man kann ja auch Jeans kaufen für 20 Euro und welche für 200. Dahinter steckt – vor allem bei Frauen – oft auch ein Selbstwertproblem: Ich kann eine Personal-Training-Stunde für 200 Euro nur anbieten, wenn ich auch das Gefühl habe, dass sie das wert ist. Es gibt also eine Reihe von Faktoren, die allesamt dazu führen, dass das Preisniveau im Yoga nicht angestiegen ist, in so vielen anderen Bereichen aber schon. Ich finde, da gibt es wirklich Handlungsbedarf, denn sonst brechen uns die guten Yogalehrer*innen irgendwann weg.

NICOLE BONGARTZ ist als Lehrerin, Ausbilderin und Gründerin von Lord Vishnus Couch in Köln eine der einflussreichsten Yoginis hierzulande. Sie bekennt sich zu ihrem Unternehmertum – und auch dazu, einen Hang zum Luxus zu haben.


Cornelia Brammen:

“Wir nennen nicht den richtigen Preis.”

Yoga ist gesellschaftlich relevant – sowohl Lifestyle-Yoga als auch Soziales Yoga. Tag für Tag begleiten Yogalehrende Menschen durch Unsicherheit, Angst und Krisen. In der Pandemie haben sie wirkungsvoll gestützt und stabilisiert. Wir in der Yogawelt wissen, dass Yoga wirkt. Aber wir nennen dafür nicht den richtigen Preis. Oder wir tun es und erleben merkwürdige Dinge: Wenn eine Yoga-Unternehmerin wie Sinah Diepold vom Personalmanager eines Konzerns ernsthaft gefragt wird, wieso sie denn Geld für einen Yoga-Workshop wolle, es mache ihr doch Spaß, Yoga zu unterrichten – dann sind wir noch nicht da, wo wir sein sollten.

Auch wenn unser Verein “Yoga für alle” Wohlfahrtsverbänden und Behörden immer wieder erklären muss, was soziale Arbeit mit Yoga ist und dass sie einen Preis hat, sind wir noch nicht da, wo wir sein sollten. Qualifiziertes Yoga hat einen Preis. Der fängt für Yogalehrende bei etwa 60 Euro netto pro Stunde an, damit es wirtschaftlich Sinn ergibt. Deshalb: Hört auf, kostenlos Yoga anzubieten! Seid solidarisch und rechnet aus, wie viel ihr braucht, um ausschließlich vom Yoga leben zu können! Daraus resultieren echte Preise, die allen Yogalehrenden nützen.

Und denkt in Arbeitsteilung: Lifestyle-Yoga für Menschen, die sowohl ökonomisch wie psycho-sozial dazu in der Lage sind – und Soziales Yoga (in Kooperation mit sozialen und staatlichen Einrichtungen) für Menschen, die nicht am Lifestyle-Yoga teilnehmen können. Wenn wir das alle gemeinsam ab sofort berücksichtigen, bekommt Yoga die Wertschätzung, die es verdient. Dann klappt es auch mit dem Pricing bei Konzernen, Behörden und anderen Institutionen, die Yoga für ihre Mitarbeiter*innen, Gäste, Klient*innen, Patient*innen, Besucher*innen anbieten wollen.

Als Geschäftsführerin des Vereins Yoga für alle e.V. steht CORNELIA BRAMMEN auch für die zahlreichen Programme von “Yoga hilft!”: präventives Yoga für Grundschulkinder in Brennpunktvierteln, psychosensitives Yoga und Yoga für Senior*innen.

Podcast-Tipp: #37 Sozialarbeit durch Yoga – mit Cornelia Brammen


Wie stehst du zum Thema Yoga und Geld? Lass gerne einen Kommentar da!

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3 Kommentare

  1. Yogalehrer transformieren die Gesellschaft, ist seit Jahren meine Devise. Und für diese transformative Leistung, also diesen immensen Mehrwert (Unternehmen haben weniger kranke und mehr leistungskräftige Mitarbeiter, die Krankenkassen haben viel, viel weniger Arztkosten, insb. die Langzeitkosten, Yogalehrer sind ökologischer unterwegs usw.), nehmen Sie den entsprechenden Gegenwert – d.h. Geld – aber nicht. Warum? Aus Angst vor einem Nein. Und weil sie sich selbst in Sachen Business und Geld nicht transformieren.

    Erstmal vorneweg: Das Geld ist spirituell und teuflisch, es ist das, was einer ihm zuschreibt. Sonst ist es recht wertneutral, wenn mich einer danach fragt. Das absolut empfindlichste Organ aller Menschen insgesamt ist das Portemonnaie. Warum ist das so? Weil das Geld – also ein Gegenstand – mit vielen menschlichen Qualitäten ausgestattet ist: Selbstwert, Selbstwertgefühl, Selbstzuversicht, Angst vor Erfolg oder Fehler oder Versagensangst, Angst sich zu zeigen usw.

    Ich freue mich aufrichtig, dass geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die tatsächlich jahrelang im Yoga-Business erfolgreich unterwegs sind, sich hier zum Thema äußern.
    Seit Jahrzehnten, genauer über 20 Jahre, bin ich schon Yogalehrerin und inzwischen Unternehmerin (wie alle, die hier kommentiert haben). Und ich kann es mir leisten von Yoga zu leben, weil ich entschieden habe, dass meine Dienstleistung Wert hat, die der Kunde auch gern bezahlt. Dafür investierte ich in Business-Know-how.

    Es herrscht in der Branche unter den Yogalehrern (natürlich nicht bei allen!) eine total verkehrte und krankmachende Einstellung zum Geldverdienen mit dem Yogaberuf. Selbst die Yogaverbände wollen nicht zu viel hier tun und bieten noch eine und noch eine Fachausbildung zur Atmung, Anatomie u.ä. Und unterdrücken sehr gern die Tatsache, dass die wenigsten, die sie so toll ausbilden, vom Beruf leben können. Auch ausbildende Yogastudios lehnen ziemlich entschieden, in ihre Curricula richtiges Business Know-how zu integrieren. Warum eigentlich? Konkurrenzangst? Sehr unwahrscheinlich ist, dass Yogalehrer allesamt ein Yogastudio eröffnen wollen. Dafür sind die Initialinvestments viel zu hoch und die Bereitschaft viel zu gering. Die meisten würden aber gern ohne Studio vom Yoga lernen. Aber wie? Darüber spreche ich schon seit 2020 jährlich auf der Yogaworld Messe, schreibe Artikel (Yoga aktuell, Deutsches Yoga-Forum), ich veröffentlichte das Business Buch für Yogalehrer ohne Studio in der Pandemie und engagiere mich für diesen Beruf. Ich bin durch die Yogahölle gegangen. Nicht jeder muss es mir nachmachen.

    Die meisten Yogalehrer investieren sehr gern in dutzende von Fachausbildungen und setzen sich nie mit den geschäftlichen Grundlagen auseinander, damit sie von dieser Ausbildung auch leben können.

    “Ich bin keine Geschäftsperson”, ist etwas, was ich über mehr als 200 Interviews gehört habe, als ich für mein Business Buch für Yogalehrer ohne Studio “Verdiene, was Du wert bist” https://elopage.com/s/DrZrinka/verdiene-was-du-wert-bist), Material sammelte.

    Yogalehrer sind skeptisch, wenn sie über Business lernen sollen. Davon profitieren jene, die in der Yogabranche wirtschaftlichen Erfolg haben wollen. Das sind keine Yogalehrer, sondern Unternehmer, Menschen, die wirtschaftlich agieren. Schließlich kreieren sie damit Arbeitsplätze und sorgen dafür, dass Yoga weiter verbreitet wird.

    Die meisten Yogalehrer in Deutschland, das sind wohl über 90 Tausend, sind pleite.
    Warum ist das so, wenn die Krankenkassen sehr wohl über die Yogadienstleistung Millionen an Versicherungskosten einsparen (also kein Problem mit dem Geld haben und vom Yoga verdienen), Unternehmen pro Kopf jährlich min. 1500 Euro einsparen, wenn sie Yoga mit Meditationen, Atemtechniken und Entspannungen im Unternehmen anbieten?
    Bei wem landet dann der immense Umsatz in der Yogabranche, der sich weltweit auf – sage und schreibe – über 106 Milliarden Dollar beläuft? Schon 2015 hat Yoga Vidya über 11 Millionen Euro Umsatz gemacht…die Tendenz steigend…Weniger als ein Tropfen ist bei den Trägern des Berufs selbst.

    Die meisten Yogalehrer in Deutschland können vom Yoga nicht leben und leiden in einem Teilzeitjob, wohl wissend, wo ihre eigentlichen Kompetenzen und die Leidenschaft liegen.
    Bloß nicht lernen, was im Business und mit dem Geld getan werden muss, ist eine dominante Einstellung. Dutzende Fachausbildungen sind Ablenkungen vom eigentlichen Thema:
    1. Will ich vom Yoga leben?
    2. Bin ich bereit, mich zu verändern, damit ich vom Yoga leben kann?

    Die meisten wollen von Yoga leben, aber wollen sich nicht verändern, sie wollen nichts investieren. Schließlich generieren sie so wenig Umsatz, dass sie selbst davon nicht leben können. Deshalb haben wir in der Yogabranche seit Jahrzehnten KEINE INNOVATION. Nix. Nada. Nakiṁjid in Sanskrit.

    Es ist fein, wenn Yoga zum Lebensstil geworden ist und die Studios eine Art Tageswellness anbieten. Es ist OK und zugleich wunderbar, wenn tausende und tausende jährlich zum Yogalehrer ausgebildet werden und in die Yoga-Retreats fahren. Schließlich haben wir mehr Menschen in der Gesellschaft, die besser, bewusster, mit mehr loving kindness in dieser hektischen Welt agieren, die weniger psychisch und physisch krank werden. Aber die wenigsten werden als richtige Multiplikatoren fungieren, die wenigsten werden den Beruf nach vorne bringen und Innovation in den Beruf bringen. Dafür fehlt einfach die Vision, der Mut und die Umsetzungskraft, da das Know-how reichlich vorhanden ist.

    Die wenigsten Yogalehrer wollen akzeptieren, dass ausgerechnet sie dazu beitragen können, eine andere, ja auch ethischere Wirtschaft zu kreieren, als nur diesen „schmutzigen Kapitalismus“, über den sie sich beschweren. Schließlich meditieren alle. Und genau dort entstehen kreative Lösungen, die sich in der Yogabranche nicht sehen lassen.

    Mögen Sie die Kraft haben, sich selbst und die Gesellschaft als Yogalehrer zu transformieren
    OM shanti, shanti, shanti
    Dr. Zrinka

  2. Sich als Yogaleher/in selbstständig zu machen ist mit Hürden gespickt. Alleine der Status Freiberufler grenzt den Verdienst ein, oder man muss schon weit drüber sein, damit es sich noch lohnt. Das Honorar von Yogalehrern in Studios, Vereinen und sogar im Sportbund ist m.E. viel zu gering. Die Erwartungshaltung bei Yogafestivals z.B. dass man sein Honorar auch noch für den guten Zweck spendet, ist kontraproduktiv. Ich würde gerne das Image des “Karma-Yogis” verändern, in dem Sinne, dass er ruhig angemessen entlohnt wird für all sein Wissen, seine Hingabe und die große Verantwortung, die er trägt.

  3. Ein so wichtiges Thema und tolle Beiträge, Dr. Zrinka spricht mir aus dem Herzen! Als Yoga-Business-Mentorin erlebe ich oft, wie wenig unternehmerisch viele meiner Yoga-KollegInnen denken. Die vielen kleinen Fettnäpfchen, die wir hier in Deutschland als Selbständige zu umschiffen haben, sind teilweise gar nicht bekannt. Aus meiner Sicht (ich bin auch Bankerin und in diesem Zusammenhang Existenzgründungsberaterin) fehlt hauptsächlich einfaches Wissen zu den betriebswirtschaftlichen Basics wie Umsatz- und Ertragsplanung, Kostenmanagement, Kalkulation……Und auch wenn ich hier vielleicht ein bisschen provoziere: Es ist die eine Sache, den hier viel beschriebenen angemessenen Preis fürs Yoga zu verlangen. Die andere Sache ist, ob der Verbraucher, also unsere Yogaschüler (zahlende Kunden) bereit sind, den höheren Preis zu bezahlen. So geht es im übrigen auch Personal-TrainerInnen, Coaches, HeilpraktikerInnen….

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